Kapitel 35
-Gwen Williams- (Triggerwarnung: Blutentnahme)
Es ist nur eine Blutentnahme! Das sagte ich mir zumindest die ganze Zeit, als ich Elias bat sich neben Finn zu setzen. Ich konnte nichts aus seiner Miene lesen, als er sich rechts neben Finn auf die Liege setzte und ihm beruhigend über den Oberarm strich.
Katharina hatte kurz besorgt ausgesehen, aber ansonsten auch nur aufmunternd Finn zugelächelt. Ob sie lieber bei ihrem Sohn sitzen würde? Doch ihrem blassen Gesicht nach einem Blick auf die Nierenschale zu urteilen, war es doch besser Elias neben Finn sitzen zu sehen.
Ich zog mir schnell ein Paar blauer Einweghandschuhe an und schnappte mir einen Stauschlauch.
"So Finn, den lege ich jetzt um deinen Arm an, damit ich besser an dein Blut komme. Welcher Arm soll es denn werden?", fragte ich lächelnd und Finn hielt mir den linken hin.
"Super dann den."
Finn trug ein Shirt, sodass ich ohne Probleme den Stauschlauch an seinen Oberarm befestigen konnte.
"So jetzt musst du eine Faust machen", sagte ich und öffnete die Verpackung von der Butterfly Nadel. Zum Glück musste ich dem Kleinen keine der größeren Braunülen am ersten Termin zeigen. Die waren für ein Kind etwas furchteinflößender.
"So aufpassen, es wird kalt. Ich desinfizierte schnell", warnte ich, bevor ich die Stelle desinfizierte.
"Magst du mir vielleicht erzählen, wie die Schule heute war?", versuchte ich Finn abzulenken. Er sah schon etwas verunsichert aus, also sah ich es als gutes Zeichen als er mir davon erzählte, dass bei ihnen demnächst der Unterricht weniger wurde und er eine gute Note in einem Test geschrieben hatte. Währenddessen hatte ich nach einer guten Vene gesucht und diese zum Glück schnell gefunden.
"So, willst du das ich zähle bevor ich steche oder willst du dich lieber überraschen lassen?", fragte ich, als ich die Röhrchen richtig platzierte und den Plastikschutz von der Nadel entfernte.
"Lieber überraschen lassen", sagte Finn und ich sah aufmunternd zu ihm hoch.
"Das tut nur sehr kurz weh. Das spürst du kaum."
Ich wusste, dass manche Patienten gerne die Schmerzen einer Nadel überdramatisierten, vor allem wenn sie noch nie Erfahrung damit hatten. Natürlich gab es auch Sonderfälle in denen junge Assistenzärzte wirklich die Venen zerstachen oder stattdessen eine Arterie trafen, aber ich hatte zum Glück früh angefangen zu üben und hatte selten jemanden gehabt, der sich nach einer Blutentnahme beschwert hatte.
Ich war gerade dabei, die Nadel anzusetzen, als Elias leise auf Finn einredete und ihn somit ablenkte.
"Hast du Lust nachher bei mir eine Runde Pfannkuchen zu backen? Ich wette, wir kriegen die besser hin als deine Mama", flüsterte er Finn zu und sein Kopf wandte sich grinsend zu seinem Onkel.
"Keine Chance. Mama wird behaupten, ihre seien besser", antwortete Finn seinem Onkel und ich nutzte die Chance und stach sanft in die sich schön abhebende Vene. Finn sagte kurz "Autsch" und wandte sich wieder mir zu, als ich schon bemerkte, dass ich die Vene perfekt getroffen hatte.
"War es so schlimm?", hakte ich nach, während ich ein wenig Blut entnahm. Ich lockerte den Stauschlauch und nahm das nächste Röhrchen.
"Nein, war es nicht", sagte er und ich lächelte stolz zu ihm auf.
"Das hast du super gemacht", sagte auch Elias zu Finn, der glücklich zu seinem Onkel sah. Ich blickte kurz zu Elias auf. Beide sprachen noch kurz miteinander, ehe sie beobachteten, wie ich die vollen Röhrchen zurück in die Nierenschale legte und dann den Stauschlauch komplett entfernte.
