Das Mädchen im Kamin: Teil II

Manchmal hörte sie auf ihn und manchmal eben nicht. Und gerade eben fühlte sie sich ein bisschen zurückgelassen. Also packte sie den Feuerlöscher sicher und marschierte aus dem Raum hinaus, in das vermeintlich leere Raumschiff hinein.

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Nina spazierte im Raumschiff umher und hatte nicht annähernd so viel Angst, wie sie es sollte. Der Trotz herrschte über Vorsicht. Wenn der Doktor wollte, konnte er ruhig ein entzückendes Mädchen in Paris besuchen, aber dann sollte er seiner zurückgelassenen Begleiterin nicht vorschreiben, was sie zu tun hatte. Was fiel ihm ein, wer er war?

Alle Gänge des Schiffes waren leer. Bis auf ihre Schritte, die aufgrund der Einsamkeit ungewöhnlich laut wiederhallten, war nichts zu hören. Nina passte das umso besser, dann konnte sie sich weiterhin gedanklich über ihren Freund aufregen. Sie wusste, dass er sprunghaft und neugierig war, doch noch nie, nie, hatte er sie mit potentieller Gefahr zurückgelassen, ohne sie in letzter Sekunde zu retten. Wenn es Abenteuer gab, rannte er dorthin und nicht zu irgendeinem Mädchen. Die Action war doch hier, oder nicht?

„Französinnen!", fluchte Nina leise vor sich hin. Dann stockte sie einen Moment, sowohl mit dem Gehen als auch mit dem Denken. Dann seufzte sie ergiebig. Hier gab es weder Action, noch war die Nationalität von Reinette von Bedeutung. Nina war schlicht und einfach eifersüchtig. Sie schmollte. Wie ein kleines Kind.

„Jetzt reiß' dich zusammen!", meinte sie streng zu sich selbst. Vielleicht war die Einsamkeit doch nicht so gut; sie machte sich zu viele Gedanken und begann Selbstgespräche zu führen. Ob es dem Doktor auch so ging, als er allein unterwegs gewesen war?

Die junge Frau setzte ihre Erkundungstour fort, nun deutlich aufmerksamer. Tatsächlich wurde sie schon nach wenige Minuten mit einer Entdeckung belohnt. Von der Decke hing eine Sicherheitskamera, die anscheinend zoomte, indem sie herausfuhr. Sie bewegte sich auf Nina zu, als diese sich näherte, und erinnerte sie unweigerlich an eine Schlange aus Metall.

Jedoch stimmte etwas nicht. Wenn sie genauer hinschaute, bemerkte sie, dass es keine Linse war, die sie beobachtete.

Es war ein Auge.

Ein menschliches Auge.

Es hatte eine blaue Iris und dunkle Pupille. Es wirkte so... lebendig. Nina bekam eine Gänsehaut. Ihr gefiel das gar nicht. Vergessen war der Trotz, der die Vorsicht unterdrückte.

Sie war jetzt viel aufmerksamer und nahm noch etwas Anderes war. Ein gedämpftes Pochen. Rechts von ihr, hinter der Wand des Ganges, pochte es. Mit einem ganz miesen Gefühl bewegte sie sich darauf zu. Kurz folgte die Kamera ihr, aber dann schien sie das Interesse zu verlieren und fuhr sich wieder ein.

Es gab eine kleine, runde Klappe, die Nina aufmachte. Schnell zog sie ihren Arm zurück, falls etwas herausspringen könnte, doch es passierte nichts. Das regelmäßige, paarige Pochen war nun viel deutlicher zu hören. Langsam bückte sie sich und schaute durch die geöffnete Luke. Ein schmaler Gang, in den vielleicht ihr Arm gepasst hätte, führte wenige Yards tiefer in das Schiff hinein. Dort befand sich die Ursache des Geräusches. Etwas Rotes, Faustgroßes, das sich mit jedem Pochen zusammenzog, schien als Zentrum für viele Kabel und Leitungen zu dienen. Sie sprießen in viele unterschiedliche Richtungen ab und erinnerten Nina unweigerlich an eine Zeichnung aus ihren alten Schulbüchern.

Die Leitungen und Kabel sahen aus wie Arterien und Venen und in deren Mitte lag...

„... ein menschliches Herz", hauchte Nina entsetzt. Denn so war es. Das Herz pochte und schien die anschließenden Leitungen so zu versorgen. Wie auch in einem Körper.

Mit einem Mal wurde Nina schlecht. Schnell klappte sie die Luke zu und richtete sich wieder auf. Ihre Eifersucht war nun komplett verdrängt worden. Schnellen Schrittes lief sie weiter.

