Kapitel 1 - Die Einladung
Es war früh am Morgen, als Nedzu auf Aizawa zutrat, während er mit einem Blatt Papier wedelte. „Eraserhead! Gute Neuigkeiten", verkündete der Direktor der UA-Schule höchst erfreut und strahlte dabei, was Shota seufzen ließ. Ein gut gelaunter Schuldirektor bedeutete meist nie etwas Gutes, vor allem nicht zu solch frühen Stunden, wo man normalerweise damit beschäftigt war, seine letzten Unterrichtsstundenvorbereitungen abzuschließen, bevor der Unterricht losging. Eigentlich hatte der Dunkelhaarige gehofft, die wenigen Minuten bis zur ersten Schulstunde damit verbringen zu können, noch einmal kurz die Augen zu schließen, weil er die gesamte Nacht damit zugebracht hatte, die letzten Überraschungstests seiner Klasse zu verbessern. Was hätte er nachts auch anderes tun sollen, als zu arbeiten? Schlaf wurde doch vollkommen überbewertet.
Stattdessen musste er seine wertvolle Zeit nun damit vergeuden, nicht allzu genervt drein zu sehen, während er das Schreiben entgegennahm, das sein kleiner Chef ihm entgegenhielt und ihn freundlich dabei anlächelte. Zwar war Nedzu noch nie darauf angesprungen, wenn Aizawa ihn pampig geantwortet hätte, doch er musste es nicht gerade ausreizen, oder wollte respektlos erscheinen. Schließlich wusste er nicht erst seit den Abschlussprüfungen seiner Klasse, welch teuflische Natur sich hinter der sonst so freundlichen Fassade des mäuseähnlichen Wesens versteckte. Diese schlafenden Geister wollte man lieber nicht wecken.
„Eine Einladung?", fragte er verwundert, nachdem seine dunklen Augen schnell über die Zeilen geglitten waren und sah unter dem untersten Papierrand vorbei zu Nedzu, der auf Aizawas Stuhl geklettert war und ihn aufmerksam beobachtete, um seine Reaktion mit zu bekommen. Vermutlich hatte er mit Freudensprüngen gerechnet, allerdings war er damit bei Aizawa an der falschen Adresse.
„Ja, genau!", frohlockte er, „der Besitzer des Freizeitparks ist ein großer Fan deiner diesjährigen Klasse und würde sie gerne kennen lernen! Ist das nicht wunderbar? Eine tolle Möglichkeit, um Kontakte zu knüpfen und sich eine Basis aufzubauen!" Durch das jährliche Sportfest wurde den Schülern wirklich immer große Aufmerksamkeit zuteil. Zu große, wenn es nach Shota ging. Manche bekamen dadurch schon eine kleine Fanbasis, die bis zu ihrer Ernennung zu Profihelden stetig anwuchs. Ein weiterer Vorteil des jährlichen Sportfests. Schon als er noch selbst Schüler war, war ihm das zuwider gewesen, all die Aufmerksamkeit und der Trubel, auch wenn es eine gute Möglichkeit war, sich zu beweisen und zu zeigen, was man gelernt hatte.
Das dabei jedoch jemand von seiner gesamten Klasse ein so großer Fan sein sollte, und er den Haufen zu einem Freizeitpark einlud, ließ Shota ein wenig stutzig werden. Hatte dieser Idiot den nicht genau hingesehen und die Zeitungsberichte verfolgt? Ansonsten würde er es sich doch gewiss doppelt und dreifach überlegen, diese Chaosbande auf seinen Grund und Boden zu lassen. Dem Klassenlehrer war die Idee nicht sonderlich geheuer. Vor allem behagte ihm die Tatsache nicht, dass er 20 Kinder auf einem Rummel beobachten und beaufsichtigen musste, damit auch nichts passierte und keiner etwas anstellte. Das würde ein langer Tag werden und er würde sich schon vorab einen guten Aussichtspunkt suchen müssen, um alle im Blick zu haben. Vielleicht konnte er die Supporterabteilung aber auch dazu bringen, ihm für alle Schüler einen Peilsender anzufertigen, damit nicht schon wieder jemand entführt werden konnte.
