Kapitel 24 - Risse im Boden
Auch wenn sie nicht genau beurteilen konnten, wie lange die letzte Pause andauerte, die sie eingelegt hatten, fühlte Shota sich immer noch entkräftet. Dabei hatten sie ihn die gesamte Zeit über auf Hizashis Schoss schlafen lassen, während die anderen sich dabei abgewechselt hatten, wache zu halten. Er verfluchte sich selbst dafür, dass er zuvor sinnlos seine Kräfte vergeudet hatte, weil er sich von der Gruppe entfernt hatte. Sein Weggang hatte sie schließlich nicht weiter gebracht und nur verhindert, dass sie gleich befreit hätten werden können. Vielleicht hätte er ja zu diesem Zeitpunkt noch einen Deal mit dem Playmaker aushandeln können. Nun schien jedoch alles zu spät und alles war seine Schuld. Toshinori war vergiftet worden, die Schüler waren zum Teil verletzt, erschöpft und verstört, ebenso wie Nemuri und Hizashi traumatisiert schienen. Die Krönung an der ganzen Sache war auch noch die Tatsache, dass Eri ihn keines Blickes mehr würdigte. Seine Schmerzen und die pochenden Wunden waren nicht Strafe genug für das, was er den Menschen in seinem Umfeld angetan hatte.
Der Gedanke ließ ihn schlucken und langsamer werden. Die Schüler, die hinter ihm gingen, verlangsamten ebenso ihre Schritte. Nur um sicher zu gehen, dass Shota weder von allein verschwand noch entführt wurde oder in seinem geschwächten Zustand angegriffen wurde oder umkippte, hatten sie ihn ins Mittelfeld der Gruppe gesetzt. So würden sie am schnellsten reagieren können, falls irgendeiner dieser Fälle eintrat. Aizawa hingegen war sich nicht sicher, ob er fasziniert darüber sein sollte, dass seine Schüler bereits so viel gelernt hatten, um jemanden, der in Gefahr war, einfallsreich zu beschützen, oder ob er sich darüber beschweren sollte, weil sie so ein Aufsehen um ihn machten. Schließlich hätten sie nur einen Vorteil davon, wenn ihm etwas zustoßen würde.
So sehr er sich zuvor dagegen gewehrt hatte, dass jemand in stützte, wünschte er sich in diesem Augenblick, dass er das Angebot doch angenommen hätte. Solange er in Bewegung gewesen war, hatte er sich auf den Beinen halten können, nun jedoch, wo er plötzlich stehen geblieben war, schien es nicht mehr möglich zu sein, einen Fuß vor den anderen zu setzen. Er schwankte kurz bedrohlich, ehe plötzlich Koda neben ihm war, und ihn stützte.
„Vielleicht sollten wir noch eine Pause einlegen", schlug Fumikage laut vor. „Das geht nicht", meinte Shota fast flüsternd, „wir verlieren zu viel Zeit." Der Teil der Schüler, der vor ihnen gegangen war, hielt nun ebenso inne und wandte sich um, um zu den anderen zu sehen. Natürlich ruhten fast alle Blicke auf dem Klassenlehrer, der diese Aufmerksamkeit hasste. Gerade deswegen wollte er sich auch nicht die Blöße geben und Schwäche zeigen, doch selbst er wusste bereits, dass er nicht mehr lange weitergehen konnte, obwohl es notwendig war, nicht herumzutrödeln.
Sofort war Hizashi bei dem Dunkelhaarigen und musterte ihn aufmerksam. „Die letzte Pause hat dir nicht viel gebracht, du bist komplett erschöpft", stellte der Blondschopf besorgt fest und griff ihm vorsichtig an die Stirn, um die Platzwunde zu begutachten, „die Wunde sieht nicht gut aus." Schweiß und Schmutz hatten sich darin gesammelt, sodass sie sich etwas entzündet hatte. Hätte er doch nur zugelassen, dass Izuku sich um die Wunde kümmerte. „Eine kurze Pause dürfte wohl drin sein", beschloss der Voicehero einfach, „hat irgendjemand Wasser und ein Verbandsset?"
Widerwillig ließ Shota sich verarzten, schloss dabei die Augen und döste ein wenig ein. Die Berührung durch Yamadas Hände wirkte unglaublich beruhigend und einschläfernd, während er versuchte auszublenden, was diese Hände zuvor gemacht hatten . Schlimm genug, dass er an allem Schuld war, nun war er auch noch furchtbar nutzlos. Seinen Schülern hielt er immer Vorträge, dass sie nicht bewegungsunfähig werden sollten und er selbst war kein gutes Vorbild bei diesem Thema. Kein Wunder, dass sie nicht auf ihn hörten, wenn er ihnen Regeln erklärte und verlangte, dass sie diese einhielten, wenn er sich deutlich anders verhielt.