Die Sicherheitskamera mit dem Auge ignorierte sie.

Kurz spielte sie mit dem Gedanken, dass es vielleicht gar kein echtes Herz gewesen war, aber sie verwarf ihn wieder recht schnell. Ihre Kenntnisse in Biologie waren vielleicht nicht herausragend gewesen, aber gut genug, um zu wissen, wie ein Herz aussah.

Sie musste plötzlich auflachen. Hier schlich sie sich einsam und allein, dreitausend Jahre nach ihrer eigentlichen Zeit auf einem Raumschiff, das möglicherweise tödliche Uhrmänner barg und mit menschlichen Komponenten ausgestattet war. Erlebte man wohl auch nicht alle Tage. Sicherlich gab es Menschen, die jetzt am liebsten woanders wären und Nina war sich sicher, dass sie vor noch nicht allzu langer Zeit zu ihnen gehört hatte, aber heute nicht mehr. Die Reisen mit dem Doktor hatten sie verändert. Wenn man mit ihm unterwegs war, gab es einfach keine normalen Tage, und vielleicht war sie verrückt, aber sie war wirklich froh da zu sein, wo sie soeben war.

Nina zog nun wachsamer einige Minuten umher, als sie an etwas Interessantem vorbeikam. Es veranlasste sie dazu stehenzubleiben. Im Gang des Raumschiffes war ein Fenster eingelassen, durch das sie hindurchblicken konnte. Dahinter befand sich ein großes Zimmer mit Kerzenständern, dünnen Säulen, einem alten Teppich und einem Stuhl. Es wirkte schlicht und prachtvoll zugleich. Nina wettete, dass es sich hierbei abermals um Frankreich handelte.

Sie wollte schon weiterziehen, als sich die Türen an der gegenüberliegenden Wand öffneten. Nina wurde klar, dass es sich wohl nicht um ein Fenster, sondern um einen Spiegel handelte, durch den sie soeben hindurchblickte.

Ein in Gold und Weiß gekleideter, junger Mann hatte die Türen geöffnet. Im Schlepptau liefen zwei weitere Männer in Uniformen; Wachen. Der Mann war wohl ein hohes Tier. Erstgenannter ging wenige energische Schritte, ehe ihm die Wachen einzufallen schienen. Er wirbelte herum und redete auf sie ein, woraufhin sie entschuldigend den Raum verließen. Nina konnte nichts hören, aber man konnte auch ohne Ton erkennen, dass er sie gerade herumkommandierte. „Wer denkt er bitte, wer er ist?", murmelte Nina abfällig vor sich hin.

„Der König von Frankreich", meinte eine männliche Stimme hinter ihr gelassen. Sie zuckte heftig zusammen und strafte den Doktor anschließend mit einem bösen Blick. Er feixte daraufhin nur. Sie hatte nicht gemerkt, dass er zu ihr getreten war, und hatte sich dementsprechend erschrocken, doch insgeheim war sie unheimlich froh, nicht mehr alleine zu sein.

„Und? War was Besonderes?", erkundigte Nina sich locker, als würden sie sich nicht gerade auf einem Raumschiff befinden, auf dem Frankreich verstreut lag.

„Eigentlich nicht", winkte er ab und schaute nun auch durch den Spiegel. „Ich wurde der imaginäre Freund einer zukünftigen Aristokratin, hatte 'ne Schlägerei mit 'nem Uhrwerk..." Auf einmal wieherte es und ein Schimmel kam um die Ecke getrottet. Der Doktor ignorierte es und kommentierte nur: „... Oh, und ich hab 'n Pferd gefunden."

Verdutzt glotzte Nina es an: „Was macht ein Pferd in 'nem Raumschiff?"

„Was macht das prärevolutionäre Frankreich in 'nem Raumschiff?", konterte der Doktor und wies mit seinem Kopf auf den Spiegel. „Diese Dinger, die sind hier überall. Auf jedem Deck Zugänge in die Geschichte. Aber nicht irgendeine Geschichte, sondern ihre."

Er deutete durch das Glas auf eine Frau, die soeben den Raum betreten hatte. Demütig verneigte sie sich vor dem König. Sie war wirklich hübsch, musste Nina zugeben, mit ihrem Reifenrockkleid und ihrer komplizierten Hochsteckfrisur.

„Zeitfenster", setzte der Doktor fort. „Sie wurden ausgerichtet auf den Lebensablauf dieser Frau. Ein Raumschiff aus dem 51. Jahrhundert verfolgt eine Frau aus dem 18. ... Wieso?" Er klang ehrlich ratlos. Nina nahm ihm das nicht übel, auch für sie machte es keinen Sinn.

