Kapitel 13
Es war schon lange nach Mitternacht, als Sakura durch ein Klopfen aus dem Schlaf schreckte. Schon seit ihrer ersten Nacht hier wachte sie bei jedem Knacken und Ächzen sofort auf, doch in dieser Nacht war es nicht das alte Gemäuer, das ihr den Schlaf raubte, sondern wer auch immer gegen ihre Tür hämmerte.
Mit einem verschlafenen Knurren schälte sie sich aus der dünnen, muffigen Decke und ließ sich bei jedem Schritt Zeit, den sie bis zur Tür machen musste. Sie streckte die Arme in die Luft, dehnte ihren Rücken und öffnete dann mit zusammengezogenen Augenbrauen endlich die Tür.
Sie war natürlich normalerweise abgeschlossen, ihr Besucher hätte also zu jeder Zeit ihre Privatsphäre stören und einfach hereinplatzen können, da er den Schlüssel besaß. Es sprach für ihn, dass er artig auf ihren Einlass wartete.
Sie griff nach der Klinke, drückte sie herunter und ein Knarzen später stand sie mit verschränkten Armen vor Sasuke Uchiha.
"Wo hast du denn deinen Aufpasser gelassen?", fragte sie provokant und sah kurz an ihm vorbei, um sicher zu gehen, dass die beiden nicht völlig den Verstanden verloren und ihre Befragungen auf drei Uhr morgens verlegt hatten.
Kisame war weit und breit nirgendwo zu sehen.
Sasuke dafür schon, wie er da mit dunklen Augenringen und wuscheligen Haaren vor ihr stand. Er sah aus, als hätte er sich die letzten Stunden ununterbrochen in seinem Bett gewälzt.
Warum um alles in der Welt störte er nun ihren Schlaf, wenn er selbst nicht schlafen konnte? Als Ärztin hätte sie ihm eine heiße Milch oder Yoga verschrieben, mehr konnte sie hier und jetzt auch nicht tun.
Doch dann lehnte er sich vor und Sakura erkannte langsam, dass er nicht ihrer ärztlichen Expertise wegen hier war.
Er trug eine weite, schwarze Schlafhose und hatte einen leichten Morgenmantel über seine nackte Brust gehängt. Dieser war so tief erst zusammengebunden, dass er fast nichts verdeckte.
Sakura hatte das Licht in ihrem Zimmer ausgelassen, es schien also nur das flackernde, gelbliche Licht aus dem Flur herein und erhellte Sasukes Umriss.
Er war in Schatten gehüllt, sodass Sakura ihn nur richtig sehen konnte, wenn sie sich sehr anstrengte — was sich nach diesem unsanften Wecken zugegebenermaßen als etwas schwierig herausstellte.
"Du musst damit aufhören", sagte Sasuke mit einer Dunkelheit in der Stimme, die Sakura erst nicht zuordnen konnte.
Aufhören. Es gab so viele Dinge, mit denen sie angefangen hatte und die sie hätte aufhören können.
Sie schnaubte und setzte sich mit übereinander geschlagenen Beinen auf ihr Bett. Die Schlafsachen, die man ihr gegeben hatte — wahrscheinlich gehörten sie Karin — waren nicht gerade besonders wärmend. Ganz im Gegenteil eher; als Sakura die äußerst knappe Hose zum ersten Mal gesehen hatte, war sie sich nicht sicher gewesen, ob Karin sie nicht absichtlich zerschnitten hatte.
Sakura stürzte sich mit einer Hand auf die Matratze und sah mit hochgezogenen Augenbrauen herausfordernd hoch in Sasukes schattiges Gesicht. "Womit?"
"Steh auf", befahl er mit dem gleichen Ton von vorhin in seiner Stimme. Versuchte er etwa, etwas zu beweisen? War es das?
Für einen kurzen Moment wägte Sakura ihre Optionen ab. Sie konnte einfach sitzen bleiben und ihm wahrscheinlich genau in die Karten spielen, oder sie spielte ganz brav mit und sah, was geschah.
