⇜ 46 ⇝
Äste knacken unter meinem Gewicht, wenn ich mit meinen Füßen darauf trete.
Yeonjun hopst fröhlich vor mir und Jin herum.
,,Hast du schon eine Entscheidung getroffen?", fragt mich Jin, während er sich interessiert im Wald umschaut.
Ich atme einmal tief die kalte Luft ein.
,,Nein", hauche ich kaum hörbar und Jin nickt nur verständnisvoll.
,,Es tut mir wirklich Leid, dass du das Ziel und Opfer meiner jüngeren Brüder bist", seufzt Jin mit einem leicht verzweifelten Unterton. ,,Sie nutzen jede Gelegenheit, die sie kriegen können, um untereinander zu konkurrieren."
,,Das habe ich gemerkt", zucke ich mit den Schultern. ,,Jetzt ist es sowieso zu spät."
,,Es ist niemals zu spät sein Schicksal in seine eigenen Hände zu nehmen und es zum Guten zu wenden. Es wieder auf den richtigen Weg zubringen", erklärt Jin und ich sehe dabei hoch in die Gipfel der riesigen Bäume.
,,Ich kann doch nicht mein eigenes Fleisch und Blut töten, Jin. Ich würde es nicht übers Herz bringen. Ich-"
,,Würdest du es bereuen?", fragt er, bleibt dabei abrupt stehen und unterbricht mich somit.
,,Was?", erwidere ich verwundert und lege meinen Kopf ein wenig schief.
,,Denkst du, dass du es bereuen würdest, wenn du dieses Kind in dir abtreibst?", fragt er extrem ernst.
,,Ich weiß nicht. Ich denke schon", sage ich mit immer leiser werdender Stimme.
,,Na siehst du! Da hast du doch deine Antwort", lächelt er mich freundlich an und geht weiter hinter Yeonjun her, der immer noch wild umher springt.
Perplex bleibe ich einige Momente stehen und lasse seine Worte noch einmal durch meinen Kopf gehen, bevor ich ihnen ebenfalls folge.
,,Ich habe in eurem Flur eben ein Familienfoto gesehen. Wer ist die Frau darauf?", frage ich Jin neugierig und lenke so außerdem vom eigentlichen Thema ab.
,,Unsere Mutter", seufzt Jin und sieht betrübt zu Boden.
,,Ist sie-?"
,,Weißt du, Chungha? Egal, wie stark ein Mensch oder jegliche andere Kreatur auch sein mag. Irgendetwas gibt es immer, was uns alle in die Knie zwingt. Sei es eine Krankheit oder sogar der Tod. Es bringt nichts über Vergangenes zu reden", erklärt Jin mit einem traurigen Gesichtsausdruck.
Nach seinen Worten bekomme ich kein einziges Wort heraus.
,,Meine Brüder haben sich schon immer nicht gut verstanden, aber sie war die Einzige, die es geschafft hat, dass sie doch alle irgendwie miteinander auskamen. Auch, wenn es nur für kurze Zeit war. Für Taehyung war sie wie ein Anker. Ein Ort, zu dem er immer gehen konnte und Hilfe erhielt. Jungkook und Jimin himmelt diese unglaublich starke Frau ebenfalls an. Ich hatte die Ehre, sie am längsten an meiner Seite und als wunderbare Mutter zu haben. Doch ich denke, dass alles irgendwann ein Ende hat und zu Bruch gehen muss. Das ist der Kreislauf unseres Lebens. Egal, ob unsterblich oder nicht. Den Gesetzen der Natur können nicht einmal übernatürliche Wesen entfliehen", erklärt Jin und lächelt am Ende ein wenig.
,,Wie ist sie gestorben?", frage ich neugierig, dennoch sehr vorsichtig.
,,Sie starb bei der Geburt ihres letzten Sohnes. Yeonjun durfte sie niemals kennenlernen. Und da Taehyung ein so enges und starkes Band mit unserer Mutter hatte, sind er und Yeonjun ein Herz und eine Seele. Für Taehyung ist Yeonjun die letzte Erinnerung an sie und er liebt ihn am Meisten. Vampiren fällt es grundsätzlich schwer sich zu verlieben. Wozu auch? Vampire untereinander können sich sowieso nicht fortpflanzen und ein Mensch stirbt irgendwann. Aber die Stränge zwischen Brüdern und vorallem diesen Beiden ist stärker, als es jemals irgendeine Liebe unter zwei sich eigentlich fremden Menschen sein könnte", erzählt Jin und ich spüre eine Träne über meine Wange läuft, die ich jedoch sofort wegwische.
,,Aber ich dachte Vampiren sei es verboten sich mit Menschen fortzupflanzen?", sage ich verwundert.