„Wer ist sie denn?", wollte Nina wissend und beobachtete die Frau, wie sie mit dem König redete und dabei um ihm herumschritt. In ihren Augen war etwas aufgeblitzt... War es Koketterie?

„Jeanne-Antoinette Poisson", antwortete der Doktor. „Ihre Freunde nennen sie Reinette. Eine der klügsten Frauen, die je gelebt hat."

Reinette... So hieß doch auch das Mädchen aus dem Kamin. Nun war sie eine erwachsene, junge Frau, die ganz offensichtlich den König von Frankreich umgarnte. „Ist es ihr Plan Königin zu werden?", hakte Nina weiter nach.

„Nein, der hat schon 'ne Königin", erwiderte der Doktor sachlich und ließ Reinette nicht aus den Augen. „Sie will seine Mätresse werden."

„Ah, kommt mir bekannt vor", meinte Nina erkennend. „Camilla", murmelte sie anschließend beim Ausatmen, aber doch deutlich hörbar. Sie musste aufgrund ihrer Anspielung grinsen, doch der Doktor schien sie entweder nicht richtig gehört zu haben oder es einfach nicht witzig zu finden. „Das könnte ihr erstes Treffen sein", dachte er laut nach. „Am Abend des Maskenfests. Bald wird sie sich als offizielle Mätresse etabliert haben. Mit eigenen Räumen im Palast. Sie bekommt sogar einen Titel: Madame de Pompadour."

Dann verstummte er. Nina schluckte die Kränkung aufgrund ihres ignorierten Witzes herunter und beobachtete mit ihrem Freund das Schauspiel kurz. Der König hatte das Zimmer verlassen. Reinette nutzte die Gelegenheit im Spiegel ihr Aussehen zu überprüfen. Somit stand sie quasi direkt vor Nina und dem Doktor.

Aus der Nähe betrachtet war sie sogar noch umwerfender; alles war da, wo es sein sollte, ihre Haltung war gerade und ihre Ausstrahlung einfach bezaubernd. Den Hauch Stolz und Selbstbewusstsein, der sich in ihren blauen Augen abzeichnete, war wie die Kirsche auf dem Sahnehäubchen. Nina wäre bei einer direkten Begegnung davon vermutlich sowohl fasziniert als auch eingeschüchtert. „Und wie stand die Königin dazu?", wollte sie nachdenklich wissen. Wenn sie jemanden, den sie liebte, sich mit so einer Frau teilen müsste, würde sie vermutlich in ständiger Angst leben in Allem überboten worden zu sein.

„Sie war erfreut. Sie haben sich gut verstanden", erklärte der Doktor versichernd.

„Die Frau des Königs und seine Geliebte?", wiederholte Nina verblüfft.

„Frankreich. Völlig andere Welt", wimmelte der Doktor als Erklärung ab.

Auf einmal wirbelte Reinette herum. Sie wirkte erschrocken und redete auf jemanden ein. Nina folgte ihrem Blick und zuckte innerlich zusammen, als sie im Dunklen in der Ecke eine Gestalt mit Maske und Perücke erblickte. Sie sah bis auf die Kleidung – dieses Mal handelte es sich um ein rotes Kleid – genauso aus, wie das verkleidete Uhrwerk auf zwei Beinen von vorhin.

Der Doktor handelte blitzschnell. Er nahm Nina den Feuerlöscher aus der Hand und drückte den Spiegel zur Seite. Er ließ sich einfach aufklappen. Nina huschte schnell dem Doktor hinterher. „Hallo, Reinette", grüßte dieser scheinbar fröhlich, doch er ließ den Maskierten nicht aus den Augen.

„Der Mann aus dem Kamin", meinte Madame de Pompadour überrascht.

Der Doktor schritt auf den Uhrenmann zu, der anscheinend zu Reinette wollte. Sie stellte sich schnell neben Nina hinter dem Doktor auf. Der Time Lord fackelte nicht lange und setzte den Feuerlöscher ein. Schnell war der Maskierte erstarrt. Zumindest für den Moment.

Der Doktor reichte Nina den Feuerlöscher wieder und ging dann auf die Maschinerie zu. Sie gab ein leises Ticken von sich. „Sie schaltet sich wieder ein. Bringt das Eis zum Schmelzen", teilte der Doktor den beiden Frauen mit. „Dann tötet es jeden hier drinnen."