Am Ende siegte die Neugierde über die Dickköpfigkeit und Sakura entknotetet ihre Beine wieder, um sich vor Sasuke hinzustellen.
Er hatte seit sie die Tür geöffnet hatte keinen Muskel mehr bewegt. Sein ganzer Körper schien so angespannt, wie er da an ihrem Türrahmen lehnte und jede ihrer Bewegungen mit Adleraugen zu analysieren schien.
Sasuke nahm einen tiefen Atemzug und Sakura sah dies als Zeichen dafür, dass sie die richtige Entscheidung getroffen hatte.
Das Zimmer war so klein, dass sie und Sasuke nur zwei Schritte voneinander entfernt standen, also konnte sie den Konflikt auf seinem Gesicht in Echtzeit miterleben. "Verdammt", stieß er schließlich aus. "Das eine Mal, dass du tust was ich sage..."
"Warum bist du hier?"
Es war spät, Sakuras Stimme war noch immer heiser vom Schlaf und die Spannung zwischen ihnen baute sich mit jedem unausgesprochenen Wort weiter auf. Sie hatte genug von seinen Experimenten. Sie wollte endlich reinen Tisch machen.
Sasuke schnaubte nur auf ihre Frage hin. "Das hier ist mein-"
"Weißt du, was ich glaube? Ich glaube, dass ich recht habe", unterbrach Sakura ihn. Sie musste sich nicht immer wieder anhören, was ihm hier alles gehörte. Wer sonst würde sich freiwillig dieses furchtbar hässliche Versteck aussuchen? Sie ganz sicher nicht.
"Recht womit?", fragte er spöttisch.
"Mit allem." Ihre Stimme wurde nun sanfter.
Sein Gesicht mochte sich nicht rühren, doch seine Augen verrieten ihn.
Er dachte über all die Worte nach, die Sakura ihm in den letzten Tagen an den Kopf geworfen hatte. Jedes Mal, wenn sie von zuhause gesprochen hatte, war da dieser Schatten auf seinem Gesicht erschienen, der sich nun schon wieder zeigte.
All die Dinge, all die Wahrheiten, die sie über ihn gesagt hatte, sie alle vernebelten ihm den Verstand und raubten ihm jegliche Ruhe.
Wenn er sich seiner Rolle in diesem Krieg so sicher war, wie konnten ein paar einfache Worte von ihr ihn dann so sehr von seinem Weg abbringen?
Was sah er sich gezwungen zu tun? Und was wollte er wirklich?
Sakura machte einen Schritt nach vorn und fixierte seine dunklen Augen. "Komm nach Hause", flüsterte sie in die Nacht hinein.
Sasukes Blick fiel auf den Boden, als könnte er es nicht ertragen, sie anzusehen.
"Ich kann nicht", sprach er genauso leise zurück.
Sakura machte einen weiteren Schritt nach vorn und er war gezwungen, sie wieder in seinem Blickfeld zu registrieren.
Ihre Stimme zitterte bei ihren nächsten Worten nicht. "Dann töte mich."
Denn was tat sie noch hier, wenn keine ihrer Worte, keine ihrer Taten ihn jemals umstimmen würden? Er wusste so gut wie sie, dass es keinen Grund dafür gab, sie am Leben zu lassen. Wenn überhaupt würde er seiner Seite sogar einen Vorteil verschaffen, indem er Sakura noch vor diesem unvermeidlichen Krieg ausschaltete.
Was war also der Punkt? Was war seine Ausrede?
Was würde er jetzt tun, da sie ihn festnagelte?
Sasukes Augen blieben an Sakuras Gesicht hängen, er lehnte sich einen Zentimeter weiter nach vorn, nahm einen tiefen Atemzug, wollte Worte sagen, die durch Stein gebrannt hätten, doch die Worte verließen nie seinen Mund. Stattdessen fiel sein Blick auf Sakuras Lippen.
