Kapitel 4
Die Häuser in der näheren Umgebung der Explosion waren überdeckt mit staubiger Erde, Schutt und anderem Dreck, den Sakura im Vorbeilaufen nicht identifizieren konnte. Sie beeilte sich, rannte durch die Straßen und hoffte, dass sie nirgends eine verletzte Person sah, weil sie dann anhalten müsste. Nicht auf einen Befehl hin, sondern wegen des Versprechens, das sie als Heilerin abgegeben hatte.
Der Weg zu Karins Gefängnis stellte sich als schwieriger raus, als Sakura erst gehofft hatte. Einige Häuser waren durch das Beben zusammengefallen und die Wege waren von Dächern, Hauswänden und anderen zerstörten Teilen des Dorfes versperrt.
Sie sprang über Schuttteile, trat Steine aus dem Weg, machte große Bögen um umgestürzte Bäume und kämpfte sich unter der Zerstörung hindurch, als würde ihr Leben davon abhängen.
In einer Straße hatten einige Stände mit Obst und Gemüse gestanden, die nun allesamt über den Bogen verteilt herumtollten. Mit zusammengezogenen Augenbrauen versuchte sie sich irgendwie einen Weg durch das Chaos zu bahnen, immer auf der Hut, nicht auch noch auf einer Mandarine oder Tomate auszurutschen.
Es dauerte viel zu lange. Sie würde niemals rechtzeitig...
Sakuras Schritte wurden langsamer und ihr Puls dafür umso schneller. Dort war etwas — oder jemand — in der Gasse, an der sie gerade vorbeigeeilt war. Sie hatte nur vage den Umriss eines Körpers aufgeschnappt, doch es bestand kein Zweifel daran, dass sich eine Person in dieser Seitenstraße befand.
Verdammt, fluchte sie innerlich, während sie einige Schritte zurückging und in die Gasse einbog.
Dort war er. Etwas größer als sie, ein dunkler Mantel und... was machte er denn da? Ein Plünderer? Jetzt schon? Die Gefahr war noch nicht mal gebannt, und die ersten begannen schon, sich am Eigentum eines anderen zu bedienen.
"Hey!", rief Sakura und beschleunigte ihre Schritte. "Was soll das?"
Der Unbekannte drehte sich nicht zu ihr, er trat allerdings von dem weg, was auch immer er vorher begutachtet hatte und positionierte sich inmitten der Straße.
Sakura schluckte. Sie hatte keine Waffen bei sich. Dieser Vormittag war als ein entspanntes Picknick mit ihren Freundinnen geplant gewesen, keine Schlacht in einer Seitenstraße. Ihre Messer, Briefbomben, sogar ihre verdammten Handschuhe hatte sie Zuhause gelassen. Als gutes Omen, hatte sie sich gesagt. Wenn ich das ganze Zeug nicht mitnehme, kann ich es auch nicht brauchen.
Tja, falsch gedacht. Ein gutes Omen war das nicht. Er war größer und breiter als sie, doch hoffentlich lag das Überraschungsmoment auf ihrer Seite, wenn er ihre wahre Stärke zum ersten Mal zu spüren bekommen würde.
Sakura bereitet sich auf einen Kampf vor. Sie beruhigte ihre Atmung und ließ sich nicht von dem unguten Gefühl, dass der Plünderer in ihr auslöste, beirren. Sie war Tsunades Schülerin, der stärksten Frau der Welt. Einen Straßendieb würde sie mit links auseinandernehmen.
Doch dann griff er nach seiner Kapuze und ließ seinen schwarzen Mantel zu Boden gleiten.
Rote Augen trafen auf Smaragdgrüne. Sakuras Atem stockte, ihr Puls schoss in die Höhe, die Welt verstummte und nur noch ein stetiges Summen erreichte ihre Trommelfelle. Sie war wie erstarrt. Schon wieder. Warum passiere ihr das nur immer wieder, wenn er vor ihr stand? Als würde ihr Körper seine bloße Existenz nicht verkraften können.
Sasuke zog sein Katana und drehte es einmal in seiner Hand. Gab er ihr einen Vorsprung? Eine Ablenkung? Oder wollte er einfach nur, dass das letzte was sie sah, seine Angeberei war?
Jetzt wäre der perfekte Zeitpunkt für ihren Fluchtreflex gewesen, doch Sakuras Beine bewegten sich kein Stück. Er war bis an die Zähne bewaffnet, hatte sein Sharingan schon aktiviert und den Überraschungsmoment hatte sie auch verloren.
Sie sahen sich für eine geschlagene Minute nur stumm in die Augen. Die Welt drehte sich weiter, Schreie und Explosion ertönten um sie herum, doch Sakura sah einzig seine Entschlossenheit und die Kälte in seinen Augen. Sie waren anders, diese Augen. Sie kannte seine Augen. Diese waren nicht seine.
