Kapitel 17 - Alte Bekannte?
Auch wenn er sich lange mit Mühe auf den Beinen halten konnte, gaben sie dennoch irgendwann einfach nach. Staub wirbelte auf, als er der Länge nach hinschlug und die Luft wurde aus seinen Lungen gepresst. Hastig atmete er ein und musste Husten, als der aufgewirbelte Staub seinen Weg in seine Atemwege fand. Davon wollte er sich jedoch nicht aufhalten lassen, weswegen er einen Arm ausstreckte und sich weiter nach vorne zog, zu kraftlos um sich wieder auf seine Beine zu hieven. Vielleicht hätte er doch bei den anderen bleiben sollen und sich ein wenig mehr ausruhen.
„Erbärmlich, wie du da auf dem Boden rumkriechst. Aber was erwartet man schon anderes von einem mittelmäßigen Undergroundhero", sprach jemand über ihm. Ein hämisches Lachen erklang, ehe der Sprecher von der Mauer sprang und neben Aizawa landeten. Unsanft packte ihn jemand an den Haaren und zog seinen Kopf hoch. Für einen kurzen Moment setzte Shotas Atmung aus, und er fühlte sich zurückversetzt ins USJ, wo der Nomu ihn wiederholt in den Boden gerammt hatte. Auch wenn er mit niemanden darüber gesprochen hatte, quälten ihn noch heute diese Albträume und diese Bewegung riss diese alten Wunden wieder auf.
Doch anstelle eines Nomus, grinste ihm ein junges Gesicht schief an. „Was hattest du denn vor? Wolltest du so den Ausgang finden? Wirklich sehr erbärmlich. Du sagst doch immer, dass man keine halben Sachen machen soll ... halte dich doch an deine eigenen Worte!" Kurz darauf wurde er losgelassen, sodass er wieder im Staub landete. „Irgendwie macht das so keinen Spaß ...", stellte der Mann fest und sprang mit einem Satz wieder auf die Mauer, tänzelte ein wenig auf und ab, während er nachdachte. „Weißt du was? ... wenn du gegen diese Monster kämpfst und gewinnst, dann werde ich dir was zu essen geben. Vielleicht bringt mir das den Spaß zurück, wenn du ein wenig zu Kräften kommst. Eine kleine Chance will ich dir schließlich geben."
Mühsam rappelte sich Shota hoch und starrte zu dem Typen. „Zuerst erklärst du mir, was dieser Mist hier soll." Er hatte zwar keine große Hoffnung, dass er Antworten erhalten würde, doch es war einen Versuch wert. Außerdem konnte er so etwas Zeit schinden, um etwas zu Kräften zu kommen. Vielleicht brachte er den Typen ja zum Plaudern, auch wenn er für gewöhnlich mehr die Sorte Held war, die jemanden zuerst festsetzte, anstatt ihn dazu zu bringen, seinen bösen Plan zu erklären.
Der Schurke gluckste amüsiert auf der Mauer und sah zu dem Dunkelhaarigen hinab, der sich an der Wand hochzog. „Du hast es immer noch nicht kapiert. Gut zu wissen, wie wenig du dich an jene erinnerst, denen du in deinem Leben begegnet bist und denen du ihres zerstört hast", gab der Mann von sich und schüttelte amüsiert den Kopf. Kurz schien er nachzudenken, mit sich selbst zu kämpfen noch etwas zu sagen, doch erneut schüttelte er den Kopf und grinste. „Wenn du überlebst, verrate ich es dir vielleicht", war das einzige, was er noch sagte, ehe er in die Finger schnippte.
