35.

Wenn diese Schönheit, die gerade nahezu anmutig in ihren mörderisch hohen Highheels die Treppenstufen herunter schreitet, die von Luca erwähnte Tamara und gleichzeitig die Frau vom Telefon ist, dann Ciao Kakao.

Ihr kurviger Körper steckt in einer extrem zerrissenen, hellblauen Highwaistjeans, die nur entfernt an eine Hose erinnert. Dazu trägt sie ein enganliegendes schwarzes Ledertop mit Häkchenverschluss. Ihr üppiges Dekolleté sowie ihr runder Hintern sind perfekt in Szene gesetzt und ihr dunkles glattes Haar liegt offen über ihren Schultern.

Ihr Gesicht ist makellos wie aus einer Makeup-Werbung. Sie hat große blaue Augen, dichte, dunkle Wimpern und Augenbrauen und einen vollen Kussmund.

Allein ihre aufreizende Optik und ihr selbstbewusstes Auftreten schüchtern mich schon aus der Ferne so ein, dass ich mich neben ihr wie ein kleines unscheinbares Schulmädchen fühle.

Sie sagt irgendwas, was ich aufgrund der Entfernung und der gedämpften Musik nicht verstehe, Maxim jedoch dazu veranlasst lachend zu ihr herumzufahren, zustimmend zu nicken und sie kurz am Oberarm zu berühren.

Der Anblick verunsichert mich noch mehr und tut mir ihm Herzen weh.

Wer ist sie und welche Beziehung haben die beiden zueinander?

Es beunruhigt mich, dass diese Sexbombe ihm offensichtlich so nah steht. Auf den ersten Blick ist sie einfach niemand, den ich ständig in seiner Nähe wissen will.

Sie wirkt wie eine Frau, die sich nimmt was sie will ohne Rücksicht auf Verluste und die reihenweise den Männern den Kopf verdreht. Natürlich sind das nur Vorurteile und im Grunde ist es auch unfair ihr direkt solche negativen Eigenschaften anzudichten, aber in diesem Moment arbeitet mein angsterfülltes Herz gegen meinen klaren Verstand.

Was mich daran am meisten trifft ist die Erkenntnis, dass ich nicht mal das Recht habe mich über sie aufzuregen, egal wie sie zueinander stehen, schließlich bin ich nicht Maxims Freundin.

Würde Maxim von meinen Gedanken erfahren, würde er mich wohlmöglich für eine hysterische Drama-Queen halten und sich gleich von mir distanzieren.

Die drei sind mittlerweile wieder im Erdgeschoss angekommen und der ältere Mann verabschiedet sich mit einem freundlichen Handschlag von Maxim und der heißen Unbekannten.

Die beiden schauen ihm noch einen Moment nach, wie er den Club durch die schwere Eingangstür verlässt und Maxim sagt irgendwas zu der jungen Frau, die daraufhin glockenhell lacht.

Er rauft sich mit seiner tätowierten Hand durch sein blondes Haar und lässt seine schönen blauen Augen durch den Club wandern bis sein Blick den meinen trifft.

Ich habe das unangenehme Gefühl inflagranti beim Starren erwischt worden zu sein, und fühle mich augenblicklich als hätte ich was verbotenes getan.

Maxims Gesicht erhellt sich als er mich erkennt und er schenkt mir ein warmes Lächeln, das mich ein wenig besänftigt. Dann wendet er sich seiner Begleiterin zu und sagt etwas, bevor er mit ihr im Schlepptau auf mich und Luca zu kommt.

Muss das jetzt sein? Muss er sie mitnehmen? Wie soll ich mit ihr reden und nett zu ihr sein, wenn ich so negative Gefühle ihr gegenüber habe?

Ich kann es nicht mal rational erklären, es ist einfach eine spontane und völlig oberflächliche Aversion.

"Hey", ertönt seine raue Stimme sanft und er lehnt sich zu mir runter um mir einen Kuss auf die Schläfe zu drücken. Er macht das immer so, er ergreift selten die Initiative und küsst mich einfach auf den Mund, aber in diesem Moment hinterlässt das trotzdem einen faden Beigeschmack bei mir.

