Kapitel 20

Jade:
Wie ich auf den Verdacht gekommen bin, weiß ich nicht. Irgendwas an seinem Handeln oder an seinem Aussehen hat mich darauf gebracht. Ich überlege, warum, doch dann fällt es mir wie Schuppen von den Augen! Er trägt eine Kette mit einem Symbol, welches ich nicht zuordnen kann. Die Kette allerdings schon. Denn die haben auch Thompson, Meredith und Marcus getragen!
Plötzlich stürmt Liam los, springt in einen Wagen, der am Ende der Straße auf ihn wartet, und fährt davon.
„Verdammt!“, flucht Joe und sieht dem Wagen hinterher.
„Der ist weg, Joe“, sage ich mitfühlend und drehe mich um. Ich habe einen Plan, aber in den kann ich Joe einfach nicht einbeziehen, denn wenn er gegen das Gesetz verstößt, dann verliert er seinen Job. Und das will ich nicht riskieren. Ich muss das ganze mit Callum alleine durchziehen.
„Joe, wir treffen uns heute Nachmittag im St James Park, Callum und ich müssen noch mal was besprechen“, sage ich zu ihm und er nickt.
Ich winke ein Taxi herbei und Callum und ich steigen ein. Callum sieht mich die ganze Zeit fragend an, doch ich möchte es ihm erst sagen, wenn wir zurück in der Wohnung sind, denn dort haben wir uns gestern eine richtige Zentrale aufgebaut, wir haben Laptops, Schreibblöcke und was Callum noch nicht weiß – einen Schrank mit Waffen.
Als das Taxi hält, steigen wir aus, bezahlen und gehen gleich hoch in die Wohnung. Sie besteht nur aus drei Zimmern, einem großen, in dem unser Equipment steht und der Waffenschrank, den ich noch nicht geöffnet habe. Außerdem gibt es ein Schlafzimmer und ein Bad. Alles ist schwarz gehalten und die Fenster sind leicht verdreckt, damit man von außen nicht sehen kann, ob jemand in der Wohnung ist.
„Jade. Nun erzähl mir doch endlich, was los ist“, drängelt Callum und setzt sich an den Tisch. Ich setze mich zu ihn vor den Laptop und sehe Callum beschwichtigend an.
„Hör mal. Ich weiß, zu dritt sind wir stärker, aber wir können Joe nicht mit einbeziehen. Er kann seinen Job verlieren, wenn er uns hilft, und das will ich nicht. Wir müssen das alleine hinbekommen“, erkläre ich.
„Aber Jade, das ist total gefährlich, ich weiß nicht ob du das hinbekommst, das ist bestimmt...“, beginnt Callum, doch ich unterbreche ihn.
„Callum, ich hab am Anfang, als wir uns kennenlernten, vielleicht etwas ängstlich und unbeholfen gewirkt, doch das bin ich nicht. Ich würde das ganze auch ohne dich machen, wenn du nicht zugestimmt hättest, mir zu helfen. Ich brauche keinen, der auf mich aufpasst, verstanden?“
Callum nickt. „Okay. Verstanden.“
„Gut, dann schauen wir jetzt nach dem Symbol an der Halskette, die Liam und auch Meredith, Thompson und Marcus um den Hals getragen haben“, bestimme ich, schalte den Laptop ein und während er hochfährt zeichne ich das Symbol, welches ich mir eingeprägt habe, auf ein Blatt Papier. Darauf war ein Hügel, hinter dem die Sonne unterging, außerdem standen drei Buchstaben darauf. TNS.
„Welche Halskette?“, fragt Callum und ich muss grinsen. Er hat eben kein fotografisches Gedächtnis, so wie ich.
„Liam trug eine Halskette, auf der ein Symbol war“, erkläre ich und zeige auf meine Zeichnung. „Diese Kette trugen Meredith, Thompson und Marcus ebenfalls. Ob James sie trägt, weiß ich nicht. Und ob Vincent sie trägt, können wir ganz einfach rausfinden, in dem wir seinen Namen googeln und uns die Bilder ansehen.“
„Krass, das ist mir gar nicht aufgefallen. Vielleicht ist doch der bessere Beruf für dich Polizistin“, überlegt Callum und starrt nachdenklich aus dem Fenster. Ich merke, dass er sich Gedanken darüber macht, was ist, wenn wir den Fall aufgeklärt haben. Und auch ich mache mir Gedanken darüber, denn eigentlich gefällt es mir hier in London, aber ich habe Gefühle für Callum und möchte mich nicht von ihm trennen.
Darüber aber sollten wir uns lieber später Gedanken machen, denn plötzlich klingelt mein Handy und ich sehe Joes Nummer.
„Joe, was ist los?“, frage ich, nachdem ich abgenommen habe. Ich höre ein Keuchen, ein Wimmern. Sofort schalte ich auf Lautsprecher, damit Callum mithören kann.
„Joe? Alles in Ordnung?“, frage ich, wieder keine Antwort, bis plötzlich jemand wimmert.
„L-Liam-m, e-er i-ist hier!“
Callum und ich sehen uns alarmiert an. Joe scheint in Gefahr zu sein. Schnell öffne ich die Datei, um Anrufe zu orten und warte, bis ein blauer Punkt aufblinkt! Es ist Joes Wohnung.
„Los, Callum, wir müssen Joe helfen!“ Ich öffne den Waffenschrank, stecke mir eine Pistole in ein Waffenholster und befestige es an meinem Gürtel, dann werfe ich Callum eine Waffe zu und ziehe eine kugelsichere Weste an, die im Schrank hängt. Auch Callum, der mich verwundert ansieht, kriegt eine.
„Ich hoffe, du weißt, wie man damit umgeht“, sage ich und zeige auf die Waffe.

