KAPITEL 36

Es ist so weit. Der Tag ist gekommen. Es ist so weit, es ist so weit! Den ganzen Tag, bin ich schon so hibbelig. Ich weiß, heute wird ein ganz besonderer Tag. Und nun, als ich aus dem Auto aussteige und schon ein paar erste Leute auf dem Platz versammelt sehe, befällt mich ein Gefühl, das ich so selten fühle. Ich kann es nicht beschreiben, ich bin einfach nur geflasht. Schnell mache ich mich mit Mily und den Jungs daran, noch Kleinigkeiten zu managen und Besteck zu verteilen. Es wird immer voller. Immer später.

Mittlerweile ist es sechs Uhr abends. Die ersten kommen schon auf mich zu und fragen, wo ihr Zeug hinsoll. Das ist der Moment, in dem ich mein Mikro heraushole und wieder meiner Berufung nachgehe. Es fühlt sich wie ein neu entfachtes Feuer an. Mein Herz schlägt hierfür. Und ich bin glücklich. Mehr als das. Also stelle ich mich auf die Bühne und sehe all die Leute an.

„Herzlich willkommen. Ich danke jedem, der heute hier ist und mit uns feiern will. An allen Tischen liegt das Programm für heute Abend aus: Es wird eine Band spielen, Essen gibt es natürlich auch reichlich und kurz vor Mitternacht will ich gerne noch eine Ansprache halten, dann ... alles, was danach kommt: Lasst euch einfach überraschen." Ich grinse. Mein Herz schlägt für diese Sache. Dann atme ich durch und fahre fort.

„Also: Das Essen kommt auf den Tisch geradeaus, alle anderen Sachen, die mitgebracht wurden, auf den anderen. Ihr könnt Alkohol auf den Tischen verteilen, geradeaus auf dem Tisch, wo das Essen hinkommt, sind auch noch Besteck und Gläser, alles was ihr braucht. Klos gibt es in dem Haus da drüben." Ich zeige hin.

„Die Tür steht offen, weil eine liebe Dominique uns erlaubt in ihr Haus zu gehen, wenn wir müssen. Also bitte belasst alles, so wie ihr es vorgefunden habt. So: Falls es Fragen gibt, meldet euch bei mir oder bei meinem Team: Mily, Derek und Harley. Sonst würde ich sagen: Lasst uns feiern!" Ich strecke meine Hand aus. „... und den Abend genießen."

Gerade will ich von der Bühne, da kommt Mily zu mir hoch und nimmt mir das Mikro ab. „Ach so und sie hat vergessen zu sagen, dass es vor ihrer Rede, noch eine Diashow geben wird. Wir wollen alles nochmal Revue passieren lassen. Alles was der Blog, was ihr und was wir dieses Jahr gemeinsam geschafft haben." Sie schnauft außer Atem. „Danke." Dann wird geklatscht und wir verlassen die Bühne.

„Danke. Mein Hirn", lache ich und nehme ihre Hand. „Alles ist erledigt. Zeit zu feiern, beste Freundin der Welt." Wie auf ein Zeichen hin, geht die Musik an. Mily johlt und zieht mich mit auf einen Platz, den wir als Tanzfläche nutzen.

„... und du beste Freundin der Welt, siehst bezaubernd aus." Sie wirbelt mich herum. Als ich in eine Brust sacke, blinzle ich verwirrt und sehe zu Harley hoch.

„Du siehst mehr als bezaubernd aus", flüstert er mir ins Ohr. Mily und Derek wenden sich ab und tanzen zusammen. Ich lehne mich an Harley.

"Ich hab was für dich", raunt er dann und zieht etwas aus seiner Hosentasche. Mein Herz klopft als ich sehe was es ist.

„Eine Kette?"

„Nicht nur eine Kette. Unsere Kette." Er zieht noch eine heraus, zusammen ergeben sie ein Herz. Meine Augen funkeln. „Weil wir zusammen höher schlagen. Weil wir zusammen alles schaffen können. Und weil wir auf unser Herz hören sollten. Denn das tun wir." Er drückt mir einen Kuss auf die Stirn. Mir steigen Tränen in die Augen.

„Danke. Danke, Harley. Wirklich! Ich mein es ernst. Das -Das ist einfach fantastisch. Ich liebe sie", heule ich, grinse halb und drehe mich um, damit er mir die Kette umhängen kann. Ich tue bei ihm das gleiche mit seiner Kette und halte sie in meiner Hand.