Steht er nicht zu mir? Liegt es an ihr?

"Sorry, dass es so lange gedauert hat. Hat Luca sich gut um dich gekümmert?", fragt er und wirft seinem Mitarbeiter einen strengen Blick zu.

Der brünette Sonnenschein reckt abwehrend beide Hände in die Höhe. "Ich habe mein Bestes gegeben, Chef."

"Es hat mir an nichts gefehlt", ist das Erste, was ich mit einem zurückhaltenden Lächeln zu Maxim sage.

"Gut. Lilli, ich will dir jemanden vorstellen: das ist Mara." Er zeigt auf die Dunkelhaarige, die wie auf Kommando ein oberflächliches Lächeln aufsetzt. "Mara, das ist Lilli." 

Mara. Luca nannte sie Tamara, Maxim nennt sie Mara und sie ist vermutlich dann auch diejenige, die ihn am Telefon Max nannte.

Das ungute Gefühl in meinem Magen verstärkt sich und droht nun vollends von mir Besitz zu ergreifen.

Mara reicht mir höflich eine ihrer schlanken Hände mit perfekt manikürten, langen Gelnägeln und ich schüttele sie verhalten.

Sie schüchtert mich mit ihrer bloßen Anwesenheit so sehr ein, dass ich mich selbst dafür hasse. Ich bin nicht in der Lage, irgendeinen coolen, schlafgertigen Eisbrecher rauszuhauen.

"Mara ist meine Assistentin und hat im Maximum ein bisschen die Aufsicht als eine Art Teamleiterin", erklärt Maxim.

Er wirft ihr einen kurzen Blick zu, woraufhin sie selbstgefällig grinst. Eine derart hohe Stellung bei ihm zu haben gefällt ihr und das lässt sie mich spüren.

Innerlich koche ich mittlerweile, doch ich bemühe mich, mir das nicht anmerken zu lassen und nicke wieder nur stumm.

Erst jetzt fällt mir auf, dass er mir zwar Mara vorgestellt hat, mich jedoch nicht ihr. Er hat offen gelassen, in welcher Beziehung wir zueinander stehen und sein Verhalten mir gegenüber lässt auch keine eindeutigen Rückschlüsse darauf ziehen.

Ich habe Abbas ja heute selbst gesagt, dass wir nicht zusammen sind und ich kann nicht mal sagen, was ich von Maxim erwartet hätte, aber irgendwie stört mich diese gesamte Situation und ich schicke ein Stoßgebet zum Himmel, dass wir gleich einfach hier abhauen können.

"Ich muss jetzt noch kurz ein paar Sachen mit Kilian, meinem Barchef, absprechen und dann fahren wir, okay?", richtet er wieder sein Wort an mich und sieht mich so lieb an, dass ich ein schlechtes Gewissen bekomme.

"Okay", antworte ich so freundlich wie möglich und wende mich an Luca. "Danke für den leckeren Drink und deine Gesellschaft."

Luca schenkt mir wieder sein hinreißendes Lächeln. "Sehr gerne. Hat mich gefreut dich kennen zu lernen. Wir sehen uns bestimmt bald wieder", sagt er und zwinkert mir zu.

Maxim verschwindet mit Mara zur Bar und Luca folgt den beiden.

Ich ertappe mich selbst dabei, wie skeptisch ich Maxim und Tamara hinterherschaue und jede ihrer Bewegungen genaustens beobachte, als wollte ich nicht verpassen, falls die zwei sich doch näher kommen.

Tonlos stöhne ich auf und zwinge mich selbst meinen Blick von den beiden abzuwenden. Um mich abzulenken nehme ich wieder mein Handy zur Hand.

"Treffen wir uns bald mal? Younes will dich auch sehen. Wir können auch nach Stuttgart kommen und dort was unternehmen", hat Abbas geschrieben.

"Sehr gerne ♡", antworte ich.

Es ist das erste Mal, dass ich mich frage, ob es ein Fehler war, wieder hierhin zu kommen. Habe ich doch wieder alles überstürzt?

In diesem Moment wäre ich jedenfalls lieber mit Abbas und Younes auf der Couch als in dieser unangenehmen Situation mit Maxim und seiner Mara.

