Kapitel 30

Tine und ich lagen eines Nachmittags im Bett. Draußen herrschte eine unerträglich Hitze, obwohl es gerade mal Anfang Juni war - die Sommer wurden von Jahr zu Jahr einfach immer heißer. Es war mitten unter der Woche und da Ferien waren, wollten wir eigentlich nicht ins Schwimmbad gehen, weil dort wahrscheinlich gerade halb Ingolstadt versammelt war. Manuela war mit ihrer Familie und Quentin spontan an einen See nach Ungarn gefahren, wo sie, als Manuela noch klein gewesen war, jeden Sommer Urlaub gemacht hatten. Tiffany hatte auch schon irgendwas mit Ben vor und war deshalb auch nicht verfügbar.

"Und wenn wir doch ins Freibad gehen?", fragte ich Tine.

Bei dem Gedanken an das kühle Wasser und die Pommes gewürzt mit einer Mischung aus Paprikapulver und Salz aus dem Schwimmbadkiosk vergaß ich für einen Moment die Hitze.

"Es wird total überfüllt sein und ich kann mir vorstellen, auch gleich die Hälfte meiner Schüler zu treffen", versuchte sie, mir meine Idee auszureden.

Für mich stand trotzdem fest, dass ich schwimmen gehen wollte und es mir egal war, ob es voll war. Ich konnte bei dem Wetter den Tag nicht in der Wohnung verbringen und es wunderte mich, dass Tine mir nicht sofort zustimmte. Eigentlich hätte sie sich das nicht entgehen lassen, aber anscheinend hielt sie der Gedanke an ihre Schüler davon ab.

"Aber wir sind doch nicht mit denen dort und es ist so warm hier", versuchte ich es erneut und drehte mich zu ihr, um meine Hand über ihre Schlüsselbeine wandern zu lassen.

Von meiner Freundin kam nur ein genervtes Schnauben und ein Kopfschütteln, was ein leichtes Rascheln erzeugte, das von dem Kissen kam, auf dem sie lag.

"Gut, dann gehe ich eben alleine, wenn du keine Lust hast. Ich muss hier raus", gab ich von mir, als ich mich aufsetzte und zum Kleiderschrank ging.

Verwirrt von meiner Aktion stützte Tine sich mit den Ellbogen auf und sah mich an. Ich hatte mit wenigen Handgriffen in verschiedene Schubladen und Fächer alles zusammengesammelt, was ich für den Nachmittag brauchen würde. Ich stopfte das Handtuch, einen schwarzen Bikini und meinen Geldbeutel zusammen mit meinem Handy in einen Kulturbeutel, den ich mir über die Schulter hängte. Gerade als ich das Zimmer verlassen wollte, hörte ich Schritte hinter mir und spürte kurz darauf eine Hand, die mich an meinem Handgelenk zurückhielt.

"Du willst jetzt echt alleine gehen?"

Ich drehte mich um, nur, um direkt in Tines Gesicht zu sehen. Ich musste mich zusammenreißen, um sie nicht sofort zu küssen.

"Wenn es dich stört, dann komm mit", schlug ich ihr auffordernd vor.

Sie seufzte bloß, öffnete den Schrank und holte ihre Sachen, die sie zu meinen packte.

"Aber beschwer dich nicht, wenn wir angesprochen werden", murmelte sie dabei mahnend und ich musste mir ein Grinsen verkneifen.

Ich hatte genau gewusst, dass sie mich nicht allein hätte gehen lassen.

"Okay", hauchte ich bloß und drückte ihr einen kurzen Kuss auf die Lippen.

Da wir schon ziemlich ordentlich angezogen waren - ich trug eine knappe Hotpants zu einem weiten, olivgrünen T-Shirt und Tine ein schwarzes Top kombiniert zu einer grauen Jeans, brauchten wir bloß noch Schuhe. Ich hatte mich für Flip-Flops und meine Freundin für normale Sneaker entschieden. Ich machte bloß noch einen Abstecher ins Bad, um Sonnencreme zu holen, bevor wir aus der Wohnungstür in den Gang mit dem Treppenhaus traten.