"So jetzt mach ich noch schnell die Nadel raus und dann musst du nur noch auf den Tupfer drücken", erklärte ich Finn, der gebannt zuhörte. Ich zog die Nadel vorsichtig raus und drückte daraufhin schnell einen von den Tupfern auf die Stelle. Finn übernahm, sodass ich den Müll wegmachen konnte und die volle Nierenschale beiseitelegen konnte.
Finn lief auf Kathi zu die ihm stolz einen Kuss auf die Wange drückte und Elias sah sich schweigend die Szene an, ehe sein Blick zu mir huschte. Dankbar das er so eine Hilfe gewesen war, nickte ich ihm zu, doch er reagierte nicht darauf.
"Ich werde ein paar von den Ergebnissen hier in der Praxis bekommen, aber zur Sicherheit habe ich mehr abgenommen für ein großes Blutbild. Das schicke ich an das nächstgelegene Labor," sagte ich an Katharina gewandt, die lächelnd zu mir blickte.
"Wann werden wir mit dem nächsten Termin rechnen können?", fragte sie und ich überlegte kurz.
"Die Ergebnisse hier werden sicher morgen schon da sein. Aber wenn ich nichts Auffälliges feststelle, würde ich warten bis das große Blutbild fertig ist und dann den nächsten Termin vereinbaren. Ich würde denken, dass es bis nächste Woche fertig sein wird, wenn ich es morgen verschicke", erklärte ich und Katharina nickte.
"Was wollen Sie denn machen, wenn das Labor fertig ist?", hakte auf einmal Elias nach und ich sah überrascht zu ihm. Hatte Katharina nicht mit ihm darüber gesprochen? Ich sah kurz zu ihr hinüber und dann wieder zu Elias.
"Ich wollte mir seine Entzündungswerte und den HB ansehen, wie auch ein paar weitere Werte, die wichtig sind zur Erschließung seiner Antikörper. Es könnte sich in Finns Falle lohnen, ein paar Impfungen zu bekommen. Diese wären vorbeugend gegen einige Bakterien und Virenstämme, die ihn schnell treffen könnten, wenn er zuvor noch nie geimpft wurde. Aber das ist nichts Wildes. Viele Wesen mit einem nicht so ausgeprägten Immunsystem haben sich schon von mir impfen lassen", erklärte ich, um Elias Bedenken ein wenig zu schmälern, doch sein ernster Blick, der zu Katharina schweifte, sagte mir, dass er nicht überzeugt von meinen Worten war.
Bevor er aber irgendwas erwidern konnte, schaltete sich Katharina dazwischen.
"Wir gucken erstmal, was die Werte sagen und sehen dann weiter", sagte sie beschwichtigend in Elias Richtung, während Finn sich auf Elias Stuhl setzte.
"Musstest du dich auch schon mal impfen lassen?", kam die Frage von Finn plötzlich und ich lächelte ihn an.
"Klar, als Kind habe ich ganz viele erhalten. Und ich achte sogar bis heute immer noch darauf, ob ich eine Impfung wieder auffrischen muss."
"Müssen das alle Hexen machen?", fragte er neugierig und ich versuchte nicht mein Lächeln zu verlieren. Aus Reflex hätte ich beinah nein gesagt.
"Es wäre besser, wenn es alle Hexer machen würden", sagte ich daher und zog mir die Einweghandschuhe aus.
"Wenn du ansonsten keine Beschwerden hast, von denen ich wissen sollte, könnt ihr wieder nach Hause gehen. Katharina, ich ruf' dich an, wenn sich was Neues ergibt oder ich die Ergebnisse vom Labor habe."
Katharina nickte und erhob sich. Elias tat es ihr nach, beobachtete mich jedoch mit Argusaugen, als ich seine Familie zur Tür geleitete, Finn grinsend verabschiedete und kurz Katharina an mich drückte.
Flüsternd dankte sie mir für den kurzfristigen Termin, weshalb ich sie beruhigend anlächelte.
Als Elias an mir vorbei zur Tür laufen wollte, hielt er nochmal kurz inne. Etwas zerknirscht sah er zu mir hinab und ich war kurz davor die Augen zu rollen und ihn nett lächelnd einen schönen Abend zu wünschen, als er zum Abschied die Hand hob.
