Der Zeitdieb: Teil III

„Manchmal sind die idyllischten Orte die gefährlichsten", gab der Doktor weise von sich. „Festhalten, Nina, das wird jetzt sehr holprig." Mit diesen Worten betätigte er einen Hebel und die Tardis setzte sich in Gang.


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Es war der holprigste Tardis-Flug, den Nina jemals zurückgelegt hatte. Sie wurden so heftig hin und her geschüttelt, dass die junge Frau hinfiel und der Doktor sich gerade noch so an die Steuerkonsole klammern konnte, damit nicht auch er Bekanntschaft mit dem Bodengitter machen musste. Die Tardis gab seltsame Geräusche von sich, als würde sie sauer sein.

„Was ist los?", wollte Nina ächzend wissen und versuchte sich wieder aufzurappeln, doch bei den momentanten Bedingungen schien dies ein Ding der Unmöglichkeit zu sein.

„Sie trotzt", erklärte der Doktor verärgert. In seiner unstabilen Lage musste er sich weit strecken, um an zwei Schalter zu kommen. „Komm schon!", gab er verbissen von sich. „Das kannst du jetzt nicht machen. Ich weiß, das ist schwer, aber du schaffst das." Er sprach mit der Tardis. Einen Schalter hatte er bereits umlegen können, jetzt fehlte nur noch der andere. Als seine Fingerspitzen diesen beinahe berührten, ging ein gewaltiger Ruck durch die Zeitmaschine. Nina schleuderte es auf den Rücken und den Doktor riss es nun endgültig von den Füßen. „Nein!", ächzte er. „Hör gefälligst auf rumzuzicken." Mühevoll klammerte er sich an der Konsole fest, zog sich hoch, legte den Schalter um und drehte an einem Rad. Ein letztes Schütteln und dann wurde die Tardis komplett ruhig. Alle Maschinen standen still, nicht einmal die Säule pulsierte. Einzig und allein die Lichter waren noch an.

Während Nina sich langsam und benommen zur Seite rollte, sprang der Doktor schon wieder auf seine Beine und checkte den Bildschirm. „Ha!", machte er laut und erfreut. Dann blickte er glücklich zur Säule hinauf. „Ich wusste, dass du es schaffen würdest", lobpreiste er die Tardis.
Nina deutete die komplette Stille der Zeitmaschine eher als beleidigtes Schmollen. „Sie ist so ruhig", meinte sie, als sie sich aufrichtete. „Ach, sie kriegt sich schon wieder ein", versicherte der Doktor. Er schien nicht aus seiner guten Laune gebracht werden zu können. „Sie ist erschöpft. Wie gesagt, es ist schwierig für sie an einem Ort zu landen, an dem die Zeit verrückt spielt."
Allmählich wurde Nina wieder Herrin ihrer Sinne. „Wir sind also wirklich angekommen?" Als Antwort grinste der Doktor bloß voller Abenteuerlust. Es war ansteckend. Er griff seinen Mantel und lief zur Tür. Nina folgte ihm.

Sie befanden sich am Rande einer großen Lichtung inmitten eines hochgewachsenen Laubwaldes. Es wirkte sehr friedlich und idyllisch, nur das alte Herrenhaus inmitten der baumfreien Zone passte nicht ganz ins Bild der Natur. Nina schätzte, dass es mindestens hundert Jahre alt war. Das Haus hatte einen symmetrischen Bau: Eine kurze aber breite Treppe führte zur großen Eingangstür. Von dort aus ging es links und rechts nur ein Stockwerk in die Höhe, was an den Fensterreihen zu erkennen war, jedoch musste es sich, bedachte man den vertikalen Abstand, um hohe Stockwerke handeln. Es handelte sich um ein breites Gebäude. Die zwei Türme, die sich links und rechts außen befanden und jeweils noch ein weiteres Stockwerk darboten, streiften den Wald am Rande der Lichtung. Die Turmspitzen reichten nicht ganz bis zu den höchsten Baumkronen.

So majestätisch es aussah, war es dennoch zum Opfer der Zeit geworden. Efeuranken, Verwitterung in der einst sandsteinfarbenen Fassade und die Dreck- und Staubschicht an der Oberfläche ließen darauf schließen, dass dieses Herrenhaus seit mehreren Dekaden unbewohnt war. Die Bäume schienen es sich zur Aufgabe gemacht zu haben, die Türme einzunehmen und sie Teil des Waldes zu machen.

