INFERIOR

!TW: Übermäßiger Alkoholkonsum, Filmriss, Toxische Beziehung!

Mein Geburtstag. Ein sonniger, warmer Tag Anfang Oktober. Leider ganz anders, als meine heutige Stimmung.

An dieser ist jedoch einzig und allein mein Ex-Freund Ethan Schuld. Vor auf den Tag genau 2 Jahren hatte er mich ohne ein Wort verlassen. Ich war daraufhin, tief verletzt zu meinen Eltern abgehauen und hatte mich dort nur in meinem Zimmer versteckt. Und jetzt, zwei Jahre später, war ich endlich mit neuem Selbstbewusstsein zurückgekehrt, hatte meine Ausbildung als Maßschneiderin wieder begonnen, Kontakt zu meinen alten Freunden aufgenommen und in eine kleine Wohnung eingezogen- und dieser Idiot wagte es allen ernstes auf meiner Geburtstagsparty aufzutauchen.

Mir entwich ein Schnauben der Empröung, während mein Blick automatisch wieder zu ihm wanderte. Wie er in der Mitte des Clubs stand, tanzte und mich dabei ansah, trotz des Mädchens das sich gerade an ihn schmiegte. Ich schüttelte nur kaum merklich meinen Kopf, warnte mich davor, in alte Verhaltensmuster zurückzufallen und richtete meine Augen nun auf einen freien Platz an der Bar, um ihn sogleich anzusteuern.

Mein Freundeskreis hatte sich schon längst zerstreut- obwohl wir noch nicht einmal anderthalb Stunden hier waren. Manche waren gegangen, andere hatten längst damit begonnen zu tanzen, trinken oder sich jemanden für eine Nacht zu suchen. Ich wusste warum ich eigentlich meinen Geburtstag nicht mehr feierte.

Aber dieses Mal sollte es anders werden. Ich war anders, kam anders zurück, lebte mein Leben anders, warum also nicht mal wieder über das Älterwerden freuen, auch wenn das schon längst nicht mehr so ein Highlight war wie mit 8.

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Doch auch eine halbe Stunde später, als ich bereits meinen dritten Tequila bestellt hatte, begann mein Blick ihn immer wieder zu suchen, bevor mein Kopf ihn krampfhaft davon abhielt. Es war doch "nur" ein kleiner Blick, doch im nächsten Moment fühlte sich dieser Blick aus dem Augenwinkel an wie ein riesiges, unverzeihbares Verbrechen. Ein Verbrechen mir gegenüber, meiner neuen Prinzipien und vorallem dem Glauben, dass ich doch mit ihm abgeschlossen hatte. Hatte ich doch, oder? Ich war mir leider nicht mehr so sicher wie noch kurz nach seinem Auftauchen.

Allmählich spürte ich den Alkohol immer mehr, es wurde immer schwerer meinem Verlangen zu widerstehen, mein Kopf wurde immer vernebelter, das Verlangen nach ihm stärker und mein Verstand schwächer.

Immer öfter erwischte ich mich nun dabei, zu ihm zu schauen, Blickkontakt zu haben, ihm zuzugrinsen.

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Sobald ich aufwachte und merkte, dass das Bett in dem ich lag mir fremd war, versuchte ich mich an meinen Geburtstag zurückzuerinnern, doch ich hatte einen Filmriss.

Ich konnte mich noch daran erinnern, wie ich Ethan auffordernd näher winkte, danach war plötzlich alles schwarz. Als ich dann auch noch  die Decke an meinem bloßen Körper spürte und mir auffiel, dass ich nackt war, wurde mir augenblicklich schlecht.

Mir war übel und ich hatte Kopfschmerzen, aber beides wurde übertönt von dem Verlangen, zu überprüfen ob ich vielleicht doch nicht bei Ethan war. Leider kam mir die Wohnung viel zu bekannt vor.