Ein grausamer Gedanke schoss durch ihren Kopf und er hatte es ihr angesehen. Sie wusste, was mit seinen Augen geschehen war und er wusste, dass sie es wusste. Sasuke machte sich zum Angriff bereit und behielt seine Gegnerin ganz genau in seinen — oder eher gesagt nicht seinen — Augen. "Falsche Zeit, falscher Ort", murmelte er während er ihr immer näher kam.
Sakura konnte einfach nur regungslos vor ihm stehen und sich dem stellen, was er ihr entgegenbrachte. Sie hatte absolut keine Chance gegen sein Sharingan, schon gar nicht sein Mangekyō, und selbst dem Shidori würde sie nur dürftig entgegenwirken können. Dabei hatte sie keine einzige Waffe bei sich. Nein, diese Gasse war ihr Todesurteil und Sasuke war kein gnädiger Henker.
Er kam mit solch einer schnellen Präzision auf sie zugerannt, dass Sakura fast den Moment verpasste, bei dem er ihr am nächsten war. "Warte!", stieß sie mit schriller Stimme aus. Sasukes Bewegung geriet ins Stocken und er blieb mit der Spitze seiner Klinge an ihrem Hals stehen. Sie stand mit dem Rücken zur Wand, die unebenen Steine drückten sich in ihren Rücken und ein pochender Schmerz ging von der Stelle ihres Kopfes aus, der gegen die Fassade gestoßen war. Sakura vergas wie man atmete, sie hatte nicht erwartet, dass er tatsächlich stehenbleiben würde. "Willst du mich wirklich töten?" Es war eine Taktik, damit er sich wirklich ins Gedächtnis rief, was er da gerade vor hatte, doch das Zittern in ihrer Stimme enttarnte auch die Ehrlichkeit in der Frage. Sie wollte es wirklich wissen. Sie wollte wissen, ob er es tatsächlich tun könnte, wenn er nicht aus Reflex handelte.
"Was? Verlangst du, dass ich Gnade walten lasse, weil ich als Kind mit dir gespielt habe?" Seine Stimme war getränkt mit Gift, nicht mehr als ein Spuken zu ihren Füßen.
Sasukes Klinge berührte ihren Hals nur leicht, doch das scharfe Metall brauchte nicht viel Druck um zu schneiden. Der winzige Schnitt an Sakuras Hals war der Beweis dafür, dass Kakashi und Naruto dieses Mal nicht zu ihrer Hilfe herbeieilen würden. Entweder würde er sie jetzt hier umbringen oder sie würde auf jede Manipulationstaktik zurückgreifen müssen, die sie kannte.
Sakura versuchte ihre Miene so ausdruckslos wie möglich zu halten. Wenn sie in dieser Situation statt Angst Ruhe zeigte, würde ihn das, wenn sie Glück hatte, so aus der Fassung bringen, dass sie eine Chance zum Überleben hatte. "Nein, ich verlange eine Antwort", gab sie mit kühler Stimme zurück. "Willst du mich wirklich töten?"
Er zögert. Sein Gesicht war wutverzerrt und seine ganze Haltung hätte Antwort genug sein können. Und doch zögerte Sasuke Uchiha das Mädchen zu töten, dessen Leben er so oft über sein eigenes Wohlergehen gestellt hatte. Sie hatten sich oft gegenseitig gerettet, als sie noch Kinder waren. Es war fast schon morbide, die Ironie des Schicksals. Er hatte immer und immer wieder ihr Leben gerettet um es nun hier zu beenden.
Sakura konnte jeden seiner Gedanken in seinem Gesicht erkennen — er stand ihr so nah, vielleicht schlug ihr Herz nicht nur aus Angst um ihr Leben so hoch. Auch, wenn er mit diesen Augen nicht geboren worden war, kannte sie doch jedes Zucken seiner Lippen, die leichte Bewegung seiner Augenbrauen, das angedeutete Rümpfen seiner Nase. Sie brauchte seine neuen Augen nicht kennen, sie musste nur ihn kennen, um ihm den Kampf in seinem Verstand anzusehen.
Er musste sie töten, er hatte es schon früher versucht, doch wollte er es auch tun? Oder hatte er mit seinen früheren Morden nur für sein eigenes Überleben gesorgt? Hätte er seine vorherigen Opfer auch getötet, wenn sie ihn gefragt hätten, ob er es wirklich wollte?
Schließlich gelang er zu einer Entscheidung und senkte kurz den Blick, um sich für seine eigene Antwort zu brüsten. "Ja", sagte er ohne eine einzige Emotion in der Stimme. Sasuke ließ sein Schwert zurückschnellen und stieß es ihr in den Bauch.
