•▪Kapitel■6▪•

Senan wie auch Loxyn starrten entsetzt auf die Stelle, an der Rhaen eben noch gestanden hatte.

"Ruhig bleiben.", befahl Kayn im kalten Ton, als Senans Hände zu zittern begannen. "Wir werden Fürst Illidan vorerst nicht berichten. Ich weiß, was das ist."
"Und was ist das?" Loxyn sah ihn herausfordernd an.
"Ich kenne keinen Begriff dafür, aber ein Magier, der beim Blinzeln verschwimmt, würde es 'Glitchen' nennen." Kayn sah ihr lange in die Augen. "Wie du also sicher wissen müsstest, taucht Rhaen gerade an einem ganz anderen Ort auf. In der Nähe allerdings. Unkontrolliertes Glitchen sorgt dafür, dass man wieder zur Ausgangsposition zurückkehrt. Also wartet einen Moment."

Sie verblieben schweigend an ihren Plätzen.

Eine Minute verging.
Zwei Minuten...
Zehn Minuten...

"Eventuell kontrolliert er es...", gab Kayn leise zu und drehte sich um. "Suchen wir ihn."

In genau dem Moment verschwamm die Luft wieder wie durch den Qualm einer Kerze und dann lag er da.
Blass, keuchend und verschwitzt.

Das erste, wonach er griff, war Senans Hand.
Schwach lächelnd setzte sie sich auf den Boden, legte Rhaens Kopf auf ihren Schoß und strich ihm mit einer Hand ein paar Strähnen von der Stirn, während er die andere krampfhaft umklammert hielt.

Kayns Blick verdüsterte sich für einen Moment, doch seine Züge wurden wieder weicher, als Loxyn sich zu ihnen setzte und Rhaens andere Hand nahm.
Der Rekrut wandte ihr müde lächelnd den Kopf zu und Senan wusste, dass Loxyn soeben geholfen hatte, ihre Liebe zu verschleiern und die Illusion von Teamgeist an den Platz zu setzen.
Wobei es nicht einmal eine Illusion war.

Sie warteten ein paar Minuten, bis Rhaen sich etwas erholt hatte, dann beugte Kayn sich nach unten, schlug dem Rekruten leicht gegen die Wange.
"Hör mir zu, Rhaen." Er erlaubte sich ein Lächeln, als der Elf beinahe ängstlich zu ihm aufsah. "Weißt du, was du getan hast?"
Rhaen schüttelte den Kopf.
"Magier nennen es 'glitchen'." Kayn lachte leise, als sein Schützling ihn verwirrt ansah. "Das erste Mal ist immer schmerzhaft. Aber wir werden das ausarbeiten, Rhaen, ob du willst oder nicht. Wenn wir es nicht tun, wirst du nie an einem Platz bleiben können, und wenn wir es tun, dann hast du einen Vorteil gegenüber allen deinen Gegnern."
Rhaen nickte.

"So und jetzt auf, der Tag soll nicht ungenutzt bleiben und keiner soll etwas hiervon erfahren." Kayn zog Rhaen auf die Füße und stützte ihn vorerst, bis er wieder allein und sicher stehen konnte, dann entfernte er sich ein paar Schritte von ihnen und zückte seine Kriegsgleven, die sich jedoch in felgrüne Funken auflösten. "Wir werden damit anfangen, unsere Gleven zu beschwören."
"Wir haben noch gar keine.", warf Senan verwirrt ein.
"Eigentlich schon. Seit eurer Verwandlung, ihr habt sie nur noch nie gesehen."
"Gleven haben ein eigenes Wesen?" Loxyn verzog das Gesicht. "Ist ja gruselig."
"Sie durchströmt dieselbe Energie wie euch, Loxyn, ich würde keine so großen Töne spucken. Ihr drei seid für den Rest eurer Truppe auch...gruselig.", erwiderte Kayn und verschränkte die Arme vor der Brust. "Ihr hättet deren Blicke sehen sollen, als Illidan euch als Gruppe akzeptierte. Wir sollten ihre Ängste nicht unbegründet lassen."
"Oooh ja!" Loxyn grinste und kam auf die Füße, gefolgt von Senan. "Dann mal los mit der Lektion!"

•▪■▪•

Ein leises Horn ertönte.

"Pause.", kündigte Kayn an. "Gehen wir in den Saal. Ihr könntet eine Kleinigkeit gebrauchen."
"Yaaay...", seufzte Loxyn leise und massierte ihre Oberarme. "Und ich dachte, meine armen Arme kriegen ihre Pause nie! Wer hätte gedacht, dass Gleven so schwer sind?"
"Gleven sind ersten genau so schwer wie ein normales Einhandschwert...", stellte Rhaen klar.
"Und zweitens sind die federleicht.", beendete Senan seinen Satz.
"Ihr zwei redet ja schon so...zusammengewachsen.", grinste Loxyn. "Und nein, die sind verdammt schwer."
Rhaen warf dem vorausgehenden Kayn einen verstohlenen Blick zu. "Liegt vielleicht daran, dass ihr Magier euch weniger auf physische Stärke denn auf mentale verlasst."
"Gut möglich.", gab Loxyn leise zu.
"Nicht möglich. Es ist so.", lachte Senan und knuffte Loxyn in die Seite.

"Da hat sie wohl recht.", mischte sich Kayn ein und warf der ehemaligen Magierin einen undeutbaren Blick zu. "Es wäre von Vorteil, wenn du morgens nach dem Aufstehen und abends vor dem Einschlafen ein paar Kraftübungen machst."
"Ich kenne keine guten.", murmelte Loxyn, woraufhin Rhaen ihr einen Arm um die Schultern legte und sie böse grinsend näher zog. "Senan und ich wissen ganz viele gute Übungen."
"Ihr werdet mich umbringen!", protestierte sie und wollte sich aus seiner Umklammerung befreien, war allerdings - oh Wunder - schwächer als er.

Senan lachte und schnappte sich Loxyns Beine, gab Rhaen ein Zeichen und die beiden liefen Kayn voraus, der ihrer Truppe mit einem Schmunzeln auf dem Gesicht folgte.

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