Er bewegte sich nicht, hielt die Luft an, machte keinen Mucks. Eine falsche Bewegung, ein weiterer Millimeter...
Sakura war kein Feigling. Sie machte diese eine falsche Bewegung und spürte Sasukes heißen Atem auf der empfindlichen Haut unter ihrer Nase.
Ein Millimeter...
Eine richtige Bewegung...
Es war dunkel, doch Sakura schloss trotzdem ihre Augen, als sie diese letzte Barriere hinter sich ließ.
Ihre Lippen trafen auf etwas sanftes. Nur ganz kurz, nur für einen Augenblick, doch diese eine Berührung entfachte ein Feuer.
Plötzlich schoss Sasukes linke Hand nach oben und er griff stürmisch in Sakuras Haar.
Noch bevor sie diese erste Berührung ihrer Lippen richtig registriert hatte, traf sein Mund wieder auf ihren. Diesmal richtig, diesmal mit allem, diesmal voll und ganz.
Sakura entfuhr ein erstickter Laut der Überraschung, doch dieser gab Sasuke nur die Möglichkeit, den Kuss zu vertiefen.
Seine rechte Hand schlang sich um ihre Taille, zog sie zu sich. Seine Zunge fand ihren Weg in Sakuras Mund, streifte ihre Zunge und gab ihr nicht einmal eine Sekunde zum Denken.
Ihre Gedanken waren leise, in ihrem Kopf war nichts als das Gefühl von seinen Lippen auf ihren Lippen, seiner Hand auf ihrem Körper, seinen Fingern in ihren Haaren.
Sie machten einen gemeinsamen Schritt zurück, weg von der Tür und dem Flur, und Sakura hätte beinahe das Gleichgewicht verloren, wären ihre Finger nicht tief in Sasukes Morgenmantel verheddert gewesen.
Er machte sie schwach, so schwach, wie er seine Finger durch ihre kurzen Haarsträhnen fahren ließ, sie festhielt, zusammenhielt. Ihren Kopf so packte, dass er die beste Kontrolle über diesen Kuss hatte.
Seine andere Hand war noch immer auf ihrer Hüfte, doch sie bahnte sich langsam ihren Weg weiter runter, bis sie den Saum ihres Oberteils gefunden hatte.
Mit einem Mal strichen seine Fingerknöchel über die sanfte, empfindliche Haut ihres unteren Rückens und Sakura hätte beinahe den Verstand verloren.
Sie hatte sich diesen Kuss so oft vorgestellt, seit sie ein kleines Mädchen war, doch nicht einmal ihre kühnste Fantasie konnte es hiermit aufnehmen. Das hier war besser als alles, was sie jemals in ihrem Leben gespürt hatte.
Ein atemloses Keuchen entfuhr ihr, als sie Sasukes kalte Finger auf ihrer erhitzten Haut fühlte.
Er machte daraufhin ein knurrendes Geräusch, das sie in ihrem ganzen Leben nicht mehr vergessen würde und das Kribbeln in ihrem Bauch verselbstständigte sich.
Sie wollte mehr. Und sie konnte fühlen, das er es auch wollte.
Ihre Hände rutschten an der Öffnung seines Morgenmantels hinunter bis zu dem Stoffgürtel, der ihn so ungerührt zusammenhielt.
Mit einer einzigen Bewegung öffnete sich der Mantel unter Sakuras Fingern und ihre Haut suchte sofort den Kontakt mit seiner.
Sie spürte wie er scharf die Luft einzog, während ihre Handfläche auf seinen Bauchmuskeln landete und plötzlich war seine Hand nicht mehr in ihren Haaren, sondern an ihrem Kinn. Eine ruckartige Bewegung und ihr ganzer Hals stand ihm offen zur Verfügung.
