Kapitel 18


Am schlimmsten an der ganzen Aktion war es, meine Eltern zu belügen. Gerade hatte ich ihr Vertrauen wiedergefunden, besonders bei meiner Mutter und nun musste ich sie so hintergehen. Aber ihnen die Wahrheit zu sagen, kam nicht infrage. Sie würden mich davon abhalten, weil sie mich liebten und beschützen wollten. Ich verstand es, aber ich hatte keine andere Wahl. Ich hatte diesen Krieg und die andauernden Spannungen zwischen Elfen und Menschen satt.

Aber die Spannungen waren nicht nur zwischen Elfen und Menschen zu spüren. Als ich wieder heimlich aus dem Zelt schlüpfte, erwartete mich eine böse Überraschung:

Mit verschränkten Armen lehnte Cen an einem Baum und schaute mir mit versteinertem Blick entgegen. Sein Blick drückte unbändige Wut aus. Ich ließ mir extra viel Zeit bei ihm anzukommen, denn ich war nicht auf einen Streit aus. Meine Gedanken rasten und fieberhaft überlegte ich, was der Grund für sein Verhalten sein könnte. Ich hatte aber nicht die leiseste Ahnung und so fragte ich, was los sei. Dann, nachdem keine Reaktion kam, noch nicht einmal eine Regung in seinem Gesicht zu sehen war, wandte ich mich an Henri.

„Was ist los?", fragte ich ein weiteres Mal. Meine Stimme klang gepresst, so fest biss ich die Zähne zusammen.

Henri schaute kurz zu Cen herüber, der sich Richtung Wald auf machte. Kurzerhand nahm mich Henri bei der Hand und zog mich hinter ihm her.

„Wir brauchen einen Platz, wo wir uns ungestört unterhalten können", raunte er mir zu.

Ich nickte ein wenig perplex.

„Klar, wieso nicht?", murmelte ich.

Irgendwann waren wir aus dem Lager und standen unter einer grünen Fichte. Endlich drehte sich Cen zu uns um.

„Was ist los mit dir?" Ich merkte wie sich in mir mal wieder der Zorn regte und presste ein weiteres Mal meinen Kiefer zusammen.

„Du kommst nicht mit!", platzte es aus ihm heraus.

Mir blieb der Mund offen stehen so überrascht war ich. Ich ließ einige Sekunden verstreichen, in dem ich nicht fähig war, irgendetwas zu tun, geschweige denn etwas Schlaues zu sagen. 

„Wie bitte?" Meine Stimme überschlug sich fast.

Henri schaltete sich ein: „Cen, bitte..." Dieser wischte den angefangenen Satz seines Freundes mit einer harschen Handbewegung weg.

Er wandte sich ihm zu und redete eindringlich auf ihn ein.

„Deine Idee war gut, sie hatte nur einen Haken und das ist sie. Wir können sie nicht mitnehmen. Erstens ist es viel zu gefährlich, zweitens kann sie noch nicht einmal kämpfen geschweige denn sich irgendwie verteidigen. Wenn wir sie mitnehmen, ist sie ein Klotz am Bein!"

Ich sog scharf die Luft ein und grub meine Fingernägel in meine Handinnenflächen, bis es wehtat. Sonst hätte ich ihm schon längst eine runter gehauen. Aber ich ließ mich nun nicht gerne als Klotz bezeichnen. 

Ich verstand ihn nicht. Erst sagte er mir, dass ich Antworten bekäme und die würde ich definitiv bei der Mission bekommen und dann schubste er mich wieder weg? Nicht mit mir!

„Du hast mir Antworten versprochen..." Ich sprach den Satz nicht zu Ende und ließ ihn bedrohlich in der Luft hängen.

Seine Augen verdunkelten sich und er hatte einen harten Zug um den Mund. Mir rutschte das Herz in die Hose. Das wird hässlich werden, sehr hässlich, dachte ich bei mir.