Im nächsten Moment spürte ich, wie es in mir hochkam, sprang auf und schaffte es in letzter Sekunde und mit allergrößter Macht noch den leider viel zu bekannten Weg ins Bad zu sprinten, um mich über die Kloschüssel zu beugen und mich auf die scheißkalten Fliesen zu knien.

Nach dem ersten leeren meines Magens, hatte ich einen kurzen Moment Pause, indem mich andere Gedanken wieder überrannten. Wie der Drang, mir meine Haare ganz gentlemanhaft selber hochzuhalten.

Auch nach dem sich ein weiteres Mal den Alkohol und mein Abendessen aus meinem Mund entleert hatte, spürte ich, dass es noch nicht vorbei war.

Das letzte Mal kam zum Glück nur Wasser, aber dafür Wasser vermischt mit teils klaren teils schwarzen Tränen. Ein Zeichen für mich, meine Mascara zu wechseln, da diese offenbar doch nicht so wasserfest war, wie auf Social Media und der Verpackung angepriesen.

Ich hockte sicherheitshalber noch ein paar Minuten fast regungslos vor der Kloschüssel, bevor ich mich schließlich aufrappelte, schnell duschte und mir ein Handtuch umwickelte.

Dann, mit neuer Motivation dank des Duschens machte ich mich auf die Suche nach Ethan.

Es dauerte keine Minute, bis ich ihn in der Küche fand.

"Na endlich.", brummte er. "Was hat denn solange gedauert? Man hat dich in der ganzen Wohnung gehört."

Mich überkam mal wieder die unbändige Wut auf ihn, jedes Mal aufs neue war ich einfach nur entsetzt, was er sich erlaubte. Doch auch wie die Male davor, schluckte ich sie runter. Ich war erwachsen, also musste ich mich auch so verhalten. Auch wenn es schwer war. Aber Wutausbrüche und unkontrollierte Stimmungen würden mir nicht weiterhelfen- Ganz im Gegenteil. Ich musste kontrolliert, beherrscht und ruhig bleiben, um mit dieser Situation sinnvoll umzugehen und das ganze zwischen uns auch endlich zu beenden.

"Weißt du Ethan, lass es einfach. Hör auf so zu tun, als wäre zwischen uns noch immer alles gut. Denn das ist es schon längst nicht mehr. Also bitte. In ein paar Minuten bin ich eh weg.", meinte ich nach tiefem durchatmen gelassen und sah ihn dabei geradewegs an, auch wenn es mir schwerfiel.

"Ernsthaft, Laura? Warum zur Hölle bist du immer so feige und rennst davor weg?", fragte er daraufhin, augenscheinlich schon wieder genervt.

"Echt jetzt?", ich lachte bitter auf. Was ein Idiot. Ich sollte feige sein? Ich sollte vor uns wegrennen? Gut, dass hatte ich getan, nicht nur mit meinem Umzug, auch wenn wir in der Uni und in Clubs etc. miteinander konfrontiert waren, aber ich stand nicht mehr dahinter. Aber feige war ich ganz sicher nicht. "Weißt du, was ich mich frage? Wie du damit klar kommst. Musst du nicht ein schlechtes Gewissen haben? Weil du erbärmlicher Versager es noch nicht mal schaffst, Treu zu bleiben? Gestern vor zwei Jahren hast du den größten Fehler deines Lebens begangen, Ethan, dass schwöre ich dir. Du wirst es nicht heute bereuen, nicht in ein paar Jahren, aber spätestens wenn du graue Haare kriegst, die Liebe deines Lebens gefunden hast, und merkst, wie viel einem Loyalität wert ist. Spätestens dann, wirst du angekrochen kommen, um dein schlechtes Gewissen zu besänftigen.", sprach ich äußerlich ruhig wirkend aus. Ich hoffte so sehr, dass er irgendwann dieselbe Hölle erleben musste, durch die ich vor zwei Jahren gegangen war.

