⇜ 76 ⇝
Zusammengekauert sitze ich im Kofferraum des Busses und streiche mit meinen Händen über meine Arme.
Wie hypnotisiert starre ich, trotz der Kälte, die mich umgibt, auf das Meer und wie die Wellen sich überschlagen und das Wasser schließlich den Strand erreicht.
Ich seufze einmal auf und schließe meine Augen, um dem sanften und entspannenden Meeresrauschen zu lauschen.
Ein plötzlicher Windhauch fährt durch meine Haare und ich öffne meine Augen wieder.
,,Das sollte reichen", meldet sich Taehyung, der nun aus dem Nichts vor mir aufgetaucht ist, zu Wort und wirft ein paar Stücke Holz und Stöcke auf den Boden vor den geöffneten Kofferraum, indem ich sitze.
Laut knurrt mein Magen.
,,Ich habe total vergessen dir auch etwas zu Essen mitzubringen", sagt Taehyung ein wenig schockiert.
,,Blut steht wohl eher nicht bei deinen Leibgerichten", lacht er leicht auf, als ich nicht antworte und leckt sich über die Lippen. ,,Kann ich gar nicht nachvollziehen."
,,Ich bin eben kein Biest, wie du", antworte ich kalt und mein Magen knurrt erneut.
Ich entdecke, dass seine Lippen röter sind als zuvor.
,,Hast du wirklich jemanden gebissen?", frage ich dann zögerlich.
,,Natürlich. Wie soll ich denn sonst überleben. Und mit meiner Geschwindigkeit bin ich in wenigen Sekunden in Busan", zwinkert er.
,,Du entführst mich und denkst nicht einmal daran mich zu versorgen", rolle ich meine Augen, ziehe meine Knie dabei näher an meinen Körper heran.
,,Kannst du eigentlich nur rummeckern? Schau mal vorne in die Kühlbox. Da sollte etwas für dich dabei sein", antworter er schnippisch und kniet sich auf den Boden, wo er das Holz zu platzieren beginnt.
Vorsichtig springe ich aus dem Kofferraum in den kalten Sand und begebe mich zum vorderen Teil des VW Busses.
Ich entdecke die Kühlbox sofort und öffne sie.
Darin befinden sich einige Getränke und Schokoriegel.
Skeptisch sehe ich auf die Süßigkeiten und schnappe mir dann ein paar davon.
Dann muss ich mich wohl hiervon ernähren. Dünn werde ich in nächster Zeit sowieso nicht mehr sein, also wieso auf mein Gewicht achten?
Zurück hinter dem Wagen hat Taehyung nun eine Decke auf dem Sand ausgebreitet und das Feuer leuchtet bereits hell.
,,Komm. Wir machen es uns gemütlich", lächelt er leicht und legt sich auf die Decke. ,,Du bist vielleicht meine Gefangene, aber trotzdem möchte ich, dass es dir gut geht."
Seufzend lege ich mich neben ihn, mein Rücken zu ihm, sodass der vordere Teil meines Körper zum Lagerfeuer gerichtet ist.
Für eine Weile sagt keiner von uns ein Wort.
Als ich jedoch versuche meine Gedanken zu sortieren, kommen mir langsam die Tränen und ich beginne zu schluchzen.
Bleib einmal stark, Chungha. Ein einziges Mal.
,,Ist alles.. okay?", fragt Taehyung schließlich leise und ich lege mich auf meinen Rücken, sodass ich ihn aus dem Augenwinkel sehe.
Er schaut hinauf in den wunderschönen vollen Sternenhimmel, in dem ein Stern heller als der Andere leuchtet.
Als würden sie um die Wette leuchten, wer am Hellsten ist.
,,J-Ja", nicke ich leicht und schaue ebenfalls hinauf.
,,Tut mir Leid, aber durch meine fehlende Menschlichkeit kann ich auch kein Mitgefühl entwickeln", räuspert er sich.
,,Dann stell sie wieder an", antworte ich ernst.
,,Du weißt, dass ich das nicht kann", seufzt er laut.
,,Wieso nicht?", frage ich neugierig.
,,Weil all die Schmerzen zurückkommen werden. All die Schmerzen, die ich jetzt nicht mehr fühlen muss", erklärt er kurz und knapp. ,,Um ehrlich zu sein, habe ich Angst."
,,Angst wovor?", harcke ich erneut nach.
,,Schwäche zu zeigen", haucht er leise.
Sofort setze ich mich auf und schaue ihn ein wenig entsetzt an.
,,Taehyung. Du brauchst keine Angst haben. Vorallem nicht davor Schwäche zu zeigen. Schwäche ist etwas ganz normales. Jeder Mensch, sogar jeder Vampir ist mal schwach. Man kann nicht immer stark sein und wenn man dann eben einmal schwach ist, zeigt es nur, wie lange man eigentlich stark gewesen ist", sage ich sanft und sehe ihn dabei eindringlich an.
,,Mag sein, aber du kannst meine Entscheidung nicht nachvollziehen. Und meine Gefühle erst recht nicht", antwortet er kalt.
,,Aber Taehyung! Ich kann deine Gefühle vermutlich besser als sonst irgendjemand nachvollziehen. Ich habe, wie du bereits weißt, auch einen sehr wichtigen Menschen in meinem Leben verloren. Du musst nicht schweigen. Ich bin hier, um dir zuzuhören. Glaubst du ich konnte meine Gefühle damals einfach so abstellen? Es schmerzt, ja. Es schmerzt lange, ja. Aber am Ende gibt es immer irgendwo ein Licht und Hoffnung", sage ich mit leiser werdender Stimme und spüre, wie sich meine Brust zusammenzieht. ,,Ich bin hier für dich, Taehyung. Ich werde dir helfen. Natürlich nur, wenn du mich lässt. Ich möchte den alten Taehyung zurück."
