| 31 | her name will be fearless
Her name will be fearless; and in all the stories my daughter shall hear, it will not be princes that slay the dragons, but little girls that believe in magic, with big, brave hearts and even bigger dreams. She will learn to rely on her own sword in every battle, in every struggle, in every war, because she will learn how to devour every single monster from their very core. - Nikita Gill
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- Victorine -
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Je weiter ich voranschritt, umso mehr umhüllte mich die Hitze des Feuers wie ein Mantel, der sich immer weiter um mich zerrte. Dessen Kragen sich um meinen Hals schloss und immer weiter zudrückte.
Meine dicke Rüstung war schwer, doch ich erlaubte mir nicht, mich auch nur für einen Moment auszuruhen. Unsere Soldaten wurden da vorne abgeschlachtet. Ich musste ihnen helfen, während sich Nicolas mit seiner Truppe um Cephas kümmerte. Obwohl ich nichts bereute wünschte ich mir, dass ich ihn hätte begleiten können.
Ich wusste nicht, was mit Crescentia geschehen würde. Ob Nicolas meine Schwester für mich verschonen würde. Ob sie verletzt werden würde, weil sie versuchen könnte, Cephas zu beschützen.
Ebenfalls wusste ich nicht, wo sich mein Bruder befand und wie es ihm ging. Ich konnte einzig und allein darauf vertrauen, dass ihn seine engste Truppe schützen würde.
Mit zusammengebissenen Zähnen lief ich weiter und näherte mich dem Geschehen von der Seite. Als ich um eine Ecke bog, stockte ich. Ein Soldat mit der Rüstung von Sanguis schleifte sich an einer Häuserwand voran. Er humpelte nicht nur. Er hüpfte. Bei einem zweiten Blick erkannte ich, dass ihm ein Bein fehlte. Der Mann hinterließ eine lange Spur aus dunkelrotem Blut auf dem unebenen Steinboden.
Ein Dämon erschien nun in meinem Sichtfeld, dessen Konzentration allerdings vollkommen auf dem verletzten Soldaten lag. Während die deformierte, pechschwarze Gestalt hinter dem Mann herrannte, sprintete ich auf das Geschehen zu. Zu spät drehte der Dämon sich zu mir um. Mein Schwert steckte schon in seinem Unterleib. Mit einem kräftigen Ruck zog ich mein Schwert zur Seite und riss dem Dämon dabei den Bauch auf.
Schnell sprang ich einen Schritt zurück, falls das Wesen noch nach mir ausholen sollte. Das tat es aber nicht. Mit leeren Augen blieb es vor mir stehen, während der Inhalt seines Magens herauslief. Ein eiserner Schuh fiel mit einem klirrenden Geräusch auf den Boden und klatschte auf die herausgesickerte Masse von Blut und Eingeweiden.
Säure stieg mir die Kehle hoch, während ich das Bild des hüpfenden Mannes vor meinem inneren Auge sah. Schnell klappte ich den Schutz meines Helmes hoch. Das letzte was ich wollte war, mich in meinen eigenen Helm zu übergeben. Der Inhalt meines eigenen Magens blieb letzendlich jedoch glücklicherweise in meinem Körper. Der Dämon vor mir war mittlerweile zusammengesackt und der Soldat verschwunden.
Ich musste mich wieder konzentrieren. Mit allen Kräften versuchte ich die schrecklichen Schreie vom Geschehen etwa zwei Abbiegungen weiter zu ignorieren und sah mich um. Dann bahnte ich mir einen Weg durch das erstbeste verlassene Haus, um wie zuvor auch schon mit Vane auf das Dach zu klettern.
Mir war absolut klar, dass mein Plan riskant war. Vor mir war nicht nur der Drache in der Luft. Sondern auch die großen, fledermausartigen Wesen. Solche, die Deidamia getötet hatten.
Mein Herz schmerzte. Dieser spitze, ziehende Schmerz in meiner Brust betäubte mich für einen Moment. Ich dachte daran, wie sie auf Deidamia eingehackt hatten und ihr Stücke aus dem Körper gerissen hatten. Als ich die Armbrust hob, zielte ich automatisch auf eines dieser Wesen. Die, die immer wieder herunterflogen und auf unsere Soldaten einhackten. Der nächste Atemzug blieb mir in der Kehle stecken. Deidamia.
Willst du dich nicht an Cephas rächen?
