2.- Ich kämpfe gegen Würmer
Die Abendsonne wärmte mir den Rücken, als ich durch New Yorks Straßen spazierte, ohne ein wirkliches Ziel vor Augen zu haben. Ich genoss es unter Menschen zu sein und die Leute zu beobachten, wie sie ihren täglichen Besorgungen nachgingen. Für einen Außenseiter hätte der Tummel der Straßen wie völliges Chaos gewirkt, aber ich war in dieser Stadt aufgewachsen und erkannte die fast schon perfekte Harmonie, die alles einhüllte. Jeder wusste wohin er musste, die hastigen Schritte der Menschen waren wie der Rhythmus, zu dem die Welt sich drehte.
Es war ein schöner Tag, auch wenn er sich schon dem Ende zuneigte. Der Sommer hatte nun endgültig die Oberhand gewonnen und es würde nicht mehr lange dauern, bis sich Camp Half Blood wieder füllen würde. Ich hatte beschlossen den Sommer dort zu verbringen.
Seit Hogwarts, was nun schon fast sechs Monate her war, hatte ich fast durchgehend in New York gelebt. Eigentlich hatte ich vorgehabt mir eine Wohnung zu kaufen, aber ich wusste nicht wo der Wind mich hintreiben würde und wie lange ich tatsächlich in der Stadt leben konnte. Zwar hatte Moros sich seit jenem Tag nicht mehr gezeigt, aber ich traute der Ruhe nicht. Also wohnte ich bei Mum und Paul, wenn ich nicht gerade unterwegs war. Als regelmäßiger Besucher im Camp schickte Chiron mich ab und an los um neue Demigötter sicher ins Camp zu bringen und ich musste zugeben, dass ich die Abwechslung genoss.
Mit Cassie versuchte ich so viel Zeit wie möglich zu verbringen, denn mir war nur allzu schmerzlich bewusst, dass ich meine sterbliche Familie eines Tages verlassen würde. Und auch wenn dieser Tag vielleicht erst in vielen Jahren kommen würde, so alterten sie doch, während ich ewig jung blieb.
Den Kopf schüttelnd vertrieb ich den Gedanken, wie so oft, wenn ich an meine Unsterblichkeit dachte. Genauso wie ich Spiegel mied, da sie mir nur allzu bewusst machten, dass ich seit dem Krieg nicht gealtert war.
Einen Blick auf meine Armbanduhr werfend, beschloss ich, dass es Zeit wurde mich wieder auf den Heimweg zu machen. Gerade wollte ich mich umdrehen, als ich einen Schrei hörte. Alarmiert sah ich mich nach dem Ursprung des Geräusches um, bevor mir bewusst wurde, dass es von weiter weggekommen war und mein scharfes Gehör mich getäuscht hatte.
Bevor ich wusste was ich tat, beschleunigte sich mein Schritt und ich lief in die Richtung, aus der der Schrei gekommen war, während sich meine Hand um Springflut schloss. So schnell meine Beine mich tragen konnten hastete ich durch die Menge und konzentrierte mich auf mein Gehör. Erneut nahm ich wahr wie jemand schrie, dieses Mal schriller und gefolgt von einem tiefen Brüllen. Monster.
Um die Ecke schlitternd erreichte ich eine scheinbar verlassene Gasse. Das Bild, welches sich mir dort bot, ließ mich innehalten. Gegen eine Wand gedrängt stand eine Frau, die nicht älter als 30 sein konnte. Sie war elegant gekleidet und wirkte wie jemand, den man in einer Bank und nicht einer schäbigen Gasse traf. Es war aber nicht die Frau, die meinen Blick auf sich zog. Es war die Kreatur, die sich vor ihr aufgebaut hatte.
Das Wesen könnte man als entfernt humanoid bezeichnen. Es stand auf zwei Beinen und hatte auch die richtige Anzahl an Armen, wenn es sich dabei um Arme handelten. Das Ding schien aus braunen Ranken zu bestehen die sich kräuselten und seine Gestalt ständig änderten. Als es mich bemerkte und sich zu mir drehte, sah ich, dass das Monster weder Augen noch Nase, sondern nur einen riesigen Mund hatte.
Ohne einen weiteren Augenblick zu zögern, zog ich mein Schwert. Springfluts Klinge schimmerte im schwachen Licht und das Monster brüllte, als es die Waffe sah. (Konnte es ohne Augen sehen?)
„Wow, du bringst hässlich ja auf ein ganz neues Level", schrie ich um seine Aufmerksamkeit auf mich zu lenken. Obwohl ich mir nicht sicher war, ob das Ding mich verstand, geschweige denn ob es Ohren hatte. Was im Namen der Götter war das?
Die Kreatur stieß ein tiefes Brüllen aus und kam auf mich zu, die Frau scheinbar vergessen. Meine Augen immer noch auf das Monster gerichtet, bedeutete ich ihr wegzulaufen, was sie auch ohne zu zögern tat. Kaum war ich überzeugt, dass die Sterbliche in Sicherheit war, stürzte ich mich auf meinen Gegner.