Als sein Kopf plötzlich zur Seite rutschte, schrak er aus seinem Schlaf. Toshinori hatte neben ihm Platz genommen und wirkte auch nicht gerade vital. Auch vorhin musste Mezo den ehemaligen Profihelden während ihres Weges stützen, da sich der Blonde noch immer von den Nachwirkungen der Vergiftung erholen musste. „Es tut mir leid, dass du ...", begann Shota leise eine Entschuldigung an den Kollegen zu richten, der jedoch die Hand hob, um ihn zum Schweigen zu bringen. „Mach dir keinen Kopf. Der Typ ist verrückt", meinte Yagi und lächelte aufmunternd, „wenn wir hier erst einmal draußen sind, dann gehen wir einen trinken und lachen am Ende darüber, ja?"
Wie immer verlor das Friedenssymbol seinen Optimismus nicht, wofür Shota ihn sehr beneidete. Immerhin hätte er schon längst dafür gesorgt, dass die nötigsten Dinge getan wurden, die zur Befreiung der Klasse beitrugen, wenn er dazu in der Lage wäre. Obwohl ihm bewusst war, dass keiner seiner Schüler oder Kollegen dazu in der Lage wäre, ihn zu töten, war er dennoch der Meinung, dass sein Schicksal mit der Ankunft in diesem Freizeitpark längst besiegelt worden war. Er konnte sich einfach keinen anderen Ausweg vorstellen, um dieser Hölle entkommen zu können. Wenn er nur etwas mehr bei Kräften wäre, hätte er sich längst auf die Suche nach dem Playmaker gemacht, um der Sache ein Ende zu setzen.
Stattdessen saß er neben Toshinori und beobachtete die Schüler und seine beiden Freunde dabei, wie sie darüber sprachen, wie sie weiter vorgehen sollten und sich schließlich an die beiden geschwächten Lehrer wandten. „Solange Yagi noch laufen kann, wird einer der Schüler ihn weiterhin stützen, aber Shota, so leid mir das tut, jemand muss dich tragen. Damit kommen wir am besten voran und du hast die Möglichkeit dich auszuruhen", erklärte Nemuri und sah den Dunkelhaarigen streng an, um zu signalisieren, dass sie keine Widerworte dulden würde.
Dazu hätte er ohnehin keine Energie. Die Entscheidung kam ihm sogar sehr logisch vor, sodass er vorgehabt hatte zu nicken, doch anstatt einer einfachen Kopfbewegung, begann sein Körper zur Seite zu rutschen, sodass er auf Toshinoris Oberschenkel landete. „Shota!"
Vorsichtig legte der ehemalige Nummer Eins Held seine große Hand auf die schweißbedeckte Stirn. „Er glüht richtig", bemerkte Yagi und sah besorgt auf Aizawa. Ob er auch vergiftet worden war, oder war er einfach nur körperlich so sehr an seine Grenzen gestoßen, dass die entzündete Platzwunde ihm nun den Rest gab? Eine Blutvergiftung wäre nun auch sehr ungünstig.
„Ich werde ihn auf dem Rücken tragen und dann werden wir versuchen weniger Pausen einzulegen. Ausruhen können wir uns, wenn wir hier draußen sind", verkündete Hizashi und machte sich bereit dafür, seinen bewusstlosen Freund Huckepack zu nehmen, als plötzlich der Boden zu beben begann.
„Scheiße, was ist das jetzt?", rief Denki laut aus und hielt sich hilfesuchend an Jiro fest, die neben ihm stand und ihm nur kurz einen beunruhigten Blick zuwarf.
„Bleibt ruhig, es ist bestimmt nur ..." Ein Erdbeben, wollte Nemuri den Satz zu Ende bringen, als ein lautes Krachen zu vernehmen war, dass von unterhalb ihrer Füße zu kommen schien. Risse bildeten sich unter ihnen. Entsetzt starrte die Dunkelhaarige auf den Boden. „LAUFT!"
