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Abby's Perspektive
Es war mittlerweile eine Woche vergangen und der Tag der Hochzeit stand an. Wir befolgten die Tradition und schliefen die Nacht vor der Hochzeit getrennt von einander, auch wenn wir uns dafür entschieden hatten, dass es keinen Junggesellen und Junggesellinnen Abschied geben würde. Eine Nacht ohne ihn an meiner Seite war der Horror, mir war kalt, das Bett fühlte sich viel zu groß an und wenn ich es mal schaffte einzuschlafen, dann war dieser Schlaf nur von kurzer Dauer.
Es war momentan 8:00 Uhr morgens und unsere Hochzeit würde um 14:30 Uhr stattfinden. Meine Nervosität stieg ins unermessliche und deshalb entschied ich mich jetzt dazu mir eine entspannende, heiße Dusche zu genehmigen und mich anschließend durch die ganzen Beautysalons zu quälen, damit ich später hoffentlich atemberaubend schön aussah. Lina, meine Brautjungfer und beste Freundin begleitete mich währenddessen und ließ sich auch herrichten. Um 10:00 Uhr starteten wir beim Make-up Visagisten und ließen uns passend zu unseren Kleidern schminken. Lina hatte ein dunkel blaues, schulterfreies Kleid, das bis zum Boden reichte und Jack trug eine Krawatte in der selben Farbe, damit man die Trauzeugen erkannte.
Bei Lina war mittlerweile schon eine deutliche Babykugel zu sehen und ich freute mich schon darauf, dass man es bei mir auch bald sehen würde. Sie war mittlerweile im fünften Monat schwanger und ich war am Anfang des dritten. Lina und David wussten bereits seit Anfang der Woche, dass die beiden eine Tochter erwarteten und ich freute mich sehr für die beiden. Als wir unser elegantes, aber schlichtes Make-up aufgetragen bekommen hatten, bezahlten wir und machten uns auf den Weg zum Friseur.
Der Friseur brachte eine halbe Ewigkeit, um die Frisur, die ich mir gewünscht hatte hinzubekommen. Ich wollte eine Hochsteckfrisur, bei der vorne ein paar lose Strähnen herausragten. Er flochte meine Haare vom Ansatz an nach hinten und steckte sie unten in einem schönen Dutt zusammen. Das warten hatte sich auf jeden Fall gelohnt, denn die Frisur war traumhaft. Als wir den Friseur verließen war es bereits 13:30 Uhr und deshalb machten wir uns schnell auf den Weg zu Lina, um dort mein Brautkleid abzuholen, da wir uns noch auf den Weg zur Kirche machen mussten.
Fertig gerichtet und genau so aussehend wie ich es mir erwünscht hatte setzten wir uns in meinen mattschwarzen Aston Martin Vantage. Normalerweise fuhr man in einer Limousine vor, aber mir war mein Aston einfach viel lieber. "Na nervös?", fragte Lina lächelnd und ich war so nervös, dass ich nicht einmal Worte dafür heraus bekam und so wie eine gestörte nickte. "Ja, denn jetzt wird es endgültig. Ich habe endlich eine Familie", sagte ich und spürte wie sich Tränen in meinen Augen sammelten. "STOP!!", schrie sie mich an und sofort schoss mein Kopf in ihre Richtung und sah sie irritiert an. "Nicht weinen, denk an dein Makeup!", erklärte sie danach und sorgte damit dafür, dass wir beide in ein schallendes Gelächter verfielen. "Wenn das dein einziges Problem ist", lachte ich. Wir hielten vor der großen beeindruckenden Kirche und meine Nervosität stieg ins unermessliche.
