l3.
"Was ist mit dir?", knurrt Abbas, da ist die Tür noch nicht mal vollständig geöffnet.
Erschöpft schmeiße ich die Tür hinter mir ins Schloss. "Was meinst du, Abbas?", seufze ich. Die lange Fahrt hat mich ausgelaugt und die Gespräche mit Walid und Maxim haben ihr übriges dazu beigetragen - dabei bin ich nichtmal ein Stück weiter gekommen.
"Wir haben uns jetzt gut zwei Wochen lang ignoriert aber langsam reicht es mir. Du bist gerade dabei dein ganzes Leben an die Wand zu fahren", fällt er mit der Tür ins Haus.
Meinetwegen können wir uns auch noch die nächsten zwei Wochen ignorieren, aber das sage ich jetzt lieber nicht. Den dritten Streit am heutigen Tag schaffe ich nicht.
"Abbas, bitte. Können wir morgen reden?", frage ich deshalb mit leidender Stimme.
"Walid hat mich angerufen. Er hat mir gesagt, dass du ihm noch eine Chance gibst", erzählt er nüchtern und sieht mir tief in die Augen.
Ich zucke mit den Schultern und hänge meinen Parka an die Garderobe. "Ist doch in deinem Sinne oder nicht? Das ist es doch was du willst."
Abbas legt seinen Kopf schief und seine schwarzen Augen funkeln belustigt. "Klar. Mich würde nur mal interessieren wo du die letzte Nacht warst. Bei Walid jedenfalls nicht."
Mein Herz setzt einen Schlag aus und ich spüre, dass mir die Röte ins Gesicht schießt. "Ich war bei einer Freundin", lüge ich.
"Bei welcher?", hakt er nach und fixiert mich mit einem kalten Blick.
"Bei Kitty", ist das erste was mir einfällt.
"Hm, bei Kitty", antwortet er nachdenklich.. "War die nicht gestern mit Leo im Kino? Ich meine einer von den beiden hat irgendwas darüber bei Instagram gepostet. Soll ich mal schnell nachsehen?"
Ich beiße mir nervös auf die Unterlippe.
"Wieso lügst du mir ins Gesicht?", fragt er zornig.
"Ich-..", stammele ich, doch Abbas fällt mir direkt ins Wort. "Hör zu, Lilli. Ich will es gar nicht wissen. Ich habe im Gegensatz zu dir keine Lust den Leuten die mir vertrauen ins Gesicht zu lügen. Ich hoffe nur für dich, dass du schlau genug warst, dich nicht erwischen zu lassen. Und jetzt solltest du schleunigst zusehen, dass du wieder die Kurve kriegst. Keine Ahnung was da gerade bei dir abgeht, aber du bist dabei alles zu ruinieren."
Ich fahre mir mit der linken Hand durch mein langes blondes Haar. Eigentlich würde ich wirklich gerne mit ihm reden und einen Rat von ihm einholen, er ist schließlich mein großer Bruder. Ich sehne mich geradezu danach, endlich jemandem mein Herz auszuschütten, aber Abbas würde mich nicht verstehen. Er kann mich nicht verstehen.
Ich glaube er kann nicht mal was dafür, dass er so eine festgefahrene Meinung über Beziehungen und Ehe hat. Alles was er kannte waren unsere Eltern, die sich bis zum Tod und darüber hinaus bedingungslos geliebt haben und so wie er sich so eine Beziehung für sich selbst wünscht, wünscht er sich das auch für mich.
Aber was, wenn Walid nicht der Richtige für mich ist?
Abbas kann doch nicht verlangen, dass ich einem Mann die ewige Treue halte, der mich so schlecht behandelt? Das kann doch nicht das sein, was er sich für seine einzige Schwester wünscht.
Ich kann und will einfach nicht glauben, dass Abbas weiß, dass Walid mit Drogen dealt und diesen Mann an meiner Seite akzeptiert.
"Okay", antworte ich deshalb einfach nur. Zu mehr bin ich gerade nicht in der Lage. Ich weiß weder was ich will noch wie ich mit Abbas über meine Probleme reden könnte ohne mich wieder in die Nesseln zu setzen.
