3. Lake of fire
Die ganze Woche hatte ich schon Alpträume und jeder Traum hatte eines gemeinsam:
Tiefe blaue Augen, die über mich wachten.
Es war bereits Freitag und ich hatte das Gefühl als hätte ich seit Montag nicht mehr richtig geschlafen.
"Dahlia? Geht's dir gut?", hakte mein Onkel nach als ich unten mit ihm frühstückte.
"Ja, bin nur etwas müde", antwortete ich, wobei ich mit meinem Porridge herumspielte.
"Du solltest etwas essen. Du brauchst die Energie für die Schule", bemutterte er mich.
"Hab kein Appetit", murmelte ich nur.
Ich wusste nicht was es war aber die Träume ließen mich nicht los. Sie fühlten sich allzu real an, obwohl es um so etwas Surreales ging.
Gestalten mit roten Hörnen die scheinbar nur aus Muskeln und etwas Fleischartigem bestanden, ohne einer schützenden Haut, die Reißzähne hatten und Augen so dunkel, dass es schien als hätten sie keine Pupillen, jagten mich in meinem Traum.
Sie kreischten 'Eine von uns' während ich zu einem hellen Licht rannte, die später zu blauen Augen wurden. Sie schlossen sich und alles wurde in Dunkelheit getaucht. Der Traum endete immer damit, dass die Dämon-artigen Wesen über mich herfielen und mir die Haut vom Körper rissen, sodass ich schließlich so aussah wie sie.
Ich schüttelte meinen Kopf, um den Gedanken daran loszuwerden.
"Ich sollte los. Sonst komme ich noch zu spät", sprach ich schließlich und stand auf.
"Okay, viel Spaß", gab mein Onkel von sich auf was ich nur mit einem Seufzer antwortete.
Genau Spaß und Schule...weil das ja auch ging.
Ich näherte mich meinem Auto. Ein Junge mit schwarzem Haar saß am Beifahrersitz.
Mein Atem stockte. Deegan, der Typ aus meinen Alpträumen.
Ich rannte auf das Auto zu.
Das konnte nicht sein...
Er drehte sich zu mir und zwinkerte und genau als ich die Beifahrertür öffnete, war er verschwunden. Meine Hände glitten über mein Gesicht und ich rieb über meine Augen.
Das konnte nicht sein.
Als ich wieder auf den Sitz sah, lag ein kleiner Zettel darauf.
'Vielleicht bist du das nächste Mal schneller Liebste', stand darauf. Ich starrte eine lange Zeit auf das Papier, ohne mich wirklich zu trauen danach zu greifen, aus der Angst es würde sich in Luft auflösen.
Schließlich atmete ich aus und schloss die Tür ehe ich in den Fahrersitz stieg.
Mein Blick glitt auf den Zettel. Es war noch hier.
Um mich auf andere Gedanken zu bringen schloss ich mein Handy am AUX-Kabel an und klickte auf Zufallswiedergabe.
'Lake of fire' von Nirvana ertönte aus den Boxen und ich versuchte mich etwas zu beruhigen während Kurts Stimme meine Ohren segnete.
Immer wieder wanderten meine Augen auf den Zettel bis ich schließlich danach griff.
Es war real.
Ich zog scharf die Luft ein als ich das Stück Papier in meiner Hand zerknitterte.
Ich wurde nicht verrückt.
Ich hatte es mir nicht eingebildet.
Er war hier gewesen.
Ich hielt so fest an das Blatt aus der Angst, dass wenn ich es losließ, mein gesunder Menschenverstand mit ihm verschwinden würde.
Nachdem ich das Auto geparkt hatte, nahm ich meine Tasche und stieg aus. Der Zettel war noch fest in meiner Hand.
Vielleicht würde mich ja eine Stunde Geschichte von der Tatsache ablenken, dass etwas Unnatürliches vor sich ging.
In den gesamten Unterrichtsstunden hatte ich nichts anderes gemacht als auf das Blatt zu starren und nun saß ich allein in der Cafeteria und tat dasselbe.
