9.- Ein Blick in die Sterne

Nach dem Krieg quälten mich für lange Zeit Albträume. Beinahe jede Nacht würde mich im Schlaf das Schlachtfeld erwarten, auf den so viele meiner Freunde ihr Leben gelassen hatten. Es waren mehr Erinnerungen als Träume, so echt, dass ich nach dem Erwachen oft noch Annabeths leblosen Körper in meinen Armen spüren konnte. Die Schreie der Schlacht verfolgten mich in den Tag, der Rauch von explodierenden Geschossen machte mir selbst im Wachsein das Atmen schwer und vernebelte mir die Sicht. Für eine lange Zeit fühle ich mich wie nichts als eine leere Hülle, ein Überbleibsel von meiner selbst.

Ich hätte gerne behaupten, dass ich heute wieder der Percy war, der ich einst gewesen war. Dass zwei oder drei Jahre genug waren um sich selbst wieder zusammenzusetzen, dass es lange genug war um alle Wunden zu heilen. Dem war nicht so.

Nach dem Krieg waren es Nico und Thalia, mein Dad und die anderen Götter, die mir halfen große Stücke meines Daseins zurück zu erlangen. Ihnen zuliebe zwang ich mich weiter zu machen und auch wenn es mit der Zeit leichter wurde, war es keinesfalls einfach.

Nach meinem Abschied von Annabeth fiel mir das Atmen leichter und die Albträume wurden weniger.

Dann kam Moros. Der Kampf. Die Erzmenschen. Das Blut.

Trotzdem schaffte ich es oft mehrere Nächte in Folge friedlich zu schlafen. Wenn sich dann aber doch Terror und Schrecken in meine Träume schlich, dann in Form von Dunkelheit. Nicht Dunkelheit wie die Nacht sie brachte, nicht die Finsternis, die es möglich machte die Sterne zu sehen, sondern Schwärze wie der Schicksalsgott sie befehligte. Das völlige Fehlen von Licht, Schatten die den kleinsten Funken Helligkeit im Keim erstickten. Und mit der Dunkelheit kamen die Stimmen. Schreie von Freunden, egal ob tot oder lebendig, die sich im Nichts verloren, Hilferufe in der Finsternis, die ich, sosehr ich es auch versuchte, nie erreichen konnte.

Manchmal fand ich mich auch vor der Zauberschule wieder, mit Blut an meinen Händen, dass nicht Monstern, sondern Menschen gehörte, aber selbst dann dauerte es nicht lange bis die Dunkelheit mich verschluckte.

Kurz nach den Zauberern war es am schlimmsten gewesen. Seitdem waren neun Monate vergangen und obwohl mich die Träume nun nur noch selten heimsuchten, war mir nur allzu bewusst, dass es sich heute um eine dieser seltenen Nächte handeln würde. Ich war nicht naiv genug um zu glauben, dass mich Moros' Wiederauftauchen unberührt ließ, mir war bewusst, dass all die Emotionen, die ich über den Tag mehr oder weniger erfolgreich verdrängt hatte, sich spätestens im Schlaf zeigen würden.

Unter anderen Umständen wäre ich erst gar nicht ins Bett gegangen, aber meine Auseinandersetzung mit Moros hatte mir mehr Kraft geraubt als mir lieb war. Wobei mir immer noch nicht ganz klar war, was genau die Macht gewesen war, die ich angewandt hatte.

Wie auch immer. Als ich also gegen kurz vor Mitternacht einschlief, erwartete ich mich durch einen Albtraum quälen zu müssen. Was ich nicht erwartete, war mich in einem völlig fremden Ort wiederzufinden.

Verwirrt blinzelte ich mehrmals und sah mich um. Ich stand in einem großen Raum, dessen Umrisse langsam scharf wurden. Aus dem Augenwinkel sah ich eine Fensterfront, durch die warmes Sonnenlicht den Raum flutete, die Welt hinter dem Fenster war verschwommen, nicht mehr als ein Wirbel aus Farben. Das Zimmer selbst war hell gehalten, mit glänzendem Steinboden und sanft grauen Wänden. Ein Kronleuchter, der aus etlichen Kugeln in allen Größen bestand, schwebte wie von unsichtbaren Fäden gehalten über mir, zwar war er nicht beleuchtet, wirkte deshalb aber nicht weniger eindrucksvoll.

