Kapitel 47
Als wir am nächsten Morgen aufwachten, war es erst kurz nach neun, was mich überraschte, da ich und Tine gestern Abend noch ziemlich lange wach gewesen waren. Während meine Freundin das Frühstück vorbereitete, ging ich ins Wohnzimmer, um Manuela aufzuwecken. Ich hoffte, dass sie einigermaßen ausgeschlafen und nicht zu müde war, um zu frühstücken.
"Gute Morgen." Meine Stimme war gesenkt und ein leichtes Lächeln lag auf meinen Lippen, als ich die verschlafene Manuela sah.
"Gut'n Morg'n", brummte sie müde und vergrub ihr Gesicht im Kissen.
"Ich wollte dir bloß Bescheid geben, dass es gleich Frühstück gibt", kündigte ich an und deutete hinter mich in Richtung Küche.
"Oh danke, ich komme gleich", meinte sie noch und ich verließ daraufhin das Zimmer.
Als ich in der Küche stand, hatte Tine schon Brot und Marmeladen vorbereitet. Am Kaffee schien sie gerade zu arbeiten, da sie an der Maschine hantierte.
"Und?", fragte sie mich, als ich gerade auf dem Weg zum Schlafzimmer war.
"Sie kommt gleich", antwortete ich über die Schulter hinweg und suchte im Schrank nach einem Oberteil, das Manuela heute tragen konnte.
Als ich ein violettes T-Shirt in der Hand hielt, ging ich zurück ins Wohnzimmer und reichte der jungen Frau das Kleidungsstück. Sie nahm es dankbar an und zog sich direkt vor mir um, was mir ein bisschen unangenehm war. Ich wartete geduldig, bis sie fertig war, und ging dann zusammen mit ihr in die Küche.
"Guten Morgen", begrüßte Tine uns und stellte mir meinen Kaffee, den ich immer mal wieder in der Früh trank, auf meinen Platz.
"Hey", lächelte meine Ex-Freundin und setzte sich auf den Stuhl, auf dem Tine normalerweise saß.
Wir sagten aber nichts dagegen, sondern meine Freundin ließ sich neben mir nieder, nachdem sie Manuela einen Cappuccino und sich selbst einen normalen Kaffee gemacht hatte.
"Wie geht es dir heute?", fragte meine Freundin die junge Frau ihr gegenüber interessiert.
"Besser als gestern, aber na ja ... nicht gut ist wahrscheinlich die passendste Antwort", murmelte Manuela und ich nahm ihre Hand bestärkend mit meinen.
"Das wird schon wieder alles. Selbst wenn er nicht erkennt, was für eine tolle Freundin du bist, wirst du jemanden finden", versicherte ich ihr und sie nickte.
"Ich hoffe es", seufzte sie und trank ihren Cappuccino in einem Zug aus. Sie schien das Koffein ziemlich dringend zu brauchen.
"Hast du wenigstens gut geschlafen?", fragte Tine, während sie gerade ein Brot mit Erdbeermarmelade bestrich.
"Ja, schon. Wenn ich alleine zu Hause geblieben wäre, hätte ich sicher die ganze Nacht wach gelegen oder meinen Alkoholvorrat leer getrunken."
"Na dann. Wäre es trotzdem für dich in Ordnung, wenn du heute wieder bei dir schläfst? Elea und ich haben heute noch etwas vor", erkundigte sich meine Freundin vorsichtig und sah die junge Frau uns gegenüber forschend an.
"Kein Problem, ich wollte so oder so heute was mit Tiffany machen."
"Okay gut, dann wäre das ja geklärt", lächelte Tine und widmete sich ihrem Frühstück.
Wir taten es ihr gleich und neben ein paar lockeren Gesprächen passierte in der nächsten dreiviertel Stunde nichts mehr. Als wir schließlich an unserer Wohnungstür standen, um Manuela zu verabschieden, umarmten wir uns alle.
"Danke, dass ich zu euch kommen durfte. Ich hätte sonst echt nicht gewusst, wo ich hin hätte sollen", lächelte Manuela dankbar und ließ dann von mir ab.
"Und wirklich danke, dass ich hierbleiben konnte, obwohl du mich dafür, was ich dir angetan habe, wahrscheinlich nicht wirklich magst", murmelte sie in die Haare meiner Freundin und schien wirklich erleichtert.
"Das hätte doch jeder getan", winkte Tine ab, doch ich widersprach ihr sofort.
"Wäre dasselbe mit Matthias passiert, dann hätte ich ihn hier nicht haben wollen. Also nein, das hätte nicht jeder gemacht."
"Na gut", gab sie sich geschlagen und sah mich schmunzelnd an.
