9(Emma)

Die letzte 24 Stunden waren viel für meine Nerven gewesen. Ich vermisste mein bequemes Bad und meine gut riechende Wohnung. Außerdem machte ich mir Sorgen, dass man mich für vermisst erklären würde. Heute wäre Sonntag. Heute hätte ich Tina gesehen. Mist. Sie würde entweder denken, ich hätte sie versetzt oder dass ich entführt worden war. Sehr wahrscheinlich letzteres. Ich war immer pünktlich, zuverlässig und erreichbar, selbst nachts um drei konnte man mich anrufen. Das tat ich nicht nur aus Respekt und Wertschätzung anderen gegenüber. Über die Jahre hatte sich ein irrer Hintergedanke in meinem Kopf gebildet. Wenn ich immer zu erreichen, immer pünktlich und zuverlässig war, würde es sofort auffallen, wenn mir was zustoßen würde. Meine Freunde würden nicht sagen „Ah, Emma kommt nich, hat sie wohl mal wieder verpennt" sondern „Oh Emma kommt nicht, vielleicht ist was passiert. Ich kümmere mich darum" Zumindest hoffte ich das in meinem Innersten. Wenn ich also Tina nicht sehen würde, wäre das das erste Mal in 10 Jahren Freundschaft und sie würde sich sorgen. Doch das half mir nichts, denn ich hing wohl im 18ten Jahrhundert fest.

Misstrauisch musterte ich Jonas von der Seite. Ich mochte ihn immer weniger und mein Unbehagen in seiner Gegenwart wuchs und wuchs. Als ich heute Morgen aufgewacht war, war er bereits unten am Tisch gewesen und hatte sich unterhalten. Das an sich beunruhigte mich weniger, viel mehr die Tatsache wie er lügen konnte. Seine Worte webten Netze und umgarnten den Priester immer mehr und mehr, bis dieser fast schon von allein uns Kleidung holte. Und nicht nur das, ich hatte Olivia zuvor nicht unterbrechen wollen, als sie uns unseren zeitlichen Kontext erklärte, doch Jonas hatte lange vor ihrem Auftauchen dem Priester bereits klar machen können, dass wir in Verbindung mit Herzog Maximilian III. Joseph standen. "Mein Vater, ich habe das Privileg gehabt, einige Zeit in der Nähe von Herzog Maximilian III. Joseph zu verweilen und seine edle Entschlossenheit für das Wohl des bayerischen Volkes zu erleben. Seine Königliche Hoheit hat sich nicht nur als ein kluger Regent, sondern auch als ein wahrer Freund des Volkes erwiesen.", hatte er zu ihm gesagt und dem Priester ein sanftes Lächeln geschenkt, "Ich denke, wir können sagen, dass ich mit einer gewissen Verbundenheit zu seiner Hoheit in diese Zeit gereist bin. Ich hoffe, dass sein Einfluss uns bei unseren gegenwärtigen Anliegen hier in München von Nutzen sein könnte." Auf die Frage hin, wieso wir dann nicht gleich den Herzog gestern aufgesucht hatten, hatte Jonas den Priester nur entrüstet gesagt: „Mein Vater, ich kann doch zwei standesgemäße Damen, wie es meine Töchter sind, nicht so in die Residenz bringen"

Meine Stirn legte sich in Falten, als ich daran dachte, dass er jetzt auch noch allein in die Stadt gehen wollte. Nein, wir würden zusammenbleiben. Komme was wolle.

Wir machten uns also gemeinsam auf den Weg und tatsächlich fand Jonas das Haus des Künstlers wieder. Ich hätte es nicht geschafft, muss ich zugeben. „Emma", begann er, als wir vor dem Gebäude standen und die Fassade hinaufblickten, „bitte lass mich allein vorgehen. Ich komme in 30 Minuten wieder. Aber du weißt, ich hatte einen besseren Draht zu ihm", bat mich Jonas und ich ließ ihn widerwillig gehen.Olivia lächelte mich an und strich mir ein Haar aus dem Gesicht. „Das ist das Krasseste, was wir beide jemals erleben werden", stellte sie fest. „Ich hoffe echt, dass wir irgendwie wieder zurückkommen", gab ich etwas entmutigt von mir, „Es ist alles so merkwürdig" „Du meinst die Zeitreise? "vergewisserte sich Olivia, doch ich schüttelte den Kopf und dann berichtete ich ihr von meinen Zweifeln gegenüber Jonas Aufrichtigkeit. „Es kann stimmen, es kann aber auch einfach sein, dass du paranoid bist", entgegnete sie, nachdem ich meine Beobachtungen zu ende beschrieben hatte, „Er kann etwas über den Herzog auf der Straße gehört haben und vielleicht kennt er sich auch einfach echt gut in seiner alten Heimatstadt aus. Wir wissen nicht, wie urtümlich München heute noch ist" Ich nickte und hoffte, dass sie Recht hatte, hätte sie es nämlich nicht, würde es bedeuten, dass wir ihm nicht trauen konnten. 3 Zeitreisende und eine davon einer davon mir schlechten Absichten, das könnte schwierig enden.

„und sehe es mal anders", sie trat einen Schritt auf mich zu und sah die Gasse hinauf und herunter, „Wann bist du das letzte Mal mit so einer schönen Frau wie mir durch die Zeit gereist" Ich musste tatsächlich lachen, streckte vorsichtig meine Hand aus und ergriff sanft ihr Kinn. Ich drehte ihr Gesicht auf die Seite und küsste ihre Wange. „Du hast Recht" „So so", hörten wir plötzlich eine Stimme und zum Glück war es nur Jonas.

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