[22] 11|Montag

„Oops! ... I Did It Again ..." 

Ach du ... 
Hätten sie wohl gestern doch lieber etwas anderes machen sollen. War ja klar, dass irgendwann dieses Lied dabei sein wird. Wahrscheinlich kann die Sängerin nicht mal was dafür oder doch und hat sie den Text bewusst gewählt?! So oder so, Ronja fährt nicht unbedingt auf diese Melodie ab. Und nun wacht sie durch den nicht so ganz geraden Gesang von Alice, die dieses nicht so wunderbare Lied vor sich daher trällert, auf. 

Sie dreht sich um. Dabei wird ihr bewusst, dass dieses schrille daher Ge...summe nicht im selben Raum stattfindet, sondern über das Babyphone an ihre Ohren dringt. 

Sie muss schmunzeln. Es gibt Schlimmeres. 

Nachdem Woody ihre Puschen überprüft hat, schlüpft sie in diese, streift sich ihren Morgenmantel über und watschelt in die Richtung, aus der sie den Gesang wahrnimmt. 

„Oh, habe ich dich etwa geweckt?" 

„Wie kommst du denn darauf?!" 

Ein Grinsen kann sich Ronja aber nicht verkneifen. 

„Ach tut mir leid, wenn ich einmal dieses Lied höre, dann ... na ja, ich weiß auch nicht, bekomme ich sofort so einen schlimmen Ohrwurm." 

„Ist mir gar nicht aufgefallen." 

„Werd' nicht frech, sonst ..." 

„Sonst was?" 

Und da steht Alice schon nah vor Ronja, streicht ihr mit der Hand über die Wange und gibt ihr mit der anderen einen kleinen Klaps auf den Hintern. 
Ronja kann nicht anders als anzufangen zu lachen. 

„Aha, also das." 

„Nein, nicht das. Nicht das, was du jetzt denkst. Dafür haben wir keine Zeit." 

„Schade." 

„Du bist eine ..." 

„Ja? Eine was?" 

„Die bestimmt erst einmal einen Café möchte." Und nun lacht Alice auf. 

Aber sie hat recht und so setzt sich Ronja an den Küchentisch, aber nicht, ohne Nika erst einmal Guten Morgen zu sagen. 

Ein paar Minuten sitzen sie beisammen und genießen die morgendliche Ruhe. Auch wenn der Morgen eine angenehme Atmosphäre bietet, so fragt sich Ronja, ob Alice ihr doch ein wenig böse ist oder enttäuscht sein könnte, dass sie ihr die ganze Zeit kein bisschen von Joes Hintergrund erzählt hatte. 

„Ronnie, du musst dich wirklich nicht schlecht fühlen", reißt Al sie aus ihren Gedanken raus, so als hätte sie diese laut und deutlich hören können. 

„Wie? Was meinst du?" 

„Wegen Joe. Ich verstehe das. Wirklich." 

„Meinst du das ganz ehrlich?" 

„Ja, wirklich. Du bist eine tolle Freundin. Ich weiß doch, wie wichtig dir das ist und auf dich ist da Verlass und das ist auch total richtig." 

„Danke Al. Das bedeutet mir viel." 

„Ihm auch. Das war deutlich zu spüren. Und er braucht eine so gute Freundin wie dich. Das ist wirklich eine tragische Geschichte. Das ist echt schrecklich. Ich fasse es immer noch nicht." 

„Ja. Ich manchmal auch nicht." 

„Kanntest du die beiden?" 

„Ja, Luise war eine faszinierende Frau. Sie haben toll harmoniert und ich hatte mich wirklich für sie gefreut, als sie Carlie bekamen ... Tut mir leid. Fällt mir auch nicht so leicht, darüber zu reden, obwohl ich ihnen damals nicht so nah stand. Joe und ich kamen uns erst später näher." 

„Mir tut es leid." Alice ergreift Ronjas Hand und drückt sie sanft. 

◦◦◦◦◦◦

Nachdem sie ruhig zu Ende frühstückten und sich fertigmachten, gehen sie zum Hafen. Auf dem Weg dorthin jede für sich in ihren Gedanken versunken. Wie Frau Winter auf die Neuigkeiten reagieren wird? Und was wird es für sie bedeuten? Dieses ungute Gefühl, begleitet von Angst versucht sich wieder in ihr breitzumachen. Eins nach dem anderen. 

„Hallo Alice. Hallo Ronja." 

„Hey Elmar", erwidern die beiden fast gleichzeitig und von Nika kommt ein leises Gurgeln dazu. 

„Geht es dir heute gut, Elmar?", schiebt Alice noch hinterher. 

„Okay." 