„Die wirst du noch bekommen, aber nicht in dem du mitgehst." Während er sprach brannte sich sein Blick förmlich in meinen Körper und mir wurde glühend heiß vor Wut. Die Enttäuschung, die männliche Wesen hinterließen, wie mein Vater nachdem er einfach wegging, bahnte sich einen Weg an die Oberfläche. Ich schluckte krampfhaft und zwang den Anfall nach unten in meine Magengegend. Dann kam mir in Sekundenschnelle ein Geistesblitz. 

Ich atmete tief ein und aus, drückte den Rücken durch und sagte mit fester ruhiger Stimme zu den beiden: „Ihr müsst mich mitnehmen." Ich legte eine kleine Kunstpause ein und fuhr dann fort, als ich merkte, dass sie mir erst einmal nicht widersprachen. „Mein Vater wird auf der Mission sein und wenn er euch entdeckt, dann kann er sehr wütend werden. Er hat zwar gesagt, dass er euch vergibt, aber das Wort „Nachtragend" wurde seinetwegen erfunden. Ich kann euch als Besänftigung dienen. Falls er euch erwischt, nehme ich alles auf mich und sage, ich habe mich dazu entschlossen, heimlich mitzugehen. Schon früher habe ich gerne Regeln gebrochen, wenn sie niemanden in Gefahr brachten, also würde er auch hier keinen Verdacht schöpfen.

Ihr habt gesehen, wie ich mich in das Zelt geschlichen habe, habt mich danach abgefangen und mit Fragen gelöchert. Irgendwann habe ich euch gebeichtet, was ich vorhätte und ihr sagtet dann, ihr würdet mich zum Schutz begleiten." Ich schaute beide lange in die Augen und merkte an der unheimlichen Stille, die sich eingestellt hatte, nachdem ich das letzte Wort gesagt hatte, dass ich gerade am Gewinnen war. Endlich nickte Henri langsam. „Das könnte klappen. Und du würdest wirklich für uns lügen?" Er musterte mich abschätzend und ich konnte es ihm wirklich nicht verübeln. Die zwei Jungs hatten gemerkt, dass ich ein sehr gutes Verhältnis zu meinen Eltern hatte. Es auf die Probe zu stellen, war für sie vermutlich genauso schwer vorstellbar, wie für mich jetzt. Ich musste es dennoch tun, ich brauchte dringend Antworten!

Dennoch sagte ich „Ja!" und meinte es auch ganz ehrlich so.

Ich drehte mich zu Cen um und wollte wissen, was er zu meinem Plan sagte, aber er schaute mich nur wortlos an. In seinem Blick sah ich kurz so etwas wie Verachtung aufblitzen.

Ich schluckte wieder krampfhaft. Aus irgendeinem Grund tat es mir innerlich weh so eine Reaktion von ihm zu sehen und auf seine Ablehnung zu stoßen.

Eine Minute ließ ich noch verstreichen, ehe ich sagte: „Gut, dann hätten wir das geklärt."

Aber der Sieg schmeckte bitter. Ich wollte meine neu gewonnenen Freunde nicht bestechen und schon gar nicht wollte ich mich aufdrängen, aber ich sah keinen anderen Weg. Ich brauchte Antworten und dafür würde ich sehr weit gehen!

„Ich packe jetzt meine Sachen", murmelte ich und drehte mich Richtung Lager. Ich hörte die schnellen Schritte hinter mir und bevor ich mich wieder umdrehen konnte, wurde ich angerempelt. Ehrlich gesagt verwunderte es mich nicht, als ich in Cens Gesicht sah.

„Ich werde dich kein zweites Mal retten", zischte er mir zu und setzte dann zu einem Sprint nach Hause an.

Anscheinend hatte Henri seine Worte mitbekommen, denn er sagte zu mir: „Mach dir bitte nichts daraus. Er wird sich schon wieder beruhigen." Er tätschelte mir die Schulter und ging zwischen den Bäumen hindurch.

Ich blieb reglos stehen und flüsterte dem Wind entgegen. „Ich hoffe es!"

Eine Krähe begann sich mit lautem Krächzen von einem Ast zu erheben und es hörte sich fast so an, als würde sie sich über meine Worte lustig machen.

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