Mai 1999

Heute war für Harry der eine Tag, vor dem er sich seit fast einem Jahr fürchtete. Die Schlacht um Hogwarts war nun genau ein Jahr her und schon am Morgen beim Aufstehen, hatte der Schwarzhaarige einen dicken Klos im Hals. Er wusste dass Ginny schon den ganzen Vormittag damit zu kämpfen hatte, ihre Tränen zu unterdrücken. Sie wussten beide, dass sie heute noch zum Friedhof mussten. Allerdings versuchten beide es so weit wie möglich hinauszögern, denn es brach ihnen das Herz. Zudem wollten sie noch nach Hogwarts reisen um auch dort, die Erinnerungen der Schlacht zu verarbeiten. „Gin?", Harry schob seiner Freundin die Haare aus dem Nacken und setzte kleine Küsse in diesen. „Ja?", sie fuhr sich mit dem Handrücken über die Augen. „Wir wissen beide, dass wir das heute nicht ewig aufschieben können oder?", hauchte er. Ginny nickte langsam. „Ich weiß, ich weiß. Am liebsten würde ich das heute gar nicht machen.", gab sie zurück. „Wir sind es ihnen schuldig Gin.", Harry vergrub sein Gesicht in Ginnys weichen Haaren. Ginny nickte und schob ihre Finger zwischen die von Harry, der die Hände auf ihren Bauch gelegt hatte. ,,Ry?", machte Teddy auf sich aufmerksam. Er stand am Fernseher und Patsche mit den kleinen Händen auf dem Bildschirm herum. „Teddy, Finger weg!", mahnte Harry ihn streng. Ginny schwang ihren Zauberstab und die Flecken waren vom Fernseher verschwunden. Teddy kam zu den beiden herüber gelaufen und hielt sich dann an Harrys Jeans fest. Harry nahm ihn auf den Arm und vergrub seine Nase im den Türkisen Haaren des Jungen. „Wollen wir deine Eltern besuchen gehen?", fragte Ginny ihn dann leise. „Mama, Papa?", Teddy legte den Kopf schief. Ginny nickte. „Ja."
Nun nickte auch Teddy. Er wusste genau, worum es hierbei ging. „Na dann wollen wir mal.",seufzte Harry. Innerhalb von wenigen Minuten war Teddy angezogen und stand startbereit an der Tür, während Harry und Ginny sich ihre Jacken und Schuhe anzogen. Bis zum Friedhof war es nicht weit, weswegen sie zu Fuß gingen. Auf dem Friedhof waren außer ihnen noch andere unterwegs, legten Blumen auf Gräber oder weinten einfach stumm. Harry bewegte sich schon fast mechanisch in Richtung der richtigen Grabreihe. Sie hatten dafür gesorgt, dass Remus und Tonks direkt neben James und Lily beerdigt wurden. Teddys Griff um Harrys Finger verstärkte sich, als er über einen Stein stolperte und gefährlich ins Wanken geriet. Zum Glück reagierte Harry schnell und fing Teddy auf, bevor er hingefallen war. „Da.", nach ein paar weiteren Schritten deutet Teddy auf einen der Steine. Harry kniete sich hin und stellte Teddy zwischen seine Beine. Ginny kam ebenfalls zu den beiden herunter und legte Harry eine Hand auf die Schulter. Auf der anderen Seite seiner Eltern war ein Grab für Sirius eingerichtet worden. „Papa.",Teddy machte ein paar kleine Schritte nach vorne und legte seine Hände auf den Grabstein. Harry fuhr sich währenddessen mit dem Jackenärmel über die Augen, um die Tränen zu verscheuchen, die sich einen Weg über seine Wangen bahnen wollten. Ginny drückte seine Schulter fester. Auch ihr liefen stumme Tränen über die Wangen. Beide sagten kein Wort, beobachteten einfach nur Teddy, der seinen Eltern in seiner ganz eigenen Sprache etwas erzählte. Einzelne Wörter wie Ry oder Wauwau kannten die beiden schon, wussten also, was er damit meinte, aber andere Wörter wie Gullulu waren ihnen völlig unbekannt. Nachdem Teddy seine Geschichte zu Ende erzählt hatte, blieben sie noch am Grab sitzen. Harry erzählte seinen