21. Jazzmusik

Langsam kam ich wieder zu mir. Ich hörte ein leichtes Brummen in meinem Kopf und fühlte ein Stechen in meinem Bauch. Ich war völlig mitgenommen. Vorsichtig öffnete ich meine Augen. Ich sah alles verschwommen. Nur die leichten Umrisse konnten mich erahnen lassen, dass sich eine Person neben mir befand.

Der Raum war in ein angenehmes Kerzenlicht gehüllt. Diese Situation kam mir bekannt vor. Ich setzte mich auf. Das Ledersofa, auf dem ich lag, knartzte und quietschte unter mir. Das Parfüm klärte mich direkt darüber auf, wer sich am Fußende meiner vorübergehenden Schlafmöglichkeit befand. Wundern tat mich dies überhaupt nicht mehr.

"Klaus."

"Wie geht es dir?", fragte er mit ruhiger Stimme.

"Als hätte ich einen Monat lang kein Blut getrunken", witzelte ich mit rauer Stimme und hustete. Um ehrlich zu sein, es kam ziemlich nah an das Gefühl heran. Erschöpft stützte ich mich an die Rückenlehne des Sofas und massierte mit einer Hand meine pochenden Schläfen. "Konnte Freya den Zauber wenigstens verhindern?"

Klaus schwieg zunächst und reichte mir wortlos ein Glas noch warmes Blut. Sekundenschnell hatte ich den Inhalt bereits getrunken. Keine Antwort kam. Erwartungsvoll sah ich zu ihm.

"Bei Elijah ja." Er schluckte. "Bei mir nicht."

Betroffen sah ich auf das Glas in meinen Händen. Eine komplette Erschaffungslinie aufgelöst. Daraus folgten zich Feinde, die Rache ausüben wollten, die sie vorher nicht vollziehen konnten. Sie waren nicht mehr von Klaus' Leben abhängig.

"Komm mit." Er stand auf und reichte mir seine Hand, die ich jedoch nicht annahm. Etwas wackelig schwang ich mich auf die Beine und folgte ihm durch die dunklen Gassen New Orleans. Mit ein paar lebenden Snacks auf dem Weg, versteht sich.

*

"Willkommen in der echten Welt, Aurora", lachte Klaus und sah vor sich in ein größeres Grab im Friedhof Lafayette. Keuchend wachte Aurora hinter einer halbfertigen Zeigelmauer auf. Sie stürzte wütend auf uns zu, doch wurde von einer unsichtbaren Barriere aufgehalten. Wir beobachteten amüsiert wie sie erneut versuchte hindurch zu kommen.

"Mit freundlichen Grüßen meiner lieben Schwester Freya", kam es zufrieden von Klaus. Er nahm einen Ziegel und legte ihn mit einer Hand auf die halbfertige Mauer, während die andere einen Fugenspachtel umfasste. Nach und nach fügte er der Wand immer mehr Steine hinzu.

"Du kannst mich doch nicht einfach hier lassen!", rief Aurora voller Panik. Nun begann auch ich voller Freude immer mehr Ziegel in die Wand zu setzen. Man erkannte die pure Angst in Auroras Augen als sie erkannte, dass ihre Lage ziemlich aussichtslos wurde. "Dann tötet mich doch einfach!"

"Der Tod wäre viel zu gnädig für dich", fauchte ich und setzte den letzten Stein in die Mauer.

*

"Bourbon?"

Kurz nickend nahm ich das Glas entgegen, das Klaus mir entgegen streckte. Danach hob er mit seinem Finger die Nadel auf eine Schallplatte, die nun langsam ihre Runden drehte. Alte Jazzmusik ertönte. Typisch für New Orleans.

Nachdem sich Klaus mit seinen Geschwistern getroffen hatte, befanden wir uns wieder im Anwesen. Ein Bruder von ihm, sein Name war Kol, befand sich nun auch wieder unter den Lebenden. Laut Klaus war er der Wildeste und Unkontrollierbarste von ihnen. Ich musste ihm das glauben, denn an meine eigene Einschätzung konnte ich mich ja schließlich nicht mehr erinnern.

"Ich werde fort gehen. Mit Hayley und Hope." Klaus seufzte und füllte sich erneut ein Glas mit Alkohol ein. "Schon morgen."

