Kapitel 55

-Gwen Williams-

Bis zur Abenddämmerung waren es noch eineinhalb Stunden, doch Katharina und Finn kamen vorbei, um mich etwas über die Festivitäten aufzuklären. Ich fand es sehr aufmerksam, dass sie an mich dachten und auf der Lichtung herumführten. Bei einem Stand mit Getränken bot mir Katharina etwas von dem Koboldgebrautem an, doch ich lehnte ab und schob meine Arbeit als Ausrede vor. Schulterzuckend schnappte sie sich aber ein süßes Heißgetränk, welches wirklich verführerisch roch, doch ich blieb standhaft.

Finn blieb nur ein paar Minuten, bevor er sich mit seinen Freunden zur Sandgrube begab. Dort spielten die Kinder aktuell, bevor morgen die Ringkämpfe stattfinden würden. Katharina bat ihn auf sich aufzupassen, während ich ihm viel Spaß beim Spielen wünschte.

Auf unserem kleinen Rundgang begegneten wir Susanne, die wie sich herausstellte eine alte Freundin von Katharina war. Sie erzählten mir, wie sie beinah zeitgleich vom Studium oder dem anderen Rudel, wo Katharina vorher lebte, in das Schwarzwaldrudel zurückkehrten und dort sich auf einen der Singletreffs kennenlernten. Ich war erstaunt, dass sie von den Kerlen damals erzählten und auf meine Nachfrage Katharina auch lächelnd von Mark erzählte. Finns Vater.

Ich wusste nichts von seinem Vater und wollte nicht alte Wunden aufreißen, also hörte ich lieber zu und grinste, wenn die beiden sich über ihre alten Beziehungen ausließen. Als ihre Augen verschmitzt zu mir wanderte. Und ihre Blicke neugierig wurde, ahnte ich schon böses.

„Und Gwen? Mit welchen heißen Verehrern hattest du es in der Vergangenheit zu tun? Du bist doch aktuell Single oder? Ich hätte da ein paar nette Kollegen die ich dir vorstellen könnte", sagte Susanne und ich hob erstaunt die Brauen. Ihr Gesicht war gerötet und ihrem leicht glasigen Blick nach zu urteilen, war der Punsch in ihrer Hand nicht ihr erster. Ich seufzte etwas peinlich berührt, aber gab mir einen Ruck.

„Ja, ich bin Single. Meine letzten Beziehungen hatte ich im Studium. Das ist sicherlich schon sieben Jahre her. Und ehrlich gesagt vermisse ich es auch nicht", sagte ich ehrlich. Überrascht hoben die beiden die Augenbrauen und sahen sich kurz an.

„Wow, das hätte ich bei einer Frau wie dir nicht erwartet. Ich hätte wetten können die Verehrer stehen bei dir Schlange", sagte Katharina überrascht und ich konnte ein Auflachen nicht unterdrücken. Oh wie falsch sie damit lag!

Lachend wischte ich mir die Tränen weg und sah sie schmunzelnd an.

„Das ist wirklich lieb von dir, aber abgesehen von Vampiren die es dringend nötig haben, findet man in Hannover nur Menschen die wirkliches Interesse haben. In der Stadt spiele ich nicht gerade in den oberen Ligen mit", sagte ich, doch die beiden schienen es nicht ganz zu verstehen. In den magischen Vierteln liefen die unterschiedlichsten Wesen mit übernatürlicher Schönheit umher. Eine Mischlingshexe ohne Magie war da für alle ziemlich uninteressant, wenn nicht sogar abstoßend. Das hatte mir mein letzter Clubbesuch wieder bewiesen.

Doch das wollte ich den beiden nicht erklären. Sie sollten mich nicht so wahrnehmen. Also hörte ich mir schmunzelnd die Diskussion von den beiden an die sich über die Städter aufregten und meinten sie würden einen guten Fang nicht mal erkennen, wenn er direkt vor ihnen stand. Ich lachte mit ihnen und war gerührt von ihrem Versuch mich aufzumuntern.

„Mach dir nichts draus Gwen. Wölfe sind die wesentlich besseren Liebhaber, als die Vampire, Feen oder wer weiß was noch alles in Hannover lebt. Ich wette, wenn du einmal mit einem Werwolf zusammen warst, wirst du nie wieder etwas anderes haben wollen", sagte Susanne aufmunternd. Katharina nickte bestätigend.

