48.
Auch wenn Maxim und ich uns miteinander vertragen und am Abend noch eine Runde heißen Versöhnungssex eingelegt haben, ist die Stimmung am nächsten Tag zwischen uns noch immer ein wenig angespannt.
Der Elefant im Raum sind sowohl das leidige Wohnungsthema als auch die klare Ansage von Maxim, dass wir langsam mal den nächsten Schritt gehen sollten.
Maxim hat Vormittags einen Termin mit seinem Wagen in der Werkstatt und während ich mich ein wenig durch Instagram scrolle klingelt plötzlich mein Handy.
"Salam", begrüße ich meinen Bruder grinsend. "Salam. Wie geht's dir?", erkundigt er sich aufmerksam.
"Ehrlich gesagt nicht so gut", platzt es aus mir heraus.
"Wieso?", fragt Abbas alarmiert.
"Ach Abbas", stöhne ich und gieße mir Wasser in mein Glas auf dem Couchtisch ein, um einen Schluck zu trinken.
"Maxim und ich haben uns gestern zum ersten Mal gestritten. Er hat erst einen Anruf und dann eine Nachricht von einem Mädchen bekommen als er duschen war. Ich habe das gesehen und in seinem Handy rumgeschnüffelt. Am Ende hat sich herausgestellt, dass das Mädchen nur eine Mitarbeiterin von ihm ist. Ich wusste gleich, dass das völlig übergriffig von mir war in seine Privatsphäre einzudringen, ich konnte es aber auch nicht lassen. Maxim hat mich natürlich erwischt und war zurecht enttäuscht von meinem Verhalten. On top hat der Vorfall dann noch eine Grundsatzdiskussion ausgelöst. Maxim hat mir vorgeworfen ihn hinzuhalten, weil ich mich immer dagegen wehre unser Verhältnis als Beziehung zu definieren und natürlich ging es auch wieder um meine Wohnsituation."
"Oh rayyal. Was ist denn mit deiner Wohnsituation? Du wohnst doch jetzt bei ihm. Was ist das Problem?", hakt Abbas verständnislos nach.
"Ja, ich wohne jetzt bei ihm, aber ich will mir eine eigene Wohnung suchen. Maxim ist damit aber nicht einverstanden und hält das für überflüssig", fasse ich kurz und knapp zusammen.
"Ist es auch", tönt es aus dem Hörer.
"Hm?", frage ich ungläubig. Ich muss mich verhört haben.
"Es ist überflüssig. Du hast es gut bei ihm, er hat mehr als genug Platz und ihr hockt eh ständig aufeinander. Du würdest nur umsonst Miete zahlen", argumentiert Abbas. Ich kann nicht fassen, dass mein Bruder jetzt in die gleiche Kerbe haut.
"Und bezüglich eurer Beziehung - was genau ist da sein Problem?", fragt er weiter.
"Er sagt, dass er mir zwar keinen Druck machen will, aber er findet es auch nicht gut, dass ich ihn hinhalte. Seiner Meinung nach sind wir längst zusammen, egal wie oft ich das noch abstreite. Und außerdem soll ich mir überhaupt mal Gedanken darüber machen, woran das liegt, dass ich mich so dagegen wehre."
"Und?"
"Was und?"
"Hast du dir Gedanken darüber gemacht?", fragt mein Bruder nüchtern.
Leise seufze ich. "Keine Ahnung, Abbas. Ich bin einfach überfordert mit der ganzen Situation. Ich habe mich vor kurzem erst von Walid getrennt; wir waren sogar verlobt, wollten heiraten. Papa war damit einverstanden, du warst damit einverstanden. Ich kann doch jetzt nicht einfach direkt die nächste Beziehung eingehen. Ihr würdet das nie akzeptieren - zurecht. Jeder würde denken, dass ich eine Schlampe bin."
Nun ist es Abbas, der seufzt. "Wir waren mit Walid und eurer Verlobung einverstanden weil wir dachten, dass er gut zu dir sein würde. Wenn wir gewusst hätten, wie sich das alles entwickelt und wie er dich behandeln wird, hätten wir niemals zugestimmt, als er um deine Hand angehalten hat. Aber jetzt scheiß doch endlich auf Walid, scheiß auf die Vergangenheit, scheiß auf eure Beziehung. Vergiss das alles und schließe damit ab."
Abbas Worte machen mich sprachlos, doch er ist noch nicht fertig.
"Lilli, fernab von Angst und falschem Stolz und dem, was Andere von dir denken könnten - was willst du? Was will dein Herz? Wenn du deine Augen schließt und dir vorstellst, wie du glücklich bist - was siehst du?"
Ich mache die Augen zu und das erste was mir in den Sinn kommt ist tatsächlich Maxim. Wie wir durch die Stadt spazieren, wie wir gemeinsam am Esstisch sitzen und essen. Wie wir reden, lachen, lieben, knutschen und auch, wie wir hemmunglosen Sex haben.
