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Ungeduldig drücke ich zum zweiten Mal auf die Klingel. Wenn Walid nicht langsam auf macht überlege ich es mir gleich anders.
Die Anspannung wird immer größer und mein Herz hämmert heftig gegen meine Brust. Das Gespräch das mir bevorsteht ist kein leichtes, aber es ist bitter nötig.
Ich will gerade ein weiteres Mal genervt klingeln als die Tür schwungvoll nach innen auffliegt. Vor mir steht Walid, der sich gerade aufregen will, jedoch überrascht innehält als er mich erkennt.
Sein breiter Körper steckt völlig untypisch in einem schwarzen Jogginganzug von Adidas und er wirkt unrasiert. Es ist kaum zu übersehen dass auch ihm die Ereignisse der letzten Tage zugesetzt haben.
"Lilli, was machst du denn hier?", fragt er bemüht nüchtern.
"Ich will mit dir reden. Lässt du mich rein?", frage ich entschlossen.
Walid tritt wortlos zur Seite und lässt mich eintreten. Ich gehe vor ins Wohnzimmer und setze mich wie selbstverständlich auf das kurze Teil der Wohnlandschaft.
Walid lässt sich mit etwas Abstand neben mich in die dunklen Polster fallen und wirkt plötzlich ziemlich unsicher. "Es tut mir leid was letztes Mal passiert ist", sagt er reumütig, noch bevor ich das Gespräch beginnen kann.
"Das glaube ich dir", räume ich ein und versuche mich nicht allzu sehr davon aus dem Konzept bringen zu lassen.
"Hör zu, Walid, ich habe mir in den letzten Tagen echt den Kopf zerbrochen. Ich brauchte Abstand um über alles nachzudenken und ich bin zu dem Entschluss gekommen, dass ich unsere Verlobung lösen möchte. Nach allem, was passiert ist, kann und will ich nicht mehr an dieser Beziehung festhalten", erkläre ich. Das Herz schlägt mir bis zum Hals und ich bin fürchterlich angespannt.
Als Walid sich aufrichtet und eine hektische Handbewegung macht, spüre ich, dass ich zusammenzucke und instinktiv leicht nach hinten weiche. Ich habe Angst vor ihm und das bestätigt mich in meiner Entscheidung.
Ich will keinen Mann heiraten, vor dem ich Angst haben muss. Ich will einen Mann heiraten, der mir alle Angst nimmt. Und Walid und ich haben die Schwelle der Hemmungen längst überschritten, sodass es kein Zurück mehr gibt. Wenn der erste Schlag gefallen ist wird der zweite nicht lange auf sich warten lassen.
"Das kannst du nicht machen, Lilli", sagt Walid ruhig, doch sein markanter Kiefer zuckt bereits verräterisch.
"Du weißt doch selbst, dass das der einzig richtige Schritt ist nach allem was zwischen uns vorgefallen ist", gebe ich sachlich zurück.
"Ich habe einen Fehler gemacht, Lilli, aber du hast auch Fehler gemacht. Bitte Baby, mach das nicht. Wir kriegen das doch wieder hin."
Ich wende meine Augen von ihm ab aus Angst seinem flehenden Blick nicht standhalten zu können.
"Es tut mir wirklich leid. Wir sind doch nicht erst seit zwei Wochen zusammen, wir haben uns verlobt. Du hättest meinen Antrag doch nicht angenommen wenn du nicht auch an eine gemeinsame Zukunft mit mir geglaubt hättest. Du kannst das nicht alles so hinschmeißen", spricht er weiter. Seine Stimme ist flehend und er greift sanft nach meiner Hand. Ich zögere kurz, lasse es dann aber geschehen.
"Da stecken doch auch unsere Familien mit drin.. Komm schon, gib mir noch eine Chance. Ich beweise dir, dass ich es wert bin. Sowas wird nie mehr passieren. Ich werde mich nie mehr so im Ton vergreifen geschweigedenn meine Hand gegen dich erheben, das schwöre ich, sonst hast du jedes Recht mich sofort zu verlassen."
Zögerlich hebe ich meinen Kopf und sehe ihm tief in die Augen. In seinen honigbraunen Augen mischen sich tiefe Reue und schimmernde Tränen.
