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Der graue Himmel und tausende Regentropfen waren das Einzige, was mich gerade begleiteten. Das Wetter spiegelte den momentanen Zustand meines Herzes wieder. Es schmerzte und alles fühlte sich verdammt schwer auf meinen Schultern an. Meine Seele war verloren gegangen und ich wusste nicht, ob sie irgendwann wieder heilen würde.

Ich hatte kein Ziel. Ich wollte einfach weiter gehen. Es war als würden mich meine Beine selbst irgendwo hinbringen. Wo? Das hatte mich nicht gefragt. Und ich hatte auch nicht vor mir diese Frage zu stellen. Wofür? Schlimmer als es schon ist konnte es nicht werden, dachte ich.

Ich beobachtete die Tropfen, die eine nach dem anderen den Asphalt aufkamen, und dachte für ein Moment, wie toll es doch wäre, wenn ich den Tropfen gleichen würde. Ich würde fallen, was an sich nicht schlimmes wäre, denn gefallen war ich immer und immer wieder und nun hatte keine Kraft mehr aufzustehen. Wofür ? Stellte ich mir wieder die Frage. Eine Antwort darauf, hatte ich schon wieder nicht.

Und wäre ich nun anstelle dieser Tropfen, dann würde ich mich in Luft lösen. Es würde nichts mehr von mir übrig bleiben, sobald ich meinen Weg auf die Erde zusteuern würde. Ich würde mir keine Sorgen mehr machen müssen, keine Gedanken mehr haben, die mich andauernd in den Wahnsinn treiben, ich würde kein Schmerz mehr empfinden.

Die Erde würde mich umarmen, in seinen Armen fest halten und mich nicht mehr loslassen. Und das fand ich in diesem Augenblick erleichternd.

Ich blickte in der Himmel, und spürte dass der Regen auf mein Gesicht prasselte. Es fühlte sich genauso kalt wie mein Herz an, und der graue Himmel, den ich nun beobachtete, erweckte nicht den Eindruck als wollte er sich lösen, nur um für einpaar Augenblicke der Sonne Freiraum zu gewähren.

Wenn ich nur ein bisschen Wärme spüren könnte, dachte ich.

Ich kramte in meinem Rucksak herum, das Einzige, was ich dabei hatte, und ich hoffte, dass ich doch noch einen dicken Pullover oder eine Jacke eingepackt hatte. Aber Fehlanzeige. Resigniert und mit meine Armen in den schon plitschnassen Jacke, machte ich mich weiter auf dem Weg ins..... nirgendwo.
Meine Jeans klebten an meinen Beinen und es fühlte sich kalt auf meiner Haut an. Weningstens hatte ich noch trockene Füsse durch meine noch guten Boots, die ich anhatte, dachte ich.

Ich hatte Stundenlang die Zeit im Wald verbracht, denn es war mein Lieblingsplatz. Die Natur gab mir Hoffnung, ich konnte atmen, ich war frei....ich wollte unbedingt vermeiden wieder zurück nach Hause zu gehen, denn das hat sich schon lange nicht mehr wie ein Zuhause angefühlt, ein Ort wohin man eigentlich fliehen konnte, wenns einem zu viel wurde. Doch das war es schon lange nicht mehr gewessen.

Warum? Das wusste ich selbs nicht. Mein Zufluchtort, war schon seit längerem der Wald geworden, welche sich genau in der Nähe meines Zuhauses befand. Der See, welcher der Eindruck erweckte, als hätte es etwas magisches an sich, genau das nannte ich mein Reich.

Das würde mir fehlen, aber hier würde ich nicht mehr bleiben. Vielleicht würde ich so ein Ort eines Tages wieder finden.

Ich ging mit zügigen Schritten die Straße entlang, in der Hoffnung, ich würde mich aufwärmen können. Ich war schon mehrere Stunde unterwegs und hatte immer noch kein Ziel vor Augen, bis ich ein Strassenschild sah, welcher den Weg zum Bahnhof aufzeigte. Ich entschied mich in diese Richtung zu gehen.

Auf dem Weg zum Bahnhof, nahm ich nochmals jedes Detail dieser Stadt auf, welche mich eine Weile lang glücklich gemacht hatten, bis alles sich verändert hatte. Ich sah die Straßen, wo ich Zeit mit meine Freunde verbracht hatte, ich sah den Weg zur Schule, den ich jeden Tag gelaufen war, die Geschäfte und meine Lieblings Café, wo ich gerne lesend, Zeit verbracht hatte.

Ja meine Freunde, ich nannte sie immer noch so, und hoffte sie würden sich irgendwann melden. Sicher hatten sie viel zu tun, dachte ich. Doch gleich traf mich wieder die Realität und ich realisiere, wie naiv ich sein konnte, denn sie hatten sich doch schon seit mehreren Wochen nicht mehr gemeldet.

