Kapitel 21 - Jin

Stöhnend schlug er die Augen auf, und schloss sie sogleich wieder, als ein grelles Licht erneut seine Kopfschmerzen entfachten. Sein ganzer Körper schmerzte, sodass er sich kaum bewegen konnte. Nur zu gerne wäre Aizawa liegen geblieben, doch als er sich daran erinnerte, wo er sich befand und was sein eigentliches Ziel war, zwang er sich dazu, die Lider erneut aufzuschlagen und gegen das Verlangen, erneut einzuschlafen anzukämpfen. Langsam drehte er sich um, da er auf dem Rücken lag, und versuchte die Umgebung zu erkunden. Das letzte, woran er sich erinnern konnte, war der Kampf gegen diese Wesen und das Auftauchen des Fremden, der ihn zu kennen schien. Sofort versuchte Shota sich daran zu erinnern, was wohl seine Macke war, um sich endlich einen Vorteil zu verschaffen. Doch er konnte keinen klaren Gedanken fassen.

„Oh, Sie sind wach. Das ist schön." Eine Stimme erklang neben ihm und ließ ihn herumfahren. Ein Mann, der viel älter als er selbst schien, saß neben ihm an einem Lagerfeuer, über dem ein Kessel hing, in dem etwas zu köcheln schien. Sofort versuchte der Dunkelhaarige sich weiter aufzusetzen, doch es klappte nicht ganz. „Bleiben Sie ruhig, ich werde ihnen nichts tun!", erklärte der Mann in einem ruhigen Ton und lächelte aufmunternd, „ich habe Sie gefunden und in Sicherheit gebracht. Wir sitzen hier im selben Boot!"

Kurz darauf berichtete der Mann, der sich als Jin vorstellte, dass er schon länger hier herumirrte und gefangen war und schon aufgegeben hatte, dass Hilfe kommen würde. „Man vergisst hier einfach die Zeit, wissen Sie?", meinte er, und schöpfte etwas aus dem Kessel in eine kleine Schüssel, die er Shota reichte. Suppe. „Aber wenn man die kleinen Aufgaben, die man hier gestellt bekommt, meistert, kann man sich ganz gut durchschlagen. Solange man das Spiel des Playmakers mitspielt, lässt er einen in Ruhe. Sie scheinen sich allerdings widersetzt zu haben, so wie Sie aussehen", meinte er mitleidig und musterte Aizawa, „ich habe ihren Brustkorb eingebunden, weil ein paar Rippen angeknackst, oder zumindest geprellt scheinen. Ihre Schultern habe ich auch wieder eingerenkt, aber mehr konnte ich nicht tun."

„Danke", murmelte Shota leise und nahm die Suppe entgegen, die er sofort runterkippte. Auch wenn er es nie zugeben würde, aber er hatte einen Bärenhunger, und das wollte bei ihm schon einiges heißen. „Playmaker, sagen Sie?", hackte er nach und überging somit den Bericht über seine Gesundheit einfach.

„Ja, so nennt sich der Anführer. Und seine Handlanger sind das Quartett des Bösen", berichtete der Mann weiter, was Aizawa kurz schnauben ließ, „sie sind alle nicht zu unterschätzen." Mahnend sah Jin ihn an. „Man sollte sich nicht mit ihnen anlegen."

„Hm", meinte Shota nur und wischte sich über den Mund, „was sind ihre Macken, ihre Ambitionen? Was soll das alles hier?" Er hatte so viele Fragen und hoffte, durch mehr Informationen dem Ziel den Ausgang zu finden, näher zu kommen.

Der Alte seufzte nur und zuckte mit den Schultern. „Ich weiß es nicht. Durch meine eigene Macke kann ich zwar andere Leute beobachten, aber ich konnte nicht viel herausfinden. Es wäre auch gegen die Regeln", betonte er und schien sich wirklich große Sorgen darüber zu machen, was die Konsequenzen dafür sein könnten. Auch wenn es Shota nicht in den Kram passte, akzeptierte er diese Antwort. Etwas anderes blieb ihm auch nicht übrig, da er seinem Helfer nicht verärgern wollte.

Jedoch interessierte ihn etwas anderes. „Sie sagten, Sie können andere sehen?", wiederholte er. Da er keine Ahnung hatte, wie lange es schon her war, dass er seine Klasse zurückgelassen hatte, brannte es ihm auf der Seele, zu erfahren, ob es ihnen gut ging. Vielleicht hatten sie allein schon aus dem Labyrinth gefunden, oder hatten ein sicheres Versteck entedeckt.