Gemeinsam gingen wir zu unseren Fahrrädern, die wir inzwischen an einem Fahrradständer um die Ecke angeschlossen hatten, weil wir sie in letzter Zeit öfter benutzten. Tine fuhr fast jeden Tag mit dem Rad in die Schule und zusammen machten wir manchmal kleine Radtouren, also rentierte es sich wirklich, dass wir sie nicht jedes Mal aus dem Keller holen mussten. Eigentlich hätten wir auch locker zu Fuß laufen können, aber die paar Minuten wollten wir uns sparen.

Die Fahrt war kurz und ich war aufgeregt, als wir ankamen. Es war mein erster Schwimmbadbesuch dieses Jahr und ich bemerkte schon wieder, dass ich das viel öfter tun musste.

"Ich bezahle", bestimmte Tine plötzlich, als wir nach dem Abschließen unserer Fahrräder zum Eingang gingen, wo wir uns die Tickets kaufen konnten.

"Aber", wollte ich ihr widersprechen, doch sie unterbrach mich.

"Kein aber. Ich bezahle", bestand sie darauf und ich gab mich geschlagen.

Ich sollte mich nicht beschweren, dass sie bezahlte, aber es fühlte sich so an, als würde ich finanziell abhängig von ihr sein, obwohl ich das nicht war. Aber vielleicht sah sie es auch als ihre Pflicht als Ältere von uns beiden, für mich mitzuzahlen.

"Zwei Erwachsene", gab Tine dem Mann hinter der Glasscheibe Bescheid, der ihr kurz danach die Tickets reichte.

Wenige Momente später waren wir schon durch die Drehkreuze gegangen und standen auf dem gepflasterten Weg, der vom Eingang aus nach links zu den Umkleiden, Schließfächern und Duschen führte und nach rechts zu fünf Schwimmbecken und zwei Volleyballplätzen. Der Rest war eine riesige Wiese mit großen Bäumen, in deren Schatten sich die meisten Menschen tummelten. Der typische Freibadgeruch von Chlor und frisch gemähtem, ausgetrocknetem Gras drang in meine Nase und ich schloss für einen Moment meine Augen.

"Wollen wir uns umziehen gehen?", fragte Tine nach und ich nickte nur.

Wir beschlossen, gemeinsam in eine Kabine zu gehen. Den Körper der anderen kannten wir so oder so in- und auswendig, also gab es nichts, was wir zu verstecken brauchten.

"Da vorne ist gerade eine frei geworden", machte ich sie plötzlich auf eine Tür aufmerksam, die schon wieder zufiel.

Mit schnellen Schritten gingen wir auf die Kabine zu, die tatsächlich leer war. Innen war es ein bisschen eng, da sie eigentlich nur für eine Person gedacht war, aber das störte uns nicht. Schnell zogen wir uns aus und mein Blick blieb ziemlich lange an Tines perfektem Körper hängen. Es war für mich jedes Mal etwas Besonderes, sie nackt zu sehen. Ihr schien es nicht anders zu gehen, denn als ich aufsah, wandte sie gerade ihren Blick von meinen Brüsten ab.

"Starrst du etwa?", fragte ich belustigt und meine Mundwinkel wanderten in die Höhe.

"Und du nicht?", verteidigte sie sich mit einer Gegenfrage.

"Erwischt", gab ich mich geschlagen. "Wie könnte ich dem aber widerstehen."

Meine Hände fuhren sanft über ihre Brüste zu ihrer Taille. Danach ließ ich wieder von ihr ab und zog mir meinen Bikini an. Tine hatte sich einen schlichten, schwarzen Badeanzug mitgenommen, der für meinen Geschmack zu viel verdeckte. Wahrscheinlich wollte sie nicht von irgendwem, den sie kannte, halb nackt gesehen werden, vor allem von keinem Schüler.

