Von Fehlerteufelchen mit Heiligenscheinen
Wir alle machen Fehler, so unendlich viele Fehler, und es werden niemals weniger. Vermutlich häufen sie sich sogar mit der Zeit, weil wir aus der Angst heraus, Fehler machen zu können, erst recht welche machen. Zumindest habe ich das Gefühl, dass es bei mir so ist oder zumindest eine Zeitlang so gewesen ist.
Du hast Angst, etwas Falsches zu sagen, also bleibst Du lieber still. Du hast Angst, etwas Falsches zu machen, also machst Du lieber gar nichts. Aber jetzt die eine Millionen Dollarfrage: Hat Dich das jemals in Deinem Leben weitergebracht?
Ich will damit nicht sagen, dass es nicht gut sei, in bestimmten Momenten zu schweigen und sich eher zurückzuhalten, denn manchmal benötigt es auch genau das. Was ich selbst ehrlich gesagt in letzter Zeit etwas vergessen habe, weil dieser Anspruch an mich selbst, immer ehrlich zu sein, sich doch teilweise mit Augenblicken, in denen Feingefühl und nicht Ehrlichkeit gefragt ist, überschneidet. Man muss dieses Mittelmaß finden, dieses Gespür dafür entwickeln, was der andere wann braucht, aber auch, was man selbst wann braucht.
Wenn Du das Gefühl hast, Du musst etwas sagen, dann sag' es. Bei mir regt sich in solchen Momenten immer etwas in mir, eine Art Sträuben gegen die Aussage des anderen, ich kann es nicht genau beschreiben. Aber kennst Du diese Momente, in denen jemand etwas sagt und sich es für Dich persönlich einfach falsch klingt? Es ist egal, was Du danach machst, weil dieser eine Fehler, dass es für Dich falsch ist, ist ja bereits da. Wenn Du nichts sagst, ärgerst Du Dich womöglich den ganzen Tag, nichts gesagt zu haben. Und wenn Du etwas sagst, verärgerst Du womöglich andere, aber wir sind doch mittlerweile alle erwachsen und können vernünftig miteinander diskutieren. Eine Bratpfanne dabei zu haben, kann trotzdem ganz nützlich sein, ich sag's ja nur.
Du kannst Fehler machen, indem Du etwas tust, oder eben auch, indem Du nichts tust. Je nach Situation musst Du für Dich selbst entscheiden, was Dir wichtiger ist. Und ja, Du darfst Dich auch für Dich und Dein eigenes Seelenheil entscheiden und dem anderen richtig die Meinung geigen. So viele Missverständnisse in unserem Leben entstehen daraus, dass wir zu wenig miteinander reden. Lieber sprechen wir über den anderen und liegen nachts mit allen möglichen Szenarien, die sich in unserem Kopf abspielen, wach, anstatt reinen Tisch zu machen.
Die traurige Wahrheit ist: Alles, was Du tust oder eben nicht tust, kann ein Fehler sein. Wenn Du Dich nur mit den Fehlern in Deinem Leben auseinandersetzt (und wehe, mir kommt jetzt einer damit, er selbst sei der Fehler, dann hole ich aber wirklich meine Bratpfanne heraus), kannst Du gar nichts mehr machen, weil jede noch so kleine Handlung irgendwelche möglichen Fehler auslösen könnte. Am besten also gar nicht an die Fehler und das, was schief gehen kann, denken, sondern einfach das machen, wozu Dein Bauch Dir rät und womit es Dir besser geht.
Manche Fehler macht man zwar immer wieder, aber eines Tages hat man dann nach dem tausendsten Mal vielleicht doch endlich gelernt, was man nicht tun sollte und lässt es auf sich beruhen. Meine häufigsten wiederholten Fehler sind wohl
a) das zu schnelle Vertrauen in Menschen, die nicht immer so vertrauenswürdig sind, wie sie zu sein scheinen,
b) dass ich Menschen, die mich bereits öfter enttäuscht haben, immer noch ein weiteres Mal verzeihe,
c) immer wieder zu denken, ich könnte schneller rennen als mein Bruder
und d) vor dem Taekwondo etwas zu essen und zu glauben, mir würde bei den Tritten schon nicht schlecht werden.
Ach ja, und natürlich der, dass ich mich nicht ein einziges Mal kurz halten kann oder mal nicht ellenlang ausschweife. Das ist wohl der Topkandidat Nummer eins auf meiner Liste.
Obwohl Fehler ja kein allzu schönes Thema sind, würde es mich durchaus interessieren, was Du denkst, am häufigsten falsch zu machen. Es dürfen aber auf keinen Fall mehr als fünf sein, die Du aufschreibst, damit uns die Fehlerflut nicht überschwemmt. Ich weiß nämlich nicht, ob Ihr alle schwimmen könnt und jeden einzelnen von Euch kann ich leider auch nicht retten. Also erst einen Schwimmkurs machen, die Bestätigung vorlegen und dann können wir darüber reden.
Wobei es doch viel schöner wäre, nicht über Fehler zu reden, oder?
Nur kriegen wir leider nicht immer das, was wir schön finden. Und Fehler sind das beste Lehrmaterial, das Dir das Leben zu bieten hat. Beim nächsten, übernächsten oder vielleicht hundertsten Mal fängst Du dann nämlich an, Dich selbst und Dein Verhalten zu hinterfragen – und lernst so womöglich letztendlich doch noch aus Deinen Fehlern.
Vielleicht tragen Fehlerteufel in Wahrheit einen kleinen Heiligenschein und wir erkennen ihn erst Jahre später.
Fehler prägen uns, bringen Gutes und Schlechtes in uns zum Vorschein und werden uns unser Leben lang begleiten. Fehlerlos zu sein würde bedeuten, perfekt zu sein. Und abgesehen davon, dass Perfektion überhaupt nicht existiert, wäre das Leben doch auch langweilig, wenn wir nicht hin und wieder Fehler machen würden. Was glaubst Du, wie viele der Menschen, die heute bei Dir sind, Du getroffen hättest, wenn Du niemals in Deinem Leben Fehler gemacht hättest? Was ein Satz, da sieht man ja vor lauter Konjunktiv und Kommata das Ende nicht mehr.
Bei mir wäre das dann vermutlich nur meine Familie, aber die Freunde, die ich heute habe, habe ich nur aufgrund der Tatsache, dass ich falschen Leuten vertraut, richtige fallengelassen und die richtigen anschließend wiedergefunden habe, indem ich vergangene Fehler gut oder neue mit diesen Leuten zusammen gemacht habe.
Ohne Fehler wäre unser Leben nicht unser Leben.
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