𝐗𝐈𝐈
»Yoongii!«, quietschte der Jüngere aufgebracht, seine hellblonden Haare strahlten beinahe gleißend im unbarmherzigen Sonnenschein dieser Insel, dessen subtropisches Klima dem Körper auch noch die letzten Schweißtropfen abverlangte.
Warum hatten wir ausgerechnet im Sommer herfahren müssen?, sinnierte ich stumm.
Alles um uns herum blühte und lebte, einige Stunden bereits hatten wir uns durch das grüne Dickicht gekämpft, unmittelbar von Jungmun aus, denn obwohl ein ShuttleBus direkt zu unserem auserkorenen Ziel gefahren wäre, wollte sich der Blondhaarige unbedingt auf eigene Faust durch den Dschungel schlagen.
Die grünen Schlingpflanzen, die uns umgaben waren besiedelt von allerlei Getier, es summte und brummte, zischte und surrte, die ungewöhnlich ausschauenden Blütenkelche, welche von den langen, überhängenden Ästen über unseren Köpfen sowie dem Gestrüpp zu unseren Füßen aus, ihre ausgefallenen Hälse entgegenreckten, waren in den knalligsten Farbengewändern gekleidet, beinahe vibrierend erfüllten sie zusammen mit der hiesigen Tierwelt die Luft und trugen der stillen Vielfalt dieses Ortes noch um einiges mehr bei.
»Jimin, nicht so schnell bitte.« Immer wieder rannte der Blondschopf voraus, überwältigt blieb er dann zum wiederholten Male vor jeder neuen Pflanze und jedem ungewöhnlich ausschauenden Krabbeltier stehen, ehe das dunkle, satte Grün des Urwalds ihn aufs Neue schluckte, bevor ich auch nur einmal aufholen hatte können.
Schnaufend bahnte ich mir meinen Weg durch die widerspenstigen Lianen und Büsche, da vernahm ich erneut das aufgebrachte Quietschen meines Ehemanns aus der Ferne.
Hastig schlug ich mich weiter durch, bevor ich der grünen Hölle mit einem großen Satz, den ich auf den wieder halbwegs befestigen Fußweg nach vorn tat, endlich entkommen konnte.
»Was ist?«, keuchte ich außer Atem, doch da wurde ich auch schon grob am Arm gepackt und weitergezogen.
Das fröhliche Lachen gellte durch das Dickicht und ich konnte nicht anders, als über die Begeisterungsfähigkeit meines Mannes zu schmunzeln.
Ein Kind gefangen in einem Körper eines Ende Dreißigjährigen.
»Yoongi sieh doch.« Abrupt blieb der Jüngere, den Blick staunend gen Himmel gerichtet, vor einem hölzernen, mit einer dicken Moosschicht überzogenen, Geländer stehen; immer noch völlig außer Atem schlang ich meine Arme um die zierliche Mitte des Blondhaarigen und legte meinen Kopf erschöpft auf dessen Schulter ab.
Der Anblick, der sich uns bot, war in der Tat, atemberaubend. Wir standen unmittelbar vor dem Cheonjeyeon-Wasserfall, der seinem Spitznamen als ›Teich Gottes‹ gerade alle Ehre zu machen schien.
Kühl und feucht war die Brise, die uns alsbald entgegenschlug, erfrischend reckte ich mein Gesicht etwas näher an das kühle Nass, ohne mich auch nur einen Millimeter von Jimin zu entfernen.
Wir waren gerade am letzten Abschnitt des dreistufigen Wasserfalls, von hieraus flossen erneut zwei weitere Strömungen ab, bevor der Wasserfall schließlich ins Meer mündete.
Laut war das Rauschen, welches die wohl tonnenschweren Wassermassen erzeugten, indem sie die steinerne Klippe hinabstürzten und doch war es keinesfalls unangenehm oder störend laut.
Eher unterstrich es die geballte Kraft der Natur, die sich hier zu unseren Füßen erstreckte.
Glitzernd reflektierten selbst die kleineren Rinnsale, die sich den kühlen Stein hinabschlängelten, das vereinzelt durch die dichten Baumkronen dringende, Sonnenlicht.
»Lass uns ein Foto machen!«, rissen mich die aufgedrehten Worte des Jüngeren aus meinen Gedanken.
Ehe ich etwas hätte erwidern können, hatte sich der Kleinere bereits von mir gelöst und war just dabei, einem älteren Pärchen mit Händen und Füßen sowie seinem mehr als brüchigen Mandarin zu erklären, wie unsere Fotokamera funktionierte.
Freudestrahlend war er daraufhin auf mich zugekommen, das chinesische Paar genaustens instruiert, dass sie nichts an den Einstellungen verändern und einfach so viele Fotos wie möglich machen sollten, da drückte er auch schon stürmisch seine weichen, vollen Lippen auf die meinigen und verband sie so zu einem innigen Kuss.