"Dann bis bald", verabschiedete sich Manuela endgültig und ging dann durch die Tür, die wir hinter ihr schlossen.
Ich wandte mich sofort Tine zu und umarmte sie erleichtert. Ich war so froh, dass alles gut gegangen war und wir ihr hatten helfen können.
"Danke, ich liebe dich", seufzte ich.
"Ich liebe dich auch", erwiderte sie und streichelte mit ihren Händen sanft über meinen Rücken.
Dann lösten wir uns langsam voneinander und ich lächelte leicht.
"Also, wegen heute Mittag ... soll ich Frau Lieblich anrufen und sie fragen, ob wir auf einen Kaffee vorbeikommen können?", wollte ich wissen.
"Ja gerne", stimmte sie meiner Idee zu, über die wir gestern Abend vor dem Einschlafen gesprochen hatten.
Ich ging in die Küche und suchte mein Handy, bevor ich die Nummer meiner ehemaligen Nachbarin eingab. Nach einer halben Ewigkeit ging endlich jemand ran und ein Lächeln schlich sich automatisch auf meine Lippen.
"Lieblich, wer ist dran?" Es war schön, wieder die Stimme meiner ehemaligen Nachbarin zu hören, nachdem ich es so lange nicht mehr getan hatte.
"Hallo, hier ist Elea." Bevor ich weiterreden konnte, wurde ich jedoch unterbrochen.
"Elea, endlich meldest du dich bei mir, ich habe seit Wochen auf diesen Anruf gewartet", schimpfte sie ein wenig vor sich hin und ich musste sofort grinsen.
"Tut mir leid, die letzten Wochen waren alle ein bisschen voll, aber jetzt sind wir mal dazu gekommen", entschuldigte ich mich.
"Schon in Ordnung Elea. Weshalb rufst du nun an?"
"Ich wollte fragen, ob Tine und ich vielleicht gegen Mittag bei Ihnen zum Kaffee vorbeikommen können?"
"Natürlich, das würde mich sehr freuen. Wie wäre es mit vierzehn Uhr?", schlug sie vor und ich sah Tine an, während ich mir meinen Lippen die Uhrzeit formte, woraufhin sie nickte.
"Ja, das würde uns passen. Bis dann", verabschiedete ich mich.
"Bis dann, ich freue mich", kam noch von ihr, bevor sie auflegte.
Ich legte mein Handy auf die Arbeitsfläche zurück, drehte mich zu Tine um und lächelte ihr zu.
"Also, wir werden um vierzehn Uhr erwartet", gab ich das Ergebnis des Telefonats an meine Freundin weiter.
"Dann haben wir ja noch ein bisschen Zeit", schmunzelte sie und kam auf mich zu, um mich zu küssen.
Die restliche Zeit verbrachten wir damit, miteinander zu kuscheln und uns zu küssen, weshalb die paar Stunden viel schneller vergingen, als wir gedacht hatten.
"Können wir los?", fragte Tine, als wir uns schnell etwas Ordentliches angezogen hatten.
Sie trug ein weißes T-Shirt und eine dreiviertel Jeans. Ich hingegen hatte mich für meinen dunkelblauen Jumpsuit entschieden, der für die sommerlichen Temperaturen einfach nur perfekt war.
"Ja, ich bin fertig", gab ich zurück und wir machten uns auf den Weg zum Auto.
Nach der kurzen Fahrt kamen wir auch schon bei meinem alten Haus an und ich rannte aufgeregt die Treppe nach oben.
"Warte doch auf mich, ich bin schon alt", lachte Tine hinter mir.
"Bist du nicht immer diejenige, die mit ihrer Kondition angibt und sich über meine lustig macht?", konterte ich und sah sie herausfordernd an.
"In Ordnung, du hast gewonnen", gab sie sich geschlagen.
Dann standen wir auch schon vor der Haustür meiner ehemaligen Nachbarin und klopften an. Kurz daraufhin hörte ich Schritte und schließlich stand sie vor uns.
"Elea, Tine da seid ihr ja", hieß sie uns willkommen.
"Hallo Frau Lieblich, es ist so schön, Sie wiederzusehen", erwiderte ich lächelnd.
"Mich freut es auch, Sie näher kennenzulernen und mal vorbeizukommen", begrüßte Tine sie höflich.
Sie bat uns rein und wir folgten ihr durch den schmalen Gang in die große Küche, die gleichzeitig ein Wohn- und Esszimmer war. Sie hatte große Fenster, die den Raum mit Licht durchfluteten. Alles wirkte zusammen mit den vielen Pflanzen offen und freundlich.
"Setzt euch doch, ich mache euch erst mal eine Kanne Kaffee. Ich habe leider keinen Kuchen, sondern nur Eis", lächelte sie und wir taten, was sie uns sagte.
