Familienfotos
Im Sommer fahren meine Mutter, Kilian und ich in die Niederlande. Nicht, weil wir Urlaub machen, sondern für einen Tag, um dem Alltag in Deutschland entfliehen zu können. Und weil Kilian Geburtstag hat. Ich kann meiner Mutter immer noch nicht in die Augen sehen, aber ich fahre mit. Für Kilian.
Meine Mutter hasst Autofahren und so nehmen wir den Zug, setzen uns zu dritt an einen Viererplatz und versuchen angestrengt die Leere der vorbeirauschenden Felder zu studieren, um die unangenehme Stille im Innern bestmöglich zu ignorieren. Aber anscheinend bin ich die Einzige, die damit ein Problem hat, denn Kilian hört entspannt Musik, während er immer wieder einnickt und meine Mutter vertieft sich in ein Buch, das wie ein Touristenratgeber aussieht.
„Schau mal hier", sagt sie schließlich und zeigt mit dem Finger auf ein Bild von einer Wiese voller Tulpen. Im Hintergrund ist eine Windmühle zu sehen. „Das ist der Keukenhof, eine riesige Gartenanlage, wo wir Spazieren gehen können." Sie mustert mich einen Augenblick, „wusstest du, dass die Niederlande Kanada jedes Jahr Zwanzigtausend Tulpen schickt als Dank für die Hilfe im zweiten Weltkrieg?"
„Nein, das wusste ich nicht", bringe ich heraus und sehe, wie meine Mutter erleichtert aufatmet. Erst jetzt bemerke ich, dass es das Erste ist, was ich zu ihr sage, seitdem ich vor einem halben Jahr zurück aus Amerika gekommen bin. Und mit einem Mal zieht sich meine Brust zusammen und bildet einen Kloß in meinem Hals, so groß wie die Zwanzigtausend Tulpen.
„Das sind wirklich viele", meine Mutter ist schon wieder in den Reiseführer vertieft und ich nutze die Chance, die aufkommenden Tränen wegzuwischen.
„Ja", stimme ich mit gepresster Stimme zu, weil die Tulpen im Hals es mir unmöglich machen, mehr als eine Silbe auszusprechen.
Meine Mutter schaut von den Seiten auf und ihre Augen weiten sich kaum merklich. „Ach, Süße", und die Liebe in ihrer Stimme sorgt jetzt doch dafür, dass ich es zu viele Tränen sind, als das ich sie noch heimlich wegwischen könnte. Die Tulpen in meinem Hals platzen alle gleichzeitig und schicken eine Welle des Schluchzens meinen Rachen hinauf. Meine Mutter breitet die Arme aus, sodass ich mich schniefend an sie lehnen kann, an ihrer Brust all die verstummten Worte der letzten sechs Monate ausheulen kann.
„Es tut mir so leid", schluchze ich hysterisch zwischen mehreren Atemzügen, wobei ich mich an der Luft verschlucke und bestialisch zu Husten anfange. Meine Mutter streicht mir über den Kopf, kann sich ein Kichern aber nicht verkneifen, weil ich mit meiner Rotznase und dem roten Gesicht wahrscheinlich wie ein nassgespritzter Clown aussehe. Sie zückt ein Taschentuch aus ihrer Handtasche, das ich dankbar annehme, aber es reicht längst nicht aus für das, was meine Nase in kürzester Zeit zu produzieren bereit ist. Jetzt muss auch ich kichern, weil diese Situation so absurd ist, aber ich greife nur noch fester um den Oberkörper meiner Mutter und spüre, wie sie dasselbe tut.
„Dir muss nichts leid tun, Katie."
„Doch, ich hätte dich warnen können. Papa hat mir am Flughafen gesagt, dass Dodo da ist und du nicht nach Hause kommen sollst und ich wollte dir aber alles erzählen, was in Amerika passiert ist und ich wollte aber auch nicht, dass du Dodo siehst, weil ihr euch doch gerade erst getrennt habt und ich dachte, das würde dir nur weh tun und ich wollte doch nicht" „Luftholen, Katie, ganz ruhig", unterbricht sie mich und ich folge ihren Anweisungen, um nicht komplett zu hyperventilieren. Ich habe zwar kein diagnostiziertes Asthma oder dergleichen, aber meine Atmung ist sehr flach, weswegen ich schon öfter ohnmächtig geworden bin, wenn ich zu schnell rede ohne dazwischen kurz Pause zu machen, um Luft zu holen. Das letzte Mal bin ich in der U-Bahn ohnmächtig geworden, während ich ein Buch für die Schule gelesen habe, weil die Luft in dem kleinen Wagon so stickig war.
