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~POV Emilia~
Ich kramte weiter in der Tasche herum, in der Hoffnung noch irgendeinen Anhaltspunkt zu finden. Doch nichts, was auf einen Hinweis deuten könnte. Erst als ich mir die Rückseite der Akte von diesem Heiko genauer ansah, konnte ich etwas finden. "Sein Wohnort ist in Cambridge." Ganz ohne Vorwarnung drehte Mares plötzlich das Lenkrad und fuhr den Weg wieder zurück. "Spinnst du?! Ich hab mich voll erschrocken." "Sorry. Aber um nach Cambridge zu kommen, müssen wir eine andere Ausfahrt nehmen. Wir müssen wieder ungefähr zweieinhalb Stunden fahren." "Aber wir wissen doch gar nicht, ob er noch da ist. Schließlich wird er gesucht und vielleicht weiß er das auch schon und ist deswegen abgehauen." "Möglich. Aber das ist unser einziger Anhaltspunkt. In London kann er nicht sein. Da würde er schon längst von den Infizierten getötet worden sein. Schau mal nach, ob du seine genaue Adresse irgendwie findest." Ich las mir seine komplette Akte durch und es war echt erschreckend wie viel diese Typen über Heiko wussten. Sie kannten seine Freunde und seine Hobbies. Eigentlich war das hier sowas wie ein Tagebuch. Das war echt krank. "Es ist wie ein persönliches Tagebuch. Meinst du, sie haben sowas auch von uns?", fragte ich Mares. "Möglich wäre es. Schließlich verfolgen sie irgendeinen kranken Plan und wollen uns infizieren. Bestimmt nehmen sie da jede Info mit, die sie bekommen können." "Das heißt, sie beobachten uns schon seit Monaten?" Mares nickte nur. Wow, ich wollte gar nicht darüber nachdenken wie viel sie schon über mich wussten. Ich fühlte mich ein wenig schlecht in so eine persönliche Akte zu gucken, aber andererseits war es auch spannend so etwas zu sehen. Nachdem ich dann fast die ganze Akte durchgelesen habe, fand ich endlich seine Adresse. "Hier! Da müssen wir hin." Mares nahm die Akte und schaute sich seine Adresse an. "Was für ein Glück. Meine Tante wohnt ganz in der Nähe. Nur ein paar Häuser weiter. Wenn das mal kein Zufall ist." "Weißt du wie wir dort hin kommen?" Mares nickte und legte einen Gang zu. Ich verstaute die Akten wieder in der Tasche und legte sie in den Fußraum. Es entstand eine Stille in der ich darüber nachdachte ob meine Freunde und meine Familie tot waren oder auch solche ekelhaften infizierten Dinger geworden sind. Hoffentlich waren sie keine Infizierten. Ich würde lieber tot sein, als so ein ekelhaftes Ding zu werden. "Du hast einen Bruder oder?", unterbrach ich die Stille. Mares nickte nur. "Wie alt ist er?" "Er war acht. Ganz schön nervig manchmal aber eigentlich ein wirklicher Engel. Im Gegensatz zu mir." Ich musste lachen. Das kannte ich nur zu gut. "Und du? Hast du auch Geschwister?" "Ja, auch einen Bruder. Vierzehn Jahre. Mama und Papas Liebling. Während ich die rebellische Tochter war, bei der man in der Erziehung irgendwas falsch gemacht hat." Mares lachte. "So schlimm bist du doch gar nicht." "Sag das mal meinen Eltern. Sie sind total spießig und hatten erst etwas gegen den Urlaub. Sie wollten, dass ich über Ostern bei meinen Verwandten bin. Dabei sind die auch spießig. Meine ganze Familie ist spießig und langweilig." "Wow. Naja, meine Eltern nerven manchmal auch, aber mittlerweile haben sie sich dran gewöhnt, dass ich nicht immer nach ihren Regeln tanze. Wie alt bist