15. Sympathy for the Devil
Ich stand für eine kurze Zeit lang nur vor dem Haus. Unsicher, ob ich reingehen sollte.
Als ich mich dafür entschieden hatte lieber Heim zu gehen, war es zu spät. Jeanette hatte mich nämlich von ihrem Garten aus entdeckt und winkte mich zu ihr.
"Hey! Dahlia!", rief sie mir freudestrahlend zu.
Ich zwang ein Lächeln auf meine Lippen und winkte zurück ehe ich auf das Grundstück lief und mich zu ihr gesellte.
"Hey, alles Gute", gratulierte ich ihr und umarmte sie dabei.
"Dankeschön", entgegnete sie mir mit einem breiten Lächeln.
Ich überreichte ihr das Geschenk, was ihr Lächeln noch breiter zu machen schien. Sie bedankte sich herzlich und zog mich in eine zweite Umarmung.
"Komm mit, ich stell dich den anderen vor", sprach sie, wobei sie sich in meinen Arm hängte und mich dann ins Haus führte, wo ihre Gäste im Wohnzimmer saßen und redeten.
Ich kannte vielleicht drei von den zehn Leuten, die sie mir vorgestellt hatte. Sie alle waren entweder Cheerleader oder Footballspieler bis auf zwei Ausnahmen, ich und ein Mädchen, Gwenn. Also war es naheliegend, dass ich mich mit ihr unterhielt, da ich weder Ahnung von Football noch von Cheerleading hatte.
Es lief Musik, zwei der Footballspieler grillten das Fleisch für die Burger im Garten und der Rest war entweder am Pool oder im Haus am Reden.
Gwenn und ich gehörten zu den Couch-Potatos, da wir keine Lust hatten ins Wasser geworfen zu werden, wie die anderen Mädchen.
"Und wie sieht's bei dir aus? Single-Life oder Beziehung?", fragte sie irgendwann im Laufe des Gespräches. Ich wollte gerade mit Single-Life antworten bis mir meine Fake-Beziehung mit dem Bastard vom Tod einfiel.
"Beziehung", antwortete ich mit einem gespielten Lächeln.
"Gosh, bin ich der einzige Mensch auf diesem Planeten ohne Freund?", kam es theatralisch von ihr.
"Bezweifle ich, manche Menschen haben auch Freundinnen", scherzte ich, weshalb sie amüsiert ihre Augen rollte.
"Na ja, wie auch immer. Wie heißt er?", hakte sie nach.
"Deegan", zwang ich mich zu sagen.
"Damn, interessanter Name. Ist er zufällig Ire?"
Ich dachte an Deegans leicht irischen Akzent und an seine Mutter, die er mal als irische Hure betitelt hatte.
"Ja, zur Hälfte", antwortete ich.
"Wie cool. Wusstest du das Deegan so viel wie der Dunkelhaarige bedeutet? Ich habe mal eine Zeit lang gälisch gelernt", kam es enthusiastisch von ihr.
"Oh...nein, hatte keine Ahnung aber dann ist der Name ja passend. Er hat nämlich Rabenschwarzes Haar", gab ich von mir und obwohl ich sauer auf den Wichser war, zuckten meine Mundwinkel aus irgendeinem Grund zu einem kleinen Lächeln. Merkwürdig, ich weiß.
"Oh mein Gott, noch besser", sprach sie, wieso auch immer, glücklich darüber.
"Ja...", gab ich von mir, nicht wissend mit was ich sonst antworten hätte sollen.
"Was macht ihr zwei Hübschen denn drinnen, wenn jeder draußen ist?", kam es plötzlich von Kian, der reingekommen war.
"Reden", antwortete Gwenn unbeeindruckt und rollte dabei ihre Augen. Kian atmete genervt deswegen aus bevor er sich zu mir wandte.
"Dahlia, richtig?", hakte er nochmal nach ehe er sich einfach zwischen uns setzte.
"Richtig...", bestätigte ich die Frage skeptisch.
Der Typ stank nach Fuckboyness zehn Meter gegen den Wind.
"Weißt du-", fing er an, doch wurde durch die Klingel unterbrochen, wofür ich dankbar war. Er hätte ansonsten bestimmt einen dummen Spruch herausgehauen und dafür hatte ich keinen Nerv.
"Sie sind da!", rief Jeanette überglücklich und sprintete förmlich an die Tür.
Mit 'sie' waren drei Typen gemeint, die so gut aussahen, dass es schon schmerzhaft war sie anzusehen.
"Dahlia, du bist glaube ich die Einzige, die dieses Trio nicht kennt. Das sind Mike, Gabe und Rapha", stellte sie mir die drei vor während ich nur steif nickte.
Holy Shit.
Die drei waren wie aus einem Katalog geschnitten.