„Was ein Feigling", höre ich meine Mutter murmeln, während ich mich auf das Kribbeln in meinen Wangen konzentriere. So lange mein Blickfeld sich nicht verdunkelt, bin ich noch auf der sicheren Seite.
„Du warst immer schon so eine Mutter Theresa. Aber es war nicht deine Aufgabe, mich zu beschützen."
„Ich weiß, aber ich fühle mich so schuldig, weil ich gesagt habe, dass wir bei Papa leben wollen. Kilian wollte das gar nicht, er wollte sich nicht entscheiden und ich habe gesagt, egal, wie er sich entscheidet, ich komme mit, wir bleiben zusammen. Aber er konnte nicht und dann habe ich für uns entschieden, weil wir beide uns nur gestritten haben und ich mich so gut mit Papa verstanden habe und-"
„Ich weiß", sie legt mir eine Hand auf die Schulter und drückt sie leicht. Erst als ich ihr in die Augen sehe, spricht sie weiter: „Ich weiß das, Katie. Und es war die richtige Entscheidung. Wir brauchten den Abstand zueinander. Du hast nichts falsch gemacht." Ihre Worte lösen einen weiteren Schluchzkrampf aus, den ich in keinster Weise kontrollieren kann oder will. Ich will nur, dass sie mich festhält und mich liebt.
Nur für diesen einen Moment, denn, wenn Abstand die richtige Entscheidung war, ist es nur eine Frage der Zeit, bis wir uns wieder bekämpfen, weil wir auf zu engem Raum beisammen sind.
„Was ist los?", höre ich Kilian sagen, der gerade seine Kopfhörer aus den Ohren nimmt und zwischen meiner Mutter und mir hin und her schaut. Ich kann nichts sagen, ohne weiter zu schluchzen.
„Wir haben uns nur ausgesprochen", sagt meine Mutter und streicht mir über den Rücken.
„Okay", Kilian mustert mich mit zusammengekniffenen Augen als wolle er sagen: ‚Verbock das bloß nicht' und ich verstehe es. Das letzte halbe Jahr hat er mich immer wieder gefragt, ob ich mit ihm und Mama etwas unternehmen möchte, was ich jedes Mal abgelehnt habe. Er war überrascht, dass ich mit in die Niederlande fahren wollte, hat mir erst nicht getraut. Ich konnte ihm nicht sagen, dass ich immer nein gesagt habe, weil ich Angst hatte. Angst vor diesem Zusammentreffen, vor den Vorwürfen, die meine Mutter mir an den Kopf werfen würde, so wie ich es von meinem Vater gewohnt bin. Dass meine Mutter die Schuld nicht bei mir sieht, ist so überraschend wie traurig für mich. Denn es macht mir bewusst, wie viel Zeit wir verloren haben durch meine Angst.
Zu Hause darf ich mir beinahe täglich anhören, dass es meine Schuld ist, wenn etwas schiefläuft, dass alles Schlechte nur von mir ausgeht und ich der Grund für die Trennung und das damit einhergehende Leid bin. Und jetzt sitzt meine Mutter neben mir, nimmt mich das erste Mal seit Jahren in den Arm und sagt mir, dass ich nicht schuld bin. Dass ich sogar die richtige Entscheidung getroffen habe. Es ist ein Gefühl in meiner Brust, das ich nicht beschreiben kann, weil ich es vorher noch nie gespürt habe. Eine gewisse Hitze und Leichtigkeit zugleich, als könnte ich wieder atmen, weil meine Brust nicht mehr von den Vorwürfen zerdrückt wird. Es ist ein gutes Gefühl, das ich mir für den Tag beibehalte.
Wir sehen uns den Keukenhof an, fotografieren mit meiner pinken Digitalkamera, die ich zu meinem zwölften Geburtstag bekommen habe, und genießen Waffeln und Muffins an einem kleinen Café in der Nähe eines gläsernen Pavillons, in dem noch mehr Tulpen blühen. Zwischendurch erhalte ich immer wieder Nachrichten von Bigfoot, in denen er fragt, wie es mir geht, ob alles gut gegangen ist und ob er mir zur Rettung eilen soll, was ich dankend verneine.