So langsam wie es sich bewegte, war es nicht fähig auszuweichen, als ich ihm mit einem Schlag die Beine abtrennte. Das Ding sank zu Boden und fiel in sich zusammen. Siegessicher wollte ich erneut angreifen, als der Haufen sich bewegen zu begann. Schockiert beobachtete ich wie die Ranken sich zusammensetzten und sich aufrichteten. Wie Würmer bewegten sich die Teile wieder zusammen, und ich taumelte zurück, als mir bewusstwurde, dass es sich tatsächlich um Würmer handelte.
„Was zum Hades...", murmelte ich und konnte gerade noch ausweichen als das Ding mich anging. Etwas streifte meine Haut und im nächsten Moment spürte ich wie etwas Schleimiges meinen Arm umschloss. Nach hinten ausweichend schnitt ich ihm den Arm ab. Augenblicklich fielen die Würmer zu Boden, nur um sich erneut mit ihren Freunden zu vereinigen. Die kleinen Wesen hatten eine glitschige Spur auf meiner Haut hinterlassen und ich versuchte sie so gut es ging auszublenden. Ich würde mich damit beschäftigen, wenn ich diese abartige Gestalt beseitigt hätte. Stellte sich nur noch die Frage wie genau ich das anstellen würde.
Wenn das Teil tatsächlich aus Abertausenden kleinen Würmern bestand, dann hätte ich wenig Chancen es mit dem Schwert zu töten, es sei denn ich machte jedem einzelnen Würmchen den Gar aus. Da das aber Tage dauern würde und Mum Abendessen gekocht hatte, musste eine andere Lösung her.
Um meine Theorie zu testen versuchte ich es noch einmal und teilte das Monster in der Mitte durch. Wie erwartet setzte es sich einfach wiederzusammen. Um auf Nummer sicher zugehen versuchte ich ihm den Kopf abzuhacken, aber auch das blieb ergebnislos. Wäre auch zu schön gewesen.
Mittlerweile wurde Mr. Wurm ziemlich wütend. Er brüllte und schlug wild um sich wobei ich seinen Armen nur knapp entkommen wollte. Einzelne Tierchen lösten sich von dem Monster und landeten auf meinen T-Shirt, aber ich war zu beschäftigt damit auszuweichen um mich zu ekeln. Offenbar war das Teil in der Lage seine Gliedmaßen nach Belieben zu verlängern, was die Sache nicht einfacher machte.
Das wäre doch einmal eine Geschichte: Der große Percy Jackson, in die Knie gezwungen von einem Haufen Würmer.
Einen Plan fassend, ließ ich Springflut in meiner Hosentasche verschwinden und begann um das Monster zu tänzeln. Mich konzentrierend ließ ich zwei Feuerbälle auf meinen Handflächen erscheinen. Die blauen Flammen tanzten über meine Haut und flackerten zwischen meinen Fingern, ohne mich zu verletzten. Blau - nicht rot, denn rotes Feuer gehörte Leo und Leo allein.
Ein Grinsen breitete sich auf meinem Gesicht aus und ich griff an. Mein Feuer fand sein Ziel und helle Flammen begannen über das Monster zu klettern. Die Kreatur brüllte schmerzerfüllt, woraus ich entnahm, dass mein Plan funktioniert. Das Blatt hatte sich gewendet. Zwar schlug es immer noch unkontrolliert um sich, aber bevor mich das Monster erneut erwischen konnte, fiel es meinen Flammen zum Opfer. Immer schneller setzte es sich in Flammen, während ich es weiterhin angriff. Einzelne Würmer fielen verkohlt zu Boden.
Siegessicher willigte ich das Feuer noch höher zu lodern und sah zu wie es meinen Angreifer verschluckte. Nach wenigen Sekunden zeugte nur noch Asche und vereinzelte Würmer davon, dass es jemals dagewesen war.
Mein Feuer erlosch und ich rief den Wind um die letzten Überreste des Monsters davon zu tragen.
Mit den Fingern durch meine Haare fahrend, legte ich den Kopf in den Nacken. Dabei hatte der Tag so gut begonnen.
Das Gesicht verziehend zog ich eines der Ungeziefer aus meinen Haaren. Für einen Moment betrachtete ich das kleine Wesen zwischen meinen Fingern. Ich konnte fühlen, dass es nicht irdisch war und ich bezweifelte, dass es griechischen Ursprungs war. Scheinbar war es fähig auch ohne seine Artgenossen zu überleben, nicht dass es ihm viel brachte. Der sich immer noch windende Wurm ging in Flammen auf. Sicher war sicher.
Tief in Gedanken versunken, hörte ich das Geräusch zu spät. Ich hatte kaum Zeit mich umzudrehen, bevor mich etwas am Hinterkopf traf. Stechender Schmerz fuhr mir durch den Schädel und dann wurde meine Welt schwarz.
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