"Ach, das stört uns nicht", tat Tine den Einwand ab.
Es dauerte nicht lange, dann saß auch die alte Dame bei uns am Tisch und goss uns den Kaffee ein. Den Zucker und die Kaffeesahne mussten wir selbst anpassen, was aber nicht schlimm war. Nicht jeder hatten den Luxus eines Vollautomaten. Außerdem hatten wir alle jeweils eine Schale mit Fürst-Pückler-Eis vor uns stehen, was mich an die Besuche bei meinem Großvater erinnerte.
"Jetzt erzählt mal, was ihr die letzten Wochen so getrieben habt", forderte uns Frau Lieblich neugierig auf.
"Also es gab zwar ein paar Schwierigkeiten mit ihren Eltern und auch eine kleine Beziehungskrise, aber jetzt ist alles perfekt", erzählte ich und spielte mein Fremdgehen runter, weil ich nicht wusste, wie viel ich erzählen durfte.
"Ach das renkt sich doch sicher wieder ein? Du bist ja ihr Kind", wollte sie sich versichern.
"Ich weiß es leider nicht, aber ich hoffe es sehr. Das letzte Mal, das wir sie besucht hatten, lief nicht gut, weil sie gegen unsere Beziehung waren. Aber vielleicht sollten wir demnächst wirklich noch mal mit ihnen reden, es ist ja jetzt schon wieder ein paar Wochen her", seufzte meine Freundin.
"Wir werden nicht drum herumkommen. Wie gesagt, es sind deine Eltern und sie werden immer ein Teil unseres und vor allem deines Lebens sein", stimmte ich ihr zu.
"Dann ladet sie doch einfach mal zum Essen ein und redet darüber", schlug die alte Frau vor und je länger ich darüber nachdachte, desto sinnvoller erschien es mir.
Das schien Tine auch so zu sehen und wir redeten noch eine Weile über das Problem mit ihren Eltern. Die Sicht von Frau Lieblich gab uns Hoffnung darauf, dass alles wieder gut werden würde. Allein, dass Tines Vater beim letzten Mal nicht so verurteilend wie seine Frau gewirkt hatte, war vielversprechend.
Nach einiger Zeit bemerkten wir, dass wir uns langsam wieder auf den Weg machen sollten. Wir wollten aber noch nicht nach Hause, sondern zu einem See, der nicht allzu weit von meinem Elternhaus entfernt war. Sie waren leider über das Wochenende weggefahren, weshalb wir sie heute nicht besuchen gehen konnten. Das war aber nicht schlimm, weil es sicher noch genug Möglichkeiten dazu geben würde.
"Und kommt mich bald wieder besuchen", bat uns Frau Lieblich noch, als wir im Türrahmen standen und bereit waren, loszugehen.
"Natürlich, beim nächsten Mal wird es nicht so lange dauern, bis ich mich melde", versprach ich ihr noch, bevor wir uns abwandten und sich kurz danach die Tür hinter uns schloss.
Auf dem Weg zum Auto redeten wir kaum miteinander, weil wir beide einfach zufrieden mit dem Kaffee bei meiner ehemaligen Nachbarin waren und gleichzeitig noch über ihren Vorschlag nachdachten, mit Tines Eltern zu reden. Während der Fahrt musste ich sie aber zum See navigieren, weil der Parkplatz dafür an einem Feldweg lag, der zuerst etwas unscheinbar wirkte.
"Und hier soll der See liegen, von dem du immer so schwärmst?", fragte Tine skeptisch und musterte den kleinen Wald, der vor uns lag.
Ich wollte nicht unbedingt zum großen Ufer, das aus Kies bestand und einen Steg hatte, weil es dort um diese Uhrzeit immer sehr voll war. Deshalb wollte ich zu einer versteckten Bucht gehen, die zwar ein paar Leute kannten, von denen aber nie irgendwer dort war. Dafür mussten wir jedoch eine Weile durch den Wald gehen, aber das rentierte sich alleine durch die Aussicht über den See, die man bei der Bucht bekam.
"Ja, aber warte noch ein bisschen, dann siehst du ihn", grinste ich und nahm ihre Hand, um meine Finger mit ihren zu verschränken.
"Ich bin gespannt", schmunzelte sie, bevor wir losgingen.
Zum Glück gab es ein paar schmale Wege durch die dichten Pflanzen und ein Pfad führte direkt hinter viel Schilf am Ufer um die Hälfte des Sees. Ganz am Ende lag die Bucht, die zwischen Büschen hervorkam. Das warme Sonnenlicht fiel durch die Blätter der hohen Bäume und wurde dadurch ein wenig abgeschwächt. Trotzdem war es ziemlich warm.
