36.
Maxim lächelt mich an, allerdings nicht so frech wie bisher immer, sondern beinahe liebevoll.
"Was ist denn los? Ist irgendwas passiert?", fragt er besorgt. Ich antworte: "Kann man so sagen. Meine Freundin ist verschwunden, mein Handy ist leer und ich habe zu viel getrunken, um wieder nachhause zu fahren. Deshalb will ich mir ein Hotel buchen, aber.." ".. dein Handy ist leer", beendet er lächelnd meinen Satz.
Ich nicke. "Komm, ich habe in meinem Büro noch ein Ladekabel. Mein S10 geht auch ständig leer", sagt er.
"Ich hab aber ein iPhone, ich hab kein Samsung", quengele ich.
Maxim lacht. "Oh man, du bist mir ja eine. Komm, wir holen deine Jacke und fahren zu mir. Es ist eh schon halb vier, und ich haue meistens gegen vier Uhr ab. Zuhause hab ich auch ein Apple Ladekabel, du kannst ein bisschen schlafen und dann wieder nachhause fahren", schlägt er vor.
"Nein? Ich kann doch nicht einfach mit dir nachhause gehen, ich kenne dich doch gar nicht", erwidere ich empört.
"Es tut mir leid das zu sagen, aber du hast doch gerade keine andere Wahl, oder?", fragt er. Ertappt.
Zögernd sage ich: "Ich gehe aber nur mit zu dir, lade mein Handy auf und buche mir ein Hotelzimmer. Dann darfst du mich noch zum Hotel fahren, und dann trennen sich unsere Wege wieder." Maxim stimmt zu.
Er lässt sich von mir meine Garderobenmarke geben und kommt kurz darauf mit meinem Mantel wieder. Er hilft mir ganz Gentlemanlike in den Mantel und wir gehen nach draußen. Ich laufe ihm hinterher und stelle fest, dass er nicht gelogen hat. Er geht geradewegs auf einen feuerroten Ferrari Portofino zu.
Er öffnet mir höflich die Beifahrertür und ich steige ein. Wir fahren eine Weile durch Stuttgart und trotz oder vielleicht gerade wegen der Dunkelheit, gefällt es mir hier sehr gut.
Maxim fährt in eine noble Wohngegend und hält an einem unauffälligen Tor an. Er drückt auf eine kleine Fernbedienung und das Tor öffnet sich.
Am Eingang steht ein großer Adler aus weißem Marmor. Wir fahren einen kurzen Weg entlang und Maxim parkt den Wagen vor einer Garage. Wir steigen aus und laufen dann gemeinsam auf die kleine Villa zu, die am Ende des Weges liegt.
Die Villa ist weiß und sehr modern. Sie hat viele Glasfronten und ist im Dunkeln mit blauem Licht beleuchtet.
Maxim schließt die Eingangstür auf und wir gehen geradeaus in das große Wohnzimmer.
Er bedeutet mir mit einer Handbewegung, dass ich mich auf das schwarze Ledersofa setzen soll, was ich dankbar annehme. Ich bin total kaputt. Dieser emotionsreiche Tag war ziemlich anstrengend für mich.
Er fragt zuvorkommend: "Möchtest du was trinken, Liebes?" "Wasser, bitte", antworte ich.
Er geht in die offene Küche und holt eine Flasche Evian-Wasser und ein Glas. Er gießt Wasser in das Glas und reicht es mir. Ich bedanke mich und trinke einen großen Schluck.
Maxim beobachtet mich mit einem zufriedenen Gesichtsausdruck und sagt dann: "Ich gehe mal eben nach oben in mein Büro und hole dir ein Ladekabel, okay?"
Ich nicke. Er geht nach oben und ich lege meinen Kopf erschöpft auf die Armlehne des Sofas. Nur einen Moment ausruhen. Dann fallen meine Augen zu.
Als ich wach werde, muss ich mich erstmal orientieren. Ich liege auf einer schwarzen Couch, eingekuschelt in eine weiche Decke und bin komplett bekleidet, nur meine Füße sind nackt.
Ich richte mich langsam auf und sehe Maxim, der neben mir sitzt und an seinem Handy spielt. Als er sieht, dass ich wach bin, legt er sofort sein Handy weg und sagt grinsend: "Guten Morgen, Dornröschen."
Noch etwas verschlafen frage ich: "Wie spät haben wir?" "Elf Uhr", antwortet er. Fuck!
"Wo ist mein Handy?", frage ich nervös. "Hast du es aufgeladen?"
"Nein, bist du verrückt? Ich gehe doch nicht einfach an deine Tasche. Hier", sagt er und reicht mir ein weißes Ladekabel. Ich nehme es dankend an, krame mein Handy mit zittrigen Fingern aus meiner Tasche und schließe es an einer Steckdose an.
