[27] 27|Samstag
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Damit sie den Großteil ihrer Arbeit erledigen kann, bevor sie zu Joe geht, hat Ronja sich den Wecker ausnahmsweise früher gestellt.
Ganz in Ruhe steht sie auf, macht sich im Badezimmer fertig und kocht sich Café. Sie schaltet ihren Laptop an. Mit der ersten Tasse Café und ihrem Laptop setzt sie sich auf die Terrasse. Ihr Handy sagt an, dass keine neuen Nachrichten eingegangen sind. Das vertreibt zumindest vorerst ihre Sorgen, dass Alice es sich noch anders überlegt haben könnte.
Das Gute an ihrer Terrasse ist, dass sie weder einsichtig noch direkt angrenzend an andere Menschen ist. Sie ist somit geschützt und auch nicht hörbar. Daher kann sie guten Gewissens auch draußen ihrer Arbeit nachgehen. Zum Abhören ihrer Nachrichten bevorzugt sie jedoch generell Kopfhörer zum besseren Verständnis. Da sich das gut bewerkstelligen lässt, berät sie ihre zwei E-Mail-Beratungen heute parallel. Die neun E-Mail-Anfragen wird sie, nachdem sie Joe zum Treffen mit Elmar gebracht hat, beantworten.
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Klatsch. Die Fluruhr sagt ihr, dass es 09:43 Uhr ist. Gut in der Zeit. Sie schnappt sich die Leine, die schon am Geschirr geklickt ist und geht mit Woody los.
„Guten Morgen Joe."
„Guten Morgen meine Ronja."
Nicht daran gedacht, dass womöglich Joe nicht hinter dem Tresen steht, zuckt Ronja kurz zusammen. Seine Stimme kam aus einer anderen Richtung als üblich. Stimmt ja, seine Nichte ist heute da.
„Bekomme ich noch einen kleinen Café oder wollen wir gleich los?"
„Habe ich dir schon gemacht und auch das Geld für dich in Kasse getan."
„Das ist aber lieb, danke."
„Hey, du hast mir einen Bootliebhaber vermittelt, also passt schon."
„Okay."
„Wir können trotzdem langsam losgehen, wenn du möchtest."
„Okay, alles klar."
Joe gibt seiner Nichte dem Anschein nach wiederholt ein paar Ratschläge, dann verabschiedet er sich von ihr. Ronja ruft ihr ebenso ein 'Bye' zu, was erwidert wird.
Auf dem Weg zum Hafen quetscht Joe Ronja bezüglich Alice aus. Ronja erzählt ihm von dem Gespräch mit Elmar, was sie gestern im Anschluss noch hatte, worauf Joe anerkennend feststellt, dass Elmar wohl ein sehr kluger Mann sei. Zudem beichtet sie ihm von ihren Ängsten, aber ebenso, dass sie sich ihnen gestellt und Alice geschrieben hat. Joe möchte jedes Wort ihres Nachrichtenaustauschs wissen, so neugierig ist er. Sie gibt ihm einfach ihr Handy, damit er es lesen kann.
„Ooooh. Erst einmal."
„Ja, genau. Erst einmal spazieren. Ist daran etwas falsch?"
„Nein ganz und gar nicht und danach?"
„Nichts. Oder vielleicht wieder quatschen bei mir. Keine Ahnung. Was meinst du?"
„Na ja. Du hast ja geschrieben, dass du das gerne wiederholen möchtest und sie hat 'gerne' geantwortet."
„Ja ...?"
„Komm Ronja. Wirst du es ihr sagen?"
„Wenn es einen guten Moment gibt, habe ich es vor."
„Okay. Das wird sie sicher freuen."
„Das hoffe ich."
„Mach dir nicht so viele Gedanken. Vertraue."
Joe und Ronja kommen an, Elmar ist schon da. Es ist noch vor 11 Uhr, aber Elmar ist sicherlich so aufgeregt, dass er sicherheitshalber früher losgegangen ist.
„Hallo Ronja. Hallo Joe."
„Hey Elmar."
„Hallo Elmar. Damit ist mein Auftrag ja auch erledigt. Von mir aus könnt ihr gerne direkt zu eurem Bootsausflug losziehen. Ich möchte euch nicht abhalten."
