7.
Die Schmerzen verschwinden langsam. Ich setze mich vorsichtig auf und ziehe die Knie an mein Kinn. Dort, wo die Tränen getrocknet sind, spannt die Haut. Ich stehe auf und suche nach einem Taschentuch. Auf dem Nachttisch liegt eine Packung Tempos. Ich frage mich, wer sie hier hingelegt hat. Ich falte ein Tuch auseinander und wische mir über die Wangen.
Ich gehe wieder zum Bett. Sofort kommen mir diese schrecklichen Bilder in den Kopf, und ich versuche mit aller Kraft, die aufsteigenden Tränen zurückzuhalten. Was ist mit René? Beim ersten Mal hat er mich doch beschützt ... Stellen sich jetzt alle gegen mich? Ich kauere mich aufs Bett - weit entfernt von der Stelle, auf der ich vorhin gelegen hatte - und schließe die Augen. Ich will alles vergessen, was vor ungefähr einer Stunde geschehen ist. Ich hasse James. Er macht mir am meisten Angst. Ich bekomme eine Gänsehaut. Keine Ahnung, wie lange ich so dagesessen bin, doch irgendwann geht die Tür auf und ein Teller wird auf den Tisch gestellt.
"Wie geht's dir?", fragt René. Ich schnaube. "Wieso bist du nackt? Was hat James mit dir gemacht?"
"Lass mich in Ruhe", flüstere ich und schaue weg. Ich presse die Lippen aufeinander.
"Hat er es getan?", fragt er. Seine Stimme ist lauter geworden. Was habe ich jetzt wieder falsch gemacht?
Ich schweige. "Das ist wohl ein 'ja'. Ach, komm schon. Sieh es doch positiv."
"Positiv?! Glaubst du wirklich, dass ich von einem fremden fünfzigjährigen Mann entjungfert werden wollte? Mein Wunsch war, dass es mein Freund macht! Ihr seid doch alle komplett behindert!", schreie ich und breche wieder in Tränen aus.
"Hör zu, Madame. Mit mir redest du nicht in dem Ton, kapiert? Du weißt, was dann passiert." Mit diesen Worten verlässt er den Dachboden.
RENÉ
"Was soll das, James?! Eigentlich besprechen wir vorher immer alles, bevor wir Dinge tun!"
"Beruhige dich, Sohn! Sie ist doch nur ein Mädchen von vielen. Eine weitere hat ihre Unschuld verloren. Na und? Reg dich nicht so auf. Hilf mir lieber mal bei den Bierkisten." Er nimmt eine hoch und schleppt sie ins Haus.
"Ich finde das nicht okay. Hättest du nicht noch ein bisschen warten können?"
"René! Es reicht! Ich bin hier derjenige, der alles bestimmt, und sicher nicht du!"
Ich werfe ihm einen bösen Blick zu. Irgendwie tut mir Hannah leid.
HANNAH
Immer wieder muss ich zu dem Teller schauen, das dort so einsam steht. Nein, ich darf nichts essen!, warne ich mich. Ich habe einen Plan. Ich nehme keine Nahrung mehr zu mir, dann müssen sie mich freilassen, sonst sterbe ich. Außer sie zwingen mich zum Essen, oder es ist ihnen egal, wenn ich tot bin.
Es wird langsam dunkel, und der erste Stern taucht am Himmel auf. Ich schaue aus dem kleinen Dachfenster und versinke in meinen Gedanken. Deswegen merke ich auch erst später, dass jemand im Raum ist.
Ich höre ein Knarren und drehe mich erschrocken um. Tom. "Wieso hast du nichts gegessen?", fragte er.
"So."
"Antworte mir nicht mit so einer Scheiße!"
"Ich hatte keinen Hunger."
"Du weißt, dass du nicht oft was zu essen bekommst. Wenn du eine Mahlzeit verweigerst, bekommst du keine Spätere oder Zusätzliche. Aber das muss ich dir ja nicht mehr sagen. Deine Nacktfotos sind übrigens zufällig auf einer Pornoseite gelandet." Dann verschwindet er. Ich kann nicht fassen, was er da gerade gesagt hat. Ich auf einer öffentlichen Internetseite, noch dazu eine Pornoseite?! Oh, mein Gott! Scheiße!!!
Aber ... Ich muss doch eigentlich als vermisst gelten, oder? Wenn mich dann irgendwer im Internet sieht, kann er es ja der Polizei melden. Neue Hoffnung keimt in mir hoch. Wie dumm meine drei Entführer doch sind! Ich muss grinsen, höre aber sofort wieder damit auf. Trotzdem wird es eine Weile dauern, bis mich jemand erkennt. Hoffentlich geschieht das bald genug.
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