Sofort blinkt das Ladesymbol auf dem Display auf und mein Handy lässt sich wieder anschalten. Dann blitzt eine Benachrichtigung nach der anderen auf. Abbas, Walid, Abbas, Abbas, Abbas, .. Fünfundzwanzig entgangene Anrufe und noch mehr Nachrichten.
Ich klicke zuerst auf Walids Verlauf.
"Lilli, ich weiß, dass das Foto ziemlich eindeutig aussieht, aber so war es nicht. Das war ein Mädel von einem Junggesellinnenabschied und sie hat mich ungefragt geküsst. Das Foto ist nur eine Momentaufnahme. Was es nicht zeigt ist, dass ich sie sofort von mir weggeschubst habe.
Auch wenn wir uns gestritten haben und ich gesagt habe, dass wir keine Zukunft haben, liebe ich dich und würde sowas nicht machen.
Aha, jetzt gehst du feiern?
Alter, du gehst jetzt nicht ernsthaft ins Vanity oder? Hast du eigentlich einen Plan, wem das gehört?
Lilli, wo bist du? Wieso hast du dich die ganze Nacht weder bei Abbas noch bei mir gemeldet?"
Ich schlucke. Ich bin zu feige, Walid zu antworten und öffne stattdessen den Chat mit Abbas.
"Lilli, wallah, Walid sagt die Wahrheit. Das waren Weiber von nem JGA und die eine hat ihn einfach so geküsst.
Lilli???
Lilli du gehst jetzt nicht ernsthaft ins Vanity oder?
Geh doch mal an dein Handy verdammt.
Lilli, dieser Club gehört Max, Walids Erzfeind. Wenn Walid dir was bedeutet, solltest du da auf keinen Fall hingehen.
Du wirst das bereuen, das wird Walid dir nie verzeihen!
Wo bist du? Du bist die ganze Nacht nicht nachhause gekommen und hast dich nicht gemeldet!!
Ich mache mir Sorgen, melde dich. "
Ach du Scheiße. Was habe ich nur getan? Wieso habe ich so vorschnell geurteilt? Wieso bin ich nicht an mein Handy gegangen? Oh nein.
"Alles okay?", fragt Maxim vorsichtig.
"Nein, gar nichts ist okay. Mein Bruder hat mich tausend mal angerufen und ist richtig sauer auf mich. Und mein Exfreund auch. Die beiden kennen dich anscheinend. Abbas und Walid. Wusstest du das? Wusstest du, wer ich bin? Bist du mir deshalb den ganzen Abend hintergelaufen und hast mich provoziert?", frage ich ihn aufgebracht.
Er antwortet mit ruhiger Stimme: "Jein. Du bist wie die Queen persönlich vor meinen Club gefahren und hast dann total frech mit mir geredet und mir Kontra gegeben. Klingt bescheuert, aber das hat mir total gefallen. Du hattest keine Ahnung, wer ich bin und selbst als du wusstest, dass mir der Club gehört, war es dir scheiß egal, das fand ich richtig heiß. Zu dem Zeitpunkt wusste ich noch nicht wer du bist. Als du reingegangen bist, hab ich eine Benachrichtigung bekommen, dass der Club in einer Instagram-Story verlinkt wurde. Ich hab mir das Bild angesehen, eins mit einem Lamborghini Lenkrad. Dann habe ich eins und eins zusammen gezählt und bin aus Neugier auf dein Profil gegangen. Dort habe ich dann die Bilder mit Abbas und Walid gesehen. Das war mir aber egal, ehrlich. Ich hab mit diesen alten Geschichten lange abgeschlossen, im Gegensatz zu den beiden. Du hast mir einfach gefallen, Lilli, und das passiert mir nicht oft."
"Wieso hast du mir nicht gesagt, dass du Abbas und Walid kennst?", frage ich in vorwurfsvollem Ton.
"Gegenfrage: Wieso sollte ich? Und überhaupt: Was ist denn mit Walid und dir? Seid ihr zusammen, oder nicht?", erwidert Maxim.
"Nein, nicht mehr.. Und nachdem ich böses Mädchen in deinem Club feiern war und zur Krönung auch noch bei dir geschlafen habe wird das wohl auch nichts mehr", bemerke ich in dem Moment selbst.