du eigentlich?" "Achtzehn und du?" "Zwanzig. Gehst du noch zur Schule?" "Ja, ich mache mein Abi und sollte danach Jura studieren. Aber eigentlich hatte ich vor was anderes zu studieren." "Und was?" "Hm... Ich denke Literatur oder Musik oder Kunst." "Du hast also eine kreative Ader, was?" "Ja, kann man schon sagen. Was machst du beruflich?" "Mein Vater hat eine eigene Firma. Die würde ich übernehmen." "Cool." "Eher langweilig. Dein Weg ist viel interessanter. Wenn du dich jetzt sofort entscheiden müsstest, was würdest du studieren?" Ich überlegte kurz. "Schwierig. Ich denke, ich würde Kunst nehmen. Wenn ich zeichne, dann blende ich alles um mich herum aus. Zum Beispiel, wenn meine Eltern rum stressen und ich genug von ihnen habe, ziehe ich mich zurück und zeichne. Meine Eltern sagen, dass man damit kein Geld verdient." "Stimmt doch gar nicht. Schau dir Da Vinci an. Seine Werke sind über Millionen von Dollar wert." "Ich wünschte meine Eltern würden so denken..." "Weißt du was? Sobald wir diese ganze Scheiße hinter uns haben, fängst du an Kunst zu studieren okay? Scheiß drauf, was deine Eltern dir sagen. Zieh dein Ding durch." Ich musste lächeln. Er war einfach perfekt. Nett, charmant, gut aussehend und er verstand mich. Ich hatte das Gefühl, dass er wirklich wusste, was mich glücklich machte. Klar, meine Freunde hatten auch immer versucht mir mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Doch irgendwie war es bei ihm anders. Es war, als sei er seit Jahren mein bester Freund. "Okay, mache ich... Meinst du denn, dass ich dann überhaupt noch studieren kann? Was ist, wenn alle anderen schon infiziert oder tot sind?" "Nein, das glaube nicht. Es gibt noch mehr Leute als wir, die versuchen diese Organisation I.F.G. aufzuhalten. Und bestimmt sind da auch Leute bei, die Kunst studiert haben. Wir schaffen das." Ich lächelte und nickte. Und so ging es die nächsten zweieinhalb Stunden Autofahrt weiter. Wir redeten über alle möglichen Sachen die wir noch tun wollen, sobald diese komische Scheiße hier zu Ende ist. Und darüber, warum die Organisation I.F.G. das hier alles macht. Doch zu einer richtigen Lösung kamen wir nicht wirklich.
(...)
"Okay, achte mal bitte auf die Hausnummer 18, da wohnt meine Tante. Ich weiß leider nicht ganz genau, wie das Haus aussieht." Ich schaute aus dem Fenster und sah überall nur leere Häuser. Was auf der einen Seite gut war, weil wir so nicht von irgendwelchen Infizierten angegriffen werden konnten, doch auf der anderen Seite wäre es besser gewesen, wenn man hier ein paar Leute gesehen hätte. Überlebende zum Beispiel. "Hier ist 18.", sagte ich. "Okay, das heißt, dass Heiko irgendwo gleich da vorne wohnen muss. Was sagtest du war seine Hausnummer?" "25." "Hier vorne." Mares parkte vor dem Hauseingang, ließ den Wagen jedoch an. Ich wollte gerade aussteigen, als er mich am Handgelenk festhielt. "Warte. Bleib bitte hinter mir." Ich nickte, stieg aus und lief hinter Mares ins Haus. Wir lauschten ganz genau, ob wir etwas hörten, doch da war nichts. Wir liefen weiter in die Küche, welche verwüstet aussah. Plötzlich hörten wir ein Husten von oben und Schritte die nach unten kamen. Mares hielt die Waffe fest in der Hand und zielte auf die Treppe. "Wer ist da?", sagte eine schwache Stimme.
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