„Oh, darf ich einen Espresso probieren?", mein kleiner Bruder sieht mit leuchtenden Augen auf die Getränkekarte.
„Espresso? Dir ist bewusst, dass das wie ein sehr starker Kaffee ist?", versucht meine Mutter zu erklären, die außer Tee und Wasser nicht wirklich etwas anderes in ihrem Leben getrunken hat. Jedenfalls nicht, seitdem ich sie kenne.
„Ja, aber ich habe auch schon Kaffee getrunken und ich finde, dass er eigentlich ganz gut schmeckt."
Meine Mutter hadert einen Moment mit sich selbst, weil ihr Sohn erst vierzehn ist, gibt dann aber meinem Bruder nach und lässt ihn sich einen Espresso bestellen, den er mit verzerrter Miene hinunterwürgt. Ich verkneife mir ein Lachen.
Die Sonnenstrahlen auf meiner Haut tanke ich wie Wasser an einem Hochsommertag. Während sich die Wärme in meinem gesamten Körper ausbreitet, muss ich daran denken, wie es mir vor einem Jahr gegangen ist. Als meine Mutter uns im Sommerurlaub gesagt hat, dass sich unsere Eltern trennen werden und wir entscheiden müssten, wer von ihnen mit uns leben muss. Ich war damals so wütend über ihre Wortwahl, dass ich wusste, ich würde nicht mit ihr zusammenleben wollen, wenn sie denkt, es sei ein muss. Meine Tagebucheinträge von damals lesen sich meist wie folgt: „Sie sollte viel eher sagen, wer mit uns zusammenleben darf. Muss! Sie hat muss gesagt! Als sei es eine Bürde uns als Kinder zu haben."
Aber wenn ich meine Mutter jetzt betrachte, wie sie den Vögeln lauscht und genüsslich lächelnd in ihren Muffin beißt, dann wird mir klar, dass sie selbst genauso eine Bürde für sich gewesen ist. Sie war nicht glücklich als Ehefrau und Mutter. Und es gab nichts, was wir hätten tun können, um das zu ändern. Als sie mich bekommen hat, war sie erst zwei Monate mit meinem Vater verheiratet. Ich habe das Hochzeitsvideo gesehen, indem sie hochschwanger in einem Sommerkleid unter der Brücke feiern. Wie das eben unter einer Brücke geht. Es ist die typische Liebesgeschichte; Mädchen aus gutem Hause verliebt sich in Jungen aus einem weniger guten Milieu. Nur, dass sie wenige Wochen in die Beziehung schwanger sein würde, das war ihr nicht bewusst.
Doch das ist alles unwichtig, wenn ich jetzt meine Mutter lächeln sehe. Etwas, das sie selten getan hat, als wir noch eine Familie waren. Es gibt kein einziges Foto, auf dem sie lächelt. Nicht einmal für die Kamera würde sie es tun. Stattdessen schneidet sie Grimassen, hält sich etwas vors Gesicht oder doch provokativ die Mittelfinger in die Kamera. Von mir gibt es viele lächelnde Babyfotos, reingestopft in mehrere Umschläge. Ein Album gibt es nicht. Überhaupt hängen keine Fotos von uns an den Wänden des Hauses. Ich habe meinen Vater mal gefragt, aber er hat nur mit den Schultern gezuckt und gesagt, es sei zu viel Arbeit, Bilderrahmen zu besorgen und sie alle an die Wand zu hängen. Mit anderen Worten; es sei die Arbeit nicht wert. Oder auch: Wir – seine Kinder – sind diese Arbeit nicht wert.
Kilian lacht und meine Mutter stimmt mit ein. Verwirrt drehe ich mich in die Richtung um, in die Kilian zeigt. Eine Babyente versucht verzweifelt ein kleines Stück Brot einer anderen Babyente zu stibitzen, bleibt aber erfolglos. Die kleinen schnappenden Bewegungen, die sie aufführt, erinnern an die Kopfbewegungen einer Taube, wenn sie geht. Die Entenmutter ist außer Sichtweise und kann demnach nicht schlichten, als das eine Entenbaby mit dem Brotstück davonschwimmt. Ich mache ein Foto und schicke es Bigfoot, der jedes von mir geschickte Foto mit einem Emoji kommentiert.