Schnell zog Mezo Toshinori auf die Beine, während Koji gemeinsam mit Rikido Aizawa hochhob, ehe sie den anderen folgten, die vorausgelaufen waren, sobald sie sicher waren, dass man sich um die beiden Geschwächten kümmerte. Kaum hatten sie sich in Bewegung gesetzt, begann der Boden unter ihnen wegzubrechen. „Schneller!", rief Nemuri jenen zu, die das Schlusslicht bildeten. Natürlich war es für einige Schüler einfacher gesagt als getan.
Minorus kurze Beine ließen ihn rasch zurückfallen und führten fast dazu, dass er abstürzte, wenn Hanta nicht rechtzeitig reagiert hätte, um sein Tape zu nutzen und ihn zu retten. Danach klemmte er den kleinsten Schüler der 1-A unter seinen Arm, und lief so schnell er konnte. Auch Tsuyu nutzte ihre Macke dazu, um Denki, der stolperte, davor zu bewahren im Abgrund zu verschwinden.
Auch wenn Shoto sich im nächsten Moment umwandte, und sein Eiskräfte dazu nutzte, um eine schützende Eisfläche über den Boden zu ziehen, auf der sie sicher weiter gleiten konnten, war es längst zu spät. Die Risse wanderten immer schneller auf sie zu und verschluckte ein paar Schüler, die nicht so schnell laufen konnten. Yuga war der erste, der abstürzte, gefolgt von Ojiro, Shinsou mit Eri und Fumikage. Auch Koda, Sato und Shoji hatten zu kämpfen, da sie durch die beiden Lehrer ohnehin nicht zu den schnellsten zählten.
„NEIN!", rief Nemuri laut aus, und musste Hizashi zurückhalten, damit er sich nicht absichtlich zurückfallen ließ. Doch selbst wenn der Voicehero es geschafft hätte, Aizawa und Toshinori zu erreichen, hätte er nichts ausrichten können, um sie zu retten.
Sobald beide vom Erdboden verschluckt worden waren, schloss sich der Abgrund und der Boden wirkte, als wäre soeben nichts passiert. Vollkommen entsetzt starrten die Verbliebenen auf den Boden, während Yamada auf die Knie sank und sich so stark auf die Zunge biss, dass er Blut schmeckte. Nur zu gerne hätte er so laut geschrien, dass jeder Stein in diesem verdammten Labyrinth zerbröselt wäre, doch er wagte es noch immer nicht, seine Macke überzustrapazieren und er wollte auch niemanden verletzen. Das war es nicht wert.
„Wie konnte das passieren? Wir hätten besser aufeinander aufpassen müssen!", merkte Kirishima an und begann damit sich umzusehen, wen es alles erwischt hatte. Mehr als eine Handvoll der Klasse schien verschwunden, ebenso wie zwei der Lehrer. Auch Eri war weg.
„Was machen wir jetzt?", fragte Izuku an die verbliebenen Profihelden gewandt, die immer noch starr auf den Boden vor sich starrten.
„Wir müssen die dämlichen Extras retten, was sonst", motzte Katsuki und richtete seine Handfläche schräg nach unten. Eine gewaltige Explosion erklang, wirbelte eine Menge Staub auf, aber mehr passierte auch nicht. „Scheiße."
Nachdem der Dreck sich wieder etwas gelegt hatte, versuchte Kyoka ihr Glück und ging in die Knie, in der Hoffnung etwas hören zu können, doch da war nichts. Waren die anderen etwa nicht unter ihnen?
„Und wenn wir die Macken von Jiro und Present Mic kombinieren, um Schallwellen zu erzeugen, die den Boden nochmal aufsprengen lassen?", begann Izuku sofort zu murmeln.
„DieIdee ist nicht schlecht, allerdings laufen wir Gefahr uns selbst zu verletzen,oder hier alles zum Einsturz zu bringen", erklärte Hizashi, der sich endlichaus seiner Starre gelöst hatte. Außerdem fühlte er sich nicht fit genug, umseine Macke so extrem einzusetzen. „Wir werden sie auf einem anderen Wegwiederfinden!", versprach er und sah entschlossen in die Runde. Er würde gewissnicht zulassen, dass der Mensch, der ihm so viel bedeutete, einfach von einemWahnsinnigen gequält und getötet wurde. Doch es fiel ihm schwer, optimistischzu bleiben. Erneut war Shota verschwunden, diesmal direkt vor seinen Augen.Wenn er nur ein wenig näher dran gewesen wäre, hätte er ihn bestimmt nocherwischen können, anstatt nun wieder zurückzubleiben und sich Sorgen machen zumüssen.
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