"Bist du dir sicher? Jetzt ist der letzte Moment, indem du fliehen kannst. Wir könnten dann auf eine einsame Insel abhauen, auf der er uns nie finden würde", fragte Lina und ich musste zu geben, ich hatte die beste Freundin, die man sich nur wünschen konnte. "Ja Lina, ich bin mir sicher, dass ich ihn heiraten möchte, aber dein Angebot ist dennoch sehr verlockend. Also vielleicht greife ich irgendwann in ferner Zukunft darauf zurück", schmunzelte ich und sie begann zu kichern. "Da ist er", quietschte sie kurz darauf und zog mich sofort in seine Richtung und kam erst zum stoppen, als wir direkt vor ihm standen. "Also meine Kleine, bist du bereit? Wir können immer noch fliehen und-", fing nun auch mein Bruder an, was mich wieder zum lachen brachte. "Ihr zwei passt wirklich perfekt zusammen. Danke, aber nein danke, das selbe habe ich gerade eben auch schon deiner reizenden Freundin mitgeteilt", kicherte ich vor mich hin und bei meinen Worten lächelten sich beide gegenseitig verliebt an und schmunzelten dann, als sich ihr Blick wieder auf mich richtete.
"Ach unsere Kleine wird erwachsen", sprach Dave nun wieder theatralisch und wischte sich eine imaginäre Träne weg. Er konnte also nicht einmal an meiner Hochzeit ernst bleiben. "Es wird Zeit, wir wollen doch nicht, dass der Arme da drinnen einen Herzinfarkt erleidet, weil er befürchten muss, dass seine Braut sich aus dem Staub gemacht hat", führte er weiterhin sein Theaterstück auf, lief jedoch mit mir vor die große, hölzerne Tür und hakte sich bei mir ein. Jede Frau wünschte sich diesen Moment mit ihrem Vater teilen zu können. Ihn neben sich stehen zu haben und zu sehen, dass er seinen kleinen Engel ohne Bedenken in die Hände dessen Mannes übergibt, dem ihr Herz gehörte, doch ich wollte das nicht. Ich wollte, dass jemand das übernimmt, der mich tatsächlich liebte, jemand dem mein Wohlergehen tatsächlich am Herzen lag und deshalb hatte ich Dave gebeten diesen Part zu übernehmen, denn auch wenn wir uns erst seit kurzem wieder näher käme als Geschwister, fühlte er sich mehr nach Familie an, als die beiden, die sich meine Eltern schimpften.
"Auf geht's, Kleine", waren die Worte mit denen er die Tür öffnete und wir die Kirche betraten. Die Orgel begann zu spielen und alles fühlte sich so magisch, so traumhaft, so surreal an. Meine Beine bewegten sich wie von alleine und mein Blick galt einzig und alleine dem Mann vor mir, der mich mit diesem Blick betrachtete, der so viel Liebe und Wärme beinhaltete und der mich ansah, als wäre ich das wertvollste, was er besäße. Ich wollte nie der Besitz von jemanden sein, denn das würde heißen jemanden das Recht zu geben über mich als Person und meine Handlungen zu bestimmen, aber ich wusste, dass seine besitzergreifende Art keineswegs darstellen sollte, dass ich ihm gehörte und zu tun hatte was er sagte, sondern das ich die Person war die zu ihm gehörte, die die den Rest ihres Lebens an seiner Seite verbringen musste, weil er sonst eingehen würde und in diesem Punkt würde ich diese Pflicht gerne erfüllen. Heutzutage schwören sich viele Menschen ewige Treue und das es nur den jeweils anderen geben wird, bis sie sterben würden, doch kaum einer hielt sich daran, das Wort Ehe verlor Stück für Stück an Bedeutung, doch nicht bei uns, denn wir wussten, dass uns gerade unser Seelenverwandter gegenüber stand und das uns nichts von einander trennen könnten, da wir wie geschaffen für einander waren.