Wollte ich mich noch erinnern? fragte ich mich. Und meine Antwort, war klares und deutliches, nein, wollte ich nicht. Auch wenn ich eine Weile glücklich war, wollte ich das nicht, denn jede Erinnerung war wie ein Stich in meinem Herzen.

Am Bahnhof angekommen schaute ich mich an, welcher Zug als nächstes fahren würde, und welcher am weitestens. Sollte ich mit der Bahn fahren, oder mit dem Zug?, überlegte ich. Die Uhrzeit zeigte erst 18:32 Uhr, also konnte ich noch ein bisschen warten, denn ich wollte sicher nicht, die Nacht draußen verbringen.

Ich entschied mich für einen Zug, der um 22:25 Uhr fahren würde, Richtung Süd England. Aus Newcastle nach Plymouth. Mit einem direkter Zug, CrossCountry, würde ich in knapp sieben Stunden da sein.
Bis der Zug fahren würde, schaute ich mich noch die kleinen Geschäfte am Bahnhof an, kaufte mir etwas zum Essen und zu Trinken, etwas zum Knabbern für die Fahrt, und sogar ein Buch welches interessant klang. Zum Glück hatte ich etwas Geld zur Seite gelegt, sonst wäre es jetzt ziemlich kompliziert gewessen. Ab meinem 16 Lebensjahr, hatte ich angefangen in der Nachbarsbäckerei zu arbeiten. Früh am morgens fing ich da bereits an, und von dort aus ging ich weiter zur Schule. Am Nachmittag, drei Mal die Woche, half ich beim sortieren der Regale im Supermarkt aus. Es war sehr anstrengend, aber es ging nicht anderes.

Ich setze mich danach auf eine Bank, und beobachtete die Menschen die von einem Zug zum nächsten hektisch rüberliefen. Es sind sicher viele die eine glückliche Familie haben, dachte ich, und sich deshalb gerade beeilen müssen um nach Hause zu kommen. Warum konnte meine nicht so sein? Warum musste genau mich so ein Schicksal treffen?
Bevor ich anfangen würde weiter in diese Richtung zu denken, nahm ich mein neues Buch in die Hand und wartete auf die Fahrt meines Zuges.

Die Zeit verging schneller als ich dachte und nun saß ich auf meinem Platz im Zug Richtung Plymouth. Ich wollte schon immer ein Stückchen näher an Strand sein. Jetzt würde das passieren.
Meine Laune war aber deswegen nicht besser.
Ich fühlte mich kaputt und es war als hätte ich kein Kraft mehr.
Ich ließ meinen Rucksak neben meine Füsse fallen, meine Kapuze zog ich tief ins Gesicht und machte mich ganz klein auf meinem Platz. Vielleicht schaffte ich es ein paar Stunden zu schlaffen. Für Morgen würde ich Kraft und einen klaren Kopf benötigen, denn ich wußte nicht, was mich am Ende meiner Reise mich erwarten würde. Ich wußte einfach nicht wohin mit mir. Ich kannte keine einzige Person und alles dort würde mir fremd sein.

Ich hasste Veränderungen, ich hasste es neu anzufangen.

Es sollte mir eigentlich alles wahnsinnig viel Angst bereiten, doch das tat es nicht. Vielleicht weil ich nichts mehr zu verlieren hatte? Ja vielleicht mich, mein Leben, aber wen würde es denn interessieren? Wer würde leiden? Genau, niemanden.

Ich vetrieb die Gedanken weit weg und versuchte die Augen zu schließen.

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Es war warm, und es war still. Angenehme Luft spürte ich auf meinem Gesicht. Ich machte die Augen auf, und sah vor mir eine See, mein Reich. Überrall der blaue Himmel, weit und breit, die Sonne schien, und ich fühlte seine seine Wärme auf mir. Es fühlte sich herlich an. Doch ein kalter Lufzug traf mich auf einmal und alles wurde dunkel um mich herum. Es breitete sich eine Gänsehaut auf meinem Körper aus, und ich wusste nicht warum, aber ich fühlte eine Angst in mir aufsteigen.

Ich hob die Hände vors Gesicht, und ein Schrei verließ meine Lippen. Rote Flüssigkeit tropfte von meinen Hände und ein lebloser Körper stand vor meinen Füße.

"Es ist deine Schuld" hörte ich auf einmal.
"Nur deine Schuld" kam es noch einmal.

Ich blickte auf den Körper nieder, und die Tränen traten mir in die Augen. "Nein, nicht sie, bitte nicht", flüsterte ich.

Ich schloss meine Augen um sie nicht mehr sehen zu müssen. Ich weinte, ich schrie, doch es war, als würde kein Laut meinen Mund verlassen wollen, bis ich auf einmal hoch sprang und die Augen öffnete.

Ich saß weiterhin auf meinem Platz im Zug. Ich schaute auf meine Hände, nichts.

Es war ein Traum. Der gleiche Traum wie immer.

Ich würde nie meine Ruhe finden.

Merci beaucoup mon Cherry! 😘

Bildquelle: Google

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