Dieses Haus löste ein seltsames Gefühl in Nina aus. Es war keine Angst, keine Abenteuerlust... Zumindest nicht nur. Ihr Herz begann stärker zu klopfen und sie musste schwer schlucken.

Allerdings stimmte etwas nicht ganz ins Bild. „Sehen Sie die Fenster?", fragte der Doktor und zeigte auf eben diese. Nina brauchte einige Sekunden, um festzustellen, worauf er hinauswollte. „Sie sind sauber", bemerkte sie überrascht „und komplett intakt." Tatsächlich sah es so aus, als würden die Scheiben regelmäßig geputzt werden. Der jungen Frau fiel noch etwas auf: „Die Bäume... Sie sind..." Sie wusste nicht, wie sie es beschreiben sollte. Die Bäume am Lichtungsrand schienen alle in einer anderen Jahreszeit festzustecken. Manche wiesen Knospen auf, während der Baum daneben schon wieder sein braunes Gewand niederwarf. Wieder andere Bäume hatten saftig grüne Blätter aufzuweisen und manche dafür gar keine. Es war kein Muster zu erkennen, die Verteilung schien willkürlich. Nina musste zugeben, dass das Alles in Allem ein beeindruckendes Schauspiel war. „Ah", machte der Doktor. „Wenn das mal kein Beweis ist, dass die Zeit hier verrückt spielt." Er klang belustigt.

Die beiden bewegten sich auf die Treppe zu. Nina hatte bereits zwei der rund zehn Stufen erklommen, als sie bemerkte, dass der Doktor nicht bei ihr war. Er befand sich schräg unter ihr in der Nische die sich aus der Treppe und der Hauswand ergab.

Jetzt bemerkte die junge Frau auch, warum er dort stand: „Moment! Sind das Konservendosen?" Sie sprang die Stufen wieder herunter und stellte sich neben ihren Begleiter. „Sieht ganz so aus", meinte er und hob eine der beiden auf. Sie war voller Dreck und einige Insekten krabbelten darauf herum. „Oh", machte er erstaunt, als er den Aufkleber sah. „Das sind Powerstangen. Gibt's seit dem frühen 49. Jahrhundert. Sie können zwei von den Dingern essen und sind 24 Stunden lang fit; keine weitere Nahrung, kein Schlaf und der Toilettengang bleibt einem auch erspart. Allerdings sollte man nicht zu viel davon nehmen. Sie ersetzen die Grundbedürfnisse nur geringfügig. Nebenwirkungen bei übermäßiger Einnahme sind plötzlicher Heißhunger, Sekundenschlaf und... Na ja, einfach alles, was es aufheben sollte, in Übermaßen", erklärte er Nina und wollte es sich erspraren, den letzten Teil in Worte zu fassen. „Sind sehr praktisch für Tagesausflüge in wilder Natur."

Er warf die Dose in die Luft und bückte sich, um die zweite aufzuheben. Nina fing die erste auf und betrachtete sie. Es sah aus wie eine stinknormale Konservendose wie die junge Frau sie von Supermärkten kannte. Der Aufkleber war verdreckt, aber es schien etwas abgebildet zu sein, dass Weingummistangen sehr ähnlich sah. Das Haltbarkeitsdatum war für das späte 49. Jahrhundert angesetzt. „Die halten ja ewig", scherzte Nina herum.

„Schön wär's", meine der Doktor und betrachtete die andere Dose. „Die halten maximal eine Woche und die hier..." Er schüttelte die Dose, während er sie nah an sein Ohr hielt „... sind über sechs Monate alt." Nina, die gerade ihre Konserve geöffnet hatte, brach in einem Hustanfall aus, als ihr eine Welle des miesesten Gestankes, den sie je gerochen hatte, entgegen kam. Auch der Inhalt waren längst keine Stangen mehr, sondern nur noch ein zerflossenes Etwas. „Das merke ich", gab sie angewidert von sich. Sie hielt die Dose mit ausgestrecktem Arm von sich. „Aber wie kommt eine Dose aus dem 49. Jahrhundert hierher?"

Der Doktor blickte das Gebäude entlang nach oben. „Dieses Haus scheint der Zeit zu trotzen. Ich nehme an, dass manchmal Dinge aus verschiedenen Zeiten hier angespült werden." Die beiden entsorgten die Dosen in der Tardis und traten vor die Eingangstür des Herrenhauses.