„Die Ketten sind traumhaft." Dann wandert meine Hand über sein Herz. „Und unsere Herzen werden immer zusammenbleiben." Ich schlinge ihm meine Arme um den Hals. Er hebt mich stürmisch hoch und lacht.

„Darauf kannst du wetten, Devery Lain." Er verbirgt seine Nase in meiner Halsbeuge und ich umfasse sein Gesicht mit meinen Händen. Ich sehe ihn eindringlich an, versinke in seinen Augen und tauche wieder auf. Ich schwebe über Wolken. Mein Herz klopft schneller.

„Danke." Dann lehne ich meine Stirn an seine. „Für immer", flüstere ich und halte ihm meinen kleinen Finger hin. Harleys Augen funkeln.

„Als könnte ich dich je wieder verlassen", scherzt er. Ich sehe aber den leichten Glanz in seinen Augen. Familie. Lächelnd vor Rührung drücke ich ihm einen Kuss auf die Wange. Dann hakt er seinen Finger bei meinem ein „Für immer, Devery Lain. Du wirst mich nie mehr los." Ich drücke meine Stirn wieder an seine.

„Für immer, Harley Scott. Du wirst mich erst recht nicht mehr los." Wir wissen beide, dass das stimmt. Dann lege ich meine Hand um meine Kette und schmachte sie an. „Und jetzt lass uns tanzen!" Ich lege meine Hände um seine Hüften und schwinge meine eigene zum Beat der Musik.

„Nichts lieber als das." Schon wirbelte er mich herum.

*

Die Zeit vergeht wie im Flug. Ich versuche, nicht zu viel zu trinken, da ich noch meine Rede halten will. Also verbringe ich die meiste Zeit mit Harley auf der Tanzfläche. Gerade sitze ich mit den Jungs und meiner besten Freundin an einem der Tische und wir essen etwas von den mitgebrachten Speisen. Ich halte einen Döner in der Hand auf den ich schmunzelnd hinunterblicke. Mit einem Döner hat es angefangen und mit ihm wird es auch weitergehen. Daneben steht ein Cappuccino, den ich ebenfalls anlächele. Ein Döner und ein Cappu. Die beste Mischung.

„Ich wusste nicht, dass man essen verliebt ansehen kann", lacht Derek. „Jetzt weiß ich es", behauptet er als er mich anblickt. Ich strecke ihm die Zunge heraus. Mily erhebt ihre:

„Jetzt weißt du es." Sie hält sich ihren Bauch. "Auf Essen ist immer Verlass." Wir lachen alle. Dann sehe ich mich um. Es ist schon längst dunkel und all die Kerzen leuchten schummrig. Es ist wunderschön hier. Wir haben uns so viel Mühe gegeben und es ist einfach perfekt. All die Menschen, die sich hier amüsieren und mit uns feierten. Es ist gewaltig. Ich lass meinen Blick umherschweifen und erblicke Joanna.

"Joanna!", rufend springe ich auf und komme ihr entgegen. „Schön, dass du hier bist." Meine Augen funkeln.

„Es hat mich ja nicht fast zehn Stunden gekostet", sagt sie ironisch und umarmt mich fest. Ich grinse vor mich hin. „Toll habt ihr es euch hier gemacht. Ich bin begeistert."

„Danke, Joanna." Ich drücke ihr einen Kuss auf die Wange und ziehe sie mit an unseren Tisch. „Essen gefällig?"

„Immer doch", lächelt sie.

„Hörst du Derek, da versteht eine Frau, was es bedeutet Essen zu lieben", scherzt Mily und streckt der Frau meiner Mutter ihre Hand entgegen. „Ich bin Mily. Ich hab schon Großes über sie gehört", schmunzelt sie. Joanna nickt und sieht in die Runde.

„Und ich von euch." Mein Herz geht auf bei dem Anblick. Alle Menschen, die ich liebe, sind hier. Bei mir. Und auch, wenn ich meine Mom nicht sehen kann, weiß ich, dass auch sie da ist.

Immer.