Plötzlich war Aizawa umringt von einer Handvoll Lehmmonstern, die doppelt so groß und breit waren, wie er selbst. Gewohnheitsbedingt aktiviert er seine Macke, doch es änderte nichts an dem Aussehen seiner Feinde und der Faust, die auf ihn zusauste. So geschickt er konnte, wich er aus und hob seinen Blick, um nach dem Mann zu suchen. Wenn er seine Macke löschen könnte, dann würden die Monster verschwinden. Doch dort, wo der Typ zuvor gestanden hatte, war nichts mehr. Shota hatte den richtigen Moment verpasst, sich den Menschen zu schnappen, auf den es in diesem Labyrinth wirklich ankam. Wieso machte er in letzter Zeit so viele Fehler?
„Uff", entfuhr ihm, als jegliche Luft aus seinem Körper gedrückt wurde. Ein tiefer Schlag gegen seinen Oberkörper traf ihn und schleuderte ihn zu Boden. Noch ehe er einen Atemzug tun konnte, wurde er an Armen und Beinen gepackt. Als ihm bewusstwurde, was die Wesen vorhatten, war es längst zu spät. Panisch zappelnd versuchte er sich zu befreien, doch je fester die vier, die ihn festhielten, zogen, umso schwieriger wurde es, sich zu bewegen. Er konnte spüren, wie seine Muskeln und Sehnen sich spannten. Nicht mehr lange, und sie würden ihn zerreißen. Obwohl er schon zuvor Schmerzen verspürt hatte, stiegen sie ins unermessliche und ließen Sterne vor seinen Augen tanzen.
„Denkst du, dass sie dich wieder zusammensetzen können, wenn ich ihnen deine Einzelteile zukommen lasse?", ertönte es neben ihm. Sofort riss Shota seine Augen auf, und wandte sich zu der Seite, wo er die Quelle der Stimme vermutete. Er hatte nur diese eine Chance, bevor sie ihm Arme und Beine ausrissen. Tatsächlich erfassten seine dunklen Augen jene des Schurken und ehe sie schnell rot aufflammten und er seine Macke aktivierte.
Die Monster verschwanden augenblicklich, sodass er zu Boden fiel. Dennoch schaffte er es, den Blickkontakt zu dem Fremden aufrechtzuhalten, der wütend aufstampfte. „Du gewieftes Kerlchen", knurrte er. „Ich habe den Kampf gewonnen ...", keuchte Shota, um den anderen an sein Versprechen zu erinnern. Jener seufzte und rückte seinen Zylinder zurecht. „Na schön ... du bekommst etwas zu essen ...", begann er zu sprechen, doch Shota unterbrach ihn. „Bring es zu den Schülern ... mich interessiert das andere mehr", schnaufte er und rappelte sich langsam hoch.
Der Typ rollte mit den Augen. Verdammte Helden. „Oh ... na dann: Vor sechs Jahren sind wir uns schon einmal begegnet!" Mehr sagte er allerdings nicht, sondern zog nur den Hut vom Kopf und verneigte sich kurz. „Das Essen kann ich ihnen nur bringen, wenn du mir meine Macke zurückgibst", erklärte er schelmisch grinsend.
Wäre er nicht so verdammt geschwächt, dass er sich nicht einmal anständig aufsetzen könnte, hätte er sein Fangtuch dazu genutzt, den Schurken festzubinden und bewusstlos zu schlagen. Doch da er seine Arme nicht mehr heben konnte, und auch seine Augen langsam müde wurden, hatte er keine andere Wahl. Außerdem war es nur so garantiert, dass die anderen endlich an Nahrung kamen. Etwas, was ihm zweifelsohne auch gutgetan hätte. Aber Aizawa wäre nicht Aizawa, wenn er nicht alles dafür tun würde, dass es seinen Schülern gut ging.
Kaum löste Shota seine Löschung, war der Typ verschwunden. Keuchend schnappte er nach Luft und setzte zu einem erneuten Versuch an, aufzustehen. Vergebens. Stattdessen schlossen sich seine Augen und er fiel bewusstlos in den Staub. Er hatte sein letztes bisschen Energie für den Einsatz seiner Macke verbraucht. Dass sich ihm jemand näherte, bekam er gar nicht mit.
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