"Wir hatten so viele gute Momente, es war doch nicht alles schlecht. Wir waren so verliebt und glücklich miteinander."
Seine Worte triggern Erinnerungen an Walid und mich wie wir uns lachend küssen, wie nah wir uns waren, wie unsere Körper eins geworden sind. Er war mein erster und einziger fester Freund bisher, der erste und einzige mit dem ich jemals geschlafen habe und die Vorstellung, dass ein anderer mir so nahe kommen würde, fühlt sich falsch an. Nichtsdestotrotz hat er so wahnsinnig viel in mir kaputt gemacht: Respekt, Vertrauen und auch meine Liebe zu einem großen Teil.
"Ich habe Angst vor dir", gebe ich leise zu. Es fällt mir schwer diese Worte über die Lippen zu bringen.
Walid schluckt. Er scheint unfähig etwas zu erwidern. Vermutlich überfordert ihn die Situation genau so sehr wie mich.
"Ich gebe dir noch eine Chance, aber ich werde nicht so tun, als sei nichts passiert. Wenn du wirklich willst dass wir noch eine Chance haben musst du viel Geduld mitbringen. Du hast so viel in mir kaputt gemacht und ich muss das Vertrauen zu dir erstmal wieder aufbauen", erkläre ich ernst.
Walid schenkt mir ein erleichtertes Lächeln und nickt eifrig. "Du kriegst alle Zeit der Welt."
Es gibt noch eine weitere Sache die mich belastet, aber jetzt wo ich vor Walid sitze traue ich mich doch nicht sie anzusprechen. Ich bin mir nicht zu hundert Prozent sicher ob Maxim wirklich die Wahrheit gesagt hat und Walid mit Drogen dealt und wenn ich ihn jetzt darauf anspreche würde ich mich nur selbst verraten.
Wenn Walid erfahren würde, dass ich wieder bei Maxim geschlafen habe und wie nah wir uns gekommen sind, würde er ausrasten. Er darf nie von meinem Treffen mit Maxim erfahren, der zur Krönung auch noch in meinem Auto vor seinem Haus wartet.
Scheiße, das habe ich total vergessen.
"Wir können uns ja die Tage einfach mal treffen, ganz locker", schlage ich vor und erhebe mich hektisch vom Sofa.
"Wo willst du hin?", fragt Walid und beäugt mich misstrauisch. Ob er bemerkt, dass etwas im Argen liegt?
"Nachhause. Ich muss echt mal runterkommen, ich stehe seit Tagen unter Strom", lüge ich und fühle mich schrecklich dabei. Ich fühle mich wie eine miese Fremdgängerin, dabei bin ich nicht mal mehr mit Walid zusammen, aber bei ihm abzuhauen um zu Maxim zurück zu kehren fühlt sich falsch an und gleichzeitig fühle ich mich Maxim gegenüber schlecht, dass ich mich jetzt wieder halbherzig mit Walid versöhnt habe.
Ich weiß gerade weder wo mir der Kopf steht noch was ich will.
"Okay. Schreibst du mir?", fragt Walid hoffnungsvoll und sieht mich aus großen Augen an.
Ich nicke. "Mache ich."
Walid nimmt erneut meine Hand und sieht mir tief in die Augen. "Darf ich dir einen Abschiedskuss geben?", fragt er vorsichtig. Panisch weiche ich zurück. Mein Herz beginnt zu rasen und ich starre ihn aus großen Augen an. Ich merke, dass ich das nicht will. Ich bin noch nicht so weit.
"Ich.. Ähm. Nein. Okay? Nächstes Mal. Vielleicht", stottere ich unsicher.
Enttäuscht nickt er und lässt meine Finger aus seinen gleiten.
Ich schenke ihm ein letztes verhaltenes Lächeln. "Ich schreibe dir. Bis dann." Dann drehe ich mich um und stürme aus der Haustür.
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Meine Lieben,
Was sagt ihr zu dem Gespräch der beiden?
Hättet ihr gedacht, dass Lilli Walid noch eine Chance gibt?
Und haltet ihr das für eine gute Idee?
A.
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