8.
"Wie sieht's aus, willst du was essen?", fragt er wenig später, nachdem wir noch ein bisschen auf der Couch rumgesessen haben.
Ich habe heute noch nichts gegessen, hatte bis jetzt aber auch keinen Hunger. Der Vodka liegt mir noch schwer im Magen, aber etwas Nahrung könnte langsam wirklich nicht schaden, schließlich ist es schon später Nachmittag.
"Essen ist eine gute Idee", antworte ich und nicke ihm zu. "Okay, dann koche ich uns was", erklärt Maxim ganz selbstverständlich und steht auf.
"Du kochst?", frage ich überrascht. Damit habe ich nun wirklich nicht gerechnet. Ich sehe Maxim eher in teuren Restaurants dinieren oder an einem faulen Wochenende den Lieferdienst bemühen als mit Kochschürze um den Bauch und Holzlöffel in der Hand hinter dem Herd stehen.
"Es gibt so viel, was du noch nicht über mich weißt, Prinzessin", antwortet er grinsend und zwinkert mir zu. "Assistierst du mir?"
"Nichts lieber als das, Sternekoch", antworte ich mit einem übertriebenen Knicks.
"Ich hoffe du erwartest nicht zu viel", lenkt er grinsend ein und öffnet den Kühlschrank.
"Ich hatte mich auf Nudeln mit Pesto eingestellt."
"Also ganz so schlimm ist es dann doch nicht", sagt er und schenkt mir einen beleidigten Blick.
Ich trete neben ihn und werfe ebenfalls einen Blick in seinen grauen Side-by-Side-Kühlschrank. Dafür, dass ich gähnende Leere und Champagner erwartet habe, bin ich schon jetzt überrascht. Gemüse und Obst in ausreichender Vielfalt, Parmesan am Stück, Quark, etwas Aufschnitt, Eier und Fleisch finden sich auf den gläsernen Einlegeböden.
"Was sagst du zu Steak mit Kartoffeln?", schlägt er vor. "Ich sage: klingt sehr gut. Soll ich einen Salat dazu machen?" "Gute Idee", lobt er mich.
Wir setzen uns gemeinsam auf die hohen Barstühle an der grauen Kochinsel und schälen die Kartoffeln.
"Das Tattoo an deinem Hals, ist das neu?", beginne ich ein Gespräch.
"Welches?", hakt er mit einem spitzbübischen Grinsen nach. Er scheint mich testen zu wollen.
"Der Schriftzug", gebe ich zurück und deute auf die geschwungenen Buchstaben die wie eine Halskette am Übergang zu seiner Brust prangen.
"Prove them wrong", steht da.
"Ja, der ist neu. Wundert mich, dass dir das auffällt bei all den Tattoos. Entweder du hast ein gutes Auge oder du hast mich ausgiebig studiert", gibt er selbstgefällig zurück.
Ich übergehe seine Neckerei und frage stattdessen ehrlich interessiert: "Gefällt mir. Was bedeutet dir das?"
"Ich will es denen beweisen, die nie an mich geglaubt haben, vor allem meinem Vater. Es klingt klischeehaft, aber es ist die Wahrheit. Mein Vater ist ein erfolgreicher Investmentbanker und legt total viel Wert auf Ehrgeiz, Karriere und Geld. Ich war schon immer eher ein Freigeist und wollte meinen Weg gehen, deshalb sind unsere Vorstellungen für mein Leben oft miteinander kollidiert. Vielleicht ist das auch der Grund dafür, dass ich so voll tätowiert bin - weil er es hasst und ich mich von ihm abgrenzen wollte."
"Hat jedes deiner Tattoos eine Bedeutung?"
"Ja. Manche auch nur die, dass ich Geld hatte und mein Tätowierer Zeit", erklärt er zwinkernd.
Ich verdrehe die Augen, muss aber trotzdem über seine schlagfertige Antwort lachen.
Maxim füllt einen Topf mit Wasser und schmeißt dann die kleingeschnittenen Kartoffeln hinein. Ich beobachte ihn ein bisschen dabei bis ich frage: "Bist du komplett zutätowiert?"
Er schaltet den Herd an und lehnt sich dann lässig über die Kochinsel. "Am Oberkörper ja, bis auf kleinere Lücken. Meine Beine und Füße sind auch tätowiert, aber da ist noch Platz."
"Darf ich die mal sehen? Deine Tattoos, meine ich", frage ich neugierig.
Statt einer Antwort zieht Maxim sich mit einer fließenden Handbewegung seinen Hoodie über den Kopf.
Ich habe zwar mit vielen Tattoos gerechnet, aber der Anblick seines muskulösen tätowierten Körpers überrascht mich trotzdem. Ich muss zugeben, dass er wahnsinnig sexy aussieht.