"Wie findest du es?", fragte ich neugierig nach und sah sie erwartungsvoll an.
"Es ist wirklich schön. Der Weg hat sich gelohnt", lächelte sie und gab mir einen kurzen Kuss auf die Lippen, den ich vor Überraschung nicht erwiderte.
"Das tolle hier ist, dass man das Ufer sieht, aber die Leute dort uns nicht. Praktisch, wenn man sich mal ohne irgendwelche Streifen bräunen will." Ich warf Tine einen vielsagenden Blick zu und für ein paar Momente schien sie das Bild in ihrem Kopf zu beschäftigen, was mich leicht auflachen ließ.
"Das klingt ja ... sehr interessant", erwiderte sie bloß.
"Findest du?", fragte ich verführerisch und wandte mich ihr zu.
"Ja", hauchte sie und küsste mich dann endlich.
Ich löste mich jedoch schnell von ihr und zog sie bis zum Ufer. Sie stolperte ein bisschen hilflos hinter mir her und lachte erschrocken auf.
"Was machst du denn?", keuchte sie und hielt sich an meinem Oberarm fest, um nicht hinzufallen.
"Sieh es dir einfach von hier an, jetzt kannst du sogar den ganzen See sehen."
Sie widmete ihre Aufmerksamkeit dem wunderschönen Ausblick. Die Insel des Sees lag direkt vor uns und auf den vielen Bäumen saßen einige Vögel, die immer wieder über den See flogen. Dazu kam das trübe, dunkle grün-blaue Wasser, das sicher angenehm warm war. Ich war schon seit Jahren nicht mehr im See schwimmen gewesen, weil ich nie Zeit dafür gefunden hatte.
"Von hier aus sieht es noch besser aus. Was ist mit der Insel? Kann man sie betreten?"
"Nein sie ist ziemlich steil und es gibt auf ihr eigentlich nichts Spektakuläres, was man unbedingt sehen müsste." Ich zuckte mit den Schultern.
Tine nickte bloß und für eine Weile betrachteten wir die Szenerie, die von Vogelgesängen und dem Zirpen der Grillen begleitet wurde. Leider war es ziemlich heiß und ich konnte wegen der erdrückenden Hitze nur schwer atmen. Meiner Freundin schien es auch so zu gehen, denn sie löste ihre verschwitzte Hand aus meiner, um sich Luft zuzuwedeln.
"Irgendwie ist es noch heißer als vorher", stöhnte sie erschöpft und atmete tief durch.
"Ja, finde ich auch. Wir könnten ja schwimmen gehen", schlug ich lachend vor und wartete gespannt auf Tines Meinung.
"Aber wir haben keine Badesachen dabei", wandte sie ein.
"Als hätte uns das jemals aufgehalten." Ich erinnerte sie nur zu gerne daran, dass wir vor Kurzem in voller Bekleidung in einem Bergsee baden gewesen waren.
Bevor sie irgendetwas sagen konnte, zog ich schon meinen Jumpsuit und meine Schuhe aus und stand in Unterwäsche vor Tine. Ihr Blick lag ziemlich lange auf mir, bevor ich sie überzeugt hatte und sie sich ebenfalls entkleidete. Ich ging schon mal ins Wasser und es war angenehm erfrischend, aber nicht kalt. Nach ein paar Schritten konnte ich nicht mehr stehen und ich schwamm ein bisschen herum, während ich auf Tine wartete.
"Komm rein!", rief ich sie zu mir und sie befreite sich noch von ihrer Hose, bevor sie langsam ins Wasser kam.
"Oh Gott fühlt sich das ekelhaft an", keuchte sie angewidert vom Schilf, das unter Wasser den Boden bedeckte und sich ziemlich glitschig anfühlte.
"Ich weiß, aber gleich ist es vorbei", lachte ich und wenige Augenblicke später war sie endlich bei mir.
Ich konnte allein an der ruhigen Atmung und ihrem entspannten Gesichtsausdruck erkennen, dass es ihr gefiel.
"Das habe ich gerade wirklich gebraucht."
"Ich weiß", grinste ich und hauchte ihr einen Kuss auf die Wange, bevor ich mich langsam auf den Rücken legte und mich treiben ließ.
Tine tat es mir gleich und die warme Sonne auf meinem Oberkörper und meinem Gesicht zusammen mit dem lauwarmen Wasser an meinem Rücken und Beinen war so entspannend, dass ich am liebsten auf der Stelle eingeschlafen wäre. Als ich dann noch Tines Hand spürte, die zaghaft nach meiner griff, um sie zu halten, war der Moment endlich perfekt.
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