4O.

Als ich am frühen Mittag nachhause komme, ist Maxim noch immer in seinem Büro zugange. Er hat mir heute morgen einen Haustürschlüssel gegeben, sodass ich nicht immer von ihm abhängig bin und mich frei bewegen kann.

Nach meinem Probetraining in der Eishalle von ich zu der Universität Stuttgart gefahren und habe mich mit einem Studienberater getroffen. Wir haben in einem langen Gespräch über meine Stärken und Schwächen, meine Interessen und Vorkenntnisse überlegt, welcher Studiengang etwas für mich sein könnte. Ich habe diverse Infomaterialien bekommen, um mir die Vorschläge nochmal durch den Kopf gehen zu lassen, auf Anhieb überzeugt hat mich allerdings nichts.

Ich möchte mir in der nächsten Woche aber auch noch ein oder zwei private Hochschulen und deren Angebot ansehen, in der Hoffnung, dass dort etwas angeboten wird, was mir zusagt.

Auf dem Rückweg von der Uni nachhause habe ich bei einem indischen Restaurant angehalten und für Maxim und mich was zum Mittagessen mitgenommen.

Ich stelle die braune Papiertüte mit den warmen und köstlich duftenden Pappschachteln auf den Esstisch und laufe hoch ins Büro.

"Hey Baby", begrüßt Maxim mich lächelnd und sieht von seinem Computer auf. Es ist das erste Mal, dass er mir einen solchen Kosenamen gibt und ich könnte mich glatt daran gewöhnen. Ich gehe zu seinem Schreibtisch und drücke ihm einen zärtlichen Kuss auf die Lippen.

"Zeit für eine Pause? Ich habe Essen mitgebracht."

"Du bist ein Schatz. Ich habe mega Hunger", gibt er zu und reibt sich zur Bestätigung über den Bauch.

Wir setzen uns gemeinsam an den Esstisch und verschlingen das von mir mitgebrachte Chicken Tikka Masala mit Reis und Naanbrot. Auch ich hatte riesigen Hunger, da ich seit heute morgen nichts mehr gegessen habe.

"Hast du noch einen Kellner organisieren können? Und war die Band mittlerweile beim Soundcheck?", erkundige ich mich nach dem aktuellen Stand der Dinge.

Maxim sieht überrascht von seinem Teller auf und es scheint ihm zu schmeicheln, dass ich mich für seine Arbeit interessiere.

"Ja zum Glück, Luca kann also lernen und es sieht so aus, als wären alle Probleme gelöst", antwortet er erleichtert und schiebt sich eine Gabel Reis in den Mund.

"Sehr gut, das freut mich für dich."

"Wie war dein Vormittag?", fragt er nun. Wir waren beide den ganzen Vormittag über so beschäftigt, dass wir uns nur ein paar kurze Nachrichten zwischen Tür und Angel geschickt haben. Jetzt mit Maxim am Esstisch zu sitzen und sich über unseren bisherigen Tag auszutauschen fühlt sich gut an, vertraut und irgendwie, als ob es genau so schon immer war und sein muss.

"Ich war ja in der Eishalle und es hat mir ziemlich gut dort gefallen. Ich habe ein Probetraining absolviert und darf von nun an dort trainieren. Katharina, die Jugendtrainerin, die ich dort kennen gelernt habe, schickt mir die freien Trainingszeiten und dann kann ich mir aussuchen, was mir am besten passt."

"Klingt super, das freut mich für dich. Dann muss ich unbedingt mal vorbei kommen und dir zuschauen", beschließt er lächelnd. Es gefällt mir, dass er sich so für mich interessiert und immer wieder aktiv einfordert, ein Teil meines Lebens zu sein und mein Leben kennenzulernen.

"Gegenvorschlag: wir gehen demnächst mal zusammen Eislaufen", schlage ich vor.

Maxim sieht mich so schockiert an, als hätte ich ihm gerade ans Herz gelegt, nackt in der Innenstadt spazieren zu gehen.

"Willst du, dass ich mir das Genick breche?", fragt er empört.

"Ach was, du hast doch eine gute Trainerin", versuche ich ihn zu beruhigen und trinke einen Schluck Wasser.

"Oh Lilli, ich weiß nicht. Ich mache mich doch voll zum Keks", jammert er.

Ich verdrehe die Augen. "Na und?"

"Lass mich da nochmal eine Nacht drüber schlafen, okay?"

Als wir aufgegessen haben, steht Maxim auf und beginnt, den Tisch abzuräumen. Ich greife nach seiner Hand und halte ihn davon ab. Fragend sieht er mich an. "Lass mal. Ich mache das schon. Du hast bestimmt noch genug zu tun."

Maxim stockt einen Moment, als wolle er prüfen, ob ich ihn veralbere und zieht mich dann an sich. Er sieht mir tief in die Augen und küsst mich zärtlich. "Danke", flüstert er an meine Lippen. "Ich bin wirklich froh, dass du bei mir bist."

"Weil ich deine Küche aufräume?", feixe ich.

"Weil du alles schöner machst, irgendwie bunter", gibt er ruhig zurück. Das helle Meeresblau seiner Augen nimmt mich gefangen, verschluckt mich. Maxims Hände streifen meine Taille und er drückt mir einen weiteren Kuss auf die Lippen.

"Ich bin auch froh hier zu sein", gebe ich zu.

Als wir es schaffen uns voneinander zu lösen geht Maxim wieder ins Büro und ich räume wie angeboten die Küche auf, entsorge die Pappverpackungen, spüle die Teller und wische den Tisch.