„Du hattest also schon Erfahrungen mit anderen Wesen?", fragte ich, um von mir und dem Werwolf Thema abzulenken. Ich konnte mir schon vorstellen, dass sie bessere Liebhaber als Menschen waren, aber hatte nicht vor diese Aussage der Richtigkeit halber zu überprüfen. Doch die beiden schienen Feuer und Flamme mich eines Besseren zu belehren.

„Oh ja. Im Studium hatte ich eine experimentelle Phase gehabt und es mit ein paar Elementarwesen, Feen, Gestaltwandlern, Hexern und es sogar einmal mit einem Dämon versucht. Bei den Ogern war ich aber raus. Deren Manieren hatten vielleicht noch vor ein paar Jahrhunderten funktioniert, aber mittlerweile ekeln sich die meisten nur noch vor ihnen."

Sie schüttelte sich, als würde sie sich an eine unangenehme Erinnerung von damals wieder hochkommen und blickte dann zu Katharina.

„Du hattest vor Mark nicht viele Beziehungen, wenn ich mich recht erinnere."

Sie nickte und schien kurz nachzudenken.

„Mit siebzehn fand ich den Gedanken ganz interessant was mit einem Vampir zu haben, aber nachdem ich beim Feiern einem begegnet war und die so herablassend und schmierig von ihrer Art waren, war das für mich auch vergessen. Ich hatte es ansonsten zweimal mit Menschen versucht, aber das war wirklich immer recht unspannend. Da hatte irgendwie das Temperament und auch die Ausdauer gefehlt", sagte sie recht offen und ich musste mir die Hand vor den Mund halten, um nicht sofort loszuprusten. Sie hatte meine Erfahrungen, von diesem Jahr, in den wenigen Worten perfekt zusammengefasst. Katharina und Susanne lachten laut und gemeinsam stimmten wir alle zu, dass Menschen wohl die miserabelsten Liebhaber waren. Ich hätte schwören können das einige interessiert zu uns blickten, doch es kümmerte uns nicht. Es gab hier so viel positive Stimmung das die wenigstens sich über drei laut lachenden Frauen zu stören schienen.

Susanne und Katharina zählten mir noch die Vorzüge eines wölfischen Liebhabers auf, doch bevor ich ihre Bemühungen zunichte machen konnte, erklang ein lauter Gong. Wir drehten uns Richtung Bühne. Die Auftagszeremonie würde jeden Augenblick beginnen. Susanne verabschiedete sich schnell mit den Worten, das sie die Zeremonie mit ihrer Familie sehen wollte. Katharina nahm mich schon an die Hand, als ich ihr sagen wollte das ich das Ganze aus der Ferne betrachten wollte, doch sie schüttelte vehement den Kopf und sagte wir würden uns Finn schnappen und dann gute Plätze holen.

Wir brauchten auch nicht lange zu suchen, denn Finn kam uns schon aus der Richtung der Sandgrube entgegen und schnappte sich Katharinas freie Hand, um sie mit sich zu ziehen. Ich folgte den beiden, da Finn laut eigener Aussage rechts neben der Bühne noch etwas freie Fläche gesehen hatte.

Wir quetschen uns an den bereits sitzenden Wölfen vorbei und schafften es tatsächlich noch nah an der Bühne einen Platz für uns drei zu finden. Finns setzte sich vor Katharina, so dass diese ihren Sohn von hinten umarmen konnte. Ich saß auf ihrer rechten Seite und beobachtete neugierig das Geschehen. Die meisten Wölfe nahmen Rücksicht auf die weiter hinten Stehenden und setzten sich rund um die Bühne hin. Der Boden war zum Glück nicht nass, deshalb störte sich sicherlich niemand daran.

Finn erzählte mir begeistert, dass er als kleines Kind vorne bei den wichtigen Familienmitgliedern der Alphapaare sitzen durfte und zeigte stolz auf seinen Onkel. Katharinas eher traurigen Blick auf ihren Sohn nach zu urteilen, konnte ich mir wohl denken das dies wahrscheinlich mit Finns Erkrankung und dem Tod seines Vaters nicht mehr möglich war. Doch bei solchen Themen, konnte ich nur spekulieren.

Direkt vor der Bühne, wo auch Sitzkissen in fein säuberlicher Reinfolge platziert waren, saßen in der ersten Reihe die Alphapaare. Direkt hinter ihnen schienen wohl die nahen Verwandten und Jungalphas zu sitzen. Ich erkannte drei Jungs die sich zankten und von ihrer Mutter Sara zur Ruhe gebracht wurde. Hinter Helen und Alex saßen jedoch keine Kinder. Es gab drei ältere Wölfe die wahrscheinlich die Eltern von dem Alphapaar waren und direkt neben ihnen Elias. Er sah recht gelassen aus und lächelte, als er Finn und Katharina sah die ihm zuwinkten.