"Ich will bei ihm sein", gebe ich leise zu. "Maxim ist so gut zu mir, das war er immer schon und er macht mich glücklich. Ich fühle mich gut bei ihm und er hat mir auch noch nie ein wirklich schlechtes Gefühl gegeben. Selbst wenn wir uns streiten wird er nie respektlos, laut oder aufbrausend. Er behandelt mich immer wie eine Prinzessin. Als ich Walid kennengelernt habe, hatte ich ja noch gar keinen Vergleich aber jetzt bei Maxim kann ich immer die Referenz zu Walid ziehen und dazwischen liegen einfach Welten. Ich weiß, dass du ihm lange nicht wohl gesonnen warst, aber er hat nie was getan, was ich nicht wollte, er war nie übergriffig oder aufdringlich, nie frech oder sonst irgendwie schlecht zu mir. Im Grunde ist er genau der Mann, den du dir immer für mich gewünscht hast. Ich will bei ihm bleiben und mit ihm leben, hoffentlich noch ganz lange. Ich will meinen Weg gehen, studieren und ich weiß dass Maxim mich in allem unterstützen würde. Er engt mich nicht ein oder bestimmt über mich und trotzdem schützt er mich. Er hat all das, was mir an Walid gefehlt hat."
Ich rede mich richtig in Rage und als ich meinen kurzen Monolog beende, herrscht für einen Moment Stille.
"Reicht dir das nicht als Antwort?", durchbricht Abbas irgendwann das Schweigen. "Alles was ich höre ist Liebe in jedem einzelnen deiner Worte. Ich verstehe, dass du Angst hast wieder auf die Schnauze zu fallen, ich habe diese Angst ja auch, deshalb war ich ja auch am Anfang dagagen, dass du dich in die Sache mit Maxim so reinstürzt. Ich verstehe, dass es dir schwer fällt, Liebe zuzulassen, nachdem du beim letzten Mal so enttäuscht wurdest. Ich verstehe auch, dass du Angst hast wie Papa und ich reagieren, wallah, ich verstehe das alles, aber ich muss Maxim in einem ganz entscheidenden Punkt Recht geben: bei allem was jetzt schon zwischen euch ist, ändert sich an all deinen Sorgen und Bedenken nichts, wenn du es offiziell machst. Wenn er dich jetzt belügt, verletzt er dich. Wenn er dich jetzt betrügt, verletzt er dich. Wenn er dich jetzt verlässt, verletzt er dich. Und es wird dich nicht weniger verletzen, nur weil ihr nicht offiziell zusammen seid, weil das an deinen Gefühlen nichts ändert, verstehst du was ich meine?"
"Ja, verstehe ich", antworte ich nachdenklich. Abbas hat den Nagel auf den Kopf getroffen. "Du hast Recht. Das war einfach alles so viel in letzter Zeit.. Aber ich will Maxim wirklich nicht verlieren und ich verstehe ihn ja auch. Ich muss mir wirklich was überlegen."
"Wie meinst du das?", hakt Abbas nach.
"Ich will ihn irgendwie überraschen und ihn fragen, ob er mit mir zusammen sein will", erkläre ich ihm meinen jüngsten Gedankengang.
"Klingt gut. Hast du schon eine Idee?"
"Nein, der Gedanke kam mir gerade erst. Ich muss da erst noch ein bisschen drüber nachdenken, so schnell bin ich nicht", lache ich in den Hörer.
"Na gut, dann mach das mal. Wenn du bei irgendwas Hilfe brauchst, sag mir einfach Bescheid", bietet er noch an und verabschiedet sich dann von mir.
Die nächsten zwei Stunden verbringe ich vor meinem iPad und durchforste sämtliche Internetseiten. Ich habe tausende Ideen, von einem Wellness-Wochenende über einen Kurztrip nach Berlin oder Paris und bin schon kurz vorm Verzweifeln als mir plötzlich die zündende Idee kommt.
Maxim und ich haben von einiger Zeit mal über etwas gesprochen was er furchtbar gerne mit mir machen würde. Damals habe ich den Gedanken gleich verworfen, da es für mich zu dem Zeitpunkt mit zu viel Schmerz verbunden war, doch jetzt scheint es genau die Überraschung zu sein, mit der ich Maxim die Ernsthaftigkeit meiner Absichten beweisen kann.
Als Maxim am Nachmittag von der Werkstatt nachhause kommt, bin ich schon Feuer und Flamme für meine Idee.
"Hey Prinzessin", begrüßt er mich und schließt mich in seine Arme. Ich drücke ihm einen weichen Kuss auf den Mund und ziehe ihn sehnsüchtig an mich.
"Ich muss mit dir reden", eröffne ich ihm aufgeregt und mit strahlenden Augen. Jetzt, wo sich die Idee in meinem Kopf festgesetzt hat, will ich sie unbedingt umsetzen. Ich will keinen Tag mehr länger warten, nicht noch mehr Zeit verlieren.
Abbas' Worte haben mir die Augen geöffnet. Ich will nicht mehr ohne Maxim sein. Ich will ihm beweisen, dass ich ihn will, nur ihn, mit allen Konsequenzen. Ich will ihm endlich mal was zurück geben.
"Worum geht's?", fragt er interessiert und setzt sich neben mich auf die Couch.
Ich setze mich auf seinen Schoß und sehe ihm tief in die Augen. Ich lege meinen herzerweichendsten Hundeblick auf und frage ihn: "Kannst du dir fünf Tage frei nehmen? Wir müssen was erledigen."
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Meine Lieben,
Abbas war in diesem Kapitel ja wirklich mal hilfreich, oder nicht?
Was denkt ihr: welche Überraschung hat Lilli für Maxim geplant?
Und wird er sich fünf Tage dafür frei nehmen können?
A.
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