„Ja bitte. Ist das okay?"
„Klar, wenn Ronja sagt, dass es in Ordnung für sie ist, dann lass uns gehen, Elmar."
„Ich wünsche euch viel Spaß. Passt gut auf euch auf!"
„Danke und bis morgen Ronja."
„Danke, machen wir. Bis bald."
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So, damit Ronja um 13:30 Uhr fertig ist, sollte sie nun auch gehen.
Wieder am Laptop, welchen sie lediglich aus dem Schlummermodus heraus zu holen braucht, beginnt sie die neun Anfragen per Mail zu beantworten. Eine nach der anderen, gewissenhaft und doch schweifen ihre Gedanken immer wieder Richtung Alice.
Es ist geschafft. Klatsch, es ist 13:02 Uhr. Eine Dusche würde ihr jetzt guttun. Klatsch, es ist 13:23 Uhr. Sehr gut, hat geklappt.
Sie schließt schon einmal die Terrasse, versichert sich, dass auch alle anderen Fenster zu sind und bereitet sich zum Losgehen vor.
Es klingelt, auch wenn klar ist, wer es ist, geht sie zur Gegensprechanlage und fragt nach. Natürlich ist es Alice, die vorne an der Haustür steht und fragt, ob sie herauskommt.
Ronja schnappt sich Woody und geht hinaus zu Alice. Sie begrüßen sich und die erste Frage ist, wo sie eigentlich entlang laufen mögen.
Alice ist glücklicherweise besser vorbereitet als Ronja. Sie kennt einen schönen ruhigen Weg, den sie gehen könnten. Woody versteht schnell und orientiert sich an Alice.
Die ersten Schritte traut sich keine der beiden so richtig ein Gespräch zu beginnen.
„Hast du gerade etwas gesagt?", fragt Alice schüchtern nach.
„Nein."
„Oh okay. Ich dachte."
Es entsteht wieder eine Stille ... Keine der beiden sagt etwas ... Sie sind angespannt.
„Wie geht es dir heute, Alice?", traut sich Ronja dann doch, etwas zu fragen.
Sie erhält jedoch keine Antwort.
„Alice?"
„Ja ...?"
„Jetzt hatte ich eben was gesagt."
„Oh echt. Tut mir leid."
„Ich hab gefragt, wie es dir heute so geht."
„Eigentlich ganz gut. Ein bisschen nachdenklich. Und dir?"
„Geht mir genauso. Was beschäftigt dich denn?"
„Ach so manches halt."
Sie verstummen wieder. Ronja überlegt, ob es wirklich angebracht wäre, Alice ihr Inneres zu offenbaren. Wie konnten Joe und Elmar sich so sicher sein? Alice macht momentan nicht den Eindruck, als würde sie diese Botschaft erheitern. Sie kann es nicht äußern, nicht jetzt.
Etwas Zeit vergeht und sie kommen wieder vor Ronjas Tür an. Sonst stehen sie hier nach den Terminen in der Beratungsstelle. An dieses 'Vor-der-Tür-Stehen' hat sie keine positiven Erinnerungen mit Alice. Soll sie sie jetzt nun wieder fragen, lässt sie es lieber bleiben? Wie oft kann sie noch ein Nein ertragen?
Was ist denn nur los mit dir, seit wann fragst du dich denn bitte so etwas? Und warum schweift du jetzt auch noch völlig ab? Ihr Kopf ist gerade etwas am Durchdrehen, bis sie spürt, dass Alice sie wahrscheinlich anstarrt, weil sie einen seltsamen Blick haben muss. Spontan gegen das Stellen der Frage entschieden, bleibt Ronja stumm. Alice bleibt stehen.
So stehen sie nun dort und scheinen beide verunsichert zu sein, wer macht den ersten Schritt? Warum ist es nicht Ronja?, eine Frage, die beiden da oben durchgehen könnte.
„Magst du mich heute gar nicht auf einen Tee zu dir einladen?", fragt Alice fast flüsternd und mit ganz leichter zarter Stimme, als würde sie hoffen, dass es keine von ihnen beiden wahrnehmen mag.
Ronjas Lächeln erstrahlt sofort. „Natürlich. Möchtest du?"
„Sehr gerne."
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