Sie ließ sich ohne Probleme öffnen. Die zwei Reisenden betraten eine hohe Eingangshalle. Staubpartikelchen, die in der Luft schwebten, waren im spärlichen Sonnenlicht erkennbar. Der rote Teppich wirkte gepflegt, der verzierte Kronleuchter dagegen schien seit langer Zeit nicht mehr benutzt worden zu sein, was bei dem momentanen Sonnenlicht nicht weiter schlimm war. Nina bemerkte bei genauerem Hingucken, dass sich sowohl Kerzen als auch Glühbirnen in den Halterungen befanden.

Das war nicht einmal das Sonderbarste hier; überall lagen die unterschiedlichsten Dinge, als wäre die Halle als Abstellkammer genutzt worden. Sogar die breite Treppe, die nach oben führte, sich in einer Zwischenfläche nach links und rechts aufteilte und so in den ersten Stock mündete, war zugemüllt. Man könnte sich gerade noch einen Weg durchbahnen. Die Gegenstände selber waren alles Mögliche: Von alten Holzeimern zu hochmodernen Geräten, von denen Nina keine Ahnung hatte, wozu sie dienten. Krempel aus aller Zeit schien sich hier angesammelt zu haben. Es sah nicht so aus, als würde hier noch jemand wohnen. Früher hatte hier vielleicht einmal eine adelige Familie gelebt, aber jetzt tat dies nur noch eine Ansammlung von Sperrmüll aus aller Zeit.

Die beiden traten langsam vorwärts. „Wow", hauchte Nina überrascht, als sich ein Kribbeln über ihre Haut zog, fast wie eine Gänsehaut. Sie merkte, wie sich ihre Nackenhaare aufstellten. „Sie spüren's auch", stellte der Doktor fest. Er bewegte seine Fingerspitzen und blickte dann aufgeregt zu Nina. „Es ist die Energie in diesem Haus, die umherschwirrt. Alleine die Gegenstände hier", meinte er und deutete mit einer ausfürhlichen Armbewegung auf die Umgebung, „sollten hier gar nicht sein und geben Wallungen ab. Oder meinen Sie, dass ein Springerschuh des 29. Jahrhunderts ins 21. gehört?" Mit dieser Fangfrage deutete er auf einen für Nina normal wirkenden Stiefel, allerdings schienen Metallplatten an dessen Sohle befestigt zu sein. Der Doktor war begeistert: „Wie mag das alles nur hierher gekommen sein?"

Nina entdeckte einen pompösen Stuhl, der aufgrund seiner Aufmachung Jahrhundete alt schien, jedoch aussah, als käme er gerade aus der Schreinerei. „Sind so auch die Powerstangen hier gelandet?", wollte sie wissen, als sie die kleine, alte Puppe auf dem Stuhl entdeckte; sie trug ein hochtechnologisch wirkendes Monokel. Nina könnte wetten, dass es Laser abfeuern konnte.

„Ich nehme an", erwiderte der Doktor, der sich auf die Mitte der Halle zubewegte. „Haben Sie den Staub bemerkt? Einige Dinge scheinen hier schon seit Generationen zu liegen, werden aber erst in Jahrunderten erfunden." Als er es erwähnte, fiel Nina auf, dass es stimmte. Andersrum galt das gleiche: Manche alte Sachen schienen wie neu gemacht. Aber auch Neues schien neu und Altes alt. „Die Zeit ist verdreht", gab Nina von sich, während sie sich beeindruckt umschaute und langsam ihrem Reisebegleiter folgte. Der Doktor nickte bestätigend. Er fand eine Kleiderstange und hing seinen Mantel daran auf.

„Wie kann es sein, dass so ein Haus unentdeckt bleibt?", wollte Nina wissen. „Hätte es jemand gefunden, wäre es bei dem ganzen Zeug hier locker in den Nachrichten." Der Doktor zuckte beim Überlegen mit dem Kopf zur Seite. „Der Energiefluss, der uns so eine Gänsehaut bereitet. Es ist widernatürlich. Die Urinstinkte von Menschen und Tieren würden alle fernhalten, die auch nur in die Nähe der Waldlichtung kommen würden." Sie musste daran denken, wie ihr Herz beim Anblick des Hauses geklopft hatte und meinte: „Ich glaube, ich weiß, was Sie meinen."

„Schauen Sie mal da." Er zeigte auf die Decke über den Kronleuchter. „Kabel", stellte Nina überrascht fest, die inzwischen neben ihm stand. „Hier sind elektrische Leitungen. Ob sie aktiv sind?"