„Hallo Percy." Chaos' Stimme ließ mich herumwirbeln. Der König stand einige Meer von mir entfernt hinter einem eleganten Schreibtisch. Hinter ihm erstreckte sich ein Bücherregal, dass die ganze Wand einnahm und mir wurde bewusst, dass ich mich wohl in einer Art Büro befand.

„Chaos", grüßte ich und trat einen Schritt auf ihn zu, während mein Blick erneut über den Raum flog. „Wo sind wir?"

Auch wenn ich mir ziemlich sicher war, dass es sich hierbei um einen Traum handelte, war es definitiv kein gewöhnlicher. Meine Sinne waren zu geschärft und ich war mir ungewöhnlich bewusst über meine Umgebung. Auch fühlte sich alles irgendwie anders an. Die Luft war klarer, das Licht nicht ganz so gelb und ich fühlte mich irgendwie leichter.

„In meinem Palast in J'Arfena, Hauptstadt von Prima."

„Prima...?", wollte ich wissen, ziemlich sicher, dass es kein Land mit diesem Namen gab.

„Der erste Planet, den ich erschuf, meine Heimat, wenn du es so willst", erklärte Chaos und beobachtete mich dabei aufmerksam. Meine Augen weiteten sich, als ich realisierte was er sagte.

„Ich bin nicht mehr auf der Erde?"

„Genaugenommen schon, im Moment bist du physisch immer noch in New York, allein dein Bewusstsein ist hier."

Ich nickte schwach, bevor mein Blick von Chaos zum Fenster glitt. Die Welt dahinter war nicht mehr länger verschwommen und was ich dort sah, raubte mir dem Atem. Unbewusst trat ich einige Schritte darauf zu und legte eine Hand gegen das kühle Glas.

Unter mir erstreckte sich eine Stadt, wie ich sie noch nie zuvor gesehen hatte. Der Anblick hätte aus einem Scifi-Buch stammen können, die Gebäude so unglaublich hoch, dass sie durch die Wolkendecke brachen und im Sonnenlicht glänzten. Paläste türmten zwischen den modernen Bauten und gaben der Stadt einen Hauch von antiker Eleganz, Pflanzen in allen Farben wandten sich um die Gebäude, in perfekter Harmonie mit den Gebäuden. Grüne Inseln schwebten wie Oasen hoch im strahlend blauen Himmel und Fahrzeuge in allen Formen und Größen flogen unter uns durch die Luft. Chaos Palast musste das höchste Gebäude der ganzen Stadt sein, höher noch als einige der Inseln.

„Wow", hauchte ich, gefesselt vom Anblick der Stadt.

„Ich habe weitere Wohnsitze über den Planten verteilt und auch einige die nicht auf Prima sind, aber ich bevorzuge es in J'Arfena zu bleiben. Sie ist die älteste Stadt im Universum und ein intergalaktisches Zentrum", gab Chaos zu und stellte sich neben mich, seine Hände hinter dem Rücken gefaltet.

„Sie ist atemberaubend." Aus dem Augenwinkel konnte ich sehen wie Chaos lächelte.

„Das ist sie", stimmte er zu.

„Siehst du die Monde dort oben?" Chaos deutete auf die zwei großen Monde über dem Horizont, die sogar im Tageslicht zu sehen waren und sanft schimmerten. „Der kleinere ist Thorm, der größere Luterra. Sie sind keine Monde, sondern Planeten, die um denselben Stern wie Prima kreisen. Gemeinsam bilden sie das Prima-Sonnensystem, der wortwörtliche Mittelpunkt des Universums. Luterra ist ein Wasserplanet, seine Oberfläche ist zu mehr als 99 Prozent von Ozeanen bedeckt, deshalb sieht er sogar von hier blau aus. Die ganze Zivilisation befindet sich unter der Wasseroberfläche, zum Teil in riesigen Luftblasen. Thorm andererseits ist Prima sehr ähnlich, nur dass er größer ist und es dort viele Urwälder gibt."