Was zur Hölle ist nur los mit mir?

Ich weiß selbst, dass ich mich unnötig in die Situation hereinsteigere, aber ich kann gerade einfach nicht anders.

Genervt schließe ich WhatsApp und öffne stattdessen Instagram. Es ist das erste Mal, seit ich aus München abgehauen bin und das erste was ich sehe ist ein Foto von Walid und mir, Arm in Arm, überglücklich, mit einem überdimensionalen Verlobungsring an meinem Finger. Es ist das letzte Bild, welches ich hochgeladen habe, um meine Verlobung bekannt zu geben.

Obwohl das Bild erst vor wenigen Wochen entstanden ist, fühlt es sich an als lägen Jahre zwischen diesem Augenblick und dem hier und jetzt.

Kurzentschlossen lösche ich das Bild.

Ich klicke weiter und lösche jedes einzelne Bild auf dem Walid zu sehen ist.

Nichts soll mich mehr mit ihm verbinden, nicht mal mehr ein Foto.

Auf eine der Verlinkungen klicke ich schließlich drauf. Es juckt mir dann doch zu sehr in den Fingern. Er hat erst gestern ein Foto gepostet von sich, breit grinsend in einem weißen Hemd.

Dass er überhaupt noch so lachen kann macht mich rasend vor Wut und die Caption, die er für dieses Bild gewählt hat, setzt dem ganzen die Krone auf.

"Du hast mich eingefroren, du hast mich aufgetaut. Du hast mich eingetauscht, ich hab' dir auch vertraut."

Einige Sekunden sitze ich nur fassungslos vor meinem Handy und lese die zwei Sätze wieder und wieder. Dann mache ich einen Screenshot und schicke ihn Abbas.

"Das kann er doch unmöglich ernst meinen? Wie kann er es wagen mir die Schuld zuzuschieben?"

"Lilli?", ertönt Maxims Stimme neben mir. Ich zucke erschrocken zusammen und sperre blitzschnell mein Handy. Erst jetzt merke ich, dass mir vor Wut Tränen in die Augen gestiegen sind. Ich räuspere mich kurz und blinzele die Tränen tapfer weg, bevor ich mich zu Maxim umdrehe.

"Alles okay?", fragt er irritiert und mustert mich kurz.

"Ja", krächze ich mit belegter Stimme. "Lass uns einfach abhauen", sage ich, ohne ihm in die Augen zu schauen und stehe vom Tisch auf.

Wir verlassen gemeinsam den Club. "Oh, stehst du wieder auf deinem Sonderparkplatz?", fragt Maxim grinsend mit Blick auf meinen weißen Porsche, der genau vor der Tür steht, aber mir ist gerade nicht zum Lachen.

"Fahr du vor, ich kenne den Weg nicht", wechsele ich nüchtern das Thema.

Skeptisch sieht Maxim mich an und zieht eine Augenbraue hoch. "Was ist los mit dir? Du bist schon die ganze Zeit so komisch", hakt er nach.

"Lass uns einfach zu dir fahren, okay?", erwidere ich kurz angebunden. Ich will mich nicht erklären. Ich will alleine in mein Auto steigen und die Fahrt dazu nutzen, mich zu sortieren. Ich muss all die schlechten Gefühle in mir verdrängen und wieder klar kommen.

Maxim hebt mit zwei Fingern sanft mein Kinn an und zwingt mich so, ihm in die Augen zu sehen.

"Was ist los mit dir, Lilli? Rede doch mit mir", bittet er mich und sieht mir so tief in die Augen, dass mich ein sanfter Schauer durchfährt.

Ich blinzele ihn durch die Dunkelheit hinweg an. "Bitte", sage ich leise und ringe nach meiner Fassung. "Lass uns einfach abhauen."

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Meine Lieben,

Könnt ihr Lillis negative Gefühle Mara gegenüber nachvollziehen? Und meint ihr, sie wird noch eine Rolle spielen?

Und was sagt ihr zu dem Bild, das Walid hochgeladen hat und dem Spruch darunter? Könnt ihr verstehen, dass Lilli darüber so aufgebracht ist?

A.

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