„Jetzt leg doch mal das Handy weg", Kilian starrt mich mit zusammengezogenen Brauen an, sodass ich Folge leiste. Es ist schließlich sein Geburtstag und ich muss Bigfoot ja nun auch nicht von jedem und alles ein Foto schicken. Trotzdem sende ich ihm noch eines von unseren leeren Tellern, bevor ich das Handy in der Jackentasche verschwinden lasse.
„Wollen wir noch zur Windmühle gehen? Sie uns von Nahem ansehen?", schlägt meine Mutter vor, nachdem sie bezahlt und einen weiteren Blick in ihren Reiseführer geworfen hat. Ich zucke mit den Schultern, während ich fragend zu Kilian sehe, der dann nickt.
*
Erst spät abends kommen wir zurück, total erschöpft trotz unseres Kurzschlafes im Zug, und wollen eigentlich nur noch in unsere Zimmer und ins Bett fallen. Aber irgendwas ist anders und es dauert einen Moment, bis ich begreife, was es ist. Im Flur hängen Bilderrahmen an den Wänden. Ein Blick ins Wohnzimmer verrät, dass es dort nicht anders aussieht. Es sind Bilder von unserem Vater mit Dodo, auf denen sie um einiges fülliger aussieht als sie heute ist. Wann hat sie so viel mehr gewogen? Wie lange ging das mit den beiden schon, als meine Eltern noch zusammen waren?
Andere Fotos zeigen drei unterschiedliche Mädchen, vielleicht in meinem Alter, vielleicht älter. Ich kenne sie nicht, der Haarfarbe nach zu urteilen könnten es Dodos Töchter sein.
Kilian und ich werfen uns einen vielsagenden Blick zu, bei dem er eine Augenbraue hochhebt. Wir wissen beide, was er denkt. Vierzehn und sechzehn Jahre ist er unser Vater und bisher hang kein einziges Bild von uns irgendwo, außer im Kindergarten an der Geburtstagsschlange, die unsere Erzieherinnen gebastelt haben. Jedes Kind in der Kindergartengruppe hat ein eigenes Bild bekommen, auf dem das Geburtsdatum stand und so wusste jede, wer wann Geburtstag hatte.
An der Wand die Treppe rauf sind helle Vierecke zu sehen, Abdrücke von den großen Puzzles, die dort gehangen haben. Unsere Mutter hat gern die Puzzles auf eine Pappe geklebt und unser Vater hat einen Rahmen gebaut, sodass wir sie aufhängen konnten. Manchmal durften Kilian und ich mitpuzzlen. Aber jetzt sind die Puzzlegemälde von Monet und van Gogh verschwunden, nur die hellen Abdrücke starren uns an wie leblose Spiegel.
Ich höre seine Schritte, bevor ich meinen Vater sehe.
„Na, wie war's? Hat Mama nach mir gefragt? Euch ausgefragt? Gegen mich aufgehetzt?" Er lächelt, aber seine Stimme ist alles andere als fröhlich. Sie wirkt aufgesetzt, beinahe bedrohlich.
„Nein", antworte ich müde, mein Bruder verdreht die Augen. „Was sind das für Fotos?", wechsle ich das Thema stattdessen.
„Schön, oder? Dodos Kinder. Wir dachten, es wäre schön, die mal aufzuhängen. Die Wände waren ja so leer."
Waren sie nicht, die Puzzles hingen schließlich da.
„Und jetzt wisst ihr auch mal, wie sie aussehen. Sie wollen nämlich bald vorbeikommen. Es wäre gut, wenn sie eins eurer Zimmer dann bekommen könnten zum Übernachten." Überrascht hebe ich die Augenbrauen.
„Aber nichts verraten, Dodo weiß davon noch nichts. Es soll eine Überraschung zu ihrem Geburtstag werden." Ich schnaube, was meinen Vater augenblicklich drei Zentimeter größer werden lässt, indem er sich vor mir aufbäumt.
„Was?"
„Warum hängen keine Bilder von uns an den Wänden?" Ich weiß nicht, woher mich der Mut packt, oder ob es reiner Todeswille ist, dass ich ihm so unverblümt entgegenstehe.
„Ach, du weißt ganz genau, dass ich Bilder von euch aufhängen würde, wenn wir welche hätten."
„Haben wir. Im Schrank unter der Musikanlage", ich zeige ins Wohnzimmer, aber mein Vater dreht sich nicht mal danach um.
„Pff, wenn ihr das unbedingt wollt, sucht doch ein paar Bilder aus und hängt sie auf."