"Hey", begrüßte ich sie schließlich und musterte mit aller Kraft ein Lächeln. Ehrlich, es war anstrengend meine Kinnlade nicht runterklappen zu lassen.
"Hey", grüßte mich Gabe mit einem süßen Lächeln zurück. Er hatte wunderschöne blaue Augen und Straßenköter-blondes Haar.
Ich bekam auch von Rapha eine Begrüßung, wenn auch eine halbherzige. Seine dunklen Augen verrieten nichts und seine ebenso dunklen Haare glänzten so als wäre er aus einer Shampoo Werbung. Zuletzt kam auch ein 'Hey' von Mike, dessen grüne Augen geradezu strahlten und perfekt zu seinen Karamell-braunen Haaren passten.
Jup, ich checkte die drei schamlos ab.
Aber könnt ihr es mir übelnehmen? In dieser Gegend sah man so gut wie nie heiße Jungs.
Leider folgten sie kurz darauf Jeanette nach draußen und ich konnte sie nicht länger betrachten.
"Damn sind die heiß", kommentierte ich und sah dabei schockiert zu Gwenn, die mir nickend zustimmte.
"Ich weiß und du hast leider einen Freund, aber dann bleibt eben mehr für mich", sprach sie schelmisch und wackelte dabei mit ihren Augenbrauen.
"Warte. Du hast einen Freund? Warum sagst du das nicht gleich? Ich hätte jetzt fast einen Anmachspruch an dir verschwendet", beklagte sich Kian, dessen Präsenz ich komplett außer Acht gelassen hatte. Sauer deswegen, stand er auf und lief nach draußen. Ohne auf die Äußerung von Kian einzugehen, antwortete ich Gwenn.
"Aber so wie es jetzt aussieht nicht mehr lange."
"Wieso das? Beziehungsstress?", fragte sie perplex.
"Und wie. Wir sind nur am streiten und ich habe keine Lust mehr auf sein kindisches Verhalten", erläuterte ich, was eins zu eins stimmte.
"Ich weiß, eigentlich müsste ich jetzt Mitgefühl zeigen und traurig für dich sein aber ehrlich gesagt freu ich mich, dass du eventuell bald Single sein wirst und ich dann endlich jemanden habe mit dem ich um die Häuser ziehen kann", gab sie zu ehe sie ihr Gesicht verzog.
"Das klingt jetzt richtig gemein und selbstsüchtig, nicht?", fügte sie dann mit gequälter Mimik an, was mich amüsierte.
"Etwas", antwortete ich schmunzelnd.
Als die Burger fertig waren, nahm jeder am großen Tisch, welcher im Garten stand, Platz.
Dabei hatte ich das große Glück zwischen Gwenn und Gabe zu sitzen. Jackpot.
Während Gabe und Mike sehr offen und leicht im Umgang waren, war Rapha sehr schwer zu beeindrucken. Jedes Mal, wenn jeder am Tisch wegen einer lustigen Anekdote lachte, saß er nur mit einem Pokerface da und aß sein Essen.
"Woher kennst du eigentlich Jeanette?", hakte Gabe im Laufe des Essens nach während Gwenn mit dem Footballspieler neben ihr flirtete.
"Sind auf der selben Schule", antwortete ich lächelnd nachdem ich einen Schluck von meiner Cola nahm. Gwenn, Mike und ich waren die einzigen, die keinen Alkohol tranken. Ich, weil ich nicht wirklich Lust hatte. Gwenn, weil sie mit dem Auto gekommen war und wieso Mike nichts trank war mir unbekannt.
"Ah cool. Ich werde demnächst auch auf eure Schule wechseln, da ich hier seit kurzem ins Viertel gezogen bin", erzählte Gabe ebenfalls lächelnd.
"Wirklich? Mitten im Jahr?", fragte ich überrascht.
"Ja, meine Mutter hat daran nicht wirklich gedacht als sie das Haus gekauft hat", erklärte er schulterzuckend.
"Und wo hast du davor gewohnt?", führte ich unser Small-Talk weiter.
"In Burtsville, ist ungefähr eine Stunde von hier entfernt. Dort kommen auch Mike und Rapha her", antwortete er und nickte dabei zu seinen zwei Freunden.
"Schaut Rapha deswegen so grimmig?", wollte ich wissen, weshalb Gabe anfing zu lachen.
"Eigentlich ist das sein glückliches Gesicht", gab er dann belustigt von sich.
"Gosh dann will ich nicht wissen wie er aussieht, wenn er wütend ist", sagte ich leise, da Rapha nun zu mir und Gabe aufsah.
"Ich kann euch hören", informierte er uns in einer monotonen Stimmlage.
"Wow, das war der erste vollständige Satz, den er den ganzen Abend geäußert hat", kommentierte ich daraufhin gespielt erstaunt, was Gabe zum auflachen brachte.
