☁︎ Wolke 2 ☁︎

„Wo ist der Ring?"

Meistens bewahrte Sebastian Contenance. Doch nicht jetzt.

„Keine Ahnung, Mann! Ich hab ihn dir doch gegeben!", polterte Leona zurück.

„Dreckige kleine Lügnerin! Du hast ihn mir gegeben und dann wieder genommen!", brüllte Sebastian. Sie hatte es doch tatsächlich gewagt, ihn zu bestehlen! Unfassbar. Wenn er sich an die eigene Nase fassen würde, dann käme ihm in den Sinn, dass er keinesfalls unbescholten war. Er nutzte sie und ihre Geschicklichkeit nach Strich und Faden aus. Aber so differenziert wollte er dann doch nicht denken.

„Verpiss dich!", gab Leona zurück. Sie hoffte, dass die direkt angrenzenden Nachbarn an diesem Vormittag nicht zuhause waren. Sebastian tigerte in ihrem Zimmer auf und ab, hatte die Fäuste geballt und schoss Giftpfeile aus seinen hellblauen Augen ab.

„Rück ihn raus", grollte er.

„Ich hab ihn nicht, Arschloch", raunte Leona. Sie musste versuchen, ihre Stimme zu unterdrücken. Sebastian hatte laut genug gebrüllt. Er sah aus, als würde er Leona jeden Moment an die Gurgel gehen wollen, doch er tat es nicht. Tatsächlich fühlte sie sich, als würde sie auf Messers Schneide tanzen und rechnete jeden Moment damit, von ihm angegangen zu werden. Sie saß auf ihrem Bett und hatte ihn fest im Blick, wie er am Fenster stand. Natürlich hatte er recht. Sie hatte den Ring und nicht nur den. Doch sie würde nichts davon herausrücken.

„Selbst wenn ich ihn hätte – glaubst du, ich mache das alles aus Liebe zu dir?", fragte sie.

„Du vertraust mir nicht. Wie oft muss ich dir noch sagen, dass ich dich ausbezahlen werde?", gab Sebastian mit ehrlicher Empörung zurück. Klar würde er ihr etwas geben. Er führte Buch. Doch zuerst musste er die ganzen Sachen verkaufen.

„Ich sag doch, ich hab ihn nicht! Also ist die ganze Diskussion sinnlos. Wahrscheinlich liegt er in deiner Schmutzwäsche oder was weiß ich. Du machst mich jetzt dafür verantwortlich, dass du nicht auf deine Sachen aufpassen kannst?", zickte Leona ihn an. Sie erhob sich langsam von ihrem Bett und ging auf ihn zu. Sie wusste, dass sie mit Charme nichts bei Sebastian erreichen konnte und sie hatte auch nicht vor, ihn zu berühren. Viel eher wollte sie näher an der Tür, direkt gegenüber vom Fenster, stehen.

„Gut. Ich geh nach Hause. Ich schau nach. Und wenn ich den Ring nirgends finde ..."

Sebastian kam näher und Leona stand mit dem Rücken zur Schrankwand hinter der Tür. Sebastians Gesicht war so nah an ihrem, dass sich ihre Nasenspitzen beinahe berührten. Am liebsten hätte sie die Tür geöffnet und sich in ihrem Schrank versteckt.

„Was? Was dann?", flüsterte sie. Doch statt einer Antwort bedachte er sie schweigend mit einem abschätzigen Blick und ging zur Tür. Die Wohnungstür fiel ins Schloss und Leona sank auf ihrem Bett zusammen.

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