Langsam schritt ich den Gang zum Altar entlang, der mit roten Rosen und alten, rustikalen Laternen bedeckt war. Louis kannte mich wahrhaftig gut, denn er wusste schon immer auf was ich Wert lag. Mit den Rosen wollte ich die Liebe symbolisiert haben, die zwischen uns, aber auch zwischen den Menschen um uns vorhanden war und die alten, rustikalen Laternen sollte ein Zeichen für das Vergangene sein, die Schmerzen die wir beide erlitten hatten, den Unfall meines Onkels und meiner Tante, aber auch die vielen Streitigkeiten die wir hatten, denn all das machte unsere Geschichte aus und nicht nur der schöne Teil, denn so sehr wir auch versuchten diesen Teil zu verdrängen er würde immer ein wichtiger Bestandteil unserer Geschichte sein. Denn nur dadurch, dass unsere perfekt zu sein scheinende Fassade anfängt immer mehr zu bröckeln bekommen wir die Möglichkeit das Licht, dass dahinter herrscht zu erkennen, denn erst wenn wir sein können wer wir sind und nicht mehr das was wir glauben sein zu müssen, können wir unsere wahre Schönheit der Welt präsentieren. Ich hatte Louis nie von diesen Gedanken erzählt, aber dennoch befand sich beides jetzt hier, was mir bewies, dass er der perfekte Mann an meiner Seite war. Er war mein Ying zu meinem Yang.
Wir kamen direkt vor ihm zum stehen und David übergab Louis lächelnd meine Hand und drehte sich anschließend um, um platz zu nehmen. "Oh Gott Engel, du bist so wunderschön", flüsterte er mir zu und ich spürte wie mir Tränen in die Augen stiegen. Er ließ meine vor Nervosität zitternden Hände nicht los, im Gegenteil er umschloss sie fest mit seinen, die genauso bebten wie meine. Unsere Blicke verschmolzen ineinander so, dass wir alles um uns herum ausblendeten, bis der Pfarrer das Wort ergriff. "Meine Damen und Herren, wir haben uns heute hier versammelt, um gemeinsam den Bund der Ehe zwischen Louis Coleman und Abigail Jenkins zu schließen", verkündete er und bei diesen Worten wurde mein Herz von einer Wärme durchströmt, die mit nichts auf dieser Welt zu vergleichen war. "Wir würden gleich mit den selbstverfassten Ehegelübten der beiden anfangen, wenn es bis dato keine Einwende gibt. Sie haben jetzt die Möglichkeit ihre Einwende zu äußern, sonst mögen Sie auf ewig schweigen", fuhr er fort und bei diesen Worten schafften wir es das erste mal unseren Blick von einander zu lösen, um zu sehen, ob jemand Einwende erhob, was Gott sei dank jedoch nicht der Fall war.
"Nun, da dies geklärt ist, möchte ich Sie Louis Coleman darum bitten, der hier anwesenden Abigail Jenkins ihr Ehegelübte vorzulesen und ihr anschließend ihre ewige Treue zu schwören", ging die Zeremonie weiter, doch der Pfarrer war für mich nur ein nebenbei laufendes Geräusch, wie eine Art Hintergrund Melodie, denn meine Aufmerksamkeit galt voll und ganz dem Mann vor mir. "Mein Engel, ich weiß, dass wir in den vergangenen Wochen und Monaten durch die Hölle gegangen sind. Wir haben viel miteinander erlebt und vieles davon werde ich nie in meinem Leben vergessen können. Du bist die erste und einzige Frau, die ich so geliebt habe und immer lieben werde. Du erfüllst mich, ergänzt mich und machst mich jeden Tag zu einem besseren Menschen. Bevor ich dich traf bestand mein Leben aus Unterlagen und Meetings, doch seitdem ich dich kenne weiß ich was der Unterschied zwischen leben und überleben ist, denn es ist als hättest du einen kunterbunten Farbkleks in meine zuvor so triste und graue Welt geschüttet und dafür werde ich dir immer dankbar sein und dich ewig lieben", brachte er mit zitternder Stimme heraus und schon bei seinen ersten Worten liefen mir hemmungslos Tränen über die Wangen, weil sie mich so berührten und ergriffen.