Jin zögerte kurz, ehe er nickte und Shota näher zum Lagerfeuer heranwinkte, ehe er ein paar Handbewegungen machte und die Flammen größer wurden. Kurz darauf erschien ein klares Bild und er konnte seine Schüler und Kollegen sehen, die allesamt unterwegs waren. Selbst Yagi schien wieder auf den Beinen zu sein, auch wenn sein erster Blick eher Hizashi galt. „Wenn ich mich besonders anstrenge, dann können wir sogar hören, was sie gerade reden", erklärte Jin und schloss die Augen, während er angestrengt die Stirn runzelte.

Tatsächlich waren kurz darauf die Stimmen der anderen zu hören. „Aizawa ist abgehauen und hat uns allein zurückgelassen. Somit ist er uns besser losgeworden, als wenn er uns alle von der Schule geschmissen hätte", erklang Kaminaris Stimme. Diese Worte versetzten Shota einen Stich, auch wenn er es nicht beschreiben konnte, wieso. Immerhin interessierte ihn kaum die Meinung, die andere über ihn hatten. „Und Eri hat er auch angelogen", seufzte Toshinori kopfschüttelnd. Aizawa schluckte, als er das Gesicht des Mädchens sah, die Augen gerötet, halb vertrocknete Tränen auf den Wangen klebend. „Haltet doch eure Schnauzen. Ist doch scheiße, dass er weg ist", motzte Katsuki laut. Ein leichtes Lächeln erschien auf Shotas Lippen, das jedoch im nächsten Moment wieder erstarb, als Bakugo seine Arme hinter dem Kopf verschränkte und grimmig dreinblickend fortfuhr. „Ihr habt den Scheißkerl doch gehört: Wir kommen hier nur raus, wenn Aizawa den Löffel abgibt und am besten, durch unsere Hand! Woher sollen wir nun wissen, dass wir bald hier rauskommen, wenn er weg ist? Wir sollten ihn suchen."

„Kacchan hat recht", stimmte Izuku zu, „vermutlich liegt er schon irgendwo in Sicherheit in seinem Schlafsack und verschwendet keinen Gedanken mehr an uns." „Ich wünschte, ich hätte fester zugedrückt", murmelte Hizashi wütend und sah auf seine Hände. Als der Blonde aufsah, schien er Shota direkt in die Augen zu sehen. Mordlust funkelte in den grünen Augen, in denen er sich sonst so gerne verlor, was Shota zurückweichen ließ. Dabei stieß er unbeabsichtigt gegen Jin, dessen Konzentration riss. Sofort wurden die Flammen wieder kleiner und die Bilder verschwanden.

Müde sank der alte Mann in sich zusammen. „Tut mir wirklich leid für Sie", murmelte er müde und sah zu Shota auf, der entsetzt auf das Lagerfeuer blickte, als ob er einen Geist gesehen hätte. All der Hass und die Verachtung, die ihm entgegengesprungen waren, gingen ihm näher, als er es jemals für möglich gehalten hätte. Bisher hatte er noch nie viel darauf gegeben, was andere über ihn dachten, und trotzdem hatte ihm schon der Angriff seiner Freunde ziemlich zugesetzt. Er wusste nicht, wieso ihm das so nahe ging. Wobei es ziemlich logisch war, dass ihn gerade Hizashis wütende Miene das Herz brach, wo sie doch schon seit Jahren ein Paar waren. Eigentlich hatte er immer angenommen, dass sie einander blind vertrauen konnten und kein Groll zwischen ihnen stand. So konnte man sich wohl täuschen.

Zig Gedanken schossen ihm durch den Kopf, ehe ihm noch einmal Bakugos Worte in den Sinn kamen. Scheinbar hatte der Playmaker ihnen einen Besuch abgestattet und ihnen erklärt, dass es nur durch Shotas Ableben für sie alle ein Entkommen gab. Die Tatsache traf ihn im ersten Moment hart, doch es dauerte nicht lange, bis sein logisches Denken einsetzte und seine Emotionen langsam verdrängte. Nur durch seinen Tod würden sie alle frei kommen. Endlich gab es also eine Möglichkeit, sie alle hier rauszuholen, auch wenn er es recht seltsam fand, dass gerade sein Ableben so wichtig sein sollte.

Mit diesem Gedanken zwang er sich dazu, seine schmerzenden Muskeln dazu zu bewegen, aufzustehen. Verwirrt sah Jin zu ihm hoch. „Ich möchte ihnen noch einmal für alles danken", erklärte Shota aufrichtig, ehe er sich umwandte und loslief, in der Hoffnung die richtige Richtung gewählt zu haben, um zu seinen Schülern zu gelangen. Immerhin hatte er nun endlich eine Möglichkeit gefunden, wie er sie alle in Sicherheit bringen konnte. Irgendetwas sagte ihm, dass es gar nicht schwer werden würde, die anderen zu finden.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top