Ich muss mich darauf konzentrieren, was noch zu retten ist. Denen helfen, die noch am Leben sind.
Langsam stieß ich den Atemzug wieder aus. Ich schwenkte die gespannte Armbrust zur Seite und ließ von den Wesen ab. Vanes Stimme hallte in meinem Kopf nach. Ich sollte den Soldaten helfen, anstatt mich für Deidamias Tod zu rächen.
Der Bolzen mit der eisernen Spitze war nun auf den Rücken des Drachen gerichtet, in dem bereits ein paar Pfeile steckten. Ich kannte mich mit der Anatomie von Drachen aus. Ein Bolzen im Rücken würde ihn nicht aufhalten.
Als spürte der Drache, was sich hinter ihm abspielte, drehte er sich plötzlich zu mir um, sprang von seinem Platz auf einem halb eingestürzten Häuserdach, stieß sich dann in die Luft und stürmte auf mich zu. Das war jedoch nicht weiter schlimm. Sobald er sein Maul öffnete, würde ich den Bolzen loslassen.
Wenn er sein Maul nicht öffnen würde, um mich mit seinem Feuer zu verbrennen, dann würde mein Bolzen nicht das Geringste bringen. Dann würde er mich vom Dach stoßen, woraufhin ich mir sicher einige Körperteile brechen würde.
Meine Hände blieben still, während ich weiter zielte. Ich hatte nur diesen einen Versuch. Diesen einzigen. Der Drache flog weiterhin genau auf mich zu. Sein Maul öffnete er aber nicht. Wir hielten eisernen Blickkontakt, während er mich fast erreicht hatte.
Verdammt! Ich musste meinen Plan abbrechen. Schleunigst. Doch bevor ich wieder auf den Balkon springen und zurück ins Haus flüchten konnte kam der Drache abrupt zum Stehen. Mit kräftigen Flügelschlägen hielt er sich vor mir in der Luft.
Ich starrte in seine dunkelbrauen, leicht rötlichen Augen und drang in seine Seele ein. Dort sah ich allerdings nicht seine Vergangenheit, seine Gefühle oder seine Gedanken. Ich sah mich selbst wie ich auf dem Häuserdach stand, mit blutbespritztem Helm und Brustschutz, und wie ich langsam meine Armbrust ein kleines Stück sinken ließ.
Der Blick des Drachen drang tiefer in meine Augen. Wenn ich diese Fähigkeit nicht hätte, dann hätte ich niemals herausgefunden, was er in mir sah. Er sah Deidamias Feuer in mir. Ein flackerndes, leuchtendes Licht, das mich von Innen beheizte und mir stets Kraft zum Weiterkämpfen geschenkt hatte. Der Drache sah Deidamias letztes Geschenk an mich.
Der Schmerz aus meiner Brust verlagerte sich in meine Kehle. Mein Hals brannte. Mit einem erstickten Ausatmen ließ ich die Armbrust komplett sinken, während sich meine Augen mit Tränen füllten und ich kaum noch etwas sehen konnte. Es tat so weh. So furchtbar weh. Mein Vater und meine Mutter und meine beste Freundin hatten bei ihrem Tod ein riesiges Loch in mein Herz gerissen. Ich wusste nicht, wie ich das jemals verarbeiten sollte. Es war mein größter Wunsch, die Zeit zurück zu drehen und alle wieder an meiner Seite zu wissen.
Der Drache setzte sich nun in Bewegung und flog auf mich zu. Ich machte zwei vorsichtige Schritte zurück, woraufhin das riesige Wesen vor mir auf dem Hausdach landete, wobei es unter meinen Füßen wackelte und ich versuchte, das Gleichgewicht zu wahren. Einige Dachziegel blöckelten unten den Krallen des Drachen ab und stürzten auf die Straße.
Seine rötlich glänzenden Augen starrten mich an. Die schwarzen, kräftigen Flügel faltete er auf den Rücken zusammen. Er stand so nah vor mir, dass ich jede einzelne schwarze, matte Schuppe seiner Haut erkennen konnte.
Ich versuchte sanft und vorsichtig noch einmal, meine Fähigkeit einzusetzen. Magische Wesen spürten meist, wenn ich das tat, weshalb ich damit eher zögerlich war. Den Drachen schien es jedoch zumindest noch nicht zu stören, da er noch immer stetigen Blickkontakt hielt.