Einige Minuten lang herrschte Stille zwischen uns, bis er schließlich wieder das Wort ergriff:"Kommst du dir nicht selber lächerlich vor, Laura? Du hast mir nämlich nichts zu sagen, und hattest dass auch noch nie. Bild dir bloß nichts drauf ein, dass ich mal mit dir geschlafen habe." Die spöttische, herablassende Art, wie er mit mir sprach, meinen Namen betonte, stach mir ins Herz. Doch zugleich stieg ein dumpfes, kaltes, abscheuliches Gefühl in mir auf. Und ich war dankbar dafür in diesem Moment.

"Weißt du, ich war dir nie gut genug. Immer hast du mir gezeigt, dass ich wertlos bin. Von Anfang an hast du mir stets eingeredet, dass ich minderwertig bin. Aber damit ist es schon lange vorbei, Ethan!", sein Name kam mir gefühlslos, kalt über die Lippen. Früher hatte ich ihn angehimmelt, jetzt war er bloß ein einfaches Wort für mich. Ein einfaches Wort, mit negativer Vergangenheit, ja, aber mehr nicht."Ich habe nicht mehr vor mich von dir beeinflussen und fertigmachen zu lassen,schon lange nicht mehr. Aber offenbar brauchst du eine Erinnerung. Immer wieder habe ich es zugelassen, ja, hatte sogar ein schlechtes  Gewissen danach und habe mir die Schuld dafr gegeben, dass ich mich nutzlos gefühlt habe. Ist dir überhaupt bewusst, was das damals mit mir gemacht hat?! Ich glaube nämlich nicht. Aber lass es mich dir erzählen. Noch vor unserer Beziehung waren wir mehrere Jahre lang, seit wir neben euch gezogen sind beste Freunde. Wir haben alles miteinander geteilt, alles zusammen geteilt, alles zusammen gemacht, zusammen erlebt. Etliche Geburtstage, meinen Abschluss, dein Abi, die Scheidung deiner Eltern, die Geburt von Cleo, alles! Aber selbst als wir gerade so noch Kinder waren hab ich die ganze Zeit minderwertig gefühlt, dank dir! Vor fünf jahren sind wir zusammen gekommen, ich habe mich nie richtig angekommen in der Beziehung gefühlt, aber es klein geredet und runtergeschluckt. Und dann?! Nach über 10 Jahren gemeinsame Zeit hattest du nichts besseres zu tun als mich auf MEINER Geburtstagsfeier mit einer wildfremden zu betrügen?! Ich kann es noch immer nicht fassen, Ethan. Wobei es eigentlich von Anfang an zu erwarten war, schließlich war ich nie gut genug, oft genug gesagt hast du es mir ja. Aber ich war zu naiv. Ich war ein kleines, naives Mädchen, dass ihren toxischen Freund mit allem was sie hatte und noch mehr geliebt hat. Aber soll ich ehrlich sein: Du bist widerwärtig, Ethan Adling.", ich spuckte seinen Namen voller Abscheu aus, mein ganzer Körper zitterte vor zu lange unterdrückter Wut, meine Sicht verschwamm vor meinen Augen, dank der Tränenflüssigkeit die sich dort gesammelt hatte.

Aber ich fühlte mich so erleichtert und frei wie schon lange nicht mehr.

Mit leicht geöffnetem Mund starrte mich Ethan fassungslos an.

Das musste schon seit langem raus, jetzt war es das endlich. Doch nun fühlte ich mich leer, die Kopfschmerzen kamen zurück.

 Einige Sekunden starrte ich Ethan weiter an, bevor ich umdrehte, mir im Bad eine Aspirin schnappte, sie über dem Waschbecken schluckte und mir dann im Schlafzimmer meine wildverstreuten Klamotten anzog. Als ich wenig später an der Küche vorbei lief nach draußen, hatte Ethan sich wieder einiger Maßen gefasst, starrte mich böse an, blieb jedoch vor der Kaffeemaschine stehen.

Er würde mir nichts mehr können. Und endlich hatte ich das Gefühl, das es wirklich so war, ich mit ihm abgeschlossen hatte.

1549 Wörter

Das wars dann auch schon von mir(:

darkwriting_queen

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