Weder hörte ich das Klicken der Kamera, noch wusste ich nachdem der Jüngere, einen leichten Rotschimmer auf den Wangen, sich wieder von mir gelöst hatte, wo genau ich mich befand, doch sofort drängte sich Jimin abermals an meinen Körper, sodass wir, das chinesische Pärchen indes sichtlich peinlich berührt, noch ein paar weitere Fotos aufnehmen konnten.
Sobald wir uns dann mehrfach herzlich bei dem Pärchen für ihre Mühen bedankt hatten, setzten wir uns etwas abseits auf einen kühlen Fels nahe des seichteren Wassers und tranken beide einen großen Schluck Wasser.
Neckisch übte ich, während der Jüngere die durchsichtige Plastikflasche gierig an seine Lippen presste, immer wieder leichten Druck am Ende seiner Flasche aus, sodass er sich nach einer Zeit fast verschluckte und daraufhin so lachen musste, dass sein Kopf gänzlich rot anlief.
»Na warte!«, erklärte er mir mit wenigen Worten den Krieg, ehe er seine zierlichen Finger in das kühle Nass zu unserer Linken tauchte und eine erbarmungslose Spritzwasserattacke startete.
Hastig sprang ich auf, um mich so gut zu verteidigen, wie es nur eben ging, doch der Kleine war flink.
Elegant schlüpfte er unter meinen Armen hindurch und presste mir seine, durch das Wasser eiskalt gewordenen, Finger in den Nacken, wodurch ich laut aufzischen musste.
Lachend drehte ich mich daraufhin um und schlang schnell meine starken Arme um ihn, ehe ich uns auch schon mit watschelnden Schritten dem Ufer immer näher brachte.
»Du hast es so gewollt«, knurrte ich lachend in sein Ohr, woraufhin der Jüngere sich bloß noch mehr zu winden begann.
»Yoongi, nicht«, brachte er mühsam kichernd hervor. »Das dürfen wir sicherlich nicht.«
Kurz hielt ich inne, blickte mich einmal kurz um, ehe ich hämisch grinsend erwiderte: »Ich sehe hier niemanden, der mich davon abhalten könnte, meinen frischgebackenen Ehemann nochmal richtig zu erziehen.«
Bevor Jimin noch etwas hätte erwidern können, warf ich ihn mit aller Kraft in das glasklare, eiskalte Wasser des Wasserfallfußes.
Breit grinsend wollte ich ihm noch etwas hinterherrufen, da hatte er sich schon mein Bein gepackt und mich ebenfalls hinter sich her ins kühle Nass gezogen.
Augenblicklich drang Wasser in meine Ohren und Nasenflügel, keuchend tauchte ich auf, zum Glück konnte man in diesem Bereich des Teiches mehr als gut stehen, und rieb mir lachend die Augenlider, um meine verschwommene Sicht zu klären.
Unmittelbar fiel mein Blick auf den Jüngeren, der einige Meter von mir entfernt das Gleiche tat, komplett durchnässt stand er da, das helle T-Shirt klebte hauteng an seiner ausgeprägten Brust, beinahe lasziv fuhr er sich durch die schimmernden Haare, aus dessen Strähnen ebenfalls kleine Rinnsale an Wasser liefen, die seine makellose Haut benetzten und sie dadurch im einfallenden Sonnenlicht noch mehr erstrahlen ließen.
Seine Augen waren geschlossen, heimlich schwamm ich leise etwas näher, ehe ich mich auch schon heimtückisch auf ihn stürzte und ihn zu mir herab ins kalte Wasser zog. »Willst du etwa, dass ich gleich hier vor allen Leuten über dich herfalle?«, raunte ich leise in sein Ohr und sah bereits, wie die altbekannte Röte seine Wangen verfärbte.
»Yoongi!«, zischte Jimin nur aufgebracht mit einem kurzen Seitenblick auf die übrigen Touristen, die noch hinter der hölzernen Absperrung standen, und uns bereits neugierige Blicke zuwarfen.
»Du lässt mir einfach keine Wahl, du bist einfach zu schön«, hauchte ich hingebungsvoll gegen seine vollen Lippen und bevor der Jüngere noch etwas hätte erwidern können, hatte ich ihn bereits erneut in einen tiefen Kuss gezogen, der mehr Liebe, Hingabe und Vertrautheit ausstrahlte als je zuvor.
Keuchend lösten wir uns nach einer Zeit wieder voneinander; unser beider Atem ging beschleunigt, tief sah ich Jimin in seine strahlenden Augen und er blickte zurück.
»Ich meine das vollkommen ernst«, flüsterte ich fast tonlos, woraufhin der Blondhaarige mir nur einen irritierten Blick zuwarf. »Ich liebe dich jeden Tag ein Stückchen mehr.«
Überrascht sah ich, wie die Augen des Jüngeren verdächtig zu glänzen begannen, ehe er leise wisperte: »Ich liebe dich mehr als alles auf der Welt.« Und diesmal war er es, der mich in einen leidenschaftlichen Kuss verwickelte, fest umfasste ich seine Hüfte, zog ihn noch näher an mich heran und hätte ihn am liebsten nie wieder losgelassen.
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