Der Doktor griff ins Innere seines Jacketts und holte seinen Schallschraubenzieher hervor. Er richtete ihn auf die Kabel und scannte sie ab. Das altbekannte, hochfrequentierte Geräusch war zu hören und Nina musste unwillkürlich lächeln. Sie hatte das vermisst. Der Doktor war fertig und erfreut: „Tatsächlich fließt gerade in diesem Moment Strom."

Nina blickte erneut zum dunkel bleibenden Kronleuchter. „Aber wohin?" Da grinste der Doktor zu ihr herunter: „Genau das ist die richtige Frage, Miss Featherstone."

Die Leitungen verschwanden in die Decke und waren mit dem bloßen Auge nicht zu verfolgen. „Leider verliert sich das Stromsignal. Die Energie hier gibt zu viele Störungen von sich", erklärte der Time Lord seufzend, während er seine Hände in die Hosentaschen steckte. „Meinen Sie die Zeit, die hierhin abgeleitet wird?", erinnerte Nina sich an den Grund für ihr Kommen. Er zuckte mit den Schultern und schaute sich um: „Ich nehme es an. Nur jetzt würde ich gerne wissen, wofür die Energie genutzt wird."

„Dann finden wir's raus." Mit diesen Worten wandte Nina sich nach links und schritt durch eine hohe, geöffnete Tür von der Halle in das erste Zimmer. Der Doktor folgte ihr amüsiert.

Der Raum, den sie betraten, schien einst als Salon gedient zu haben. Ein langer Tisch stand in der Mitte, er war sogar gedeckt. Das Silber war blitzsauber, aber auf den geschmacklich und zeitlich nicht zusammenpassenden Stühlen war wohl der Staubschicht nach zu urteilen schon lange keiner mehr gesessen. Auch hier sammelten sich Gegenstände haufenweise an den Wänden, am Boden, im und um den prachtvollen Wandkamin herum und auf dem Tisch. Nina musste aufpassen, dass sie nicht über eine umgekippte römische Statue stolperte. Es war wirklich faszinierend.

Sie bewegte sich in den Raum hinein an der Fensterseite entlang, während der Doktor in der Nähe des Eingangs stehenblieb. Nina betrachtete ein Gemälde einer Frau, die angeblich Queen Elizabeth X. darstellen sollte. Sie wusste nicht, ob das ein Scherz war oder nicht.

Der Time Lord dagegen hatte etwas in Augenschein genommen und bückte sich, um es aufzuheben. „Nina, sehen Sie das?", fragte er nuschelnd und wirkte mit den Gedanken woanders. Die Angesprochene blickte kurz durch den Raum hinweg zu ihm und sah, dass etwas Kugelförmiges aus Glas in der Hand hielt. Er schien nicht sonderlich aufgeregt, also war es vermutlich auch nicht essentiell wichtig für die Antwort ihrer Fragen. „Ja", erwiderte sie leise auflachend und wandte sich wieder ab. „Hier gibt es viele erstaunliche Dinge. Aber die gibt es immer, wenn man mit Ihnen unterwegs ist."


Er hatte sie nicht gehört, sondern war immer noch auf den Gegenstand in seiner Hand fixiert. Es war eine Schneekugel mit einer Figur drinnen. Er schüttelte sie leicht und der künstliche Schnee wirbelte um sie umher. Jedoch waren es nicht, wie man er von der Erde kannte, bloß weiße Flocken. Nein, sie schimmerten, leuchteten eigentlich schon, während sie um die Figur in der Kugel umherschwebten. Als würde es Lichter regnen.

„Die Ballerina in der Schneekugel hier...", murmelte er in Gedanken versunken . „Sie sieht genauso aus wie Sie."

Es handelte sich um eine Tänzerin mit einem himmelblauen Trikot und Tutu, die auf einem Bein stand. Ein Arm hielt sie hoch in der Luft, den anderen streckte sie zur Seite ab. Das Bein, das nicht den Boden berührte, hielt sie nicht ganz durchgestreckt hinter sich. Das Kinn reckte sie stolz in die Luft. Das dunkle Haar war hochgesteckt und das Gesicht blickte voller Glückseligkeit nach oben, wo der Lichterschnee herabgerieselt kam.

Es war dem Ninas unheimlich ähnlich.

Diese lachte kurz auf. „Danke, ich nehme das als Kompliment." Sie befand sich weiterhin am anderen Ende des Raumes und wusste nicht, dass er nicht übertrieb.

Er konnte sich immer noch nicht vom Anblick der Kugel lösen. „Nein, ich meine es ernst", gab er immer noch grübelnd von sich. „Sie sieht wirklich so aus wie Sie."