Wir waren schnell fertig und gingen dann zu den Schließfächern, um unsere Wertsachen einzuschließen. Die Handtücher und die Sonnencreme nahmen wir als Einziges mit und während Tine sich das Armband, an dem der Schlüssel hing, am Handgelenk befestigte, hielt ich Ausschau nach einem guten Platz, der zwar nicht in der prallen Sonne lag, aber auch nicht komplett im Schatten.

"Wo sollen wir hingehen?", fragte sie und stellte sich neben mich.

"Dort hinten ist etwas Platz, wo das Licht zwar hinkommt, aber die Blätter von dem Baum da genug Schatten machen", erklärte ich ihr und zeigte auf die Stelle, die ich meinte.

Sie lag direkt neben dem Schwimmerbecken, das viel weniger voll war als das Spaßbecken, in dem sich ein Strömungskanal und zwei große Rutschen befanden. Ich war mir aber sicher, dass Tine dort nicht so gerne hinwollte, auch wenn das Wasser wärmer war.

"Sieht gut aus, da sind auch weniger Leute", sagte sie noch, bevor wir uns auf den Weg machten.

Ich hatte bei jedem Schritt Angst, dass ich auf eine Biene oder Wespe treten könnte, die eigentlich kaum auf der Wiese zu finden waren, weil dort keine Blumen, sondern nur Gras wuchs.

Wir breiteten unsere Tücher nebeneinander aus und ich legte die Sonnencreme demonstrativ vor Tine ab, nachdem ich mir selbst ein wenig genommen und sie auf meinen Armen verteilt hatte.

"Crem mich ein", befahl ich ihr und sie nahm die Tube in die Hand.

Ich entspannte meine Schultern und kurz darauf spürte ich die kalte Sonnencreme, aber auch Tines warmen Hände. Mit geschmeidigen Bewegungen verteilte sie den Sonnenschutz auf meiner Haut und ich genoss die Minuten, in denen sie meinen kompletten Rücken verwöhnte. Als sie gegen Ende meine Schultern und Nacken massierte, entwich mir ein Seufzen. Sie hörte jedoch dort nicht auf, sondern glitt für einen Moment über mein Dekolleté zu meinen Brüsten, die sie leicht streifte. Damit schien sie die Wirkung zu erzielen, die sie gewollt hatte, aber sie ließ von mir ab.

"Jetzt bist du dran", forderte sie einen Ausgleich und ich gab mein Bestes, um es ihr gleichzutun.

Kurz darauf hatten wir auch den Rest unserer Körper eingecremt und ein paar Minuten gewartet, damit der Sonnenschutz ein wenig einzog. Dann entschieden wir uns, dass wir in das Becken gehen wollten, das ganz links außen neben dem Schwimmerbecken lag. Es war nur halb so groß und der Grund war bis zum Ende hin abfallend. An den Rändern gab es Doppelsitze unter Wasser, in die kleine Düsen gebaut waren, aus denen Luftblasen kamen und das Wasser aufschäumten. Wir wollten zuerst ein wenig entspannen und das kühle Nass genießen.

"Hallo Frau Lindner", grüßte uns plötzlich eine helle Stimme und ich sah ein Mädchen, das gerade neben einer älteren Frau herlief.

"Hallo Lisa, schön dich zu sehen", gab Tine zurück, bevor wir unseren Weg fortsetzten.

"Du bist so angespannt", sagte ich, als wieder keiner in Hörweite war.

"Kein Wunder, eine Schülerin hat mich im Badeanzug gesehen und dich halb nackt", gab sie von sich.

"Sie hatte aber nicht gerade mehr an."

"Das macht es nicht besser. Lass uns einfach schnell ins Wasser gehen."

Das taten wir auch und nachdem ich mich an die lauwarme Temperatur gewöhnt hatte, schwammen wir die letzten Meter zu einem der Sitze. Er war der Einzige, der noch frei war. Tine legte ihren Kopf auf dem Beckenrand ab und schloss die Augen. Ich tat es ihr gleich und atmete tief durch. Genau das hatten wir beide gerade gebraucht und ich war froh, dass ich sie dazu hatte bewegen können, dass sie mitkam.