Abbas wirft mir einen letzten eindringlichen Blick zu und läuft dann kommentarlos die Treppen nach oben.
Ich warte einen Moment und folge ihm dann mit einiger Entfernung ins Obergeschoss. Ich gehe duschen, ziehe mir einen frischen Pyjama über und lege mich ins Bett. Mittlerweile ist es kurz vor Mitternacht und ich schalte den Fernseher an.
Ob Maxim schon zuhause ist?
Als mein Handy vibriert greife ich aufgeregt danach. Doch entgegen meiner Erwartung ist es keine Nachricht von Maxim sondern eine von Walid. "Hast du morgen Zeit?", schreibt er.
Er will sich bestimmt mit mir treffen.
Es wäre nur fair von mir wenn ich zusage, schließlich habe ich ihm versprochen ihm noch eine Chance zu geben.
"Ja, wieso?", antworte ich.
"Sollen wir was unternehmen? Wir könnten in den Zoo fahren oder so", schlägt er vor. Er weiß dass ich das mag, doch in der Vergangenheit musste ich ihn immer dazu überreden.
"Klar, können wir machen", antworte ich halbherzig. Wir wünschen uns noch eine gute Nacht und ich lege mein Handy wieder beiseite. Ich versuche zu schlafen, aber es gelingt mir nicht.
Alle paar Minuten nehme ich mein Handy wieder in die Hand um abzuchecken ob Maxim mir mittlerweile geschrieben hat.
Gegen zwei Uhr nachts halte ich es nicht mehr aus. Maxim müsste längst zuhause sein. Kurzentschlossen schreibe ich ihm: "Bist du schon Zuhause? Habe die ganze Zeit auf deine Nachricht gewartet und konnte nicht schlafen."
"Bin gerade die Tür rein", antwortet er nur wenig später. "Okay zum Glück. Ich dachte schon dir sei was passiert", schreibe ich erleichtert. "Nein, alles gut. Geh schlafen."
Frustriert starre ich auf das schwach leuchtende Display. Ich habe auf eine andere Nachricht gehofft, eine liebevollere. Ich habe gedacht, über die lange Fahrt hinweg würde er sich beruhigen, aber es scheint so, als sei er immer noch sauer.
"Wann sehen wir uns wieder?", frage ich ihn, auch wenn es mich einiges an Überwindung kostet. Eigentlich ist Maxim nicht der Mensch, der mich abweist, egal was davor war, aber gerade habe ich wirklich Angst mir einen Korb abzuholen.
"Ich weiß nicht, Lilli. Vielleicht sollten wir uns erstmal nicht mehr sehen bis du alles geklärt hast. Ich habe wirklich keine Lust auf noch mehr Stress mit Walid und Abbas, weder für mich noch für dich."
Ich lese seine Nachricht wieder und wieder und muss hart schlucken. Tränen steigen mir in die Augen.
"Können wir uns nicht ganz unverfänglich treffen?", versuche ich es noch einmal. Er tut mir gut und ich will nicht auf ihn verzichten.
"So unverfänglich wie im Sneaker Store?"
Ich seufze leise auf. Ich weiß genau, was er mit der Frage sagen will. Ich kann zwischen den Zeilen lesen, dass keines unserer Treffen für die beiden jemals als unverfänglich und unproblematisch angesehen werden würde.
"Manchmal kann man eben nicht alles haben, Prinzessin 👸🏼", schickt er hinterher. Und auch hier steht mehr zwischen den Zeilen als man auf den ersten Blick vielleicht vermuten würde. Ich muss eine Entscheidung treffen. Walid oder Maxim. Und vor allem muss ich diese Entscheidung auch durchsetzen.
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Meine Lieben,
Was sagt ihr zu dem Gespräch zwischen Lilli und Abbas?
Und wie findet ihr es, dass Lilli mit Walid in den Zoo fährt?
Könnt ihr Maxim verstehen?
Und welche Entscheidung wird Lilli wohl treffen?
A.
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