Schließlich nahm ich meine Augen vom Papier und sah mich um.
Um mich herum unterhielten sich alle, scherzten und genossen ihre Pause mit ihren Freunden.
In der Menschenmenge fiel mir eigentlich auf, wie allein ich doch war. Ich hatte niemanden außer meinen Onkel.
Keine weiteren Familienmitglieder. Weder Mutter noch Vater und noch nicht einmal Freunde.
Vielleicht sollte ich mich wie Tom Hanks im Film 'Cast away' mit einem Volleyball anfreunden...
Ich schmunzelte leicht bei dem Gedanken bevor mein Blick auf den Tisch fiel, an dem meine alten Freunde saßen.
Sie lachten gerade über etwas als Taissa sich plötzlich zu Harry lehnte und ihn auf die Lippe küsste. Ein Stechen breitete sich in meinem Brustkorb aus und mein Schmunzeln fiel als er seinen Arm um ihre Schulter legte.
Mit einem traurigen Kopfschütteln sah ich weg.
Ich sollte eigentlich froh sein diese Schlangen los zu sein.
Mit schwerem Herzen stand ich auf und verstaute das Papier in meiner Tasche ehe ich aufs Klo lief.
Ich hatte noch nichts gegessen und nur Wasser getrunken, weshalb meine Blase dementsprechend voll war.
Als ich an die Waschbecken lief, um meine Hände zu waschen, stand Taissa vor einem der Spiegel und trug einen Gloss auf.
Stillschweigend wusch ich meine Hände bevor die Spannung nicht länger auszuhalten war.
"Du und Harry, huh?", hakte ich nach und sah sie vom Spiegel aus an. Sie antwortete nicht.
"Viel Glück. Aber ich würde aufpassen. Einmal ein Betrüger immer ein Betrüger", sprach ich weiter und trocknete meine Hände.
Sie schloss ihren Lipgloss ehe sie sich zu mit wandte.
"Im Gegensatz zu dir damals, liebt er mich", antwortete sie kalt und stolzierte kurz darauf weg.
"Man was für eine Bitch", hallte, die mir nun bekannte Stimme, in meinem Kopf.
Ich blickte mich automatisch um.
Die Stimme lachte.
"Mach dir keine Hoffnungen, ich bin nicht wirklich bei dir. Ich chill grade mit Ed Gein", sprach sie während ich meine Schläfen hielt.
"Geh aus meinen Kopf!", fluchte ich und wieder lachte er.
"Wieso? Ich finde es ganz interessant hier", antwortete er.
"Lass mich in Ruhe! Was willst du von mir?!", hakte ich wütend nach.
"Dich liebste Dahlia", kam es amüsiert zurück.
"Du bist verrückt!", gab ich von mir und massierte dabei meine Stirn, um die Kopfschmerzen loszuwerden die langsam auftauchten.
"Sagt diejenige, die so aussieht als würde sie mit sich selbst reden. Woher willst du wissen, dass ich echt bin? Vielleicht bin ich nur deiner Einbildung entsprungen? Vielleicht verlierst du langsam den Verstand und bildest dir jemanden ein, nur um dich nicht ganz so einsam zu fühlen?", hallte es in meinem Kopf.
"Oder vielleicht bin ich auch nur Manuel Neuer?", kam es von ihm und ich konnte dabei sein Grinsen raushören.
"HALT DIE KLAPPE!", schrie ich.
"Psycho", murmelte jemand neben mir und ich drehte mich erschrocken zu dem Mädchen, die mich so ansah als würde mir ein zweiter Kopf wachsen.
Sie schüttelte angewidert den Kopf und verließ die Mädchentoilette.
Ich atmete tief ein.
Toll. Jetzt war ich nicht nur das Mädchen ohne Freunde, sondern noch ein Psychopath dazu.
Ich war mir sicher: Ich bildete mir den ganzen Scheiß nicht ein und ich war auch nicht verrückt.
Deegan existierte.
Er musste existieren.
Ich. War. Nicht. Verrückt.
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