I4.

Gerade als ich in meinen weißen Porsche einsteigen will, durchschneidet die nächtliche Stille eine tiefe Stimme. "Wohin?"

Ich erstarre. Walid. Ich würde seine Stimme unter tausenden erkennen.

Mir laufen immer noch Tränen über die Wangen und ich will auf keinen Fall, dass er das sieht. Deshalb drehe ich mich nicht um, sondern steige ins Auto.

Ich will gerade meine Autotür zuziehen, aber Walid steht mitterweile direkt neben meinem Auto und hält die Tür auf.

"Lass mich in Ruhe. Ich will nachhause", zischte ich wütend. Walid beugt sich ins Auto, macht meinen Motor wieder aus und zieht den Schlüssel raus.

Ich versuche ihm den Schlüssel aus der Hand zu reißen, aber es gelingt mir nicht. Blitzschnell steckt er ihn in seine Hosentasche.

Ich funkel ihn wütend an. "Ich will nachhause. Gib mir sofort meinen Autoschlüssel. Was soll die Scheiße? Geh doch wieder rein zu deinen Freundinnen. Anscheinend ist das ja die Art Frau, die dir gefällt. Nix mehr von wegen nur du und ich. Dann geh zu denen und lass mich in Ruhe, yallah!", keife ich.

Walids Gesichtsausdruck ändert sich von kalt zu belustigt. "Ist das dein Ernst? Das sagst du mir? Ich wusste genau, wann ihr kommt, deshalb hab ich mich zu denen gesetzt und eine kleine Show für dich abgezogen. Das sind übrigens Stammgäste von uns und die Schwarzhaarige, neben der ich saß, ist Kerems Schwester", sagt er und zwinkert mir überlegen zu.

Dann wird sein Gesichtsausdruck plötzlich wieder ernst und sein Blick kalt, als er sagt: "Aber erklär du mir doch mal lieber wieso du mir sagst, dass du es ernst mit mir meinst und dann ein Candlelight-Dinner mit Malik veranstaltest? Auch noch mit Malik! Ich dachte, das Thema wäre durch? Und dann bist du auch noch so blöd und postest das öffentlich bei Instagram. Ja da guckst du, ne? Ich hab den sofort an seiner auffälligen Uhr erkannt. Er ist der Einzige, der immer eine schwarze Uhr trägt. Ich habe dir gesagt, du sollst keine Spielchen mit mir spielen. Also, was soll die Scheiße?"

Für Walid muss das ironische Bild von mir, Malik und Abbas, der nicht auf dem Bild zu sehen war, wohl so ausgesehen haben, als würde ich wirklich mit Malik allein bei einem Candlelight-Dinner sitzen.

"Und wieso hast du mich nicht einfach angerufen und gefragt, was es mit dem Bild auf sich hat? Das ist einfach nur ein Missverständnis. Hast du die Kommentare unter dem Bild nicht gelesen?", frage ich ihn aufgebracht.

"Nein, wieso auch? Was kann man denn bitte an dem Bild falsch verstehen?"

Ich hole mein Handy raus und öffne das Bild. Dann scrollte ich durch die 7837 Kommentare und als ich gefunden habe, was ich suche, reiche ich mein Handy Walid.

Abbas1 "Danke, es war sehr lecker Habibti 🌹"
Lillilicious "Gerne 😘 Danke dir, für die romantische Atmosphäre bei diesem Candlelight-Dinner zu Dritt 😁"
Malik_Nour "Danke Lilli für's Essen 😋 War ein schöner Nachmittag bei euch. @Abbas1 Ja wallah Habibi, danke für die romantische Atmosphäre 😁😘"

"Ich hab für Abbas und mich gekocht. Malik ist ihn besuchen gekommen, also hab ich ihn natürlich gefragt, ob er mit uns essen möchte. Als wir uns an den Tisch gesetzt haben, hat Abbas Kerzen angezündet und meinte was von wegen "bisschen romantische Atmosphäre machen". Das war einfach in dem Moment witzig. Situationskomik. Das war's. Nicht mehr und nicht weniger. Du hättest mich einfach fragen können, dann hätte ich dir das genau so gesagt. Dann hätten wir uns das ganze Theater und den Streit und die Wut und die Enttäuschung gespart."

Walid schaut mich geknickt an und antwortet mit ruhiger Stimme: "Es tut mir leid, du hast Recht. Ich hätte dich einfach darauf ansprechen sollen, aber ich war so wütend. Das sah so eindeutig aus, vor allem mit eurer Vorgeschichte. Ich war noch nie so verliebt. Ich muss erst mal damit klar kommen, wie weh das auch tut und wie eifersüchtig man ist."

Ich steige aus dem Auto und stelle mich vor ihn. Da er ein gutes Stück größer ist als ich, muss ich hoch gucken, um ihm in die Augen sehen zu können.

Walid legt seine Arme versöhnlich um mich und zieht mich sanft an sich. Ich sehe ihm einen Moment lang tief in die Augen und ergreife dann die Initiative und küsse ihn.

Als wir uns wieder voneinander gelöst haben, ermahne ich ihn: "Du musst endlich aufhören, so voreilige Schlüsse zu ziehen. Egal was ist - rede einfach offen und ehrlich mit mir, sonst machst du alles kaputt."

Er nickt und verspricht mir sich zu bessern. Hand in Hand gehen wir kurz darauf wieder zurück in den Club.