"Ich gehe eben duschen", ruft Maxim einige Zeit später von oben. Ich beschäftige mich derzeit mit meinem Macbook, welches ich aus München mitgebracht habe und inspiziere neugierig die Homepages diverser privater Hochschulen. Ich habe wirklich gar keine Ahnung, was ich mit meiner Zukunft anstellen soll. Irgendwie interessiert mich alles und nichts.

"Kannst du mir mal helfen?", kommt irgendwann von der Treppe und ich sehe herüber. Maxim läuft gerade die Stufen herunter in einem feinen dunkelgrauen Anzug mit einem weißen Hemd und dem passenden Einstecktuch. Um seinen Hals baumelt eine schwarze Krawatte und er sieht mich mit flehendem Blick an.

"Wow, du siehst wirklich..", beginne ich und beiße mir verlegen auf die Zunge. "Heiß aus?", fragt er grinsend.
"..endlich mal vernünftig aus", beende ich meinen Satz lachend, lege mein Macbook beiseite und laufe auf ihn zu.

"Hör auf zu lügen, Prinzessin, gestern hat sich das schließlich noch ganz anders angehört", erwidert er selbstsicher und bei dem Gedanken an den gestrigen Abend wird mir sofort heiß und kalt.

"Kannst du wirklich keine Krawatte binden?", lenke ich schnell vom Thema ab und sehe ihn tadelnd an. "Nein, aber du hoffentlich."

"Ich habe zwei Brüder. Natürlich kann ich das." Mit wenigen geschickten Handgriffen knote ich die Krawatte ordentlich um seinen Hals und betrachte ihn wohlwollend.

"Du siehst wirklich gut aus", gebe ich zu. "Danke Baby", antwortet er und drückt mir einen Kuss auf. "Ich muss gleich schon zum Club, du kommst dann später nach, ja? Ich habe Timon und Amy auch eingeladen, damit du nicht so alleine bist."

"Cool, das freut mich. Ja, ich komme nach. Ich muss mich eh noch fertig machen, nicht dass ich nicht reinkomme", scherze ich.

"Na dann bin ich mal gespannt. So schick habe ich dich noch nie gesehen."

"Ne, meistens nur in deinen Jogginghosen", gebe ich trocken zurück und entlocke Maxim damit ein Lachen.

"Und selbst darin sahst du heiß aus", stellt er klar und drückt mir einen Kuss auf die Stirn. "Wenn was ist, meldest du dich, okay?"

Wir verabschieden uns voneinander und Maxim lässt mich alleine in dem großen Haus zurück.

Ich gehe nach oben, mache mir Musik an und nehme eine ausgiebige Dusche. Danach föhne ich mir die Haare und creme mich ein.

Ich habe mir heute in der Stadt extra noch ein neues Cocktailkleid gekauft, Maxim allerdings noch nichts davon erzählt. Ich möchte ihn überraschen.

Es ist ein schwarzes, enganliegendes Spitzenkleid. Es geht gerade bis über den Po, die Ärmel und das Dekolleté sind transparent und der Rücken ist komplett ausgeschnitten. Ich mache mir Locken, schminke meine Augen dunkel und betupfe meine Lippen mit etwas farblosem Gloss.

Zufrieden betrachte ich mich im Spiegel. Ich sehe wirklich gut aus, auf eine subtile Art sexy und irgendwie außergewöhnlich erwachsen. Maxim wird mich vermutlich auf den ersten Blick gar nicht erkennen, denke ich schmunzelnd.

Ich vetrödele noch ein bisschen Zeit, esse einen Joghurt und räume das Chaos im Bad auf, bevor ich meine schwarzen Highheels aus dem Koffer hole und meine wichtigsten Sachen in eine schwarze Yves Saint Laurent Clutch packe.

Ich schlüpfe im Flur zum Autofahren in meine weißen Nike Airforce und nehme meinen Schlüsselbund von der breiten Kommode im Eingangsbereich und schließe die Tür hinter mir ab.

Als ich in meinem Porsche sitze, starte ich zuerst meine Playlist, bevor ich im Navi noch einmal die Adresse vom 92 raussuche, die ich gestern erst eingegeben habe.

Dann rolle ich langsam die gepflasterte Einfahrt herunter und drücke mit der kleinen Fernbedienung das elektrische Tor auf.

Genervt werfe ich noch einen Blick auf das breite LCD-Display in der Mitte des Armaturenbrettes. Noch immer steht dort: "Die Route wird berechnet." Irgendwie spinnt das Navid heute.

"Ya rayyal", fluche ich leise und richte meinen Blick wieder durch die Windschutzscheibe. Ich will gerade den Wagen beschleunigen um auf die Straße zu biegen, als plötzlich eine dunkle Gestalt in schwarzer Kleidung mit schnellen Schritten vor meinem Auto auf die Straße tritt.

Erschrocken trete ich auf die Bremse und mein Wagen kommt mit quietschenden Reifen in der letzten Sekunde zum Stehen. Kann der Idiot nicht aufpassen? Ich hätte ihn beinahe platt gefahren, das war wirklich knapp.

Doch auch er scheint in Schockstarre zu sein, denn er steht direkt vor meinem Wagen und bewegt sich keinen Meter. Er trägt eine dunkle Cap und darüber die Kapuze seines Hoodies, sodass sein Gesicht verborgen wird.

Ungeduldig drücke ich auf die Hupe und überlege fieberhaft ob ich einfach an ihm vorbei fahren kann, doch das bereits wieder hinter mir geschlossene Tor lässt mir nicht viel Spielraum.

In dem Moment hebt der Mann vor meinem Auto den Kopf und grinst mich an. Ich erkenne ihn im Bruchteil einer Sekunde und mir gefriert das Blut in den Adern.

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Meine Lieben,

Sind Maxim und Lilli nicht süß miteinander?

Und was denkt ihr, wer sich da Lilli vors Auto geschmissen hat?

A.

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