Mein Gehirn versuchte immer noch die Tatsache zu verarbeiten, dass ich auf einem anderen Planenten war, ganz zu schweigen von der Tatsache, dass es sich um den ersten Planeten überhaupt handelte.

„Keine Sorge, du wirst dich schnell daran gewöhnen", versicherte Chaos, der scheinbar meine Gedanken gelesen hatte. Er löste sich von meiner Seite und ging zurück zu seinem Schreibtisch, hinter dem er sich niederließ. Für einen Moment konnte ich noch seinen Blick auf mir spüren, bevor er sich etwas, das wie ein Hologramm aussah, zuwandte.

Mir war bewusst, dass es einen wichtigen Grund geben musste, warum er mich hierhergeholt hatte, aber er schien bereit mir noch einige Momente der Faszination zu gönnen. Ich erlaubte mir mich noch einmal kurz im Anblick der Stadt zu verlieren, bevor ich mich abrupt von der Fensterfront abwandte. Meine Flügel streckend setzte ich mich auf einen der zwei bequemen Stühle vor dem Schreibtisch. Chaos deaktivierte das Hologrammding und lehnte sich zurück.

„Warum hast du mich hergeholt?", fragte ich schließlich und fuhr mir mit der Hand durch meine Haare.

„Ich wusste, dass du mit mir sprechen wolltest und ich dachte es würde dir gefallen einen Blick auf dein zukünftiges Zuhause zu werfen."

„Aber wieso hast du nicht schon früher geantwortet? Deine Unterstützung wäre in den letzten Tagen mehrmals recht hilfreich gewesen."

„Trotzdem hast du es auch ohne mich geschafft", meinte Chaos und sah dabei fast schon stolz aus, dann wandelte sich sein Gesichtsausdruck, „aber es tut mir leid, dass ich nicht zu erreichen war, die letzten Wochen waren ... stressig."

„Stressig?", wiederholte ich und hob dabei eine Augenbraue. Chaos seufzte und schüttelte den Kopf.

„Moros." Der König runzelte de Stirn und verschränkte die Finger. „Er richtet im ganzen Universum Schaden an. Die Schatten regen sich. In jeder Ecke rühren sich Kreaturen, die seit Jahrtausenden keiner mehr gesehen hat. Dunkle Gestalten, die einst ganze Zivilisationen vernichteten, bevor man sie bezwingen konnte, Wesen, die lange Zeit nur in Schauermärchen existierten, werden wieder gesichtet. Und das ist nicht alles." Mit einer Handbewegung aktivierte Chaos das Hologramm. Es dauerte einen Moment bis ich realisierte, dass es nun eine Karte des Universums zeigte, oder zumindest nahm ich an, dass es sich um das Universum handelte. „Er stiftet Kriege an, Friedensverträge und Waffenstillstände werden scheinbar grundlos gebrochen und uralte Konflikte und Fehden brechen wieder aus."

Über der ganzen Karte verteilt flammten rote Punkte auf. Chaos deutete auf einen dieser Flecken und ein Bild von etwas, das aussah wie die Ruinen eines Dorfes, erschien. „Das Universum ist keine friedliche Gegend, es gibt immer wieder Kriege, sei es zwischen Völkern oder ganzen Sonnensystemen. Für gewöhnlich mischt sich Prima erst ein, wenn es zu groß wird, oder ein Volk aktiv unsere Hilfe sucht. Aber was Moros macht ist gefährlich, wir versuchen es unter Kontrolle zu bringen, bevor es eskaliert."

„Das geschah alles innerhalb der letzten Wochen?" Ungläubig starrte ich die schiere Menge an roten Punkten an. Wie ein Virus lagen sie über die ganze Karte verteilt, hunderte von ihnen.

„Es begann kurz nach seinem Verschwinden auf der Erde, aber es dauerte einige Zeit bis wir den Zusammenhang zwischen den einzelnen Geschehnissen erkannten. Erst als die alten Kreaturen sich zu rühren begannen, wurde mir klar, dass Moros dahintersteckte." Als Chaos meinen verwirrten Blick sah, fuhr er fort. „Die meisten dieser Wesen sind so alt, dass sich kaum jemand an sie erinnert und ich bezweifle stark, dass es außer Moros jemanden gibt, der von so vielen weiß. Zumindest niemanden, der Interesse darin hätte sie zu wecken... All das wurde zweifelsohne vor Jahrhunderten geplant."