*

Es ist so weit. Ich stehe auf der Bühne und mache Testgeräusche in das Mikro. „So Leute, ich bitte, bevor es 12 ist, noch schnell um eure Aufmerksamkeit. Denn ich muss euch allen danken. Ohne euch, wären meine kuriose und verrückte Idee und all das hier, nie möglich gewesen. Alleine hätte ich das alles hier nie geschafft, diesen Blog. Nur durch euch ist er lebendig geworden. Und dafür danke ich euch von Herzen." Ich atme durch, weil ich so aufgeregt bin. Atme nochmal durch. Mein Herz klopft mir bis zum Hals. Dann räuspere ich mich. Los, Dev!

„Also an jeden von euch! DANKE! Ihr habt mir eine Heimat gegeben, ja, eine Heimat. Ihr habt mir das geschenkt, was ihr hier vor euch seht. So unheimlich tolle Menschen. Ihr habt mir geholfen, einen meiner Träume zu verfolgen. Den Blog. Zusammenhalt." Ich schiele zu Harley hinunter und grinse ihn an.

„Und ich bin so unendlich glücklich. Ihr und auch ich, wir können so stolz auf uns sein! Muss ich euch daran erinnern, was wir schon alles geschafft haben, zusammen. Was wir schon bewirkt haben?" Ich zeige auf die Diashow, die hinter mir aufgebaut ist, auf all die Bilder, die dort nacheinander abgespult werden.

„Wir haben einem kleinen Mädchen geholfen mit den Delphinen zu schwimmen." Auf dem Bildschirm sieht man ihr lächelndes Gesicht. „Wir haben eine Reise durch Ägypten gemacht, einem Jerom geholfen seinen Heiratsantrag für seine Frau zu planen, er war großartig", lache ich und höre Gejohle. „Und noch so viel mehr. So viel haben wir schon geschafft." Das Bild von der Geburstagsparty von Esters Sohn blinkt auf. „Seht euch all das an." Ich habe nasse Augen.

„Gemeinsam!" Ich hebe meine Hand. „Können wir alles schaffen. Also lasst uns heute stolz auf uns sein. Denn ich bin es. Unfassbar!" Ich atme durch und gehe ein paar Schritte. "Ihr wisst es nicht, aber ich hab erfahren, dass meine Mom tot ist. Ja, Auflösung des Rätsels. Von Anfang an, hab ich euch dabei gehabt und euch auf dem Laufenden gehalten. Doch die Briefe und alles andere hab ich euch verschwiegen, weil das Leben nun mal alles ist, aber nicht einfach und das ist ok." Ich fahre mir über die Augen.

„Alles, was ihr wissen müsst ist, dass ich jetzt gefunden habe, wonach ich so lange gesucht habe. Meine Mom ist zwar nicht mehr hier unter uns, aber sie ist immer bei mir." Ich fasse mir an mein Herz. „Eine tolle Person hat mal gesagt, dass man auf sein Herz hören soll, denn es würde einem den Weg weisen. Und es stimmt." Ich schlucke, um nicht in Tränen auszubrechen.

„Ich durfte so viel lernen. Hab so viele tolle Menschen kennengelernt. Und ich kann jetzt abschließen. Mit allem was war." Ich gehe weitere Schritte. „Ich hab den Menschen gefunden, nach dem ich mein ganzes Leben Ausschau gehalten habe." Ich blicke zu Harley und zwinkere ihm zu. Lachen geht durch die Menge und ich stimme mit ein. „Und ich weiß, was auch passieren mag, ich bin immer sicher, alles wird gut. Denn mit ihm ist alle schaffbar. Ich hab ein wundervolle Familie. Meine beste Freundin. Mit ihnen werde ich alles schaffen."

Ich strecke meine Hand zum Himmel. „Also Mom, wenn du das hier und heute zufällig hörst, wo auch immer du bist. Alles ist gut! Ich weiß, du bist immer bei mir! Und ich werde dich nie vergessen und immer lieben." Dann wende ich mich wieder an die Menge. "Sie hat mich gelehrt zu fliegen. Auch, wenn sie nicht die beste Mom war, hat sie mich so viel gelehrt." Ich blinzle meine Tränen weg. „Und ich weiß durch sie, dass wir alle fliegen können. Wir können in die Lüfte hochfliegen. Ganz hoch." Ich blicke in den Sternenhimmel.

„Ganz hoch", flüstere ich dann. „Wir müssen uns nur trauen. Dann kann jeder fliegen. Also, wenn du fliegen willst, dann tu es! Und, wenn du es nicht alleine schaffst, dann werden wir immer da sein! Wir sind eine Gemeinschaft, eine Familie und wir halten zusammen." Ich blinzle weiter. „Ich glaube an euch. Fangt an zu fliegen." Ich hebe meine Hand.