Ich warf einen Seitenblick auf Tine, die so entspannt wie noch nie aussah. Es schien ihr ebenfalls gutzutun und ich legte kurz meine Lippen auf ihre Wange, was ihr ein leichtes Lächeln entlockte. Dann rückte ich näher zu ihr, sodass sich unsere Oberschenkel berührten, und schlang meinen Arm unter Wasser um ihre Taille. Ihr schienen meine Berührungen zu gefallen, denn sie gab ein zufriedenes Seufzen von sich.

Für eine Ewigkeit genossen wir nur das kühle Wasser und die Sonne, die auf unsere Gesichter schien. Irgendwann bekam ich jedoch Hunger und stupste Tine sachte an.

"Ich bin hungrig und hatte seit dem Frühstück nichts mehr", beschwerte ich mich und sie schlug die Augen auf.

"Jetzt, wo du es sagst, fällt mir ein, dass ich auch etwas vertragen könnte."

"Sollen wir Geld holen und dann zum Kiosk?", fragte ich und sie nickte, während ein zustimmendes Brummen von ihr kam.

Mühsam zogen wir uns aus dem Wasser, wobei es Tine durch den regelmäßigen Sport natürlich leichter fiel als mir. Zum Glück hatten wir es zu unserem Spind nicht weit und am Kiosk standen nur drei Leute vor uns.

"Was hätten Sie denn gerne?", fragte die Frau hinter der Theke für warmes Essen und sah uns freundlich an.

"Zweimal die mittleren Pommes", bat Tine sie und ich war überrascht, dass sie nicht den Salat nahm, den es auch zur Auswahl gab.

"Noch etwas zum Trinken?"

Ein fragender Blick von meiner Freundin, aber ich schüttelte den Kopf.

"Nein, danke."

Wir bezahlten gerade und holten unser Essen bei der Ausgabe ab, als wir an einer Tiefkühltruhe mit Eis vorbeiliefen. Die war mir davor noch gar nicht aufgefallen.

"Kann ich später Eis?", sprudelte es aus mir.

Ich fühlte mich wie ein kleines Kind, das seine Mutter um Eis anbettelte. Nur, dass ich schon über zwanzig und Tine meine Freundin und nicht meine Mutter war.

"Das war der Plan", lächelte sie und wir gingen zu einem Tisch auf der Terrasse, die wie der Kiosk drei Meter über dem gepflasterten Weg lag. Von dort aus konnten wir die Becken überblicken.

"Ich war überrascht, dass du die Pommes genommen hast", merkte ich an, als wir uns gesetzt hatten.

Die Stühle waren durch die Sonne sehr heiß, aber ich gewöhnte mich schnell daran. Tine sah mich an, hatte dabei ihren rechten Arm auf dem Tisch abgestützt und ihre Beine übereinandergeschlagen.

"Iss sie, dann weißt du warum", grinste sie und nahm sich dann ein Stück, auf das sie demonstrativ biss.

Ich tat, wie sie mir sagte, und der salzige Geschmack rief viele Erinnerungen an Sommertage, vor allem zu meiner Grundschulzeit mit meiner damaligen besten Freundin, hervor. Mit einem Brummen verlieh ich meiner Zufriedenheit Ausdruck.

"Siehst du", lachte sie und nahm sich zwei weitere Pommes.

"Ich vergesse immer, wie gut die hier eigentlich sind", schmunzelte ich und tunkte die nächste in Ketchup.

"Nicht nur du", stimmte sie mir zu und wir genossen einfach nur die Sonne.

Tine sah so wunderschön aus, wenn sie in all ihrer Perfektion vor mir saß. Sie wurde vom warmen Licht angeschienen und ihre Haut glänzte dabei immer so makellos. Ich entdeckte ein paar glitzernde Wassertropfen, die sich auf ihren Armen, Schultern und dem Hals befanden. Meine Blicke blieben nicht lange unentdeckt, denn Tine widmete mir ihre Aufmerksamkeit und schenkte mir ein zufriedenes Lächeln. Sie wusste, wie sehr ich sie liebte, und ich wusste, dass es ihr auch so ging.

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