13.Kapitel
Vorgelesen wurden die Gedichte auf einer eigens dafür gezimmerten Holzbühne. Nancy und Colix hörten, von hinter der Bühne aus, zu wie die Schüler nach und nach aufgerufen wurden und ihre Gedichte vorlasen. Manche waren gut, manche schlecht. Einige waren traurig, andere romantisch oder Witzig.
Fünf der neun Paare waren vor ihnen dran. Immer las erst der Junge und dann das Mädchen vor.
Viel zu schnell für Nancys Geschmack, war Colix Murfin an der Reihe.
,,Viel Glück" Flüsterte sie ihm zu als er auf die Bühne stieg.
Colix positionierte sich in der Mitte der Bühne, blinzelte in den Scheinwerfer, holte tief Luft und las den ersten Satz vor:
Meine Freunde haben Recht wenn sie sagen, dass ich spinn
Gelächter ertönte und tröpfelte durchs Publikum. Colix wartete bis es wieder leise war, dann fuhr er fort:
Doch da ist einfach so viel Scheiße in meinem Kopf drin
Die Schüler verstummten. Gespannt sahen sie zur Bühne auf.
Eine Stimme, die flüstert, dass ich absolut nichts bin
Eine Zweite die mir sagt, das alles hier hat keinen Sinn
Nancy sah, wie seine Finger, die das Blatt hielten, anfingen zu zittern. Sie hätte gerne irgendetwas getan, um ihn zu beruhigen, war von hinter der Bühne aber machtlos.
Colix trug vor:
Sie zeigt mir ein Puppenhaus mit zwei Puppen aus Plastik
Den Schein muss man wahren, sag ,,alles gut" nicht zu hastig
Erzähl ihnen niemals von dem kaputten Bilder Rahmen
Das Familienbild in Scherben, wer konnte auch ahnen
Das der perfekte Mann seine perfekte Frau betrog
Das ihr so perfekter Sohn alle Nachbarn anlog
Verrückt, wie man ihn genau dazu erzog
Nicht nur Colix' Hände, auch seine Stimme zitterte nun.
Jetzt ist das Puppenhaus leer und in mir hege ich Groll
Da ist so viel in meinem Kopf wo ich nicht weiß was das soll
Da sind Schatten, da sind Bilder
Abgründe und Stopp Schilder
Da ist Angst und Lärm und Dreck
,,Bleibt hier's" und ,,geht alle weg"
Colix riss seine Augen von dem Pergament und sah zum ersten Mal direkt in die Menge. Er lächelte. Sein natürliches Charisma stellte sich ein, verdrängte seine nervöse Miene und trieb ihm wieder etwas Farbe auf die Wangen. Ein paar Mädchen seufzten verträumt, beim Anblick von Colix' funkelnden Augen und strahlend weißen Zähnen.
In meinem Kopf, das freut mich sehr
Ist zum Glück auch noch viel mehr
Da ist auch Licht und auch Gelächter
Da sind Schätze und schützende Wächter
Da ist Sonne, Wind und Gras
Da ist Humor und da ist Spaß
Da ist Musik und Fantasie
Und vorallem ist da sie
Das Publikum schnappte hörbar nach Luft, aber Colix achtete nicht darauf. Er legte eine Hand auf sein Herz und fuhr fort:
Selbst mit geschlossenen Augen seh ich ihr Gesicht
Sie hat gesagt, schreib ein ,,echtes" Gedicht
Jede Stimme in meinem Kopf wiederholt ihren Namen
In meinen Träumen liegt sie in meinen Armen
Und auf meine Schulter legt sie lächelnd ihr Kinn
In Echt allerdings, treibt sie mich in den Wahnsinn
Einige Leute im Publikum lachten überrascht auf. Getuschel ertönte, das erst verstummte, als die Lehrer streng ihre Zauberstäbe schwangen.
Colix las weiter. Sichtlich nervös. Seine Stimme stolperte sich durch die Worte.
Weil ihre Schönheit mich fertig macht
Und ihre Art und wie sie lacht
Liebe alles was sie sagt oder tut, jede einzelne Sache
Sie nennt mich einen Idioten für dumme Sachen, die ich mache
Und ich grinse in Gedanken nur und lache
Weil sie so hübsch ist wenn sie schimpft
Und sie immer so niedlich die Nase rümpft
Colix schmunzelte beim Lesen versonnen und einige Mädchen im Publikum sahen aus als würden sie gleich in Ohnmacht fallen.
Dieses Gefühl hatt' ich noch nie
Macht Sinn, keine andere ist wie sie
Das es mir mal so gehen würde hätt ich nie gedacht
Welchen Zauber hat sie bloß bei mir vollbracht?
Wenn ich die Augen schließe sehe ich nur sie
Was ist das bloß für eine Art von Magie?
Um das nicht mehr zu fühlen müsst ich weg, in die Türkei
Nein, weiter weg, villeicht nach Hawaii, Urugay oder Shanghai
Wieder ertönte Gelächter im Publikum. Gutmütiges diesmal. Ein kleiner, unwiderruflich unromantischer Teil von Nancys Gehirn fragte sich, wie um alles in der Welt er darauf gekommen war, diese Ländernamen miteinander zu reimen.
Der Rest von ihr war wie in einem Fiebertraum. Sie konnte sich nicht rühren. Sie konnte nicht sprechen. Sie konnte nur da stehen und zuhören wie Colix den letzten Rest seines Gedichtes vorlas.
Nirgendwo ist weit weg genug, der Zauber macht mich benommen
Ist es ein Zauber oder ein Fluch? Ich kann ihm nicht entkommen
Ich glaube es geht wirklich tief
Es macht mir Angst, alles ist so intensiv
Und ich bin nicht mutig und nicht naiv
Keine Liebe gesehen die auf Dauer gut lief
Aber seh ich in deine Augen
Möcht ich so gerne daran glauben
Gib mir eine Chance das ist alles was ich verlange
Gib uns eine Chance, dem Dachs und der Schlange
Colix ließ das Pergament sinken.
Ohrenbetäubender Applaus ertönte.
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