Ich sah, wie er in einem wäldlichen Gebiet mit zwei größeren Drachen flog, die fast genauso aussahen wie er jetzt. Dann kamen Drachenreiter und legten die drei in Ketten. Als ich zusah spürte ich, wie sich kaltes Metall um mich legte und mir in die Haut schnitt. Ich spürte meine Kehle schmerzen und heiß brennen, als die Drachen schrien und Feuer spuckten.
Dann erlebte ich in einer Art hilfloser Trance, wie sie am Rand von Tenebris eingesperrt worden waren. Wie man Tag für Tag versucht hatte, sie zu zähmen und abzurichten.
Die älteren Drachen, die ich als seine Eltern vermutete, hatten dabei jedoch nicht mitgemacht. Auch nicht, als schon Jahre vergangen waren. Eines Tages wurden sie mitgenommen und nie wieder zu ihrem Kind zurückgebracht. Das einzige was der schwarze Drache vor mir von ihnen wieder bekommen hatte, war der Geruch ihres Blutes, als die Männer später wieder gekommen waren.
Ich atmete scharf aus und wandte den Blick ab. Meine Kehle war heiß und meine Rüstung fühlte sich viel zu eng an. Als ich den Drachen schließlich wieder anblickte erkannte ich tiefe Narben in seiner Haut und die Spuren, die enge Ketten um seinen Hals hinterlassen hatten.
Ich versuchte nicht, den Drachen vor mir zu beschwichtigen. Ich würde ebenfalls niemals versuchen, seine Wut zu lindern. Er hatte das Recht, wütend zu sein. Es war verständlich, uns Menschen zu töten, egal welchem Königreich sie angehörten. Ich versuchte nicht, seinen Schmerz zu lindern, denn dazu würde ich niemals wirklich in der Lage sein. Was ich tat war, ihm auf Augenhöhe zu begegnen und sein Wesen so zu nehmen, wie es war. Niemand auf dieser Welt sollte jemals wieder versuchen, ihn für seine Absichten zu verändern.
Als ich noch einmal einen Blick in seinen Kopf warf verstand ich, dass der Drache nicht einfach von hier fliehen konnte. Eine neue magische Kraft hatte ihn in diesem Königreich gefangen und hielt ihn davon ab, die Soldaten von Tenebris zu töten. Das Herz der Urhexe? Mit lodernder Wut im Körper zog ich mich aus der Seele des Drachen zurück.
"Lass uns das beenden. Und danach werden wir frei sein."
Der Drache blieb ganz still und regungslos. Die Schreie der Soldaten drangen mir in die Ohren, während sich das Feuer der brennenden Häuser vor uns ausbreitete. Die Hitze kam näher.
Nach einigen Augenblicken streckte das Wesen nun seine Flügel in die Luft. Auffordernd blickte er mich an, doch ich verstand zuerst nicht, was er von mir erwartete. Ganz langsam schritt ich auf ihn zu, zögerte, und schwang mich dann auf seinen Rücken.
Ich hätte nicht gedacht, dass er jemals wieder einem Menschen vertrauen könnte. Dann dachte ich an Deidamias Feuer in mir. Vielleicht betrachtete er mich gar nicht als einen Menschen.
Der Drache stieß sich vom Dach ab, wobei mir ein Ruck durch den Magen fuhr. Ich hielt mich vorsichtig an seinem Hals fest und hoffte, dass meine Arme ihn nicht an die eisernen Ketten erinnerten. Wir flogen so hoch, dass uns keine Pfeile der Truppen von Spero oder Sanguis erreichen konnten. Dann steuerten wir das Schloss an, während wir unbeschadet an zahlreichen Flugmonstern vorbei flogen, welche uns keinerlei Beachtung schenkten.
Ich musste Nicolas finden. Mit leicht zusammengekniffenen Augen hielt ich Ausschau nach einer kleinen Truppe, die sich irgendwo in der Nähe der Schlossmauern befinden musste. Da durchzuckte mich eine Erinnerung und ich zog erleichtert den Ring von Hekate aus meiner Tasche hervor.
Ich hielt mir den Ring vor mein Auge und versuchte, Nicolas irgendwo zu finden. In der Ferne sah ich den Riss in der Erde, durch welchen wir getrennt worden waren. Ich folgte dem Riss, während wir uns dem Schloss näherten. Nach einiger Entfernung hatte der Riss aufgehört, die Erdoberfläche zu spalten. Dort, wo er endete, kletterten Wesen aus dem Untergrund. Höllenwesen.