Nedzu, der die Miene seines jüngeren Kollegen beobachtet hatte, schmunzelte. „Mach dir keinen Kopf! Der Besitzer hat auch Present Mic, Midnight und vor allem All Might ebenfalls eingeladen. Du bist also nicht alleine und kannst auch Spaß haben", erklärte er rasch, um die Laune des Mannes etwas zu heben. Zumindest hegte er die Hoffnung, dass seine Worte das taten. Allerdings schien es nicht den geringsten Unterschied für Shota zu machen, wenn er mit seinen Kollegen auf diesen Ausflug musste, auch wenn es seine engsten Vertrauten waren. „Und Eri könnt ihr auch mitnehmen. Das wird bestimmt ein Erlebnis für sie! Oh, und Shinsou! Damit er schon einmal ein paar Freundschaften knüpfen kann, bevor er ab nächstem Schuljahr in die A Klasse kommt."
Natürlich war Aizawa noch immer nicht sonderlich überzeugt von der Angelegenheit. Allerdings milderten die Worte des Direktors etwas seine Sorgen. Denn wenn all seine Freunde und Kollegen und vor allem sein fester Freund, denen er das kleine Mädchen anvertrauen konnte, während er weg war, ebenfalls nicht an der Schule waren, wüsste er nicht, wohin er sie bringen konnte. Schließlich konnte er Mirio nicht immer dazu beauftragen, auf das Kind aufzupassen. Was, wenn ihre Macke doch wieder ausbrach und nicht unter Kontrolle zu bringen war? „Und wann soll der Spaß stattfinden?", wollte der Undergroundhero murrend wissen. Schließlich hatte es ohnehin keinen Sinn, etwas dagegen zu sagen. Es schließ bereits eine beschlossene Sache zu sein und Nedzu ließ sich selten von einer Idee abbringen.
„Morgen früh geht's los! Der Besitzer hat für alle ein Hotelzimmer in der Nähe gebucht, damit ihr ein paar Tage Zeit habt, um alles auszuprobieren und er auch wirklich alle kennen lernt", erklärte das mausähnliche Wesen und rutschte wieder vom Stuhl. „Ich werde den anderen Lehrern Bescheid geben, und du kannst deine Klasse gleich mal einweihen! Die freuen sich bestimmt sehr darüber. Ist immerhin eine willkommene Abwechslung zu den letzten Ereignissen!"
„Hotelzimmer?", wiederholte Shota ungläubig. Seine Augen huschten noch einmal über die Einladung, ob er etwas übersehen hatte. Tatsächlich würde die Reise mehrtätig gehen, was das letzte Bisschen Farbe aus seinem Gesicht weichen ließ.
Natürlich hatte Nedzu nicht unrecht, doch das änderte nichts an der Tatsache, dass Shota schon allein bei dem Gedanken, auf eine längere Reise gehen zu müssen, Kopfschmerzen bekam. Er hoffte, dass dieses eine Mal alles glatt laufen würde und sich niemand daneben benahm, oder jemand entführt wurde, oder irgendwo ein Wald abgefackelt wurde, oder sich ein gewisser jemand ein paar Knochen brach. Es wäre doch gewiss nicht zu viel verlangt, dass es tatsächlich ein ruhiger Ausflug werden könnte, vor allem wenn Eri mit dabei war. Immerhin war er auch mit früheren Klassen oft weggefahren und dabei war nie irgendetwas schief gelaufen. Früher hätte er auch niemals einen Gedanken daran verschwenden, oder sich schon von vornherein Sorgen gemacht. Irgendwie wünschte er sich diese Zeit wieder zurück, auch wenn es im Vergleich zu jetzt fast langweilig gewesen war. Seufzend kratzte er sich unter dem rechten Augen, wo ihn eine Narbe tagtäglich daran erinnerte, wieso ihn solche Sorgen quälten.
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