„Das hier heute, ist ein Neustart. Für mich und auch für euch, wenn ihr wollt. Ich lasse alles hinter mir. Beginne von Neuem. Ich lasse alles hinter mir, das mich aufhält, auf meinem Weg und blicke nach vorne. Ich weiß: Ich kann es! Egal was passiert ist." Ich blinzle als ich plötzlich eine Gestalt in der Menge sehe. Ich blinzle nochmal. Das kann doch nicht sein. Mein Herz klopft. Meine Handflächen werden schwitzig. Ich schluckte.

"DAD?", schreie ich dann überrascht. Er sieht zu mir hoch. Mein Herz klopft schneller. Harley reicht ihm ein weiteres Mikrofon, damit er mit mir reden kann.

„Devery! Ich weiß, ich hab vieles falsch gemacht! Und es tut mir so leid!", fängt er an. "Ich bin heute hier, um dich um Vergebung zu bitten! Ich werde immer für dich da sein! Egal was war! Ich war und bin kein guter Vater, aber ich werde mein Bestes geben! Ich wurde gefeuert", erklärt er dann. "... und ich hab gemerkt, dass Arbeit nicht alles ist. Ohne sie kann ich leben, ohne dich, mein Schatz ..." Er hält inne. „... kann ich nicht leben."

Eine Träne kullert meine Wange hinunter. Dann erhebe ich mein Mikro. „Dad! Ich weiß, dass es dir leidtut. Ich hab selbst Sachen gesagt, die zu hart waren."

„Wie ich", ergänzt er traurig lächelnd. „Verzeihst du mir?" Ich nicke, nicke, nicke. Lächle ihn an.

„Ich verzeih dir." Dann drehe ich mich zur Menge. "Es ist Zeit, zu verzeihen, nach vorne zu blicken, loszulassen." Dann sehe ich wieder zu meinem Dad. „Versuchen wir es noch einmal von vorne. Ich weiß, wir können es." Ich sehe ihn leicht nicken und lächeln.

„Ich hab dich lieb Dad!" Ich weiß meine Entscheidung von damals, meinen Dad hinter mir zu lassen, fällt gerade in sich zusammen, aber ich bin dafür. Habe keine Angst.„

Und ich hab dich auch lieb, Devy!" Dann nimmt ihm Harley das Mikro wieder weg.

„Bald ist es 12. Wir sollten uns beeilen. Danach kann noch genug geheult werden." Ich wische mir meine Tränen weg und nicke ihm zu. Er hat recht.

„Also Leute, ihr seht. Es kommt immer anders, als man denkt", grinse ich und schnaufe lächelnd. „Aber anders kann auch gut sein. Mehr als gut. Ich hab meinen Frieden gefunden. Die Frau meiner toten Mutter getroffen, meinen Dad, den ich unheimlich liebe, Harley, Mily, Derek ... meine Familie. Sie ist großartig." Dann grinse ich. „Also: um zu einem Ende zu kommen. Seht mir jetzt genau in die Augen. Denn das dürft ihr nie mehr vergessen: Glaubt an euch! Denn ihr seid toll! Unheimlich toll! Einfach wunderbar! Wir haben all das zusammen geschafft! Und darauf stoßen wir heute alle an." Ich nicke Mily zu, die anfängt von zehn runter zu zählen.

„Also lasst uns heute anstoßen. Auf uns! Auf uns alle! Und lasst uns weitermachen! Immer weiter! Imme nach vorne! Jeder von euch ist es wert!" Dann stelle ich mich in die Mitte der Bühne.

„Lassen wir heute die Nacht erbeben!" Alle johlen, dann fangen sie an mitzuzählen. Drei, zwei ... ich atme ein letztes Mal durch, sehe Mily an, Harley, Derek der beim Feuerwerk steht, Joanna, meinen Dad. Ich weiß, alles wird gut werden. Nein wird es nicht, alles ist gut!

Ich lege eine Hand auf mein Herz und sehe zum Himmel empor. Eins ...

Das Feuerwerk geht los und explodiert am Himmel. Meine Augen erhellen sich. Meine Brust explodiert mit. Gefühle überschütten mich. Die schönsten Gefühle der Welt.

Ich fliege Mom. Und ich würde immer weiter fliegen.

ENDE 

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