,,Unser Vater ist König. Er macht die Gesetze und unsere Mutter war zwar ein Mensch, doch er durfte es sich natürlich erlauben. Gott sei Dank bekam sie nie Zwillinge, denn wenn ein menschliches Wesen mit übernatürlichen Kindern schwanger ist, dann hat es schlimme Konsequenzen", erklärt Jin und Yeonjun legt vor uns einem immensen Sprint hin, bevor er wieder zurück kommt und normal weiter vor uns läuft.
,,Willst du mir gerade sagen, dass euer Vater seine eigenen Gesetze gebrochen hat? Und mein leiblicher Vater musste trotzdem dafür sterben!?", keife ich ihn an.
,,Du kannst froh sein, dass er noch solange mit euch zusammen leben konnte. Hätte mein Vater oder irgendein anderer Vampir ihn früher gefunden, gäbe es erstens deine Schwester nicht und zweitens hättest du ihn auch beinahe nicht richtig gekannt", sagt Jin ein wenig genervt von meiner Anschuldigung.
,,Ich soll über so etwas froh sein? Wie kannst du so etwas von mir verlangen?! Falls du es noch nicht gemerkt hast: Ich bin ebenfalls ein Mensch. Vielleicht nicht komplett, aber es fließt eindeutig menschliches Blut durch meine Adern! Und ich bin schwanger. Von einem Vampir. Verstößt das nicht auch gegen das Gesetz?", frage ich mit angezogener Augenbraue und bleibe stehen.
,,Eigentlich schon, aber eventuell macht Vater eine Ausnahme. Außerdem muss er es ja nicht wissen", nickt Jin, als müsste er sich selbst davon überzeugen.
,,Eventuell? Ich bin also nicht nur schwanger, sondern könnte auch jeden Moment umgebracht werden?", schreie ich ihn fast schon an.
,,Chungha. Du-"
,,Guckt mal! Ich habe ein paar schöne Blumen gepflückt", lächelt Yeonjun, der plötzlich aus dem Nichts direkt vor uns auftaucht.
Er hält mir einen mehr oder weniger bunten Blumenstrauß hin und ich nehme ihn mit einem leichten Lächeln.
,,Den hast du echt schön zusammen gestellt", lächel ich ihn dankbar an und sein Grinsen wird daraufhin breiter.
,,Du kannst ihn behalten! Vielleicht kannst du ihn ja in dein Zimmer bei uns stellen, damit es nicht ganz so trostlos aussieht", lächelt er und ich bücke mich zu ihm hinab, um ihn einen kurzen Kuss als Dankeschön auf die Wange zu geben.
Er kichert auf und Jin kann sich ein kleines Schmunzeln nicht verkneifen.
,,Dann sollten wir die Blumen aber schnell in eine mit Wasser befüllte Vase stellen", erklärt Jin und dreht sich auf seiner Hacke in die Richtung, aus der wir gekommen sind.
SKIP
Am Haus angekommen, bewundere ich den wunderschön angepflanzten Garten voller Rosen, den ich zuvor noch nicht gesehen hatte.
Er ist hinter dem Haus versteckt und niemand bekommt ihn somit zu Gesicht, wenn man nicht aus dem Wald zum Haus geht.
Bewundernd bücke ich mich hinab und streiche leicht mit meinen Fingern über die Blüten.
,,Yoongi hat eine merkwürdige Leidenschaft für Rosen", erklärt Jin hinter mir.
Durch sein plötzliches Auftauchen erschrecke ich mich leicht und berühre eine der Dornen.
Schmerzhaft zische ich auf und halte mir meinen Finger, aus dem eine kleine Menge Blut tropft.
Ängstlich sehe ich zu Jin, mit der Erwartung, dass er mich gleich attackieren wird, doch er zeigt keinerlei Anzeichen darauf.
,,Komm rein. Wir machen ein Pflaster drauf", zeigt er mit einer Kopfbewegung zur Veranda und ich folge ihm, während Yeonjun zuvor schon ins Haus zurück gerannt ist.
In der Küche angekommen, platziert Jin den von Yeonjun gepflückten Strauß schnell in einer Vase und verbindet dann meinen Finger.
Immer noch erstaunt darüber, dass er keinen unstillbaren Durst nach meinem Blut hat, sehe ich ihm dabei zu.
,,Du kannst Glück haben, dass ich bei dir wa-", spricht er, als laut die Klingel ertönt und durch das gesamte Haus schallt.
Jin wischt sich kurz die blutigen Finger ab und geht dann zur Haustür, während ich ihm, neugierig darüber, wer es ist, folge.
Jin öffnet die schwere Tür und ich atme erschrocken ein, als ich die Person, die sich dahinter verbirgt, erkenne.
Und er ist nicht allein.
🌙
Ich habe bis jetzt eine Präsentation für morgen vorbereitet.
Aber wenigstens hat das Leiden morgen endlich ein Ende, Amen
Good night~ ♡
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top