"Wahrlich ein Wunder", spielte Gabe mit und schüttelte dabei amüsiert seinen Kopf.
"Hey, lasst Rapha in Ruhe. Das alles gehört zu seiner Badboy-Persona", warf Mike grinsend ein und boxte Rapha dabei freundschaftlich auf die Schulter.
"Witzig", kam es ungerührt von Rapha selbst.
"Und wir sind zurück zu ein-Wort Antworten. Ich denke mit dem Satz vorhin hat er sein Word-Count für den ganzen Tag gesprengt", scherzte ich, was Mike und Gabe im Gegensatz zu Rapha amüsant fanden. Ich versuchte vergeblich eine Reaktion aus ihm zu locken, weil er komischerweise mein Interesse geweckt hatte. Jedoch sah er mich nur emotionslos an. Mit meinem besten Pokerface starrte ich zurück.
"Den Wettbewerb wirst du verlieren", teilte mir Gabe mit, auf was ich nicht antworten konnte, da ich eben auf das nicht-verlieren konzentriert war.
"Nah, bis jetzt schlägt sie sich gut", kommentierte Mike.
Ich wusste ehrlich gesagt nicht wie lange wir uns schon anstarrten aber es war schon so weit, dass ich ihn anstarren konnte ohne ihn dabei wirklich zu sehen, da meine Gedanken woandershin wanderten. Genauer gesagt zu Deegan.
Ich bekam ein schlechtes Gewissen als ich an meine Worte von vorhin dachte. Hatte es ihn verletzt das zu hören? Sicher nicht, oder? Ich mein es war Deegan.
"Wenn jeder fertig gegessen hat, würde ich sagen räumen wir auf und dann pack ich die Geschenke aus und im Anschluss gibt es Kuchen", hörte ich Jeanette im Hintergrund sagen, die den ganzen Tag an ihrem Freund geklebt hatte.
"Lasst euch nicht stören, ich will nämlich wissen wer gewinnt. Gabe und ich räumen eure Teller auf", kam es von Mike, was mich zurück in das hier und jetzt holte.
"Gib einfach auf", sagte ich zu Rapha als es mir zu blöd wurde. So wie es jetzt lief, würden wir noch zehn Jahre hier sitzen.
"Nein", gab der Sturkopf mit den schönen Augen von sich. Seine Augen waren kein einfaches braun. Sie waren in einem hellen karamell mit goldenen Flecken und umrahmt wurden seine Augen von dunklen vollen Wimpern, die Neid in mir auslösten.
Wozu brauchte ein Junge so schöne Wimpern?!
"Eh Dahlia?", ertönte Jeanettes Stimme.
"Ja?", hakte ich nach ohne meine Augen von Rapha zu nehmen.
"Dein Freund steht vor der Tür", sagte sie plötzlich, was sich so anfühlte wie ein Kübel Wasser ins Gesicht zu bekommen. Und damit meine ich den gesamten Kübel, nicht nur den Inhalt.
"Was?", gab ich von mir und sah sie schockiert an.
"Dein Freund. Er will dich wohl abholen", erläuterte sie schmunzelnd.
"Oh...ehm...okay", bekam ich nur raus und stand auf.
Ich wandte mich noch kurz zu Rapha bevor ich raus ging.
"Ich will irgendwann eine Revanche."
"Gut", antwortete er nur.
"Gut", wiederholte ich und lief nach draußen, wo Deegan stand.
Von seiner Körperhaltung sah ich wie genervt er war, was kein gutes Zeichen war.
"Was machst du hier?", fragte ich verwirrt.
"Nein. Was machst du hier?! Ich konnte dich nicht erreichen", fragte er wütend zurück.
Und Deegan war zuvor noch nie wütend gewesen. Genervt und angepisst? Ja. Aber wütend? Noch nie.
"Du konntest mich nicht erreichen?", fragte ich noch verwirrter als zuvor.
"Ja ich konnte dich nicht erreichen", bestätigte er es und tippte dabei energisch auf meinen Kopf.
"Habe ich dich irgendwie aus meinen Gedanken blockiert?", hakte ich im Flüsterton nach, damit uns keiner hören konnte. Er nickte nur und sah mich mit einem Blick, der soviel wie 'Offensichtlich' bedeutete.
"Aber wie?", kam es verwirrt aus meinen Lippen.
"Genau das wollte ich dich auch fragen", sprach er gereizt.
"Und jetzt nimm dein Zeug und komm mit", forderte er mich dann auf, während ich überlegte wie ich das geschafft hatte.
"Du hast mir gar nichts zu sagen", antwortete ich mit zusammengezogenen Augenbrauen.
"Dahlia, wenn du nicht willst, dass ich vor deinen neugefundenen Freunden eine Szene mache, dann komm jetzt mit", drohte er.