"Nun Sie Abigail Jenkins", forderte der Pfarrer mich auf, doch ich wusste nicht, ob ich im Stande dazu war irgendetwas heraus zu bekommen. "Jede Geschichte ist nennenswert, jede dabei empfundene Emotion ist festzuhalten und jeder Moment sollte in einer kleinen Schatulle eingeschlossen werden, damit wir ihn betrachten können wann immer wir wollen. Doch egal ob Romeo und Julia, Heathcliff und Catherine oder Jack und Rose, niemand von ihnen könnte das beschreiben was wir haben, denn all ihre Geschichten sind vereint in unserer. Wir stammen aus zwei völlig verschiedenen Welten, wurden immer wieder durch das Schicksal von einander getrennt, doch wir verließen unser sinkendes Schiff gemeinsam. Deine Arme sind der einzige sichere Hafen den ich brauche, denn ich weiß, dass du die einzige Person bist, die mir das Gefühl verschafft frei und gleichzeitig beschützt zu sein. Unsere Geschichte begann kitschig und um so länger wir es miteinander aushielten, umso mehr bekamen wir mit was unser Umfeld für Auswirkungen auf uns hat, denn es entwickelte sich unser eigenes Drama, in denen wir die Hauptfiguren spielten. Es flossen viele Tränen, einige aus Freude, andere aus Trauer, doch jede einzelne war es wert vergossen zu werden. Wie in jedem Drama erreichten auch wir unseren Wendepunkt, indem es kein Abby und Louis gab, sondern im dem das einst so gute Team getrennte Wege ging, aber wir wussten beide, dass nichts uns von einander trennen könnte, egal wie stark wir versuchten dagegen anzukämpfen. Dann kam der Punkt, indem der Held der Geschichte auftauchte, was in unsrem Fall unser gemeinsames Kind war. Und jetzt stehen wir hier, vor all den Menschen, die wir lieben und haben unsere ganz eigene Geschichte vorzuweisen, die Liebe, Hass, Wut und Trauer beinhaltete, aber auch ein Happy End und das ist das wichtigste, denn wir beenden heute den ersten Band unserer Geschichte und das mit dem glücklichsten Ende, dass man sich vorstellen kann", erwiderte ich mit brüchiger Stimme, da mir dabei immer mehr Tränen über das Gesicht liefen.
"Ich frage nun Sie, den hier anwesenden Louis Coleman. Wollen Sie, die hier anwesende Abigail Jenkins zu ihrer rechtmäßigen angetrauten Ehefrau nehmen, Sie lieben und ehren, bis das der Tod euch scheidet?", fragte er an Louis gewandt, der mich mit einem so herzlichen Lächeln ansah, das ich drohte dahin zu schmelzen. "Ja, ich will", als diese Worte seinen Mund verließen, kullerte mir erneut eine Freudenträne aus den Augen. "Ich frage Sie, die hier anwesende Abigail Jenkins. Wollen Sie, den hier anwesenden Louis Coleman zu ihrem rechtmäßig angetrauten Ehemann nehmen, ihn liebe und ehren, bis das der Tod euch scheidet?", stellte er die Frage nun an mich gewandt. "Ja, ich will" und während diese Worte meinen Mund verließen, schenkte auch ich Louis ein herzliches Lächeln. "Sie dürfen die Braut nun küssen", sagte der Pfarrer und das ließ er sich nicht zweimal sagen, denn keine Sekunde später lag ich in seinen Armen und er küsste mich mit so einer Leidenschaft, aber dennoch Zärtlichkeit, wie noch nie zuvor. Jetzt war es offiziell. Ich war endlich die Frau an der Seite, des denkbar wundervollsten Mannes. Ab heute war ich, Abigail Coleman.
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Das war auch schon das letzte Kapitel für heute und ich hoffe es hat euch gefallen☺️❤️
Ich wünsche euch noch eine schöne Woche☺️
LG Julia❤️
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