„Irgendwann werden Elias Frau und seine Kinder dort bei ihm sitzen", erklärte Katharia, als sie meinen Blick auf die freie Fläche neben Elias bemerkte. Finn nickte eifrig.

„Genau. Da werden irgendwann meinen Cousinen und Cousins sitzen. Ich werde ihnen dann zeigen wie man sich ordentlich benehmen muss, um das Rudel stolz zu machen", sagte er grinsend und ich lächelte ihn an. Es war schön, dass er sich auf den zukünftigen Zuwachs in Elias Familie freute. Doch ich musste an die Worte denken die mir Katharina beim Streichen erzählt hatte. Und zwar das viele ihn als Trophäe betrachteten die es zu gewinnen galt. Ich könnte es verstehen, würde er aus Trotz sich keine Partnerin suchen.

Nachdenklich blickte ich von Elias zu den anderen Pärchen. Er wirkte im Reinen mit sich und unterhielt sich lachend mit denen die ihn ansprachen oder grüßten. Hätte ich nicht seine negative Seite zuerst kennengelernt, würde ich ihn auch als einen attraktiven Mann mit Ambitionen und einer herzlichen Familie wahrnehmen. Doch das einzig Gute was ich in ihm sehen wollte, waren die zwei Personen neben mir, die so viel von ihm hielten.

Als erneut ein Gong ertönte und es ruhiger wurde, blickte Elias nochmal in unsere Richtung. Seine Familie blickte zwar zu Lucilla, die zwischen den Wölfen hindurch lief, doch sein Blick schweifte zu mir.

Seine blauen Augen brannten sich in meine und ich sah ein kaum merkliches Nicken. Eine Art Friedensangebot, dass er mich neben seiner engsten Familie sitzen ließ, ohne auch nur ansatzweise sich darin gestört zu fühlen. Auch wenn ich wusste, dass er dies nur tat, weil er mich nicht mehr als Bedrohung sah, nickte ich auch ihm kaum merklich zu. Ich wusste nicht, ob ich mir das Zucken seines Mundwinkels aus der Entfernung nur einbildete, doch das war unwichtig, da er sich wie alle anderen Richtung Lucilla umwandte.

Mein Blick blieb noch so lange auf ihm haften bis Lucilla mit der Hilfe ihres Gefährten auf die Bühne stieg. Es stand eine Art Altar auf der Bühne, mit verschiedenem Gemüse, Getreiden und Obstsorten wie auch magischen Artefakten oder Pflanzen. Gaben die am ersten Abend geopfert werden sollten, aus Dankbarkeit ihrer Göttin gegenüber und um allen ein schönes Erntedankfest über die kommenden Tage zu wünschen.

Im Hintergrund positionierten sich einige Musiker mit Trommeln, Flöten und Gitarren, während Lucilla sich zum Altar begab und die Gaben mit ihren Händen abtastete.

Lächelnd richtete sie sich wieder auf und sprach daraufhin anmutig mit den versammelten Wesen.

„Danke, dass ihr alle heute so zahlreich erschienen seid. Luna weiß die Anwesenheit und die Gaben ihrer Kinder zu schätzen."

Es erstaunte mich, wie wenig sie ihrer Stimme Ausdruck oder Dominanz verleihen musste. Selbst die Kinder lauschten gespannt ihren Worten, als Lucilla erzählte wie Luna den ersten Werwolf erschuf und ihn nach ihrem Leben auf der Erde zurückließ, als sie wieder zum Himmel emporstieg. Sie erzählte von der Abenddämmerung und der Nacht, die dafür sorgten, dass ihre Kinder ihr in der Nacht am Nächsten sein konnten. Von dem Mondzyklen, dass der Tag ihrer Abwesenheit am Abendhimmel ihren Abschied von der Welt und der Vollmond für ihre Anwesenheit in dieser Welt stand. Alle Monde dazwischen würden ihre Reise und Wandlung zur Göttin repräsentierten.

Ich kannte viele der Legenden. Doch wie bei jeder Wesensrasse und unterschiedlichen Kulturkreisen veränderten sich Details der Überlieferungen. Bei den Wölfen wandelte Luna wirklich eine Zeit auf dieser Welt und war als weißhaarige Schönheit überliefert worden, die ihrer ersten Liebe die Form eines Wolfes schenkte, da dieser kurz vor dem Hungertod stand. Als Wolf war er in der Lage gewesen zu überleben und weiter an Lunas Seite zu verweilen. Es war der Anfang der Gefährtenverbindung. Der heilige Bund zwischen Wolf und Göttin, sollte an die Nachfahren des ersten Werwolfs weitergeben werden, sodass die Nachkommen den Bund den Luna einst schloss, auch spüren konnten.