Zugegeben, er konnte ziemlich einschüchternd wirken, wenn er so wütend war.
"Ist ja gut", gab ich augenrollend von mir und lief genervt rein, um mein Zeug zu holen und mich zu verabschieden.
"Ciao Leute, ich muss leider schon los aber euch noch viel Spaß und dir noch einen schönen Geburtstag, Jeanette", verabschiedete ich mich.
Nachdem mich Jeanette und ein paar andere umarmt hatten mit denen ich nicht mal gescheit geredet hatte, umarmte mich auch Gwenn.
"Wenn dich dein Freund gegen deinen Willen zwingt mitzugehen, blinzle zweimal", flüsterte sie mir an mein Ohr, weshalb ich auflachen musste.
"Ne alles gut", versicherte ich ihr, obwohl nach Deegan zu urteilen überhaupt nichts gut war.
"Du gehst schon?", kam es von Mike, der mit Gabe hinter mir erschien und mich dann ebenfalls zum Abschied umarmte.
"Ja muss los, aber man sieht sich bestimmt irgendwann mal wieder", sagte ich lächelnd und lief schließlich in den Flur, wo Rapha stand und nach draußen blickte.
"Ciao", verabschiedete ich mich mit einem fragenden Blick bei ihm. Seine Augen wanderten zu mir.
"Du hast also ein Freund?", hakte er rhetorisch nach, wobei ich etwas Bitteres in seinem gleichgültigen Ton heraushören konnte.
"Noch", antwortete ich scherzend, was nicht mal ein wirklicher Scherz war. Ich hatte ehrlich keine Lust mehr auf diese Fake-Beziehungs-Scheiße.
Rapha nickte nur.
"Dahlia!", rief mich Deegan ungeduldig.
"Ist ja gut", murmelte ich zurück ehe ich noch einmal 'Tschüss' zu Rapha sagte und nach draußen ging.
"Also was ist los? Eine Idee, wie ich das gemacht haben könnte?", erkundigte ich mich bei Deegan als wir zurück zu mir liefen. Ehrlich gesagt hatte ich keine Ahnung, warum er uns nicht einfach direkt in mein Zimmer teleportierte.
"Wer war der Typ?", fragte er stattdessen aufgebracht.
"Ein Kumpel von Jeanette. Warum?", erwiderte ich skeptisch.
"Mir gefällt sein Gesicht nicht", entgegnete er bitter.
"Dir gefällt sein Gesicht nicht? Ist ja tragisch, ansonsten hätte was aus euch werden können", antwortete ich ironisch.
"Ich mag es nicht wie er dich angesehen hat", rückte er schließlich mit der Wahrheit heraus.
"Eifersüchtig?", neckte ich ihn deswegen amüsiert und musste mich zwingen nicht aufzulachen. Er schwieg für einen Moment ehe er einfach das Thema wechselte.
"Hast du dich irgendwie darauf konzentriert mich nicht in deine Gedanken zu lassen?"
"Ich habe den ganzen Tag nicht an dich gedacht", antwortete ich mit einer Halbwahrheit.
Wieder schwieg er.
"Darf ich dein Tattoo sehen?", kam es daraufhin von ihm. Ich nickte, nicht wissend warum und nahm meine Haare auf die Seite damit er auf mein Schulterblatt sehen konnte.
Er strich zaghaft darüber, was eine Gänsehaut auf meinem Rücken verursachte.
"Was ist damit?", wunderte ich mich.
"Nichts", atmete er aus und lief wieder weiter.
"Könnte es vielleicht daran liegen, dass ich so sauer auf dich war?", fragte ich ihn nach ein paar Minuten der erneuten Stille.
"Du warst schon öfter sauer auf mich und ich konnte dich trotzdem immer erreichen oder wenigstens sehen wo du bist. Aber heute warst du komplett aus meinem Radar verschwunden", verneinte er es.
"Heute war es ein anderes sauer."
Und erneute Stille.
"Hast du das heute eigentlich ernst gemeint?", wollte er wissen, wobei er meinen Blick mied und während dem Laufen auf seine Schuhe sah.
"Ich weiß es nicht", sagte ich ehrlich und blickte nach vorne.
Einerseits wünschte ich mir, dass alles so wie früher war und andererseits nicht...
"Sag Bescheid, wenn du es weißt", seufzte er müde.
"Okay."
Als ich in der Nacht noch wach im Bett lag, reflektierte ich das Gespräch zwischen mir und Deegan. Sein Verhalten zeugte davon, dass meine Worte ihn verletzt hatten und dass er sich Sorgen gemacht hatte als ich aus seinem Radar verschwunden war, ließ mich denken, dass ihm etwas an mir lag.
Meine Mundwinkel zogen sich deswegen zu einem leichten Lächeln und mit diesem Gedanken im Kopf schlief ich ein.
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