Plötzlich schnellte der Arm des Maskierten nach vorne und wollte den Doktor packen, doch dieser wich geschickt einige Schritte nach hinten aus. „Wer bist du?", wollte er bestimmend wissen. „Identifiziere dich!" Der Uhrenmann, immer noch maskiert, antwortete nicht, sondern legte beinahe schon provozierend den Kopf schief. Es wirkte, als würde es am Doktor vorbei zu Reinette schauen.

Genervt verdrehte der Time Lord die Augen und wandte sich zur Französin um. „Sagt ihm, es soll mir antworten", bat er quengelnd.

„Wieso? Gehorcht es mir?"

„Keine Ahnung", gestand der Doktor. „Als Ihr ein Kind wart, hat es das." Er schlenderte mit den Händen in den Hosentaschen zu Reinette, die den Maskierten nicht aus den Augen ließ. „Seht mal, ob Ihr es noch könnt", ermutigte der Doktor sie raunend.

Entschlossen und leicht zornig wandte sie ihre Worte an den Uhrenmann: „Beantwortet seine Frage! Beantwortet ab jetzt alle Fragen, die Euch gestellt werden!" Nina war tatsächlich beeindruckt von ihr, dass sie in so einer gefährlichen Lage solch Ruhe und Entschlossenheit ausstrahlen konnte. Sie war richtig mutig.

Irgendwie... gefiel Nina das nicht.

Das Uhrwerk auf zwei Beinen verharrte kurz in Stille und Nina hatte schon Angst, dass es ab jetzt von keinem Menschen mehr Befehle entgegennahm, doch dann ließ es seinen Arm sinken. „Ich bin Reparaturandroide 7", antwortete es mit äußerst mechanischer, emotionsloser Stimme, die ein leichtes Echo im Nachklang hatte.

„Was war mit dem Schiff?", machte der Doktor direkt weiter. „Die Schäden waren gewaltig."

„Ein Ionensturm. Systemausfall bei 82 Prozent", war die schlichte Antwort.

„Das Schiff steht seit 'nem Jahr still. Was hat so lange gedauert?", wollte der Time Lord wissen.

„Wir hatten keine Ersatzteile."

„Und die Besatzung?", hakte der Doktor nach. „Wo ist die jetzt?"

„Wir hatten keine Ersatzteile", wiederholte der Androide nur.

Der Doktor war nicht zufrieden mit der Antwort. „Es müssen auf dem Schiff über 50 Leute gewesen sein. Wo sind die geblieben?"

„Wir hatten keine Ersatzteile."

Nina kam ein Gedanke und ihr wurde augenblicklich schlecht. Sie meinte zu wissen, was diese Worte bedeuteten und sie ganz ohne Gefühle zu hören, machte das Ganze noch grausamer.

Ungeduldig schritt der Doktor auf den Androiden zu. „50 Leute! Die können doch nicht einfach... Oh." Er brach ab. Seine Gesichtszüge entglitten ihm und eine Nina inzwischen bekannte Schwere legte sich in seine Augen. Er hatte begriffen. „Das heißt, die Besatzung wurde zu eurem Ersatzteillager."

Ninas Vermutung bestätigte sich durch seine Worte. Die Übelkeit verflog nicht. Als sie sprechen wollte, war ihre Stimme schwächer, als sie gedacht hatte. „Ich... Ich habe eine Kamera mit einem Auge gefunden..." Der Doktor drehte seinen Kopf zu ihr und blickte sie an. „Und... Und ein Herz. Es war an irgendeiner Maschine angeschlossen." Das Schlucken fiel ihr plötzlich schwerer.

„Er macht, wozu es programmiert ist: Es repariert das Schiff mit Allem, was es finden kann", erklärte der Doktor ruhig. Ihm schien diese Erkenntnis ebenfalls nicht zu gefallen. „Dass die Crew kein Ersatzteillager ist, weiß es nicht. Wie hat es gerochen, als wir im Schiff waren?"

Nina wandte ihren Blick wieder zum Androiden. Sie verspürte Ekel und Missgunst. Ihr war klar, dass es nur den Befehlen in seinem Programm folgte, doch es war so... herzlos. Und in dieser Aufmachung sah es so menschlich aus. „Als würde jemand kochen", beantwortete sie die rhetorische Frage leise.

Nun wurde die Stimme des Doktors wieder lauter. Er sprach mit dem Androiden. „Aber was sucht ihr hier? Ihr habt die Zeitfenster geöffnet, das kostet gigantische Mengen an Energie. Was wollt ihr hier? Ihr hättet 'ne Werkstatt aufsuchen können, stattdessen geht ihr ins 18. Jahrhundert. Wieso?"

„Es wird noch ein Teil benötigt", erwiderte der Android tonlos und legte dann ruckartig seinen Kopf zur Seite. Abermals wirkte es so, als würde er Reinette direkt ansehen. Der Doktor und Nina wandten sich erstaunt zu ihr um.

