Kapitel 21


Cecilia reichte mir einen Beutel. „Hier, das ist exklusives Elfenessen. Als ich noch nicht hier in diesem Lager war, sondern bei den „Bösen" habe ich mich ordentlich bedient. Wie gut, dass das Essen nicht so schnell schlecht wird." Sie lachte und packte mir noch einiges an Obst und einem wundervoll riechendem Brot ein.

Cen, der neben mir stand, rümpfte die Nase. „Ich weiß nicht, wie ich das jemals essen konnte. Ich hatte fast vergessen, wie abscheulich es riecht. War der Geruch schon immer so intensiv?" Cecilia bedachte ihn mit einem genervten Blick. „Jetzt stell dich nicht so an", sagte sie streng und reichte ihm einen extra schweren Beutel. Als er mich gefragt hatte, ob ich ihm helfen würde, das Essen in die Beutel und Taschen zu verteilen, die wir mit auf unsere Mission nehmen, hatte ich sofort zugestimmt. Ich verbuchte es als kleinen Erfolg und wollte ihm beweisen, dass ich doch für irgendetwas gut war. Auch, wenn es hieß, dass ich wieder zum Sklaven gemacht wurde und den Boten spielen musste, so wie früher bei meiner Mutter.

„Wir werden ganz sicher nicht verhungern", murmelte Cen und holte mich wieder zurück in die Gegenwart. Nun spürte ich auch das Gewicht meines Beutels in der Hand. Nein, verhungern würden wir definitiv nicht.

„So! Das war's!" Cecilia drehte sich um und klemmte sich eine widerspenstige Locke hinter ihr Ohr. Dann stützte sie ihre Hände in die Hüften und fixierte uns. Ich wand mich unter ihrem Blick. Oh je und jetzt kommt die Abrechnung!, dachte ich und ich hatte Recht.

„Also, jetzt erzählt mal, was habt ihr ausgeheckt? Ich habe euch gesehen, als ihr vor dem Zelt gelauscht habt."

Ich schloss für einen kurzen Moment die Augen und betete, dass sie es noch niemandem erzählt hatte.

„Hast du es jemandem erzählt?" Ich fühlte die Anspannung, die Cen ausstrahlte, im gesamten Raum und die Luft wurde dicker. Ich konnte sie fast mit meinen Händen zerschneiden.

Cecilia antwortete heftiger, als ich erwartet hatte: „Nein, natürlich nicht. Ich bin ja nicht auf den Kopf gefallen."

Wir atmeten beide erleichtert aus.

„Aber was nicht ist, kann ja noch kommen. Also solltet ihr mir am besten jetzt sofort sagen, was ihr vorhabt."

Ich wusste gleich: Leugnen war zwecklos und anlügen wollte ich sie auch nicht. Ich tat deswegen das, was ich am besten konnte: Ich machte mich durchsichtig und hüllte mich in Schweigen. Sollte Cen es klären. Er war schließlich ihr Bruder. Denselben Gedanken verfolgte sie anscheinend auch, denn sie schaute ihn unentwegt an.

Ich gab zu, dass ich ein wenig Mitgefühl mit ihm hatte, aber ich gab meine Deckung noch nicht auf.

„Ich suche Antworten." Ruckartig wandte sich mein Kopf ihm zu. Ich glaubte es nicht: Er benutzte meine Worte, um es seiner Schwester zu erklären?

Cecilia gab sich unbeeindruckt.

„Suchen wir nicht alle nach Antworten?"

„Sie wollen Lyria zu uns holen!", presste er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.

Cecilia wurde bleich und stammelte: „Ist er nun von allen guten Geistern verlassen worden? Es ist so als würde er einen Angriff gegen die anderen starten. Das kann er nicht machen. Daray ist viel zu gefährlich." Cen unterbrach ihren Redefluss. „Sie kennt unsere Regeln. Wir dürfen ihren toten Körper ordnungsgemäß der Natur übergeben. Eigentlich dürfen ihre Wachen unseren Leuten nichts antun."

„Ja, eigentlich. Daray ist aber genauso unberechenbar wie ein wildgewordener Bär."

Cen grinste. „Interessanter Vergleich, Schwester." Sein Ton war nun neckend und seine Augen sprühten vor Vergnügen.

„Es wird nichts Schlimmes passieren, okay?" Er ging auf sie zu und berührte sie kurz an der Schulter. „Ich verspreche es dir." Ich merkte an ihrem nun schneller werdenden Atem, dass sie zwar nicht damit einverstanden war, aber unsere Entscheidung akzeptierte. Ihr Herz wusste, was wir in Zukunft tun würden, nun musste ihr Verstand nur noch hinterherkommen. Ihr Auge zuckte und sie hielt sich mit einer Hand den Kopf. Ein wenig alarmiert machte ich einen Schritt auf sie zu. Cen nahm sie sanft in den Arm. „Uns wird nichts passieren", murmelte er in ihr Haar. Als hätte ich sie beide bei einem intimen Moment erwischt, schaute ich betreten zu Boden.

„Ihr geht zu dritt, oder?" Sie löste sich genauso sanft aus seiner Umarmung wieder, um ihn mit großen Augen anzugucken.

Mit angehaltenem Atem hob ich vorsichtig meinen Kopf und bemerkte zu spät, dass der Blick von Cen mich schon wieder fixierte. Diesmal schoss er aber keine Eispfeile auf mich, sondern schürzte seine Lippen nur kurz. Ich fühlte mich wie bei einer Prüfung und merkte wie ich eine Gänsehaut bekam. Dann wandte er sich wieder seiner Schwester zu und sagte mit fester Stimme: „Ja."

Mir wurde schwindelig vor Erleichterung und ich japste nach Luft. Die Geschwister drehten sich zu mir um. Cen hob eine Augenbraue und verzog seinen Mund. „Du wirst doch nicht wieder umkippen, oder? Das musst du dir wirklich abgewöhnen. Das ist hinderlich bei einer geheimen Mission!" Seine Stimme triefte vor Sarkasmus.

„Sie wird es schaffen. Ihr braucht sie!", redete Cecilia auf ihn ein. „Stimmt doch, oder, Indira?" Ich nickte wild bis mir der Nacken schmerzte. Cen hielt glücklicherweise seinen Mund und zeigte mir nur durch seine Mimik, was er von den Worten seiner Schwester hielt. Aber ich spürte, dass sich etwas durch ihr bei ihm gelöst hatte und schöpfte neue Hoffnung. Vielleicht war seine schlechte Laune ein wenig verraucht, dachte ich und lächelte leicht.

Und vielleicht, aber auch nur vielleicht wird unsere Mission ja doch nicht so schlimm, wie ich vorher dachte.


Die heutige Widmung geht an @Annecatherine123. Danke für deine Unterstützung im Hintergrund und viel Freude mit meiner Geschichte! =)

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