„Aber warum jetzt? Warum hat er so lange gewartet?" Chaos hob die Augenbrauen und sah mich vielsagend an. „Das kannst du nicht ernst meinen... Er hat auf mich gewartet?" Bei dem Gedanken schauderte ich und meine Flügel zuckten unruhig, aber die Miene des Erschaffers bestätigte meine Befürchtung. „Warum?"

„Die Sache ist kompliziert. Moros Ziel ist es das Ganze Dasein und alles Leben auszulöschen. Um das zu erreichen, wird er früher oder später mich töten müssen." Chaos sagte das mit einer solchen Gelassenheit, dass ich mich fragte ob ihm die Vorstellung zu sterben nichts ausmachte oder ob er einfach nicht daran glaubte, dass Moros erfolgreich sein würde. „Oder zumindest mich so weit schwächen, das ich schwinden würde. Das Problem für Moros ist hierbei aber, dass, wenn ich tatsächlich nicht mehr bin, mein Nachfolger sein Erbe antritt, selbst wenn er noch nicht anerkannt wurde. Solange ich also noch niemanden zu meinem Nachfolger erklärt hatte, wusste Moros nicht, wem er im Falle meines Todes gegenüberstehen würde. Du warst eine Bedrohung, die er nicht einschätzen konnte, jemand der all seine Pläne zunichtemachen konnte. Also hat er gewartet."

„Aber er hätte doch vor hundert Jahren angreifen können, damals war ich noch nicht einmal geboren", wandte ich ein.

„So einfach ist das nicht", seufzte Chaos und lehnte sich nach vorne, „Du warst dazu bestimmt deinen Platz an meiner Seite einzunehmen lange bevor du geboren wurdest. Hätte Moros schon vor deiner Zeit handeln wollen, wärst du schlicht und einfach früher geboren worden. Glaub mir, wenn ich dir sage, dass es für Moros am vorteilhaftesten war zu warten. Erst durch mein Eingreifen nach dem Krieg konnte er mit völliger Sicherheit wissen, wer mein Erbe ist, auch wenn ich vermute, dass er dich schon länger in Verdacht hatte. Deine Heldentaten auf der Erde waren einfach zu groß um nicht bemerkt zu werden."

Ich erinnerte mich daran, wie Moros mir erklärt hatte, dass er mich im Tartarus beobachtet hatte und mir wurde schlecht. Plötzlich machte Moros ungesunde Besessenheit von mir viel mehr Sinn.

Chaos schien mein Unwohlsein zu bemerken und wechselte das Thema. Mehr oder weniger. „Erzähl mir von deiner Begegnung mit Sachiel, ich habe gehört wie du ihn gerufen hast und auch Moros Eingreifen habe ich bemerkt, aber mehr konnte ich nicht beobachten, meine Aufmerksamkeit war anderswo gefragt."

„Es war... interessant", murmelte ich und gab mein Treffen mit dem Engel kurz wieder. „Hast du sie erschaffen?", wollte ich schließlich wissen.

„Das war vor langer, langer Zeit, noch bevor es die Erde gab", bestätigte Chaos, „Sie haben sich seitdem verändert, haben sich an den Glauben der Menschen angepasst... Sie sind den Göttern sehr ähnlich, nur dass sie sich nach Luzifers Rebellion in Licht und Dunkelheit gespalten haben. Ich denke nicht, dass der Morgenstern wusste was genau er mit seinem Aufstand losrüttelte."

„Und wo leben sie? Auf einen Planeten wie Prima?"

„Nein. Die Engel leben in einer Welt, die parallel zu mehreren Planeten existiert, so wie der Olymp sich nicht wirklich über New York, sondern auf einer anderen Ebene befindet, die im Moment nur neben New York liegt. Die Gefallenen existieren auf eine ähnliche Weise, in Welten, die dem Konzept einer Hölle gleich sind, auch wenn sie eher wie der Hades und nicht wie der Tartarus sind."

„Und die Dämonen können von ihren Dimensionen, in die unsere gelangen", meinte ich und Chaos nickte, „Ist es möglich, dass Moros die grenzen zwischen den Welten schwächt?"

