𝐗𝐈𝐈𝐈

Hell und rund stand der Mond nun gänzlich am Himmel, dessen eifrige Strahlen allem eine beinahe melancholische Aura verliehen.

Der alte Mann saß noch immer auf der morschen Parkbank, allein.

Nur entfernt drangen das Rauschen der Autos und die allgemeine Hitze der Metropole bishin zu ihm in den kleinen Park; immer wieder reflektierte der kleine Teich zu seinen Füßen das unruhige Licht, welches die unzähligen, hupenden PKWs der Hauptstraße, die in der Nähe verlief, abstrahlten, von einem der vielen Wohnhäuser in der Umgebung war gedämpfte Musik zu vernehmen, hell erleuchtet waren trotz der späten Stunde noch viele der Fenster, die sich an den Fassaden der Wohnblöcke, welche den Park umgaben, erstreckten.

Ein feiner Nieselregen ging mittlerweile auf Yoongis Kopf nieder, doch dieser dachte nicht daran, deshalb den Park zu verlassen.

Jimin hatte diese Nächte geliebt.

Stumm hatten die beiden Männer hier gesessen und die allumfassende Ruhe genossen, das entfernte Treiben der Menschen, die diese Stadt bevölkerten, hatte die Atmosphäre sogar eher vervollkommnet.

Es war zu vergleichen mit diesem Gefühl, was einen überkommt, wenn man mitten in der Nacht aus einem unruhigen Schlaf erwacht, vollkommen panisch aufspringt und denkt, man müsse bereits längst aufgestanden sein, dann einen Blick auf die Uhr neben sich erhascht, und erleichtert feststellt, dass man noch viele Stunden hat; so hatte Jimin das Gefühl beschrieben.

Jimin hatte einfach alles in Worte fassen können.

Wo Yoongi die Worte oftmals ausgegangen waren, hatte der Jüngere einfach immer die richtigen Phrasen aneinanderreihen können, um genau das zu beschreiben, bei dem es ihm selbst die Sprache verschlagen hatte.

Ob Jimin wohl auch das Gefühl, was Yoongi nun schon seit geraumer Zeit plagte, passend hätte beschreiben können?

Auch nach den Jahren fühlte sich das Loch in seiner Brust immer noch wie frisch zugefügt an.
Schmerzhaft pulsierte es und raubte dem alten Mann den Atem.

Ob Jimin es wohl treffender hätte beschreiben können?

Geräuschlos ging der feine Fadenregen auf die Oberfläche des Teiches nieder und verursachte winzige Wellen auf dem, im Mondlicht glitzernden, Wasserspiegel.

Die hellen Straßenlaternen, die in regelmäßigen Abständen die schmal gepflasterten Fußwege, die sich durch den kleinen Park schlängelten, säumten, nahmen emsig still nacheinander aufflackernd ihre Tätigkeit auf.

Beinahe wie leuchtende Seelen, die über die weitläufige, nun fast gänzlich im Dunkeln liegende, Grünfläche schwebten, wirkten die kalten Strahler, die ihr milchiges Licht verströmten.

Ob es wohl tatsächlich ein Leben nach dem Tod gab?

Allmählich verstand Yoongi die plötzlich einfallende Gläubigkeit, die allzu viele Menschen im Alter heimsuchte.

Es war nicht immer die Angst vorm Tod, die die Menschen plötzlich zu gläubigen Christen oder sonst was konvertieren ließ.

Es war die Angst, für immer von seinen Geliebten getrennt zu sein.

Dass die Person einfach aufhörte zu existieren, am Ende wurde alles schwarz und das war es dann.

Doch je länger der alte Mann bereits darüber nachgedacht hatte, desto sicherer war er sich, dass zumindest etwas nach dem Tod folgen musste.

Denn so eine reine, pure Seele wie die seines Ehemannes konnte nicht einfach nicht mehr existieren, in seinen Augen sprach das gegen ungefähr alle physikalischen Grundprinzipien, die herrschten.

Ist mir doch egal, wer da oben den Ton angibt, dachte sich Yoongi stumm. Solange ich nur wieder bei Jiminie sein kann.

Wie so oft betrachtete er seine, in die Jahre gekommenen, Hände und dachte über seinen eigenen Tod nach.

Wie lange er wohl noch warten müsse?

Der alte Mann müsste lügen, wenn er behaupten würde, er hätte nicht schonmal darüber nachgedacht, sich das Leben zu nehmen.

Einfach, damit dieser Schmerz aufhörte.

Er fühlte sich, als hätte man ihm einen nicht unwichtigen Teil seiner Seele mit bloßer Gewalteinwirkung aus dem Brustkorb gerissen, zurückgeblieben war ein klaffendes Loch, welches sich in diesem Leben wohl nicht mehr wirklich zu schließen vermochte.

Unruhig zuckte der Finger seiner linken Hand leicht auf.

Aber er hatte es Jimin versprochen.

Sogleich erschien ein schwaches Abbild seines Ehemannes vor seinem inneren Auge, dessen tadelnder Blick seine funkelnden Augen gänzlich verdunkelte. Das Herz des alten Mannes wurde schwer.

Klammheimlich hatte sich mittlerweile der Regenfall verdichtet, fasziniert betrachtete Yoongi die filigranen Fäden eines Spinnennetzes, das durch das einfallende Mondlicht wirkte, als wäre es aus purem Silber gesponnen worden.

Dicke Regentropfen hatten sich in der klebrigen Spinnenseide verfangen und ließen die, waagerecht zum zentrierten Mittelpunkt des Radnetzes verlaufenden, Fäden gefährlich durchhängen. Funkelnd brachen sie den strahlenden Mondschein und wirkten beinahe wie glitzernde Kristalle.

Jimin hatte Recht behalten.
Wie er es immer getan hatte.

So sehr er ihn auch vermisste. So beschwerlich und unvorstellbar ein Lehen ohne ihn in manchen Augenblicken auch zu scheinen vermochte.
Der alte Mann würde sein Leben zu so einem glanzvollen Ende führen, wie Jimin es gewollt hatte: Sein aufgedrehter, stets lebensfroher, manchmal dickköpfiger, doch immer liebevoller Jimin.

Die Liebe seines Lebens und darüber hinaus.

~22155 Wörter

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