Lucilla erklärte das alle heutigen Gefährten die hier saßen, egal ob Wolf, Mensch oder anderes Wesen diese Verbindung genauso Luna zu verdanken hatten. Denn sie war eine Gottheit, die sich einst an einem Wolf band und demnach selbst kein Werwolf. Sie erklärte das die Form der Gefährten egal sei, solange die Seele eines Werwolfes in den Bund miteingeschlossen war. Bei diesem Teil blickte Lucilla besonders lächelnd zu ihrem eigenen Gefährten Tim der stolz zu ihr hinabblickte. Auch die Alphapaare schienen bei dem Teil besonders gern zu ihren Partnern zu blicken.

Als Lucilla fertig war die Legenden zu erzählen, erklärte sie wozu sie dieses Fest abhielten und wofür sie alles danken wollten. Sie erwähne namentlich Alex und Helen, dankte ihnen für ihren Eifer und die Hingabe ihrer Göttin gegenüber und bat danach alle die Hände von ihren Nachbarn zu ergreifen. Verwundert sah ich zu Katharina die meine Hand nahm, während eine junge Wölfin auf meiner anderen Seit meine andere Hand ergriff.

Kurz darauf herrschte komplette Stille. Nur die Geräusche des Waldes und des Windes waren zu hören, bis sanfte Trommelschläge die Luft erfüllten. Danach stimmten die Flöten mit ein, bevor Lucilla anfing eine leise Melodie zu summen. Die Alphapaare stimmten mit ein. Es war eine einfache Melodie, die daraufhin viele Wesen adaptierten. Katharina fing auch an zu Summen und wog sich sanft im Takt.

Fünf Wölfinnen die auf der anderen Seite der Bühne standen, begannen leise zu singen. Es kam mir bekannt vor und nach etwas grübeln viel mir ein, dass ich dieses Lied schon mal gehört hatte. An mein erstes Wochenende hier, an dem mich Helen zum Lagerfeuer eingeladen hatte. Sie hatte mir erklärt, dass es alt germanische Lieder waren, die meistens von der Liebe zum Mond handelten. Die Worte klangen etwas harsch, aber die Art wie sie diese passenden zur Melodie sangen, sorgte für einen angenehmen Übergang.

Erst als Lucilla ihre Stimme erhob und zu den leisen Sängerinnen miteinstimmte spürte ich das Kribbeln. Ihre Magie verteilte sich sanft zwischen den Reihen aller Anwesenden und sorgte für eine Gänsehaut auf meiner Haut. Viele schlossen die Augen, summten oder sangen leise mit, während die Magie zwischen ihnen floss. Die Wölfe schienen nichts davon mitzubekommen, nur vereinzelte Wesen die offensichtliche keine Wölfe waren, sahen gespannt zu Lucilla, die sie mit ihren Sinnen streichelte.

Auch wenn ich das Lied nicht verstand, überkam mich eine Ruhe und eine Gewissheit das sich alles zum Guten wenden würde. Ein ehrliches Lächeln schlich sich auf mein Gesicht und ich summte mit. Summte mit den hunderten von Wesen, im Einklang mit der Natur und der Magie.

Katharina sah lächelnd zu mir hinüber und wog sich mit mir zusammen im Takt. Am Ende des Liedes hätte ich schwören können, ein paar blauer Augen auf mir zu spüren.

...

Hallo meine Lieben,

Ich werde wieder versuchen regelmäßiger zu schreiben, kann aber den wöchentlichen Uploadplan nicht gänzlich versprechen. Ich weiß nicht ob es sich manche schon denken konnten, aber das Familienmitglied welches Pflege benötigt hatte ist vor kurzem verstorben. Wir hatten es alle gewusst und auch kommen sehen, deswegen ist der Schock nicht allzu groß. Nichtsdestotrotz ist meine Priorität weiterhin mein Privatleben und meine Familie. Ich werde ziemlich wahrscheinlich im Frühjahr nächsten Jahres umziehen und unabhängig davon habe ich auch noch vor beruflich einige Dinge zu verändern.

Den verprochenen Leseabend, versuche ich noch dieses Jahr umzusetzen. Wenn ich es nicht schaffen sollte, bekommt ihr nächstes Jahr einfach ein paar mehr Leseabende :)

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