Kapitel 34

Jade:
Es ist bereits drei Uhr morgens. Erneut sehe ich mir die Falltafel in unserem Büro an. So viele Namen, Gesichter hängen daran und in der Mitte steht groß: TNS. Hätte ich meinem früheren Ich vor einem halben Jahr erzählt, dass ich mal Verbrecher jage, hätte mein früheres Ich mir einen Vogel gezeigt. Doch es gefällt mir, diese Arbeit.
Mein Blick gleitet zu Merediths Foto. Darauf ist sie stark geschminkt und trägt noch eine andere Haarfarbe. Sie soll meine Halbschwester sein? Das kann ich mir gar nicht vorstellen. Sie sieht mir nicht mal ansatzweise ähnlich. Und im Wesen ist sie auch ganz anders. So arrogant und hochnäsig. So kommt sie in ihren Instagram Posts zumindest rüber. Ja, ich habe mich über sie informiert. Zwar ist sie seit einigen Jahren nicht mehr aktiv auf Instagram, aber ich weiß, wie sie tickt. Ich hasse arrogante Menschen, die denken, sie wären etwas besseres.
Ich schiebe meine Gedanken beiseite, denn Rick betritt den Raum und lächelt mich an. „Hey, schon wieder hier? Wann schläft Jade Harper denn?“, fragt er und setzt sich neben mich auf einen der Schreibtische.
„Immer noch hier. Ich brauche nicht viel Schlaf“, antworte ich und sehe ihn an. „Und was machst du schon wieder hier?“
„Ich bin aus meinem Hotelzimmer geflohen. Ich muss es mit einem der anderen Agents teilen und dieser Hoskins schnarcht so laut, dass ich das Gefühl hab, die Wände stürzen jeden Moment über uns ein“, erklärt er. „Du hast Glück, dass du dir kein Zimmer mit dem teilen musst.“
„Darüber wäre Callum vermutlich nicht sehr begeistert“, sage ich und grinse.
„Das glaube ich auch.“ Rick geht zur Kaffeemaschine und macht sich einen doppelten Espresso. „Gibt es schon was neues zu unseren Verbrechern?“
„Leider nicht. Wir planen, sie in eine Falle zu locken, aber das weißt du ja bereits. Allerdings brauchen wir einen Köder, um die TNS aus ihrem Versteck zu locken.“
„Wir sollten außerdem herausfinden, wer der Maulwurf hier in der FSA ist“, fügt Rick hinzu und ich nicke nachdenklich. Die Sache ist ja auch noch da. Ich kann mir wirklich nicht erklären, wer unsere Pläne an die TNS verraten sollte. Die engsten Informationen können nur ich, Steele, Collins, Rick und Callum wissen. Steele und Collins vertraue ich blind, warum hätten sie mich sonst zur FSA holen wollen? Und Rick vertraue ich ebenfalls. Und Callum? Der hat bestimmt auch nichts damit zu tun. Oder? Nein. Warum sollte er das tun?
Wieso er aber immer im richtigen Moment auftaucht, frage ich mich schon. Was ist, wenn er doch der Maulwurf ist? Vielleicht hat er durch die TNS erfahren, wo wir uns gerade befinden und ist so immer zu ihm gestoßen. Ich muss ihn fragen. Ich kann diese Vermutungen nicht für mich behalten.
„Ich muss kurz ins Hotel, bin bald zurück“, sage ich schnell, schnappe mir meine Jacke und verlasse das Büro.

Im Hotel angekommen schließe ich sogleich die Zimmertür auf. Zu meiner Überraschung ist Callum nicht da. Wo steckt er bloß? Er hat mir nicht gesagt, dass er irgendwo hin geht. Klar, er muss mir nichts sagen, aber wenigstens eine kleine Info wäre schön gewesen.
Ich lege meine Jacke aufs Bett und sehe mich im Zimmer um. Ich entdecke seinen Laptop, der noch angeschaltet ist. Ich respektiere eigentlich die Privatsphäre anderer, doch irgendwie bin ich neugierig, was er daran gemacht hat. Langsam setze ich mich auf den Stuhl vor dem Schreibtisch und bewege die Maus, wodurch der Bildschirm aufleuchtet. Was ich da finde, erschreckt mich zutiefst. Akten über die FSA, die TNS, Personenbeschreibungen verdächtiger Leute, von mir, Collins, Steele, Rick, und noch vielen mehr. Was zum Kuckuck treibt Callum. Hatte ich Recht mit meinen Vermutungen? Steckt er wirklich dahinter, ist er der Verräter, der Informationen an die TNS gibt?
Das muss ich erst mal verarbeiten. Ich hab gedacht, Callum wäre mir, der FSA treu. Doch anscheinend habe ich mich die ganze Zeit in ihm getäuscht.
Ich sehe, dass sein Nachrichtendienst auf seinem Laptop noch geöffnet ist. Ich muss nachsehen, ob er mit einem von der TNS Kontakt hat.
Langsam schiebe ich die Maus Richtung Nachrichtendienst, doch dann lasse ich es. Das geht zu weit. Ich kann das nicht tun. Ich muss Callum zur Rede stellen, ganz klar. Also wähle ich seine Nummer, rufe ihn an und mache ein Treffen aus.

***
Geschrieben von Alexandra

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