„Worauf wartet ihr denn?", fragte der Time Lord vorsichtig nach.

„Sie ist unvollständig", war die knappe Erklärung.

Beinahe schon empört zog der Doktor seine Augenbrauen hoch: „Was? Ist das eure Vorgehensweise? Ihr öffnet immer mehr Zeitfenster und überprüft, ob sie vollständig ist?"

Nina hatte eine andere Frage. „Wieso sie?" Der Doktor blickte sie leicht fragend an und sie setzte hinzu: „Wenn ihr die gesamte Geschichte zur Auswahl habt, warum muss es dann unbedingt sie sein?"

„Wir sind gleich."

Diese Antwort gefiel Reinette überhaupt nicht. „Wir sind überhaupt nicht gleich!", fuhr sie den Androiden an. „Wie seid Ihr nur überhaupt auf diese Idee gekommen?"

„Wir sind gleich."

„Verschwindet von hier!", fauchte die Französin leicht panisch. „Ich befehle euch, sofort zu verschwinden!"

„Reinette, nicht!", wollte der Doktor sie aufhalten, doch es war zu spät; der Androide aktivierte bereits seinen Kurzstreckenteleporter und verschwand.

„Es ist aufs Schiff zurückgekehrt", wusste der Time Lord und eilte zum Spiegel. „Sie und Arthur suchen es. Aber nichts unternehmen, nur beobachten", meinte er an Nina gewandt.

Der jungen Frau gefiel die Vorstellung wieder allein auf dem Schiff zu sein, während der Doktor bei Reinette war, überhaupt nicht. Und wer zur Hölle...?! „Arthur?", wiederholte sie nur eindringlich.

„Der Name des Pferdes", erwiderte er, als wäre es das Selbstverständlichste der Welt.

Nina schüttelte den Kopf. „Nein, kein Pferd. Ich bin dagegen."

„Jetzt haben Sie sich nicht so, Sie haben immerhin Gesellschaft", wandte er ein. „Jetzt gehen Sie, gehen Sie!"

Sie wusste, dass Widerspruch zwecklos war, also packte sie ihren Feuerlöscher und trat zurück ins Schiff. Hinter ihr schloss der Doktor den Spiegel und sie war wieder allein. Vor ihr schabte Arthur mit den Hufen und sie ließ einen frustrierten Laut von sich hören.

Sie blickte kurz zurück und sah, wie die Hände des Doktors sachte Reinettes Gesicht umschlossen hielten, während die Spitzen des Zeige- und Mittelfingers auf ihren Schläfen lagen. Der Doktor hatte ihr einmal etwas von seinen leicht telepathischen Fähigkeiten erzählt, doch sie hatte es noch nie gesehen. Beide hielten die Augen geschlossen und sagten nichts. Dennoch strahlten ihre Gesichter etwas Bestimmtes aus. Der Vorgang wirkte so... intim.

Ninas Gesicht wurde heiß und sie wandte zornig ihren Blick ab. „Komm, Arthur. Wir gehen!", meinte sie und stapfte davon. Tatsächlich folgte ihr der Schimmel.

Allerdings nicht lange, irgendwann blieb er einfach stehen und wollte nicht mehr weiter. Aus irgendeinem Grund machte sie das noch wütender. „Ja, bleib ruhig da und lass mich allein", grummelte sie. „Anscheinend werde ich heute jedem langweilig."

Sie wusste, dass es lächerlich war wegen eines bockigen Pferdes noch wütender zu werden, aber sie konnte nichts dagegen tun. In ihrem Kopf kamen auf einmal all die Male hoch, in denen der Doktor erzählt hatte, mit welchen Frauen er schon gereist war: Cassy... In der Mall auf Fraymonia hatte er in ihr alte Begleiterinnen gesehen, Martha und Rose, die er danach auch ab und zu erwähnt hatte... Sogar Kleopatra!

Nina war so sehr mit ihrer Eifersucht beschäftigt, dass sie den Androiden in prärevolutionärer französischer Kleidung erst sah, als er direkt vor ihr stand. Erschrocken schnappte sie nach Luft, machte auf dem Absatz kehrt und wollte davonrennen, doch ein weiterer versperrte ihr bereits den Weg. Sie kam nicht weg. Ehe sie blinzeln konnte, hatte der Erste ihr von hinten etwas Spitzes in den Hals gerammt. Sie fühlte sich plötzlich so unglaublich müde und ihre Augenlider wurden schwer. Binnen eines Herzschlags schlief sie ein.

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