Verwundert erwiderte ich seinen Händedruck. Seine Hand war warm und riesig im Vergleich zu meiner. Verwirrt bemerkte ich, wie ein Schauer meinen Rücken hinab wanderte als ich erneut in sein Gesicht sah.
"Danke das sie so auf Finn aufgepasst haben", sagte er monoton. Erstaunt hob ich die Brauen und sah aus dem Augenwinkel, wie verwundert Katharina zu uns hinübersah. Ich stockte.
Räuspernd nickte ich und sagte: "Selbstverständlich."
Immer noch überwältigt, von der vergleichsweisen ungewohnten Nettigkeit des Betas, sah ich Elias nach, als er von mir abließ und zu Katharina und Finn aufschloss. Lachend fragte Finn, ob das mit dem Pfannkuchen noch aktuell war und ich hörte Elias das erste Mal lachen, als er seinem Neffen bestätigte, dass sie zu ihm gehen könnten.
Immer noch verwirrt von Elias Verhalten, schloss ich die Tür hinter mir. Hatte ich irgendwas verpasst?
...
Meine Finger waren noch verkrampft im dunklen Fell verankert. Mein Blick huschte nach hinten, während ich hustend versuchte den Rauch aus meinen Lungen zu bekommen. Ich spürte beinah schon die Flammen nach meinen Füßen lecken und vergrub mich noch tiefer ins Fell.
Der Wolf unter mir rannte hechelnd um unser Leben und all meine Muskeln klammerten sich unaufhörlich an den bewegenden Wolfsleib.
Der Rauch stahl uns immer mehr die Sicht und mein Husten wurde immer lauter. Verängstigt und voller Panik betete ich, dass der Wolf es schaffen würde, uns unbeschadet aus dem brennenden Wald zu retten.
Als ich aber plötzlich spürte, wie der Wolf unter mir strauchelte und fiel, fand ich meine Stimme wieder.
"Nein!", schrie ich voller Panik, als wir ins Nichts herunterfielen und ich mich nicht mehr am schwarzen Fell halten konnte. Ein jaulender Laut entkam seiner Kehle und ich musste die Augen schließen.
Ich fühlte mich wie im freien Fall. Meine Haare flatterten umher und streiften meine Wangen. Blinzelnd versuchte ich die Augen wieder zu öffnen, war aber wegen der Luftströmung kaum in der Lage, sie lange offen zu halten. Aus dem Augenwinkel sah ich weit unter mir einen dunklen Schatten hinab sausen, ehe ich meine Arme vor mein Gesicht hielt, um den Aufprall nicht mitansehen zu müssen.
...
Übermüdet und mit Kaffee bewaffnet, blickte ich mich nochmal in der Praxis um. Ich hatte so gut wie möglich versucht, die Wände für Will und seinen Kollegen freizulegen und wartete auf die beiden. Will hatte nach meinem gestrigen Anruf sofort eingewilligt, heute Mittag vorbeizukommen, um mit der Arbeit anzufangen. Hoffentlich waren sie schnell fertig.
Ich hatte bereits Kaffee für die beiden bereitgestellt und ein paar Snacks beim Rudelladen besorgt, die ich auf meinen Schreibtisch gelegt hatte. Ich würde sicherlich später am Tag nochmal vorbeikommen um nach ihnen zu sehen. Mich überkam Vorfreude bei den Gedanken das meine tatsächliche Arbeit hier nach drei Wochen endlich beginnen konnte. Etwas gruselig erschien es mir aber schon. Es fühlte sich nicht nach drei Wochen Arbeit an, aber ich durfte nicht vergessen, dass vorher ein Büro hier drinnen stand und nun ein Großteil meiner benötigten Ausrüstung hier war. Außerdem musste ich mich viel um die Logistik und um die Anmeldung an dem Portal kümmern. Das ich parallel dazu einige Online Auffrischkurse absolviert und mich in die Recherche vertieft hatte, durfte ich auch nicht vergessen.
Ein wenig Angst überkam mich, als ich an meine verbliebene Zeit hier dachte. Ich hatte einige Rückmeldungen meiner alten Bewerbungen erhalten. Alle hatten wieder abgelehnt. Deswegen beunruhigte mich der Gedanke innerhalb der nächsten zwei Monate eine neue Stelle zu finden. Immerhin hatte ich es die zwei Monate zuvor ja auch nicht geschafft.