„Das wäre... problematisch. Aber sehr wahrscheinlich... Die Dämonen auf der Erde nehmen drastisch zu?" Ich bejahte und begann mit den Fingern unruhig auf dem Schreibtisch zu trommeln. „Um hierher zu kommen, schlüpfen die Dämonen durch feine Risse, die zwischen den Welten entstehen. Die meisten solcher Risse, die groß genug sind um ein Problem darzustellen, gibt es auf Planeten wie der Erde. Fast jeder Planet hat sowohl sterbliche als auch unsterbliche Einwohner, meist eine Art jeweils. Es gibt aber Orte, an denen mehrere Völker leben, wie die Erde. Wobei die Erde einer der Planeten mit den meisten unsterblichen Gruppen ist. All die Macht die solche Lebewesen ausströmen, macht es für die Dämonen einfacher die Risse zu erweitern." Chaos deutete wieder auf das Hologramm zwischen uns und begann es so einzurichten, dass die etlichen roten Punkte verschwanden. Stattdessen erschienen fünf helle Kennzeichnungen, genauso wie einige blassere.

„Das hier ist die Erde", er deutete auf etwas am Rand der Karte und einen Moment später wurde die Darstellung größer, sodass ich nun unser Sonnensystem erkennen konnte. Dort wo mein Planet hätte sein sollen, befand sich ein leuchtender gelber Fleck. „Und das ist Prima." Die Aufnahme der Erde verschwand wieder und Chaos deutete auf den gelben Planeten in der Mitte der Karte. „Dort wo die Aktivität am stärksten ist, gibt es Abwehrsysteme. Die Erde hat die Shadowhunter, um Prima existiert ein Schild, dass uns vor der Dämonendimension schützt. Wenn Moros die Grenzen beeinflusst, dann indem er die Risse vergrößert."

„Dann müssen wir die Risse endgültig schließen", vermutete ich, aber Chaos schüttelte den Kopf.

„Wenn man sie ganz verschwinden lässt, wird sich der Druck dahinter immer mehr aufbauen, bis die Dämonen ganz durchbrechen. Nein, sie müssen lediglich verkleinert werden." Wäre ja auch zu schön gewesen... Naja ich nahm an, dass wenn ich die Dämonen ganz aussperrte, das die Schattenjäger arbeitslos machen würde. Das wollte ich dann ja doch wieder nicht, überhaupt da die Nephilim offensichtlich großen Stolz darin fanden die Welt vor dem Bösen zu verteidigen.

„Und das machen wir wie...?" Ich sah Chaos unsicher an, aber dieser schien bereits einen Plan zu haben. Vor dem König materialisierte sich ein altes Buch, dass aussah als hätte es den Anfang des Universums miterlebt.

„Darin sollte die richtige Formel sein. Es wird auf deinem Nachtisch sein, wenn du aufwachst. Gib es weiter an Magnus Bane, er wird wissen was zu tun ist", erklärte Chaos mysteriös. Mittlerweile machte ich mir nicht einmal mehr die Mühe zu fragen woher er wusste, dass ich Magnus kannte.

„Und jetzt zu deiner Begegnung mit Moros", fuhr Chaos unbeirrt fort.

„Er hat sich mit Sachiel ins Institut geschlichen. Wir haben ihm praktisch die Hintertür offengelassen." Mich überraschte wie bitter meine Worte klangen und ich fuhe mir mit der Hand durch die Haare.

„Was hat er gesagt?"

„Nicht viel. Er meinte, er fand meinen ‚Trick' beim ersten Mal besser." Als Chaos mich fragend ansah, erklärte ich wie ich es geschafft hatte den Schicksalsgott zu vertreiben. Nachdem ich meine Schilderung beendet hatte, musterte der Erschaffer mich aufmerksam.

„Interessant", murmelte er und verschränkte dabei die Arme, „Du entwickelst deine Fähigkeiten schneller, als ich erwartet hatte." War das ein Kompliment?

„Äh danke? Wenn wir gerade bei Fähigkeiten sind... was genau war das eigentlich? Ich meine, die Sache war effektiv, wenn auch schwer zu kontrollieren und anstrengend." Chaos lächelte und hob eine Hand. Augenblicklich begannen um seine Fingerspitzen silberne Funken zu tanzen.