Ich stehe auf und betrachte seinen Körper akribisch. Es sind keine einzelnen Tattoos klar abgrenzbar, die Bilder verschwimmen zu einem großen Ganzen. Engel, Rosen, eine Frau mit einer Maske, weitere Schriftzüge, Kreuze, kleinere Symbole, ein Tiger, Totenköpfe, Zahlen, Daten und Koordinaten zieren seinen durchtrainierten Körper.
Beeindruckt staune ich: "Wahnsinn, das sind ja alles kleine Kunstwerke."
Er nickt und ich spüre deutlich, dass ihm mein Interesse und vermutlich auch meine deutlichen Blicke schmeicheln. "Ich habe einen wirklich guten Tätowierer und vertraue auch keinem anderen."
"Ich wollte mir auch immer schon ein Tattoo stechen lassen aber konnte mich dann doch nie überwinden", erzähle ich.
"Was denn?", fragt Maxim interessiert und holt einen Salatkopf, ein paar Tomaten, eine Gurke, gelbe Paprika, eine Zwiebel und eine Avocado und legt das Gemüse vor mir auf die Arbeitsfläche.
"Einfach nur eine kleine Nelke. Das waren die Lieblingsblumen meiner Mutter", erzähle ich und mein Herz wird ganz schwer wenn ich darüber nachdenke, dass ich das nur aus Erzählungen weiß.
"Klingt schön. Was hindert dich daran? Abbas ist ja auch tätowiert."
"Ich weiß nicht, hat sich einfach nicht ergeben. Vielleicht mache ich das bald. Du kannst mir deinen Tätowierer ja mal vorstellen."
Während ich die Zutaten für den Salat schneide brät Maxim die Steaks. Wir unterhalten uns ein wenig über Sport, ich erzähle ihm vom Eiskunstlaufen und er mir vom Handball, was er schon seit seiner frühen Jugend leidenschaftlich spielt.
Maxim und ich decken den dunklen Massivholz-Esstisch gemeinsam bevor er das Essen anrichtet und an den Tisch bringt.
"Wow, das ist wirklich lecker Maxim", gebe ich nach den ersten Bissen beeindruckt zu. "Woher kannst du kochen?"
"Danke", antwortet er und lächelt stolz. "Ich bin damals schon früh ausgezogen und wollte halt nicht verhungern", lacht er. "Da hatte ich noch nicht das Geld jeden Tag was zu bestellen. Heute gehe ich zwar auch öfter mal ins Restaurant, aber ich finde einfach selbstgemacht schmeckt es am besten."
"Das stimmt, ist vor allem gesünder" pflichte ich ihm bei. "Wieso bist du früh ausgezogen? Du hast ja vorhin auch gesagt, dein Vater hat nicht an dich geglaubt und hatte andere Prioritäten, war das der Grund?", frage ich Maxim und schneide ein Stück des rosanen Fleisches ab, um es mir in den Mund zu schieben.
"Genau. Mein Vater wollte unbedingt, dass ich studiere, am besten Finanzwissenschaften. Ich hingegen habe mein Abi geschmissen, nach der 10. Klasse eine Ausbildung als Veranstaltungskaufmann begonnen und nach Abschluss dieser mein Sparbuch leer geräumt um mit Walid unseren ersten Laden zu eröffnen. Meinem Vater hat das gar nicht gefallen und wir haben ständig nur noch gestritten. Ich konnte ziemlich schnell von dem Geld leben, was der Club abgeworfen hat und bin dann in meine erste eigene Wohnung ausgezogen."
"Bei mir ist es eher andersrum. Mein Vater findet alles toll was ich mache, auch wenn ich nichts mache."
Ich stehe auf und stelle meinen leeren Teller in die Spüle. "Danke fürs Essen. Es war wirklich lecker."
Maxim tritt hinter mich und nimmt meinen Körper zwischen der Küchenzeile und dem seinen Körper gefangen. "Gerne", sagt er leise in mein Ohr und eine angenehme Gänsehaut überzieht meinen Körper.
Ich drehe mich in seiner Umarmung, sodass ich genau vor ihm stehe und ihm in die Augen sehe. Seine Arme stützen sich links und rechts von mir auf die Arbeitsplatte und er sieht mich zufrieden an. Dann lehnt er sich leicht nach vorne und drückt mir einen sanften Kuss auf die Schläfe.
"Ich mache mich jetzt langsam mal auf den Heimweg", verkünde ich.
"Nein, machst du nicht."
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Meine Lieben,
Hat euch das Kapitel gefallen?
Was haltet ihr von Maxim?
Und denkt ihr, Lilli wird nachhause fahren oder wird sie bei Maxim bleiben?
A.
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