"Und wieso erzählst du mir das?", fragte ich monoton und lehnte mich an die Rückenlehne des Sessels, auf dem ich Platz genommen hatte. Immer wieder ließ ich meinen Blick durch das Zimmer gleiten. Auf der Suche nach etwas Verdächtigem. Auf der Suche nach einem kleinen Gegenstand.

"Nun ja Liebes, da meine Erschaffungsbindung gelöst wurde, können nun hunderte alte Vampire endlich Rache an mir ausüben. Und diese werden alle nach New Orleans kommen", erklärte er ruhig. "Deshalb wird dies kein sicherer Platz mehr sein. Auch für dich."

"Ach weißt du, seit dem ich keine Gefühle mehr habe, gefällt mir diese Stadt ziemlich gut. Vor allem die düsteren Seiten davon." Ich grinste. "Und mit diesen Vampiren werde ich auch noch fertig."

"Also bleibst du hier?"

"Nicht lange. Vielleicht ein paar Wochen", antwortete ich. Er hielt inne und nickte leicht. Er erhob sich ebenfalls von dem Sessel gegenüber von mir, stellte sein Glas ab und streckte mir seine Hand entgegen.

"Dürfte ich um diesen Tanz bitten, Danielle?", fragte er und verzog seine Lippen zu einem Grinsen. Ich lächelte ebenfalls. Wie gut mir diese Situation doch passte. Ich legte meine Hand in seine und stand auf.

Er zog mich an sich. Fuhr langsam mit seiner anderen Hand meinen Rücken hinunter und fasste mich eng an der Taille. Langsam bewegten wir uns zu der Musik. Geborgenheit. Dieses Gefühl hätte sich vermutlich in mir breit gemacht, hätte ich meine menschliche Seite nicht per Knopfdruck abgestellt. Aber deshalb konnte ich mich auf meine eigentlich Mission konzentrieren, weshalb ich überhaupt noch hier war.

Nach einer Drehung, kam ich noch näher auf Klaus zu. Unsere Brustkörbe konnten sich beinahe berühren und ich spürte seinen Atem in meinem Nacken. Immer weiter legte ich meinen Kopf auf seine Brust. Nahe seines Nackens. Regelmäßig hörte ich sein Herz das Blut durch seinen Körper pumpen.

Ich löste meine Hand aus seiner und schlang meine beiden Arme behutsam um seinen Nacken. Aus Folge dessen legte er seine beiden Hände auf meinen Rücken. Bewusst atmete ich deutlicher aus. Zog seinen Kopf weiter zu mir nach unten. Unsere Füße bewegten sich immer weiter rhythmisch zur Musik.

Ich fing an mit meinen Fingern in seine Haare zu fahren. Drückte mich näher an ihn. Allmählich konnte ich die Folgen meines Tuns beobachten. Ich brachte gerade den großen bösen Wolf, Klaus Mikaelson, den Urhybriden, völlig aus der Fassung. Sein Herzschlag beschleunigte sich. Seine Nackenhaare stellten sich auf und eine Gänsehaut bildete sich an den Stellen, die ich mit meinen Fingern berührte.

Langsam hob ich meinen Kopf an. Bewegte ihn in Richtung seines Gesichts. Meine Hände glitten nach vorne über seine rauhen Barthaare und hielten sein Gesicht fest. Ich zog es ein wenig zu mir nach unten und brachte seine Lippen auf die Höhe meiner. Vorsichtig näherte ich mich. Er umfasste mich enger und zog mich dichter an sich. Klaus schloss seine Augen, als meine Lippen sich immer weiter näherten. Ein letztes Mal atmete ich aus, bis ich ihm etwas gegen die Lippen hauchte.

"Wo ist mein Amulette?"

Meine Stimme war kalt und ernst.

Abrupt ließ er von mir ab und wich einige Schritte nach hinten. Überfordert fasste er sich mit einer Hand an den Nacken. Er hatte eindeutig mit allem gerechnet, außer mit dieser Frage.

"Ich hätte es wissen müssen", entgegnete er mit fester Stimme und sah mich finster an. Jegliche Emotionen waren aus seinem Gesicht verschwunden, doch eine Antwort bekam ich nicht.

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