"Wieso habt ihr euch getrennt?", fragt er mich interessiert. "Abbas und er haben sich gestritten. Abbas war total drüber und die beiden waren kurz davor, sich zu schlagen. Dann habe ich mich dazwischen gestellt und Walid gebeten, einfach zu gehen. Walid meinte, damit hätte ich zugelassen, dass Abbas respektlos mit uns redet. Er meinte ich sei nicht loyal und hat das ganze total hoch gepusht. Dann hat er mir noch eine Sache über einen gemeinsamen Freund verschwiegen und zur Krönung habe ich gestern ein Foto bekommen, auf dem er eine andere Frau küsst. Abbas hat bestätigt, dass Walid das sofort abgewehrt hat, das habe ich aber gerade erst gelesen", erzähle ich Maxim ehrlich.
"Hm, klingt ziemlich verzwickt. Ich verstehe dich und was du getan hast. Du wolltest einfach nicht, dass die Sache eskaliert und das wäre sie sonst bestimmt. Walid hat das wohl einfach in den falschen Hals gekriegt. Er ist sehr impulsiv, das war er schon immer. Das hat unserer Freundschaft damals auch das Genick gebrochen. Dein Bruder und alle unsere Freunde haben zu ihm gehalten und dafür gesorgt, dass ich in München keinen Fuß mehr auf den Boden kriege, deshalb habe ich nachgegeben und bin nach Stuttgart gezogen und habe mir hier was Neues aufgebaut."
"Was ist denn damals zwischen euch vorgefallen? Abbas meinte, du bist Walids Erzfeind", frage ich neugierig.
"Erzfeind", wiederholt Maxim und lacht. "Walid und ich haben damals einen Club gemeinsam eröffnet. Dann ist Geld verschwunden und Walid ist überzeugt davon, dass ich es geklaut habe. Habe ich aber nicht. Wir haben uns zerstritten. Zu der Zeit war das mit seinem großen Bruder, dass er ins Gefängnis kam. Er hat den harten Hund gespielt, weil er seinem Vater was beweisen wollte und hat mich rausgeschmissen. Heute nehme ich ihm das nicht mal mehr übel. Er stand einfach unter enormem Druck. Wir haben uns beide ein gutes Leben aufgebaut. Er hat seine Clubs und ich meine. Naja, nur in einem Punkt ist sein Leben scheinbar besser: Er hat dich. Obwohl, eigentlich ist mein Leben gerade besser. Er hat dich verloren und du sitzt bei mir." Bei dem letzten Satz lächelt er wieder frech.
Ich nehme seine Hand und sage: "Danke, Max. Danke, dass du mir geholfen hast. Ich weiß das sehr zu schätzen."
"Ja Lilli, weil du mir gefällst und da mache ich kein Geheimnis draus. Mir ist es egal, was mit Walid und Abbas war, das ist Jahre her und denen sollte es mittlerweile eigentlich auch egal sein." Ich nicke schweigend.
"Ich werde langsam mal nachhause fahren, sei mir nicht böse", sage ich vorsichtig. "Nein Quatsch. Ich fahre dich zu deinem Auto", antwortet er verständnisvoll.
Er steht auf und geht in die Küche. Er holt einen Zettel und einen Stift aus einer Schublade und kritzelt was darauf. Dann sagt er: "Melde dich bei mir, wenn du deine Sachen geklärt hast oder melde dich gar nicht mehr. Deine Entscheidung. Ich würde mich freuen, dich wieder zu sehen, aber ich kann auch verstehen, wenn du das nicht willst. Ich lasse mich einfach überraschen."
Dann zwinkert er mir zu und gibt mir den Zettel, auf dem in Großbuchstaben "MAX" und seine Handynummer steht.
Max fährt mich zu meinem Auto. Am Vanity angekommen, steigen wir gemeinsam aus. Max steht dicht vor mir und schaut mir tief in die Augen. Dann legt er seine Arme um mich und zieht mich an seine Brust.
Ich lehne meinen Kopf an ihn und atme seinen herben Geruch ein. Er streichelte mir sanft über den Rücken und sagt: "Fahr vorsichtig, pass auf dich auf und lass dich nicht fertig machen von Walid oder Abbas. Du hast nichts Verbotenes getan. Und falls dir alles zu viel wird, weißt du ja, wo du mich findest. Dann pack einfach deine Tasche und komm zu mir", sagt er lächelnd.
Ich gehe zu meinem Auto und setze mich rein. Maxim steht noch an der Tür und sagt: "Wir sehen uns." Ich fahre davon und sehe noch im Rückspiegel, dass Max mir nachschaut.
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Ihr Lieben,
Was denkt ihr, wie wird Abbas reagieren?
Und wie Walid? War's das mit den beiden oder finden sie wieder zu einander?
Und was ist mit Maxim? Wird Lilli sich bei ihm melden, oder wird sie vielleicht sogar zu ihm zurück fahren?
A.
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