„Ich nehme an du könnest es Sternenlicht oder Sternenstaub nennen. Der Grundbaustein des Universums, Energie in ihrer reinsten Form", die Funken veränderten ihre Form und einen Moment später hielt Chaos einen leuchtenden Dolch in der Hand, „Es hat das Potential jede Form anzunehmen, die du ihm geben willst. Sogar die eines Lebewesens. Anders als bei deinen Steinwölfen könnte ein solcher Gefährte selbst existieren, ohne dass du ihm tatsächlich das Leben schenkst."

„Keine Kopfschmerzen."

„Keine Kopfschmerzen", bestätigte Chaos mit einem Lachen und der Dolch verwandelte sich in einen kleinen silbrigen Vogel, der still durch den Raum flog, bevor er durch die Fensterscheibe glitt in der Stadt verschwand. „Es gibt keine mächtigere Waffe und außer dir und mir ist keiner in der Lage sie zu rufen."

Das Level an Kontrolle, das Chaos demonstrierte, beeindruckte mich zu tiefst. Ich selbst war kaum in der Lage gewesen die Funken zu kontrollieren, hatte nicht mehr geschafft als das Licht davon abzuhalten das Institut in die Luft zu jagen, geschweige denn nur kleine Mengen zu beschwören und diese nach meinem Willen zu formen.

„Übung", erklärte Chaos, der meinen Gedankengang offensichtlich erraten hatte.

„Was du nicht sagst." Natürlich hatte er recht. Wenn ich lernen konnte das zu beherrschen, würde es mir einen immensen Vorteil gegenüber Moros verschaffen.

„Da fällt mir ein..." Auf Chaos' Worte hin erschien etwas kleines Rundes in seiner Hand, doch bevor ich erkennen konnte worum es sich bei dem Objekt handelte, schlossen sich seine Finger darum.

„Fang", verkündete er und warf mir das Ding zu, welches ich mühelos aus der Luft griff. Neugierig betrachtete ich das Objekt. Es handelte sich um eine Goldkugel mit schwungvollen Eingravierungen, nicht viel größer als eine Walnuss. Ich drehte die Kugel mehrmals zwischen und strich die zarten Linien entlang. Scheinbar hatte ich auf diese Weis irgendeinen Mechanismus aktiviert, denn die Zeichen leuchteten kurz bläulich auf, bevor sich ein Hologramm, nicht unähnlich dem von Chaos, über meiner Handfläche öffnete. Auch hierbei handelte es sich um eine Karte, doch bei genauerem Hinsehen bemerkte ich, dass die Planeten beschriftet waren.

„Darauf findest du so ziemlich alles, was es über unser Universum zu wissen gibt. Es wird Zeit, dass du dich mit deinem Königreich vertraut machst." Die Worte ließen mich von der Karte aufsehen und ich schluckte schwer bevor ich antwortete.

„Natürlich", murmelte ich, dann begann ich die Karte nach dem Zufallsprinzip zu erforschen.

„Wenn du sonst keine Fragen hast-", begann Chaos.

„Muss ich schon wieder gehen?", wollte ich wissen und klang dabei geschockter als ich beabsichtigt hatte.

„Nein", lachte der Erschaffer und ich konnte spüren wie mir die Röte in die Wangen stieg, „Es steht dir frei die ganze Nacht hierzubleiben, oder zumindest solange, bis du aufwachst. Theoretisch schläfst du immer noch und solange du nicht anfängst jede Nacht dein Bewusstsein wandern zu lassen, fühlst du dich morgen genauso ausgeschlafen wie nach jeder anderen Nacht."

„Danke." Kaum war das gesagt, machte ich es mir bequem und vertiefte ich mich einmal mehr in den Geheimnissen meines neuen Hologramms.

Letztendlich verbrachte ich drei Stunden bei Chaos. Als ich am nächsten Morgen aufwachte, befand sich auf meinen Nachtisch wie versprochen das Buch für Magnus, genauso wie mein Holo-Ball. Schon seit langer Zeit hatte ich mich nicht mehr so ausgeruht gefühlt. 

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