Sakura zog scharf die Luft ein. Im ersten Moment spürte sie nichts, dann fühlte sich ihr ganzes Körper an, als würde er in Flammen stehen. Sie hatte es so oft schon getan, so oft schon ihr Chakra in den Körper eines anderen fließen lassen, um hunderte Leben zu retten. Wer hätte gedacht, dass ihr eigenes Leben zu retten ihre bisher größte Herausforderung sein würde?
Ein Lächeln schlich sich auf ihr Gesicht, während sie vor Anstrengung den Boden unter den Füßen verlor. Das Schwert steckte in ihrem Abdomen und Sasuke sah ihrem zitterigen Körper dabei zu, wie er langsam an der Häuserwand hinunterrutschte. Er wollte nach dem Griff des Katana greifen, doch Sakura war schneller. Sie griff ebenfalls danach und brach es in einer einzigen Bewegung in zwei. Das hatte eine absurde Menge an Chakra gekostet, doch der ungläubige Blick auf Sasukes Gesicht war es das wert gewesen. Sollte er doch gucken wie er sie nun töten würde, wenn er sich wirklich selbst die Hände schmutzig machen müsste.
Sie würde die Klinge so langsam wie möglich aus ihrem Bauch ziehen müssen, damit sie sich schnell genug selbst heilen konnte. Es würde ein Drahtseilakt an Konzentration werden, doch genau dafür hatte Tsunade sie all die Jahre lang ausgebildet. Zum Überleben. Die Heiler mussten immer am längsten von allen überleben.
Sakura schloss die Augen und lehnte sich gegen die kühlen Steine der Fassade. Ihr Körper kribbelte, während sie in sich hinein fühlte, um den Schaden einzuschätzen. Sasuke hatte nichts getroffen, dass sie nicht wieder reparieren konnte — ob gewollt oder nicht. Sie zog an der Schwertspitze und ihr Chakra bahnte sich seinen Weg zu ihrem Magen, den sie würde flicken müsste. Ihr Lächeln wurde breiter.
"Und warum hast du denn nicht auf mein Herz gezielt? Oder meine Lunge? Oder meinen Hals?", fragte sie ganz zu seinem Missfallen. Ihre Stimme war gedrückt und vom Schmerz verzehrt, der die Klinge in ihrem Bauch ihr bescherte. Sie war natürlich froh, dass er nicht auf ihre Lunge gezielt hatte, doch verdammt nochmal, sie konnte nur mit Mühe jedes Mal ein schmerzerfülltes Ächzen und Stöhnen unterdrücken, wenn sie die Klinge auch nur anfasste.
Sasuke sah immer noch so perplex auf den abgebrochen Griff seines Katana, dass er nur die Hälfte dessen mitbekam, was um ihn herum geschah.
Plötzlich wand er sich ab und ging zurück zu der Stelle, an der sie ihn vor ein paar Minuten gestört hatte. Seine Bewegung waren unbesonnen und schlampig, er hatte nichts mehr von der stoischen, abgeklärten Art, die er normalerweise an den Tag legte.
Er schien in Gedanken zu versinken, fasste sich genervt an die Stirn und wägte seinen Optionen ab. Sein Plan war grandios schief gegangen und nun musste er improvisieren. Wie gut, dass sie in Team 7 schon früh gelernt hatten, immer einen Ausweichplan zu haben. Und ebenfalls wie gut, dass weder Sasuke noch Sakura sich einen hatten einfallen lassen, bevor sie sich in diesen sinnlosen Kampf gestürzt hatten.
Vermutlich überlegte Sasuke sich gerade die unauffälligste und leichteste Methode, um Sakura doch noch loszuwerden. Das Shidori war laut und Kakashi würde ihn durch die Chakra-Signatur in Sekundenschnelle aufspüren und dann war das schöne Ablenkungsmanöver umsonst gewesen. Feuer würde man sehen, seine neuen Augen waren noch leicht gerötet von der Umstellung, also würde er sein Sharingan schonen müssen — sie abzustechen hatte schon das erste Mal nicht funktioniert.
Vielleicht verbarg sich hinter seinem Zögern jedoch auch Angst, Schuldgefühle, vielleicht wollte er ihr Blut wortwörtlich nicht an seinen Händen kleben haben und hatte ihr deswegen nicht die Kehle aufgeschnitten.
Was immer in Sasukes Kopf vor sich ging, es verschaffe Sakura genug Zeit, um sein Schwert herauszuziehen und den größten Schaden in ihrem Inneren zu beseitigen. Sie war nicht hundert Prozent wieder hergestellt und Schmerzen hatte sie auch noch, doch Sakura setzte sich wieder aufrecht hin und hielt sich an der Wand fest während sie langsam auf ihre wackeligen Beinen kam.