Ich setze mich zu Abbas und Younes, die nichts von all dem Theater mitbekommen haben.

Walid stößt zu uns und bringt für die beiden Jungs Whiskey on the Rocks und für mich einen alkoholfreien Cocktail mit Minze, Limettensaft, braunem Zucker, viel Eis und Limonade.

Wir stoßen alle mit unseren Drinks an und Abbas sagt grinsend zu Walid: "Ich war mir ja sicher, du schmeißt sie in dem Outfit raus."

Walid überlegt kurz, dreht sich dann zu mir und mustert mich. Sein Gesichtsausdruck versteinert sich. "Alter, das hab ich ja gar nicht gesehen! Was hast du da an?", ruft er fassungslos.

Ich werfe Abbas einen bösen Blick zu. Walid fängt an, an meiner Bluse zu zupfen um meinen Körper irgendwie mehr zu verhüllen.

"Sie wollte eigentlich ohne die Bluse gehen", provoziert Abbas Walid weiter.

"Abbas!", schimpfe ich und werfe ihm einen warnendem Blick zu.

"Was "Abbas"? Hat der dich so angezogen oder was?", fragt Walid aufgebracht. Dann wendet er sich wieder zu Abbas: "Was lässt du die überhaupt so rausgehen? Bist du bescheuert?"

Abbas lacht und räumt ein: "Ich hab, verkackt, ja. Die hört nicht mehr auf mich. Vielleicht sollte ich der lieber den Umgang mit dir verbieten." Younes fängt an zu lachen.

Walid sagt leise, so dass nur ich es hören kann: "Bitte zieh dich in Zukunft geschlossener an. Ich möchte nicht, dass jeder alles sehen kann, was nur mir gehört, erstrechtnicht hier." Ich nicke einsichtig und gebe ihm versöhnlich einen Kuss auf die Wange.

Es ist mittlerweile schon 1 Uhr. Abbas unterhält sich gerade mit einem Mädchen, Walid war irgendwas regeln und so saßen nur Younes und ich am Tisch.

"Ich hau jetzt gleich ab, sollen wir mal was zu essen holen? Das will ich mir auf jeden Fall nicht entgehen lassen", frage ich Younes. "Ja Wallah, ich hab auch Hunger. Lass uns gehen", antwortet er und hilft mir hoch.

Das Buffet ist wirklich beeindruckend. Ich nehme mir etwas Brot und Hummus, Falafel, etwas Lammfleisch und gefüllte Weinblätter. Younes packt sich seinen Teller doppelt so voll. Wir essen zusammen und danach verabschiede ich mich von ihm.

Dann gehe ich zu Abbas, stelle mich höflich dem Mädchen neben ihm vor und verabschiede mich auch von ihm.

Walid kann ich im Club nirgends finden, aber er hat davon gesprochen, dass er etwas in seinem Büro zu erledigen hat, deshalb gehe ich die Treppen hoch und laufe den Flur entlang zu seinem Büro. Die Tür ist geschlossen und irgendwie gibt mir das ein schlechtes Gefühl. Was, wenn ich Walid jetzt inflagranti mit einer anderen erwischte?

Die Situation, wie er vorhin mit diesen Frauen am Tisch saß, hat mich ziemlich verunsichert. Als ob er treu ist, wenn er jeden Tag hunderte von freizügig gekleideten Frauen vor der Nase hat, von denen die meisten auch noch betrunken und geldgeil sind.

In dem Moment fliegt die Bürotür mit Schwung auf und reißt mich aus meinen Gedanken. Erschrocken zucke ich zusammen.

Walid kommt durch die Tür und bleibt vor mir stehen. Alleine. "Schatz, wieso geisterst du denn hier rum? Hast du mich gesucht? Alles okay?", fragt er besorgt.

"Ja, ich habe dich gesucht. Ich wollte mich verabschieden", antworte ich. "Jetzt schon? Sorry, dass ich dich die ganze Zeit alleine gelassen habe, ich musste mich mal eben um ein paar Sachen kümmern. Wieso bist du denn nicht ins Büro gekommen sondern standest hier auf dem Flur?", fragt er ein wenig irritiert.

"Ich wollte dich nicht stören", lüge ich schnell.

Walid zieht mich mit einem Ruck an sich. Er greift mit seiner Hand in meinen Nacken, den Daumen unter meinen Kiefer und schiebt meinen Kopf hoch, sodass ich ihm direkt ins Gesicht sehe.

"Du störst mich nie. Du bist die einzige Person, die das Recht hat, immer zu mir zu kommen. Egal wann, egal wo, egal was ich mache", sagt er und küsst zärtlich meine Stirn.

Augenblicklich schäme ich mich für meine Gedanken, Walid hat mich schließlich noch nie belogen oder betrogen.

"Schatz, alles okay?", fragt Walid erneut. "Ja klar", sage ich schnell. "Ich bin nur total müde. Ich werde jetzt nachhause fahren. Sehen wir uns morgen?" "Ich denke ja. Ich melde mich bei dir sobald ich wach bin, okay?", antwortet Walid lächelnd. "Okay Schatz", stimme ich zu.

Walid bringt mich noch zu meinem Auto und gibt mir dann auch endlich meinen Autoschlüssel wieder, den er bis jetzt noch in seiner Hosentasche hatte. Wir verabschieden uns und ich fahre nachhause.

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