Seine Lippen landeten an der Stelle unter ihrem Kiefer, hinter ihrem Ohr, überall und nirgendwo. Sakura konnte jegliche seiner Bewegungen an ihrem ganzen Körper spüren, er küsste sie nicht mehr sacht, sondern mit einem Verlangen, das ihr Töne entlockte, die sie niemals aus ihrem Hals gehört hatte.
Es war eine wahre Extase, eine Idylle, ein Augenblick im Himmel, die er sie fühlen ließ.
Sakura wusste nicht mehr wohin mit sich selbst, mit diesen Gefühlen und Gedanken und ihren Händen und Beinen und ihm.
Sasuke machte sie unbeholfen und dumm, nahm ihr jegliche Autonomie über ihren Körper und sie hätte es nicht anders gewollt. War das der Liebeswahn, vor dem immer alle warnten? Sagte man deswegen, dass Liebe blind machte? Weil sie ihre Augen nicht mehr öffnen konnte und ihren Mund nicht mehr schließen und ihre Finger nicht mehr aufhalten und ihren Verstand nicht mehr kontrollieren und...
Plötzlich sprang Sasuke förmlich von ihr weg, sah Sakura mit großen, dunklen Augen an und er machte einen wackeligen Schritt zurück.
Seine Hand schoss hoch zu seinem geschwollenen Mund, sein Atem ging noch immer stockend, er fuhr sich durch die Haare, doch ihre Augen waren noch immer ineinander verschlungen.
Sein Blick fiel erneut auf ihre leicht geöffneten, pinken Lippen. Er schluckte.
Sein Oberkörper war nach wie vor völlig entblößt und gab freie Sicht auf seine trainierte Brust und die definierten Muskeln seines Bauches. Noch vor Sekunden waren ihre Fingerspitzen über genau diese Furchen gefahren, hatten ihm atemlose Flüche und tiefe Geräusche entlockt.
Er schien in genau den gleichen Erinnerungen zu schwelgen, doch dann kniff er wortlos die Augen zu und sah aus, als würde er den Kampf seines Lebens ausfechten.
Sakura wusste nicht, welche Seite gewann, doch das war nicht verwunderlich. Ihr Gehirn hatte seit der ersten Berührung ihrer Lippen den Dienst quittiert und ihn seitdem nicht wieder aufgenommen.
Sie stand schwer atmend und leicht schwankend in der Mitte des Raums und sah hoch in Sasukes schattiges Gesicht.
Seine Hand flog hoch und schirmte seine Augen ab — vor was wusste Sakura nicht, immerhin war es hier nicht besonders hell. Dann drehte er sich schwer atmend um und stürmte ohne ein weiteres Wort durch die Tür zurück auf den Flur. Er schloss noch nicht einmal die Tür hinter sich, so losgelöst war er von der Realität.
Sakura entfuhr ein atemloses Lachen. Es war Schock, Überraschung, süßer, süßer Sieg.
Doch in ihrem Hinterkopf begannen sich Zweifel zu bilden. Er wollte sie nicht um ihretwillen, er wollte dieses Gefühl spüren, dass sie ihm gab.
Seit Jahren taten die Leute um ihn herum, was er sagte, keiner traute sich, seinen Zorn zu erwecken. Dann klopfte dieser Schatten seiner Vergangenheit an seine Tür und mit einem Mal fühlte er sich lebendig.
Sakura war nie die Art Mensch gewesen, die tat, was man ihr sagte. Und tief in seinem Inneren hatte Sasuke sie immer dafür bewundert.
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Hallo ihr Lieben,
zur Feier dafür, dass ich all meine Klausuren bestanden habe, dachte ich, heute gibts mal was besonders schmackhaftes. Ich hoffe, ihr lest dieses Kapitel mit dem gleichen verschmitzten Lächeln, mit dem ich es geschrieben habe.
Passt auf euch auf und frohe Feiertage, was auch immer ihr feiert.
Viel Liebe xx
cxrxlnxx22
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