Seufzend strich ich mir durch das Gesicht. Das abgespeckte Gehalt was ich die drei Monate erhielt, würden mir ein gewisses Polster geben, da ich nicht für Strom und Wasser wie für meine Verpflegung aufkommen musste und damit viel von meinem Gehalt sparen konnte. Aber ich würde es wahrscheinlich in Hannover nur knapp drei weitere Monate alleine schaffen, bevor ich wieder kurz davor stand mein Heim zu verlieren.
Von den düsteren Gedanken heimgesucht und mit dem Ziel das Wochenende auf jeden Fall nach neuen Stellenanzeigen zu suchen, erschrak ich als es an der Praxistür klopfte und ein grinsender Will und ein bärtiger stämmiger Mann den Praxisraum betraten.
Lächelnd kam ich ihnen entgegen und schüttelte begrüßend ihre Hände, nachdem sie ihre Ausrüstung abgestellt hatten.
"Max", stellte sich der bärtige Mann mir vor, als ich seine Hand schüttelte.
"Freut mich das sie so schnell Zeit hatten vorbeizukommen. Ich hab Kaffee für sie besorgt. Milch und Zucker würde es in der Gemeinschaftsküche geben falls sie welchen brauchen", sagte ich lächelnd und er nickte anerkennend.
Will grinste und lehnte sich an Max.
"Dankeschön, schwarzer Kaffee ist genau das richtige für deine dunkle Seele", sagte er witzelnd zu Max der sich nur schnaubend Wills Arm von den Schultern schob. Belustigt zeigte ich den beiden wo Will und ich geplant hatten die Steckdosen zu verlängern. Max besprach mit Will noch ein paar Sachen, während er an seinem Kaffee schlürfte und Will staunte vergnügt über die Donuts und belegten Brötchen, bevor Max ihn zwang sich der Arbeit und nicht dem Essen zu widmen.
Nachdem ich mehrfach fragte, ob sie noch irgendwie meine Hilfe benötigten, wiegelten die beiden mich ab und erklärten das sie mit Glück schon heute Abend fertig wären. Erstaunt bei der Voraussicht das die beiden einen Teil der Wand meißeln und wieder Zuspachteln mussten, hatte ich nicht mit so einem schnellen Ende gerechnet. Doch Max schien positiv gestimmt und sagte ich müsse mir keine Gedanken machen. Will bemerkte grinsend das ich den freien Tag genießen sollte und das ich später gerne nochmal Snacks vorbeibringen dürfte, was ihm einen Schlag von Max eingebracht hatte.
Beruhigt das die beiden alles im Griff zu haben schienen lief ich mit meinem Laptop zu meiner Hütte und setzte mich daran nach neuen Stellenanzeigen zu suchen. Ich würde einige Stunden Zeit haben nach neuen Stellenanzeigen zu suchen, bevor ich mich in die Kleinstadt machen musste um Finns Proben wegzuschicken.
...
Hallo meine Lieben,
Ich hoffe niemand hat sich durch die beschriebenen Details der Blutentnahme gestört oder gar getriggert gefühlt. Ich persönlich habe überhaupt kein Problem damit und weiß daher nicht wie es für andere wirken könnte.
Es tut mir außerdem leid, falls ich den Ablauf nicht zu eins zu eins widergeben konnte und sich Fachkräfte vielleicht ärgern. Ich bin für Kritik jederzeit offen! Ich habe durch eine chronische Erkrankung zwar viel Kontakt mit Ärzten und Nadeln, aber will nicht behaupten dadurch ein Experte auf dem Gebiet zu sein.
Außerdem wollte ich Bescheid geben das es nächste Woche kein Kapitel geben wird. Und auch wenn manche vielleicht enttäuscht sein werden oder mich auffordern dennoch schnell das Kapitel hochzuladen, bitte ich um Verständnis! Wenn es mal wegen meines Terminplans nicht passt, dann passt es nicht und da muss auch nicht diskutiert werden. Es ist immer noch ein Hobby für das ich mir Zeit nehmen muss :) Ich finde es schade, dass ich da immer mal wieder Kommentare finde die mich stressen und unter Druck setzten, wenn mal ein Kapitel nicht zur gewohnten Zeit kommt.
Das wars dann von mir. Wir sehen uns dann in zwei Wochen wieder :)
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