Ich erhalte jedoch keine Antwort mehr, weswegen ich mich zum Meer wende, meine Knie nah an meinen Körper gezogen und meine Hände zum Feuer ausgestreckt.
,,Ich könnte jetzt wirklich Jemanden gebrauchen, der mir zur Seite steht", seufze ich mit leiser Stimme, als ich plötzlich ein leises Schluchzen wahrnehme.
Sofort drehe ich mich zum ihm und sehe, wie die Tränen über seine Wangen strömen.
,,Oh mein Gott, Taeh-", bekomme ich noch heraus, bevor er mich in seine starken Arme zieht.
Mein Herz macht einen kleinen Sprung.
Schnell schlinge ich meine Arme um seinen Körper und drücke ihn fester gegen mich.
,,Sshh.. Ist schon okay. Ich bin stolz auf dich, Taehyung", lächel ich leicht und seine Schluchzer werden immer lauter.
,,E-Es tut so verdammt weh, C-Chungha", schluckt er schwer und es schmerzt, wie er meinen Namen fast schon wimmert.
,,Ist okay. Lass alles raus. Ich bin hier und höre dir zur", sage ich sanft und streiche über seinen Rücken.
,,I-Ich verspüre immer noch so eine unendliche Wut auf Chanyeol und Hyorin", schnieft er. ,,Aber ich kann es nicht einmal an ihnen auslassen, weil ich zu schwach bin. Ich habe mich Chanyeol und seinem ganzen Rudel gestellt und musste fliehen. Ich habe sie direkt zu euch gelockt und damit vorallem dich in unfassbare Gefahr gebracht. Es tut mir Leid."
,,Es ist okay, Taehyung. Ich verzeihe dir", lächel ich leicht, nachdem ich unsere Umarmung gelöst habe.
,,Es war egoistisch von mir einfach vor meinen Gefühlen und Problemen zu fliehen. Dich einfach alleine zu lassen, obwohl du womöglich eines oder sogar zwei meiner Kinder in dir trägst", sagt er und schaut beschämt zu Boden.
Schnell wische ich mit meinen Daumen seine Tränen weg und sehe ihm tief in die Augen.
Diese wunderschönen Augen, die mich in dieser einen schicksalhaften Nacht bereits verführten.
,,Ich denke nicht, dass ich ein ehrenvoller König sein werde", seufzt er. ,,Niemand will einen schwachen König."
,,Du bist nicht schwach! Du bist einer der stärksten Menschen, die ich gesehen habe, Taehyung. Du machst gerade das durch, was ich bereits hinter mir habe, aber das Wichtigste ist, dass du dich selbst niemals verlierst", lächel ich sanft.
Er nickt leicht und wischt sich mit der Hand durchs Gesicht.
,,Ich sollte nicht vor einem Mädchen weinen", lacht er leicht auf und schnieft.
,,Yeonjun hatte Recht", sage ich aus dem Nichts, woraufhin er mich verwundert ansieht.
,,Er hat mir gesagt, dass ihr irgendwo ganz tief in euch und vielleicht ein wenig versteckt doch ein gutes Herz habt und genau dieses sehe ich gerade, Taehyung", umarme ich ihn hastig und er drückt mich sofort fester.
,,Danke, Chungha", flüstert er mir ins Ohr, während er sein Gesicht in meine Halsbeuge legt.
,,Vielleicht will ich gar kein König mehr sein", sagt er dann.
,,Was?", frage ich sichtlich schockiert.
,,Ich werde niemals ein Volk regieren können und eigentlich wollte ich nie König werden. Doch dieser unbezwingbare angeborene Kampfgeist in mir ist zu stark. Ich kann es nicht Jungkook überlassen. Genauso wenig, wie ich dich ihm überlassen kann", erklärt er ernst.
,,Wer sagt, dass du trotzdem König werden musst?", frage ich.
,,Ich habe vielleicht Kinder in dich gebracht, Chungha. Das soll nicht umsonst gewesen sein, dafür bist du nicht bestimmt", sagt er leicht schüchtern.
,,Vielleicht sind es nicht deine..", hauche ich leise.
Aber ich will, dass es seine sind, nachdem, was Jungkook mir angetan hat.
,,Aber ich will, dass es meine sind", erwidert Taehyung, spricht meine Gedanken aus. ,,Ich darf Jungkook nicht gewinnen lassen."
Nach seinen letztem Worte herrscht pure Stille, als wir Arm in Arm auf der Decke neben dem Lagerfeuer liegen.
,,Denkst du, dass ich ein guter Vater wäre?", fragt er aus dem Nichts, was mich ein wenig überrascht.
,,Ich denke schon. Immerhin habe ich gesehen, wie du mit Yeonjun umgegangen bist", antworte ich sofort.
Er verstummt.
,,Tut mir Leid. Ich sollte nicht me-"
Plötzlich springt Taehyung auf.
,,Schluss mit den schlechten Gedanken. Lass uns schwimmen gehen", lächelt er und reicht mir seine Hand.
,,A-Aber Taehyung.. Es ist stockduster und ich habe nicht einmal einen Bikini", stottere ich, als er sich schnell sein Oberteil über den Kopf zieht.
,,Dann gehen wir eben in Unterwäsche", grinst er.
🌙
Kurzes Statement: Wenn ihr, meine Leser, nichts Positives oder keine konstruktive Kritik zu äußern habt, dann behaltet es doch bitte für euch. Ich kann wirklich keine Negativität in meinen Kommentaren gebrauchen, danke
An alle, die mich immer unterstützen:
I love you💜
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top