Eltern und Sirius von den Geschehnissen, die sich in den letzten Monaten ereignet hatten und Ginny blieb mit Teddy bei Remus und Tonks. Sie weinte immer noch und jedes Mal, wenn sie mit Teddy sprach, hörte sich ihre Stimme gebrochen an. Nachdem auch Harry fertig war, machten die drei sich auf den Weg zu einem Friedhof extra für Zauberer. Am Eingang trafen sie auf George und Angelina die wohl auch gerade erst angekommen waren. „Gin komm her.", George breitete die Arme aus und Ginny ließ sich schluchzend in diese sinken. „Ich vermisse ihn so.", gestand die Rothaarige. „Ich auch kleine Schwester. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie sehr ich ihn vermisse. Ich vermisse ihn mit jeder Zelle meines Körpers. Aber weißt du, was das gute ist?", der junge Mann strich seiner Schwester über den Kopf. Diese schüttelte nur den Kopf. „Mein Ohr ist da drüben bei ihm und so kann ich ihn immer hören.",löste George seine Frage auf. Harry sah zu Angelina. Diese lächelte traurig. Und auch Harry musste leicht lächeln. Dieser Spruch war einfach zu süß und bewies nur noch mehr wie sehr sich die Zwillinge geliebt hatten. Ginny löste sich von ihrem Bruder und zusammen gingen die fünf zu Freds Grab. Die Weasley Geschwister hielten ihre Tränen nicht zurück. Sie beide weinten, wie die Schlosshunde. Nachdem auch der Besuch bei Fred erledigt war, gingen George und Angelina wieder nach Hause, während Harry und Ginny mit Teddy nach Hogsmeade apparierten. Von dort aus ging es direkt nach Hogwarts. Die Zauberschule war wie immer zur Schulzeit voller Schüler. Und trotz dem ganzen Gedränge war die kleine Familie schnell dort angekommen, wo sie hinwollten. Hogwarts an sich sah man von dem Kampf nichts mehr an. Alles sah aus wie vorher auch. Lediglich die Bilder, welche sich nun in Harrys Geist schlichen, erinnerten an all die, die hier gestorben waren, im Kampf für eine besseres Welt. Ginny bewegte sich bedacht über den Platz. Ihr Blick blieb genau an jedem Stein hängen, erfasst jedes Staubkorn. Harry hingegen kniete auf dem Boden, die Hand auf einen Stein gepresst. Dies war die Stelle, an der Voldemort vor einem Jahr endgültig gestorben war. Der Platz, an dem der jahrelangen Angst endlich ein Ende gesetzt wurde. Der Stein war im Gegensatz zu den anderen etwas dunkler. Harry hielt die Augen geschlossen, auch als Ginny ihm eine Hand auf die Schulter legte und ihn langsam hochzog. Er wollte die Augen nicht öffnen. Wollte diesen Platz nicht sehen. Die Bilder von damals würden ihm wieder vor Augen gerufen werden und er würde alles so deutlich sehen, als ob der Kampf genau jetzt stattfand. „Komm Liebling. Wir gehen nach Hause.", flüsterte Ginny. Harry öffnete die Auge und sah seine Freundin an. „Okay.", er nickte und nahm Teddy vom Boden hoch. Mit schnellen Schritten verließen sie das Gelände von Hogwarts und sobald sie sich wieder in Hogsmeade befanden, waren sie auch schon verschwunden.

Aber an diesem schicksalhaften Tag vor einem Jahr waren nicht nur schlimme Dinge passiert. Genau heute vor einem Jahr hatte Fleur fast elf Stunden in den Wehen gelegen und hatte am Ende ein wunderschönes, gesundes Mädchen auf die Welt gebracht. Und genau das war ein Grund zum Feiern. Victoire trug ihren Namen nicht umsonst. Fleur und Bill hatten ihn mit der Begründung gewählt, dass es Sieg auf Französisch bedeutete und da in dieser Nacht ein großer Sieg stattgefunden hatte, hielten auch alle anderen diesen Namen für passend.

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