Mein Magen zog sich zusammen. Wir mussten Cephas aufhalten. Das war die allerletzte Möglichkeit, uns noch zu retten. Die Gegner waren ja schon zu Beginn in der Überzahl gewesen. Und jetzt kamen immer weitere nach, während wir immer weniger wurden. Wenn uns die magischen Wesen nicht unterstützt hätten, dann wäre es schon jetzt vorbei gewesen.
Ich machte mich wieder daran, Nicolas zu finden und verlagerte meine Suche wieder in Richtung der Schlossmauern. Durch den Ring erkannte ich eine kleine Gruppe, die sich zwei Häuserreihen entfernt in einer Gasse versammelte. Auf den Rüstungen der Wachen befanden sich die metallernen Wappen von Sanguis. Dem Königreich von Nicolas.
Die Person, die sich zuerst zu mir umdrehte, war vollkommen in schwarz gehüllt. Durch den Ring warf ich einen Blick in ihre tiefschwarzen Augen und stockte. Vindicta. Die Anführerin der Hexengruppe aus den Bergen, welche Nicolas gefangen genommen hatte. Vindicta, die einen Pakt mit uns geschlossen und uns gehen lassen hatte.
Ich ließ den Ring sinken, während wir näher flogen. Einige Pfeile rasten auf uns zu, sodass ich mich bückte. Natürlich dachten die Soldaten aus der Gruppe, dass der Drache feindlich sei. Doch die Pfeile rasten weder an uns vorbei, noch trafen sie den Drachen. Als ich mich wieder aufrichtete erkannte ich, dass Vindicta ihre Hand gehoben hatte und die Pfeile in der Luft stehen geblieben waren. Als sie die Hand wieder sinken ließ, rasten auch die Pfeile mit zu Boden.
Mein Blick streifte über Tryphosa, Orestes und den einigen anderen Soldaten hinweg und blieb an Nicolas hängen. Im Gegensatz zu den anderen starrte dieser nicht den schwarzen Drachen an, sondern mich. Er schien nicht einmal mit den Wimpern zu zucken, als wir kurz vor der Gruppe landeten. Nicolas und Vindicta waren die einzigen, die nicht vor dem riesigen Wesen zurückwichen.
Mit leicht wackligen Beinen stieg ich wenig elegant von dem großen Drachen ab. Ich sah mich zu ihm um und warf einen Blick in seine Augen, doch da griff bereits eine Hand nach meiner Schulter und drehte mich herum. Dann fand ich mich in einer festen Umarmung wieder.
Mit weit geöffneten Augen starrte ich vor mich. Alle konnten sehen, wie Nicolas mich umarmte. Alle konnten sehen, dass ich ihm wichtig war. Auch die feindlichen Spione und Soldaten, die uns vielleicht von irgendwo beobachteten. Auch die Flugwesen, die möglicherweise über uns hinweg flogen. Auch Cephas könnte nun Bescheid wissen.
Unbeeindruckt von all diesen Tatsachen, über die sich Nicolas bewusst sein musste, hielt er mit einer Hand meinen Kopf und drückte mich an sich. „Du lebst", flüsterte er so erleichtert, dass mir der Atem stockte.
Eventuell sollte ich wirklich damit aufhören, so riskant zu sein und ihn damit zu Tode zu ängstigen. Doch der Gedanke hielt nicht lange an, da der König mich nun losließ, an den Schultern nahm und mir in die Augen sah. „Wie sieht es aus da draußen?"
Ich schluckte, während das Bild des hüpfenden Mannes vor mein inneres Auge huschte und ich an all die furchterregenden Schreie dachte. An den Anblick der Leichen, den ich vom Rücken des Drachen aus hatte beobachten können. „So werden wir den Krieg niemals gewinnen. Wir müssen Cephas aufhalten."
„Während ich mich um Xerxa kümmere." Vindictas Stimme hallte dunkel und krächzend zwischen der Häusergasse. „Ich helfe euch beim Eindringen. Danach teilen wir uns auf."
Für einen Moment herrschte wieder Stille. Alle Anwesenden richteten sich auf und machten sich bereit. Ich wusste, was sie dachten. Wir waren zu wenige, um in das Schloss von Tenebris einzudringen und Cephas zu stürzen.
Aber wir hatten einen Drachen. Wir hatten eine Hexe. Und wir hatten entschlossene Männer und Frauen, die ihren Verbündeten helfen und alle Verstorbenen rächen wollten.
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