Sobald sie wieder stand hatte Sasuke anscheinend auch gefunden, was er aus den Trümmern die Gasse runter bergen wollte — oder er hatte wenigstens eine Entscheidung gefällt. Er holte ein Kunai aus seiner Tasche, stieß Sakura bei der Schulter wieder an die Fassade und ließ es in einer schnellen Bewegung vorschnellen.
Die Schmerzen ihrer Stichverletzung vernebelten Sakura die Sinne, sie war mental noch nicht dafür bereit gewesen, einen erneuten Angriff zu erwarten und Sasuke war verdammt schnell.
Nur mit Mühe konnte sie gerade noch rechtzeitig den linken Arm heben, um seine Hand mit dem Messer kurz vor ihrem Herzen abzubremsen.
Es ging so schnell, dass Sakura schockiert ihre Augen und ihren Mund aufriss, für den Schrei war allerdings keine Zeit mehr. Sasuke war ihr nahe, er nahm ihren Tod anscheinend inzwischen sehr persönlich, wenn sie die Frustration in seiner ganzen Haltung betrachtete. Sie konnte den Duft von Rauch und Salz vernehmen, seine Haare waren länger als damals, als sie noch Kinder waren. Sie spürte die Spitzen seiner schwarzen Haare über ihre Stirn gleiten, während er tiefe wuterfüllte Atemzüge nahm.
Seine Augen unterschieden sich nur bei genauerem hinsehen von seinen alten. Einem normalen Menschen wäre es wahrscheinlich nicht mal aufgefallen, doch erstens kannte Sakura Sasuke in und auswendig und zweitens war sie eine durchaus talentierte Heilerin. Er hatte die Bandagen viel zu früh abgemacht. Und in helles Licht sollte er auch noch nicht sehen.
Doch in ihre Augen... in ihre Augen zu sehen schien ihn immer wieder zögern zu lassen. Seine Hand kämpfte gegen Sakuras Griff an, doch sie wusste, dass er nur halbherzig dagegenhielt. Er hätte sie auf der Stelle töten können, sie war geschwächt, ihre rechte Hand lag immer noch auf ihrem Abdomen und ihm so nah zu sein schwächte ihre Konzentration. Sie traute sich fast gar nicht zu atmen.
"Sasuke?!", ertönte eine schrille Stimme.
Er sprang sofort weg von ihr und ließ das Kunai neben ihrem Kopf in die Hausfassade fliegen, wo es schließlich zwischen den Steinen stecken blieb. Sakura fühlte den leichten Luftzug immer noch an ihrer Wange und das leise Säuseln der Klinge geisterte durch ihre Gedanken wie Rauch durch die Luft.
Irgendwer musste es heute verdammt gut mit Sakura meinen, als ihr Mord schon zum zweiten Mal an diesem Tag verhindert wurde.
Zum ersten Mal seit geschlagenen zehn Minuten nahm sie einen vollständigen, tiefen Atemzug und schloss kurz die Augen, um ihren Puls unter Kontrolle zu bekommen. Dann wand sie ihren Kopf nach links, wo ein rothaariges Mädchen mit verschränkten Armen und zusammengezogenen Augenbrauen in die Gasse schaute — Sakura war noch nie so erleichtert gewesen Karin irgendwo zu sehen.
Sie trug noch immer die weiße Gefängniskleidung, die alle Hochsicherheitsgefangenen zum Anziehen bekamen und ihre Haare waren zu einem Zopf gebunden, der seine besten Zeiten schon hinter sich hatte.
Sakura hatte sie vor etwas über einer Woche das letzte mal gesehen, als sie für die Nachuntersuchung ihrer Wunden des Gefängnis besucht hatte — eine Wunde, die Sasuke ihr zugefügt hatte. Jetzt würde sich also herausstellen, wie Karin wirklich zu ihm stand.
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Heyho meine Lieben,
Ratet mal, warum das neue Kapitel so lang gedauert hat. Ich war am Sonntag in Hamburg auf dem Harry Styles Konzert.
Wäre fast ohnmächtig geworden, hab stundenlang geheult und all meine Videos sind unbrauchbar, weil man nur mein Gekrächze hört, aber wenigstens hatte ich Spaß 😂😂.
Außerdem hab ich diesen Monat meinen Führerschein angefangen und hatte Geburtstag, also der Juni war ziemlich vollgepackt.
Ist ja auch egal. Ich hoffe, euch gefällt das Kapitel und die Story bis jetzt, mir nämlich schon ;)
Habt alle einen wunderbaren Ferienanfang und gute Nacht
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