„Darum geht es nicht", murmle ich und spüre, wie Kilian hinter mir an meinem Shirt zieht. Ich soll aufhören, unseren Vater zu provozieren. Als hätte mich jemand aufgeweckt, bemerke ich erst jetzt, in welche gefährliche Situation ich auch Kilian damit gebracht habe.
„Worum geht es denn dann, Katie?"
„Nicht so wichtig", antworte ich kleinlaut und spüre, wie Kilian noch fester an mir zieht. Also greife ich hinter mir und lege den Arm damit um ihn. Ich werde sicher nicht zulassen, dass ihm irgendetwas passiert.
„Ach, die schlaue Katie. Denkt wieder, sie ist zu schlau für uns alle. Denkst du, ich bin dumm und würde nicht verstehen, was du meinst?"
„Nein." Wir stehen uns gegenüber im Türrahmen zwischen Flur und Wohnzimmer und ich weiß, dass wir nicht an ihm vorbeikommen, solange er nicht freiwillig zur Seite weicht.
„Weißt du, ich bin deine Überheblichkeit wirklich leid, Katie. Wenn du denkst, du bist allein besser dran. Dann bitte, schlaft doch unter der Brücke bei den Pennern. Ist mir egal, ob ihr ausgeraubt, sterbt oder vergewaltigt werdet. Das habt ihr euch dann nämlich selbst zuzuschreiben. Ich suche mir mit Dodo eine schöne kleine Wohnung und muss mich mit euch nicht mehr herumplagen."
Hinter mir höre ich Kilian schwer atmen, kein gutes Zeichen, denn er hat das Temperament von unserem Vater wenigstens teilweise vererbt bekommen.
„Entschuldigung", sage ich deshalb, während ich betreten zu Boden schaue. Wie erwartet weicht mein Vater vom Türrahmen zurück und geht in Richtung Sofa.
„Das will ich auch meinen. Jedes Mal, wenn ihr bei eurer Furie von Mutter seid, seid ihr noch unausstehlicher als vorher."
Ich antworte darauf nichts, sondern husche mit Kilian die Treppe hoch.
„Genau deswegen sage ich ihm nie, wo ich bin", flüstert er auf dem Weg nach oben in unsere Zimmer und ich würde das Gespräch gern weiterführen, mit ihm vielleicht sogar ein wenig über unseren Vater lästern, aber Kilian verschwindet ohne ein weiteres Wort in seinem Zimmer. Sobald die Tür ins Schloss fällt, weiß ich, dass er nicht mehr ansprechbar ist für heute. Seine social battery ist noch niedriger als meine, und das heute hat jede meiner Kraft benötigt.
*
Dodos Töchter kommen wenige Tage später pünktlich zu ihrem Geburtstag an. Zum Glück wird uns die gemeinsame-heile-Familien-Zeit aber erspart, denn als ich gegen acht Uhr am Samstagmorgen aufwache, sind alle weg außer Kilian und ich.
Erst gegen Abend kommen sie lachend zurück, lassen die Eindrücke Revue passieren, bei denen sie brunchen waren, den Freizeitpark besucht haben mit Achterbahnen und Zuckerwatte sowie Dosenwerfen und bei einem abendlichen Spaziergang dann noch das neu eröffnete Restaurant um die Ecke ausprobiert haben.
Unser Vater wollte nie mit uns in den Freizeitpark, seitdem er sich als Jugendlicher dort mal den Nacken verstaucht hat in einer der Attraktionen. Außerdem fand er es immer viel zu teuer für vier Personen. Anscheinend hat er seine Meinung geändert. Fünf Personen kriegen wohl Familienrabatt.
Liebster Bigfoot,
Die letzten Tage waren die HÖLLE! Du hättest meinen Vater sehen sollen! Hat auf heile Familie gemacht, das ganze Wochenende! Immer lächeln und winken als seien wir die scheiß Pinguine aus Madagaskar!
Ich freue mich einfach darauf, dich bald wiederzusehen, denn immer wieder bemerke ich, wie sehr du mir fehlst, wenn ich deinen Herzschlag nicht hören kann.
Es fühlt sich an, als hätten wir uns ewig nicht gesehen! Ich weiß, dir kam das gelegen, du warst ja schließlich mit den Jungs auf dem Rockfestival. Aber ich habe dich trotzdem ziemlich vermisst...
Ich liebe dich, dein Wunschtraum
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