Aber wie konnte das sein? Es war defintiv keine Schneekugel von der Erde, nicht bei diesem Lichterschnee. Wie war es also möglich, dass seine Begleiterin... Vielleicht.. würde er eines Tages mit ihr auf... einen intergalaktischen Markt reisen... und jemand nutzte sie als Inspirtation, um diese Figur zu basteln. Ja, so etwas sollte es wohl sein... Oder?


„Doktor, schauen Sie mal!" Nina hatte die Aussagen zu seiner Schneekugel nur mit halben Ohr zugehört. Sie war an der Wand angelangt, die sich direkt gegenüber von der Tür befand. Sie hatte hinter einem Vorhang, aufeinandergestapelten Schultischen und einem Steuerrad etwas an der Wand entdeckt. „Hier ist ein Bildschirm."

Der Doktor eilte zu ihr, wobei er über mehrere Gegenstände springen musste. Tatsächlich war ein Monitor in der Wand eingelassen, der etwas so groß war wie ein Fernsehbildschirm. Um ihn herum waren verschiedene Lichter und verhedderte Kabel. Es schien sich um einen ganzen Rechner zu handeln. Schnell lehnte sich der Time Lord nach vorne und entfernte den Staub und die Spinnenweben mit seiner bloßen Hand, die er dann beiläufig am Vorhang abwischte. Mit der anderen Hand bestrahlte er mit seinem Schallschraubenzieher den Bildschirm.

Nach nur wenigen Sekunden bekam er ein Bild. Es zeigte mehrere Säulendiagramme Triumphierend lachte er auf. „Na, sieh mal einer an, was haben wir denn da?" Zufrieden grinste er zu Nina und dann wieder zum Bildschirm. „Na gut, schauen wir mal, wie viel Energie hier herumfliegt." Abermals bestrahlte er den Monitor und eines der Diagramme vergrößerte sich, während die anderen verschwanden. Nina beobachtete ihn, als sie auf einmal etwas hörte. Sie drehte sich zur Tür, durch die sie gekommen waren.

„Komm schon, komm schon, komm schon", murmelte der Doktor eifrig, während die Säulen sich erst einkalibrieren mussten.

Nina hörte wieder etwas und ging zur Tür. „Haben Sie das gehört?"

Der Doktor nahm ihre Worte nicht wahr und freute sich, als er ein Ergebnis bekam. „Ha! Da haben wir's!" Er beugte sich weiter nach vorne, um die Anzeigen besser lesen zu können. „Nanu?", machte er erstaunt. „Elektrische Energie... Strahlungsenergie... Kinetische Energie... Thermische Energie... Höhenenergie?"

Nina beachtete ihn kaum, sondern ging zurück in die Eingangshalle. Sie unterdrückte das ‚Hallo?', das ihr auf der Zunge lag. Sie wusste nicht, ob das Geräusch, dem sie sich näherte, ein gutes oder schlechtes Zeichen war.

Das Klirren von Schlüsseln, das nun immer lauter wurde.


„Seltsam", meinte der Doktor. Er hatte die Augenbrauen zusammengezogen und versuchte sich einen Reim auf das zu machen, was er sah. „Jegliche Form von Energie wird genutzt, sogar Zeitenergie, die jedoch nur zum geringsten Teil... Das reicht niemals aus, um solche Zeitlücken entstehen zu lassen." Er kratzte sich am Kopf. „Wo ist dann die Zeit abgeblieben?" Er änderte die Einstellung an seinem Schraubenzieher und benutzte ihn erneut am Monitor. „Vielleicht kann ich ja herausfinden, wo genau die ganze andere Energie hinfließt..."


Das Klirren kam von einer kleinen, angelehnten Tür in einer Ecke der Halle. Sie hätte sie niemals bemerkt, wenn sie dem Geräusch nicht folgen würde. Ihr Herz klopfte stärker. Die Aufregung des Abenteuers machte sich in ihr breit. Anscheinend war das Haus gar nicht so unbewohnt, wie sie zuerst dachten.

Doch ein anderes Gefühl mischte sich darunter. Vorsicht. Wachsamkeit. Vielleicht war es doch keine gute Idee auf ein unbekanntes Geräusch hinzuzulaufen. Warum war der Doktor nicht mitgekommen? Hatte Schlüsselklirren schon immer so bedrohlich geklungen? Nina war fast bei der Tür angekommen, als sich plötzlich Hände auf ihren Mund legten und um ihre Arme schlossen und sie, ohne sich wehren zu können, weggezogen wurde.

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