Wenig später stehen wir bewaffnet vor Joes Apartment. Die Wohnungstür ist nur angelehnt, und so ziehe ich meine Waffe und stoße die Tür ein Stück weit auf. Verdammt, alles ist verwüstet – und Handabdrücke aus Blut sind an der Wand!
Ich rücke weiter vor, suche alles ab, bis ich ins Wohnzimmer komme ...
„Nein! Joe!“, schreie ich, gehe auf die Knie. Vor mir liegt der leblose Körper des Polizisten. Ein Einschussloch ist in seiner Stirn. Ich beginne, zu weinen und für einen Augenblick bricht die taffe, ernste Fassade, die ich mir in den letzten zwei Monaten aufgebaut habe, um nicht verletzlich zu wirken, auseinander, ehe ich mich zusammenraffe und vorsichtig seinen Körper berühre. Er ist noch warm, was bedeutet, dass Joe noch nicht lange tot ist.
Ich stehe auf, drehe mich um und erschrecke, denn Callum steht genau hinter mir und schließt mich in die Arme. Ich lehne mich dankbar an ihn und schließe für einen Moment die Augen.
„Joe hat das nicht verdient“, schniefe ich und sage dann mit wütender Stimme: „Ich bringe Liam um!“
Callum sagt nichts, er will mich vermutlich trösten. Doch das muss sich auf später verschieben, denn  ich höre, wie sich jemand im Flur nähert. Ein weiterer Einbrecher?
Ich löse mich von Callum und richte meine Waffe auf den Flur.
Plötzlich treten zwei Leute ins Wohnzimmer, bis an die Zähne bewaffnet und in schwarzen Klamotten. Sie tragen beide schwarze  Kleidung und richten eine Waffe auf uns. Eine Frau und ein Mann stehen uns gegenüber.
„Guten Tag, Ms Harper, Mr Baton. Agent Grace Steele, das ist Agent Neil Collins, wir sind in guter Absicht hier“, spricht die Frau und senkt die Waffe.
„Woher kennen Sie unsere Namen?“, fragt Callum überrascht und starrt die beiden erschrocken und überrascht zugleich an.
„Wir haben Sie beide schon seit längerem im Auge. Sie sind hinter dem ,The Nightfall Syndicate' her, bestehend aus Verbrechern, die einen Anschlag auf die CIA planen“, erklärt die Frau weiter.
„TNS!“, rufe ich aus. Das heißen also die Buchstaben auf der Halskette. Aber von welcher Agentcy stammen die beiden und warum haben sie uns beobachtet? Sie wollen uns doch nicht etwa festnehmen? „Was wollen Sie beide von uns?“
Die Frau erklärt: „Wir kommen von der Free Union Shield Agentcy, kurz FSA, eine Gemeinschaft aus Leuten, die Gruppen wie die TNS jagen und zur Strecke bringen. Wir sind eine freie Organisation, und jeder, der genug Gripp und Erfahrung hat, kann uns beitreten. Meist suchen wir uns die Personen aus. Wir haben gemerkt, dass jemand Ermittlungen zur TNS macht und sind auf Sie beide gestoßen. Also beobachteten wir sie in Deutschland und in London und nun sind wir hier. Sie haben bisher nur an der Oberfläche der Organisation gekratzt, hinter der TNS stecken mehr Leute, als Sie denken. Und wir sind jetzt hier, um Sie beide zu fragen, ob Sie die FSA bei diesem Fall unterstützen wollen.“
Ich sehe Callum beeindruckt an und er nickt ebenfalls beeindruckt.
„Also sind Sie dabei? Wir sind ein kleines Team, aber wir hatten in der Vergangenheit schon großen Erfolg. Außerdem haben wir ein Back-Up-Team, was uns den Rücken freihält bei unseren Ermittlungen. Sie wären dann nicht mehr zu zweit“, fragt der Mann.
Ich blicke erneut zu Callum und der nickt begeistert. Also sage ich: „Ja, wir sind dabei!“
„Sehr gut, dann sind Sie ab heute Agent Harper und Agent Baton. Kommen Sie, wir bringen Sie beide zu unserem Hauptquartier, dort warten die anderen.“ Die Frau, Agent Steele, lächelt uns an.
„Und was ist mit Joe?“, frage ich und zeige auf seine Leiche.
„Die wird die Polizei finden“, erklärt Steele und ich nicke langsam. Wir folgen den beiden Agenten zu deren Auto, ein schwarzer Range Rover mit kugelsicheren Scheiben, wie uns Agent Collins erklärt.
Auf dem Weg zum Hauptquartier halten wir bei meiner Wohnung und holen unser Zeug, dann setzen wir den Weg Richtung City of Westminster fort. Ich bin mehr als überrascht, als wir vorm MI6-Gebäude halten.
„Wir haben unser Büro im Kellergeschoss des Gebäudes, da wir eng mit dem MI6 zusammenarbeiten“, erklärt uns Steele.
Wir betreten das Gebäude, welches auch Riverhouse genannt wird, und fahren mit dem Fahrstuhl in den Keller, wo sich, als sich die Fahrstuhltüren öffnen, ein riesiges Areal mit Computern, Bildschirmen, Verhörräumen, Waffenschränken und Büros erstreckt. An einer Wand steht in großen Buchstaben.