„Magst du erzählen?" 

„Luca." 

„Meinst du wegen Luise und Carlie?" 

„Ja." 

„Es ist wirklich traurig." 

„Ja. Trotzdem ist Joe ein guter und freudiger Mensch. Das ist schön. Ist das falsch?" 

„Nein. Du hast recht. Das ist wirklich schön, dass Joe trotzdem ein freudiger und ein so herzensguter Mensch ist." 

„Okay. Danke. Heute Beratungsstelle?" 

„Genau. Heute ist ja Montag." 

„Okay. Bis Mittwoch Ronja. Bis bald Alice. Und danke." 

„Danke dir Elmar und bis bald." 

„Bis Mittwoch Elmar." 

Alice will gerade weitergehen, da bemerkt sie, wie Ronja hadert. „Ronnie?" 

„Ja. Hm. Wir haben gar nicht über heute geredet. Ich weiß, ist etwas kurzfristig. Aber soll ich heute überhaupt dabei sein?" 

„Ach so. Ja. Hm. Stimmt. Möchtest du?" 

„Ich weiß auch nicht, was jetzt klug wäre." 

„Willst du erst einmal mitkommen oder findest du es doof? Oder möchtest du lieber nach Hause gehen? Oder ... keine Ahnung ..." 

„Was wäre dir denn lieb, Al?" 

„Ich glaube, ich hätte dich schon gerne dabei. Ich bin schon auch etwas nervös." 

Somit setzen die beiden gemeinsam ihren Weg fort. Je näher sie der Beratungsstelle kommen, desto mehr spannen sich ihre Körper an. Seit dem Morgen nach dem Treffen mit Tim haben sie nicht mehr darüber gesprochen. Jetzt wird sich zeigen, wie es für sie aussieht. 

◦◦◦◦◦◦

„Guten Tag Frau Becker. Und wie ich sehe, sind Sie auch dabei, Frau Flemming. Wie schön." 

„Ja. Guten Tag", erwidert Ronja. 

Gerade im Beratungsbüro angekommen, sprudelt es aus Alice nur so heraus, nicht einmal hingesetzt haben sie sich. Da erklärt Alice Frau Winter sofort, warum sie zu zweit da sind. Es klingt eher nach einer Rechtfertigung. So, als sollte sie gerade in allen möglichen Punkten verurteilt werden, anstatt einer Begründung, aber Frau Winter hört es sich in aller Ruhe an. 

„Setzen Sie sich doch erst einmal, Frau Becker." 

„Aber was können oder was müssen oder was sollen wir denn jetzt tun? Irgendetwas müssen wir doch tun können?! Oder nicht?" 

„Al?!" 

„Hm?!" 

„Setz dich erst einmal. Dann können wir immer noch reden. Denke ich zumindest mal." 

„Oh. Ja. Klar." 

Ronja nahm derweil bereits Platz. Alice lässt sich nun auch endlich auf dem Stuhl neben ihr nieder. 

„Also?!", rutscht es Alice direkt wieder heraus. 

Frau Winter schließt die Tür, setzt sich auf ihren Platz, gießt jeden von ihnen Wasser in ein Glas und trinkt zunächst einen Schluck. Ronja wartet ab, unter anderem darauf, ob Alice geduldig bleiben kann, denn sie hibbelt auf dem Stuhl neben ihr so ziemlich nervös. 

„Ich kann Ihre Aufregung verstehen. Tut mir leid. Ich brauchte erst einmal einen Schluck Wasser." 

„Ja, schon okay. Aber was sollen wir denn jetzt tun?" 

„Für mich wäre es hilfreich, wenn Sie mir noch mal – bitte ruhig – schildern könnten, was alles seit letztem Montag genau passiert ist, damit ich es besser einordnen kann. Dann kann ich besser auf Ihre Frage eingehen." 

Daraufhin schildert Alice mit Ronjas Unterstützung, so gut es ihr möglich ist, was sich alles mit Tim zugetragen hat, wie sie sich zufällig begegneten, wie er sich verhalten hat und was er alles geäußert hatte. 

Es entsteht eine Pause. Frau Winter scheint zu überlegen, was jetzt zu tun ist. Vielleicht auch, welche Möglichkeiten sie haben, aber ganz sicher, was gemacht werden muss. Mit jeder Sekunde des Gesprächs wird auch Ronja zunehmend nervöser. Schweißperlen tropfen von der Stirn. Ihr ungutes Gefühl breitet sich wieder aus. Ihre schlimmsten Befürchtungen treten in Form ihrer Gedanken, ihrer Ängste zum Vorschein. Ihr Rücken trieft. Doch sie hofft. 

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