11. Das hübscheste, dringende Problem
Ich öffnete die Tür zu Klaus' Zimmer. Ich erkannte ihn im Mondlicht auf seinem Balkon stehen, während ich zu ihm ging.
"Willst du dich wohl verabschieden?", fragte er ruhig und starrte auf eine kleine Holzfigur in seinen Händen. Er probierte eindeutig die Traurigkeit in seiner Stimme zu überspielen. Er wusste, dass er mich unmöglich dazu zwingen konnte, bei ihm zu bleiben.
"Eigentlich ja, aber ich habe vorhin auch ein wenig überreagiert. Ich verzeihe es dir nicht, aber ich kann auch nicht wirklich urteilen. Ich kenne unsere Geschichte ja nicht mehr", seufzte ich stützte mich auf das Geländer. Meinen Blick ließ ich über die dunklen Gassen New Orleans schweifen und blieb bei Klaus hängen. "Deswegen werde ich noch etwas bleiben." Auf sein Gesicht schleichte sich ein breites Grinsen, das er vergeblich zu unterdrücken versuchte.
"Danke."
"Ich tue das nicht für dich. Ich tue das irgendwie für mich", antwortete ich leicht unsicher und schluckte. Es war schwer auszudrücken wie man sich fühlte, wenn man vor dem Mann stand, der einen Brief verfasst hatte, der dir so viel bedeutete und du dich einfach nicht mehr daran erinnern konntest. Vielleicht würde ich mir in der nächsten Zeit hier darüber im Klaren werden, ob ich meine Erinnerungen wieder zurück möchte oder einfach wieder von hier verschwinde und Klaus zurücklasse.
Er nickte kurz und schluckte ebenfalls schwer, dann sah er wieder auf die kleine Pferdefigur in seinen Händen.
"Was ist das?"
"Du kennst es ja nicht mehr. Ich habe es vor über tausend Jahren für Rebekah geschnitzt, weil sie solche Angst vor dem kommenden Sturm hatte. Ich sagte ihr, dass der tapfere Ritter auf seinem Pferd sie beschützen würde", erklärte er schmunzelnd und betrachtete es. "Jetzt ist es Hope's Lieblingsspielzeug. Hayley hat es vermutlich vorhin hier vergessen." Als er es ausgesprochen hatte, bemerkte er jedoch, dass meine Reaktion auf das Thema nicht gerade positiv ausfiel.
*
Heute war Heiligabend. Klaus hatte mich gebeten den Abend hier mit seiner Familie zu verbringen. Nach ein wenig hin und her hatte ich schließlich dann doch zugestimmt.
Nun saß ich im Innenhof des Anwesens und sah einigen Menschen zu, die alles festlich schmückten. Vor mir stand eine Frau, die sich ihren Arm aufgeschnitten hatte und das Blut in ein Glas laufen ließ.
"Werden Sie hier eigentlich bezahlt?", fragte ich verwundert und betrachtete sie und ihr Vorhaben skeptisch.
"Ja, sehr gut sogar. Dazu kommt noch Weihnachtsgeld", kam es von Klaus, der den Hof betrat, sich das Glas schnappte und sich neben mich setzte.
"Du manipulierst einfach Menschen deine Marionetten zu sein?"
"Du wohl nicht? Ich manipuliere sie mich zu verköstigen und gelegentlich Weihnachtsschmuck aufzuhängen", antwortete er grinsend und ich schüttelte nur verblüfft den Kopf.
"Warum hast du Elijah heute morgen eigentlich nicht begleitet, um Rebekah abzuholen?", wollte ich wissen und verschränkte meine Arme vor meiner Brust. "Hoffentlich nicht, um Babysitter zu spielen."
"Elijah und ich sollten miteinander so wenig Zeit wie möglich auf engem Raum verbringen. Vor allem wenn die Prophezeiung sagt, dass ein Familienmitglied ein anderes zu Fall bringen wird", erklärte er und bekam im nächsten Moment eine Nachricht auf seinem Handy. Er tippte schnell etwas ein, steckte es weg und stand auf. "Cami braucht meine Hilfe. Freya müsste demnächst wieder kommen."
Camille also. Ich antwortete mit einem schlichten Nicken, ehe er verschwand.
*
"Hilfe!"
Die Stimme hallte durch das Anwesen. Sofort ließ ich mein Buch fallen, schoss von meinem Bett auf und rannte in den Innenhof. Jackson trug Freya mit letzter Kraft auf seinen Armen durch das Tor und legte sie auf ein Sofa.
"Sie braucht dein Blut." Jackson hatte mich bemerkt, als ich zügig auf die beiden zugekommen war. Freya war so geschwächt, dass sie beinahe ihr Bewusstsein verlor. Ich zögerte nicht mehr lange. Schnell biss ich mir in mein Handgelenk und ließ einige Tropfen meines Blutes in ihren Mund fließen.
"Ich habe deine Nachricht bekommen", kam es von Hayley, die mit dem Kinderwagen vor ihr, in das Anwesen stürmte. "Was ist passiert?"
"Sie wurde angegriffen. Von drei Vampiren in Anzügen", antwortete Jackson und fuhr sich nervös durch seine Haare.
"Die Strix", murmelten Hayley und ich fast Zeitgleich und sahen uns an. Freya kam wieder zu sich und setzte sich zögerlich auf.
"Sie haben es. Das Serratura", seufzte sie und vergrub ihr Gesicht in ihren Händen.
"Serratura?", wiederholte ich verwirrt. Ich hatte bis jetzt noch nie davon gehört.
"Es ist ein von Magie durchzogenes Medaillon, sodass es eine unüberwindbare Grenze für alle Lebenden und Toten schafft und diese somit auch einsperren kann. Die Strix wollen es gegen meine Geschwister einsetzen, aber ohne mich", erklärte sie. "Ich war bei einer Hexe. Sie sagte, dass man es nicht zerstören kann. Man kann es nur loswerden, wenn man es benutzt. Wir müssen es uns zurückholen und etwas anderes wegsperren. Aber nicht meine Familie."
"Ich bringe Tristan u-", fauchte Hayley und ballte ihre Hände zu Fäusten, doch wurde von Elijah unterbrochen, der hinter einer Wand hervortrat.
"Ich fürchte wir haben ein weitaus dringenderes Problem", sagte er und machte einen Schritt zur Seite. Eine hübsche, blonde Frau stellte sich an seine Seite. Wenn ich mich recht erinnere, war es die Frau, die auf dem Bild von mir und Klaus ebenfalls zu sehen war.
"Wobei ich wohl das hübscheste, dringende Problem bin, das ihr je hattet", grinste sie und warf ihre Haare mit einer eleganten Bewegung zurück. Ihr Blick ging von Person zu Person, bis er schließlich auf mir landete. "Danielle?!", quikte sie und schloss mich im nächsten Moment so fest in ihre Arme, dass ich einige Schritte zurück taumelte, um ihre Wucht ausgleichen zu können. Ich wusste nicht wer sie war und fühlte mich etwas hilflos in dieser Situation. Ich ließ es einfach über mich ergehen.
"Schwester-" Elijah legte eine Hand auf ihre Schulter und zog sie leicht nach hinten, damit sie mich wieder los ließ. "Sie erkennt dich nicht mehr."
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