Free Union Shield Agentcy - Voluntary unit of agents for the protection of Great Britain

„Krass!“, staunt Callum und ich grinse ihn an. Hier fühle ich mich richtig. Das ist der Ort, wo ich gern immer arbeiten würde. Ich weiß, dass Callum lieber Anwalt als Agent ist, doch sein Staunen ist echt. Und ich muss auch staunen, denn so groß hätte ich mir dieses Unternehmen nicht vorgestellt.
Noch vor zwei Monaten hab ich gedacht, mein Leben lang Anwältin zu sein und für Callum zu arbeiten, jetzt standen wir hier in London im Hauptquartier einer Agentcy gleich unter dem Riverhouse! Was wäre wohl, wenn ich das ganze nie verfolgt hätte? Was würde ich dann wohl jetzt machen? Vermutlich mit Callum in der Anwaltskanzlei in Deutschland sitzen und Angeklagte verteidigen.
„Willkommen in der FSA!“, sagt Collins und grinst, als er unsere staunenden Gesichter sieht. Wir steigen aus dem Fahrstuhl und werden von den beiden Agenten zu einem Büro geführt, in dem eine große Pinnwand hängt. In der Mitte der Pinnwand ist das Symbol der TNS aufgehängt und darum verlaufen rote Fäden zu verschiedenen Personen. Da ist Marcus, der mit einem roten Kreuz gekennzeichnet ist, vermutlich, weil er tot ist, Vincent Corleone ist dort, Thompson, Meredith, Merediths Ex John Pembroke, der Mann, James und noch viele mehr, die ich nicht kenne. Zum Schluss entdecke ich auch Liam.
„So viele hängen dort mit drinnen?“, fragt Callum überrascht.
„Ja. Vom gewöhnlichen Dieb über Hacker bis zu korrupten Regierungsleuten sind alle dabei. Der Anführer ist Jonathan Silver, er arbeitete für die US-amerikanische Regierung und hat Projekt C73 ins Leben gerufen. An ihn ranzukommen ist quasi unmöglich“, antwortet Steele.
„Wir müssen diese Gruppe aufhalten“, sage ich entschlossen.
***
Geschrieben von Alexandra

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